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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.07.2009
Aktenzeichen: 16 U 10/09
Rechtsgebiete: UStG, ZPO, BGB


Vorschriften:

UStG § 13b
UStG § 14
UStG § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8
UStG § 14a
UStG § 14a Abs. 1
UStG § 14a Abs. 5
UStG § 14c Abs. 1
UStG § 14c Abs. 1 S. 2
UStG § 15 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 4
UStG § 17
ZPO § 313a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 241
BGB § 812
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.1.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegburg - 109 C 276/08 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.413,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 4.3.2008 zu zahlen. Im Übrigen bleibt es bei der Klageabweisung durch das Landgericht.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 55 % und die Beklagte zu 45 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 2.655,20 € festgesetzt. Hiervon entfallen auf den Antrag zu 2) 241,38 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über eine in einer Rechnung der Beklagten an die Klägerin zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer.

Die Beklagte erbrachte für die Klägerin, ein belgisches Stahlbauunternehmen, als Subunternehmerin Dachdeckerleistungen. Hierfür berechnete sie der Klägerin mit Rechnung vom 6.4.2005 (Bl. 6 d.A.) 15.086,35 € zuzüglich 2.413,82 € Mehrwertsteuer. Die Klägerin bezahlte die Rechnung. In der Folgezeit wurde sie von dem für sie zuständigen Finanzamt darauf hingewiesen, dass sie zum Vorsteuerabzug der Umsatzsteuer aus dieser Rechnung nicht berechtigt sei, weil die Umsatzsteuer nicht von der Beklagten als Leistende, sondern gem. § 13b UStG von der Klägerin als Leistungsempfänger geschuldet sei. Hintergrund ist eine am 1.4.2004 in Kraft getretene Änderung des Umsatzsteuerrechts zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug. Danach ist bei Bauleistungen durch einen Unternehmer an einen Unternehmer, der selbst Bauleistungen erbringt, Schuldner der Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt nicht der Leistende (hier die Beklagte), sondern der Leistungsempfänger (also die Klägerin).

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung der Umsatzsteuer und die Vorlage einer berichtigten Rechnung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Der Beklagte hat den Antrag auf Zahlung anerkannt.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist hinsichtlich des Antrages auf Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Umsatzsteuer begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Beklagte ist gemäß ihrem in der Sitzung vom 22.6.2009 erklärten Anerkenntnis zur Rückzahlung des auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteils aus der Rechnung vom 6.4.2005 zu verurteilen.

Dagegen steht der Klägerin kein Anspruch auf Ausstellung einer berichtigten Rechnung zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 241 BGB i.V.m. §§ 14, 14a UStG.

Allerdings entspricht die von der Beklagten erteilte Rechnung nicht den Anforderungen von §§ 14, 14a UStG. Nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Ist allerdings - wie es nach § 13b UStG hier der Fall ist - der Empfänger der Leistung Schuldner der Umsatzsteuer, darf die Rechnung die Umsatzsteuer nicht ausweisen. Vielmehr ist nach § 14a Abs. 5 UStG in der Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen.

Die §§ 14 ff. UStG regeln aber in erster Linie die Pflichten der Finanzverwaltung gegenüber. Sie begründen für sich noch keinen Anspruch des Rechnungsempfängers auf Ausstellung einer zutreffenden Rechnung. Ein schuldrechtlicher Anspruch auf Ausstellung einer §§ 14, 14a UStG entsprechenden Rechnung setzt vielmehr voraus, dass der Rechnungsempfänger eine solche Rechnung benötigt, um seinerseits die von ihm geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14a Rn 6; § 14 Rn 67, 140 ff.; ähnlich BGH NJW 1988, 2042; NJW-RR 2002, 376; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 5. Teil Rn 145). Einer solchen Rechnung bedarf die Klägerin zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG indes nicht.

Der Vorsteuerabzug für die an den Leistenden gezahlte Umsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt zwar voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG). Die an die Beklagte gezahlte und von dieser nach § 812 BGB zurückzuerstattende Umsatzsteuer kann die Klägerin aber schon deshalb nicht als Vorsteuer geltend machen, weil sie diese Steuer nicht schuldete, § 15 Abs. 1 UStG. Der Vorsteuerabzug für die von ihr selbst nach § 13b UStG geschuldete Steuer ergibt sich vielmehr aus § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG. Hierfür bedarf es - anders als für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG - keiner Rechnung, auch keiner den Anforderungen des § 14a Abs. 5 UStG entsprechenden Rechnung, d.h. einer Rechnung über den Nettobetrag nebst Hinweises auf die Steuerschuld der Klägerin als Leistungsempfängerin (Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, 60. Aufl., 2008, § 15 Rn 436). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Finanzamts Trier vom 30.3.2007 (GA 8). Das Finanzamt hat von der Klägerin lediglich eine "überarbeitete" Vorsteuer-Auflistung für das Jahr 2005 verlangt, nicht aber auch die Vorlage berichtigter Rechnungen. Da die Klägerin damit einer berichtigten Rechnung zur Geltendmachung der Vorsteuer nicht bedarf, steht ihr auch kein entsprechender Anspruch aus § 241 BGB gegen den Beklagten zu. Vielmehr ist es die Beklagte, die ein eigenes Interesse an der Korrektur der Rechnung hat. Denn nach § 14a Abs. 1 UStG führt der unberechtigte Ausweis der Umsatzsteuer auf der Rechnung dazu, dass diese Steuer nunmehr (auch) von der Beklagten gegenüber dem Finanzamt geschuldet wird. Der Ausweis der Umsatzsteuer in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG ist ein Fall des zu hohen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c Rn 124). Die Korrektur gegenüber dem Finanzamt setzt nach § 14c Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 17 UStG voraus, dass die Beklagte die Rechnung berichtigt hat (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c Rn 152), nur dann wird sie von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt frei und kann die ggfs. an das Finanzamt weitergeleitete Umsatzsteuer von diesem erstattet verlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Bei der Kostenquote hat der Senat berücksichtigt, dass nach KV 1222 zum GKG zwei Urteilsgebühren nur deshalb anfallen, weil über den Antrag auf Berichtigung der Rechnung eine streitige Entscheidung ergehen musste.

Ende der Entscheidung

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