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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.12.2000
Aktenzeichen: 16 U 17/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 678
BGB § 252 S. 2
BGB § 284 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 523
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES GRUND- UND TEILURTEIL

16 U 17/00 3 O 354/98 - LG Köln -

Anlage zum Protokoll vom 18.12.2000

Verkündet am 18.12.2000

Luckau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2000 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten das am 25.01.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 3 O 354/98 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.820,25 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.08.1998 sowie weitere 10.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.10.2000 zu zahlen.

Im Höhe eines Teilbetrags von 60.139,25 DM sowie wegen des Begehrens auf Zahlung von 4 % Zinsen auf den noch offenen Betrag von 61.640,50 DM für die Zeit vom 11.05.2000 bis zum 12.10.2000 wird die Klage abgewiesen und insoweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Wegen eines Teilbetrags von 61.640,50 DM wird die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Schadensereignis vom 04.05.1997 bereits entstanden ist und der ihm künftig noch entstehen wird.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 20.000,00 DM abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die den Parteien obliegende Sicherheitsleistung kann auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist Betreiber des Reitstalles "J. " in P.-M.. Am 04.05.1997 führte die Beklagte ihren bei dem Kläger eingestellten Wallach "M. " und zwei Pferde des Klägers, nämlich den Schimmelwallach "B. " und den Hengst "Ü. " auf eine Weide, und zwar ohne hierfür vom Kläger beauftragt zu sein oder eine Erlaubnis erhalten zu haben. Dort fiel der Hengst "Ü. " über den Wallach "B. " her. Dabei erlitt der Wallach "B. " zahlreiche Biss- und Trittwunden. Deren Ausheilung dauerte einige Monate. Ferner wurde eine Lahmheit an der rechten Hinterhand, deren Unfallbedingtheit streitig ist, im Dezember 1994 in der Tierklinik "H. " operativ behandelt. Vor den Verletzungen war das Tier als Film- und Stuntpferd, insbesondere als Pferd "F. " in der Vorabendserie "Verbotene Liebe" der ARD eingesetzt gewesen. Am 19.10.1998 kaufte der Kläger in B. als Ersatzpferd zu einem Preis von 30.000,00 DM den 10 Jahre alten Hengst "N. ", den er aber erst nach einem Training von einem Jahr als Stuntpferd einsetzen konnte.

Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zahlte vorprozessual 1.500,00 DM auf die Tierarztkosten sowie weitere 2.000,00 DM ohne nähere Bestimmung.

Der Kläger hat in erster Instanz Ansprüche wegen entgangenen Gewinns infolge der Verletzung des Tieres geltend gemacht und behauptet, die Beklagte habe wissen müssen, dass man Hengste und Wallache nicht zusammen unbeabsichtigt weide. Ferner hat er behauptet, der Wallach "B. " habe infolge der Attacken haarlose Narben behalten, die seinen Einsatz als Filmpferd wegen der Sensibilität des Publikums und von Tierschützern unmöglich mache. Auch leide das Tier unter hochgradigen Angstzuständen bei der Annäherung anderer Pferde.

Zum Umfang des Schadens hat der Kläger behauptet, in der Vergangenheit seien seine Tiere an 30 - 40 Drehtagen mit einer Gage von 1.200,00 DM eingesetzt worden, woraus sich bei einem mittleren Einsatz von 35 Tagen Einkünfte von 42.000,00 DM ergäben. Hiervon seien auf den Wallach "B. " als seinem Hauptstuntpferd 3/4, also 31.500,00 DM entfallen. Da entsprechende Einkünfte auch für die Jahre 1997 und 1998 zu erwarten gewesen seien und sein Nettogewinn 80 % der Einnahmen betrage, ergebe sich unter Berücksichtigung der Zahlung der Haftpflichtversicherung der Beklagten von 2.000,00 DM ein Nettogewinn von 24.000,00 DM zuzüglich der seinerzeit geltenden Umsatzsteuer von 15 %.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.600,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (28.08.1998) zu zahlen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und behauptet, sie sei zunächst 10 Minuten bei den Tieren geblieben, ohne dass sich bei ihnen Aggressionen bemerkbar gemacht hätten. Es treffe im übrigen nicht zu, dass Hengste und Wallache nicht zusammen auf eine Weide gebracht werden dürften. Ferner hat sie die Darlegungen des Klägers zur Bemessung seines Schadens mit Nichtwissen bestritten.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H. (GA 79-83), das dieser schriftlich ergänzt hat (GA 104), eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach für gerechtfertigt angesehen, indes der Höhe nach für die Jahre 1997 und 1998 nur einen Teil des Anspruchs für begründet erachtet. Es hat deshalb mit Urteil vom 25.01.2000 unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte zur Zahlung von 6.127,00 DM nebst Zinsen verurteilt. In diesem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten der Begründung verwiesen wird, ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger einen entgangenen Gewinn für die ab dem 01.02.1999 begonnene Produktionsstaffel der Sendung "Verbotene Liebe" nicht ersetzt verlangen könne, weil er sich frühzeitiger um ein Ersatzpferd habe kümmern müssen.

Gegen das am 07.02.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 07.03.2000 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 07.05.2000 mit einem am Montag, dem 08.05.2000 eingereichten weiteren Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat sich dem Rechtsmittel des Klägers mit einer unselbständigen Anschlussberufung angeschlossen.

Der Kläger tritt dem Landgericht wegen der Höhe der gewinnmindernden Abzüge entgegen und erweitert seine Klage um einen Leistungsantrag wegen weiteren Verdienstausfalls sowie wegen eines Teilbetrags von 50.000,00 DM für eine Wertminderung des Tieres. Wegen weiterer Schäden stellt er einen Feststellungsantrag.

Sein Leistungsbegehren erster Instanz stützt der Kläger nunmehr darauf, dass es sich hierbei um den Gewinnausfall für ein Jahr vom 05.05.1997 bis zum 04.05.1998 handele. Des weiteren begehrt er mit dem Berufungsantrag zu 2. jeweils 31.500,00 DM, insgesamt 63.000,00 DM für die Zeiträume vom 05.05.1998 bis zum 04.05.1999 und vom 05.05.1999 bis zum 04.05.2000. Hilfsweise macht er geltend, dass ihm in den genannten drei Jahren insgesamt ein Einnahmeausfall für 105 (3 x 35) Produktionstage entstanden sei. Hierzu behauptet er, dass das Tier ohne die Verletzung an jeweils 35 Tagen im Jahr hätte eingesetzt werden können und zwar auch für die Folgejahre. Dies sei indes jetzt nicht mehr möglich, weil wegen des langen Ausfalls des Wallachs "B. " die Rolle der Schauspielerin, der das Pferd "F." zugeordnet gewesen sei, ersatzlos gestrichen worden sei. Auch stehe erst seit Frühjahr/Frühsommer 1998 fest, dass "B. " wegen der erlittenen Verletzungen auf Dauer nicht mehr als Stuntpferd einsetzbar sei. Erst nach dem Fellwechsel 1997/98 sei nämlich absehbar gewesen, dass das Tier bleibende Narben davongetragen habe. Auch habe sich erst Ende März 1998 bei einer Nachuntersuchung herausgestellt, dass der bei der Operation des Tieres im Dezember 1997 vorgenommene Nervenschnitt zur Folge habe, dass die rechte Hinterhand auf Dauer nicht mehr belastbar sei. Dies führe dazu, dass das Tier noch nicht einmal als Reitschul-, sondern nur noch in eingeschränktem Umfang als privates Hobbyreitpferd genutzt werden könne und das Tier, das vorher einen Wert zwischen 70.000,00 DM und 100.000,00 DM gehabt habe, nur noch 3.000,00 DM bis 5.000,00 DM wert sei. Ein Ersatzpferd hätte er, auch wenn er sich bereits früher darum gekümmert hätte, nicht finden können, weil es sich bei dem Schimmelwallach "B. ", was sein Erscheinungsbild anbelange, um ein Ausnahmepferd handele, von denen es in Europa nur ganz wenige, nicht käufliche Tiere gebe. Dass es ihm gelungen sei, den Hengst "N. " zu erwerben, der vorher nicht auf dem Markt gewesen sei, sei ein Glücksfall gewesen. Auch habe er "N. " nur deswegen bereits nach einer Trainingszeit von einem Jahr als Stuntpferd einsetzen können, weil es sich um ein ehemaliges Zirkuspferd gehandelt habe. Normalerweise dauere die Ausbildung auch bei einem entsprechend begabten Tier mindestens zwei Jahre.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Schlussantrag (Zahlung von 27.600,00 DM nebst Zinsen) zu erkennen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 113.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.05.2000 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Schadensereignis vom 04.05.1997 bereits entstanden ist und der ihm künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

2. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage insgesamt abzuweisen.

Sie macht geltend, dass ihr kein Verschulden anzulasten sei, weil es sich bei den Tieren nicht um eine neu zusammengestellte Gruppe gehandelt habe und sie keine "professionelle Pferdehalterin" sei, die nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. nur wissen müsse, dass die Kombination Hengst/Wallach üblicherweise von Pferdehaltern gemieden werde. Der Höhe nach hält sie die Berechnungsweise des Landgerichts, soweit es dem Kläger Ansprüche aberkannt hat, für zutreffend und bestreitet, dass "B. " ohne die Verletzungen bis Ende des Jahres 1998 an 35 Produktionstagen zum Einsatz gekommen wäre und ein Einsatz für Folgestaffeln geplant gewesen sei. Ferner behauptet sie, bereits einige Monate nach dem Schadensereignis sei es vollständig überschaubar gewesen, welche Verletzungsfolgen bei dem Tier vorgelegen hätten. Die Beschaffung eines Ersatzpferdes sei innerhalb kurzer Zeit möglich gewesen und dessen Ausbildung hätte höchstens ein Jahr betragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst den hierin in Bezug genommenen und überreichten Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers sowie die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten sind in formeller Hinsicht unbedenklich.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg, während auf die Berufung des Klägers im Wege eines Teilurteils die Klage teilweise abzuweisen war bzw. es bei der Klageabweisung erster Instanz zu verbleiben hatte, die Beklagte teilweise zu verurteilen sowie dem Feststellungsantrag stattzugeben und im übrigen der Zahlungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären war. Zur Höhe bedarf es nämlich insoweit weiterer Sachaufklärung nach Maßgabe des gleichzeitig verkündeten Beweisbeschlusses.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere mit den Leistungsanträgen hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Da der Kläger mit seinen Leistungsanträgen nur einen Teil des ihm entstandenen Schadens geltend macht, ist dem Bestimmtheitserfordernis nur dann Genüge getan, wenn erkennbar ist, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO 22. Auflage, § 253 Rdn. 15). Die insoweit an einer hinreichenden Zuordnung in der Verfügung vom 23.10.2000 geäußerten Bedenken hat der Kläger jedoch dadurch Rechnung getragen, dass er die genauen Zeiträume, auf die sich der geltend gemachte entgangene Gewinn bezieht, aufgelistet hat. Wegen der weiter in den Leistungsanträgen enthaltenen 50.000,00 DM hatte er ohnehin schon die Schadensposition dahingehend individualisiert, dass es sich um einen Teilbetrag des Wertverlustes des Tieres handele.

Die Einführung weiterer Ansprüche durch die Erhöhung des Zahlungsbegehrens und die Geltendmachung eines Feststellungsantrags ist prozessual unbedenklich, da es sich um eine bloße Antragserweiterung handelt, die gem. den §§ 523, 264 Nr. 2 ZPO auch ohne Zustimmung des Prozessgegners zulässig ist und auch keiner besonderen Zulassung bedarf. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger im Verlaufe des Berufungsverfahrens einen Teil der von dem Feststellungsantrag erfassten Positionen beziffert hat.

Das für den Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) folgt daraus, dass die Entstehung weiterer Schäden nicht unwahrscheinlich ist und am Tag nach Einreichung des Antrags, nämlich am 04.05.2000 jedenfalls für Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die mit denjenigen aus Geschäftsführung ohne Auftrag konkurrieren, Verjährung drohte.

Der Umstand, dass der Kläger nach Klageerhebung in der Lage versetzt wurde, Ansprüche ganz oder teilweise zu beziffern, steht der Zulässigkeit eines Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Bescheinigung der Tierärzte G. und He. vom 04.04.2000 (GA 171) ist zu entnehmen, dass noch bis zum 21.06.1999 tierärztliche Behandlungen erfolgt sind, mithin die Schadensentwicklung im Fluss war. Deshalb ist der Kläger prozessual nicht verpflichtet, die bereits entstandenen Tierarzt- und eigenen Fahrtkosten zu beziffern. Auch brauchte er den Wertverlust des Tieres nicht abschließend zu beziffern und konnte sich insoweit mit einer Teilklage begnügen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten für sie den Prozess führt. Es kann daher erwartet werden, dass bereits auf ein Feststellungsurteil hin eine Leistung erfolgen wird.

II.

Die Beklagte hat dem Grunde nach für den dem Kläger entstandenen Schaden einzustehen.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt der Ersatzanspruch des Klägers aus § 678 BGB.

Unstreitig hat die Beklagte die Tiere des Klägers von sich aus und ohne hierzu von dem Kläger beauftragt worden zu sein oder sein Einverständnis erhalten zu haben, auf die Weide gebracht. Dass dies dem mutmaßlichen Willen des Klägers widersprach, folgt daraus, dass - wie der Sachverständige Prof. Dr. H. klar und unmissverständlich ausgeführt hat, die Kombination Hengst - Wallach üblicherweise vermieden wird. Deshalb gibt man unter professionellen Pferdehaltern keinen Hengst in eine Gruppe von Wallachen.

Soweit der Sachverständige, dessen Fachkunde außer Zweifel steht und der daher regelmäßig von den Gerichten als Gutachter herangezogen wird, von einer neu zusammengestellten Gruppe von Tieren spricht, dient dies nur zur Erläuterung gruppendynamischer Prozesse, mit denen die Feststellungen zur Unüblichkeit des gemeinsamen Haltens nicht relativiert werden. Da der Kläger als Inhaber eines Reitstalles und Stuntman, der mit Pferden arbeitet, ein derartiger professioneller Halter ist, kann davon ausgegangen werden, dass er die Tierhaltung an dem, was üblich ist, orientiert. Der Vortrag der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung, die Tiere seien gemeinsam im Stall untergebracht und auch miteinander auf der Weide gewesen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Im Stall waren sie in Boxen eingestellt, also nicht unbeaufsichtigt zusammen. Zu dem gemeinsamen Weiden legt die Beklagte, obwohl sie die Verhältnisse im Reiterhof des Klägers kennt, Einzelheiten nicht dar. Ein Schluss auf einen vom Üblichen abweichenden Willen des Klägers lässt sich daher hieraus nicht ziehen.

Soweit die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 30.11.2000 Bezug nimmt auf eine privatgutachterliche Äußerung des Sachverständigen Gü. geht das Vorbringen über den ihr gewährten Schriftsatznachlass hinaus und kann daher nicht berücksichtigt werden (vgl. Zöller/Greger a.a.O. § 283 Rdn. 5); denn der Schriftsatz des Klägers vom 26.10.2000, auf den sie erwidern konnte, enthielt keine Ausführungen zum Haftungsgrund. Das Vorbringen gibt trotz der fehlenden Entscheidungsreife des Prozesses auch keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Zum einen legt die Beklagte nur einen Auszug von einer Seite des nach der Kopfzeile aus insgesamt vier Seiten bestehenden Gutachtens vor, so dass sich nicht nachvollziehbar beurteilen lässt, zu welchem Ergebnis der Gutachter letztendlich kommt. Selbst der von ihr vorgelegte Auszug stützt ihre Auffassung nur scheinbar; denn nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. weiß nicht "jeder Pferdehalter" (so Gü. ), sondern nur ein "professionelle Pferdehalter", dass Hengste nicht gemeinsam mit Wallachen auf die Weide geführt werden. Vor allem aber führt der Privatgutachter auch aus, es könne als Grundregel angesehen werden, dass man Hengste nur dann mit Wallachen gemeinsam auf eine Weide stelle, wenn man sich zuvor davon überzeugt habe, dass der Hengst hierbei problemlos ist. Damit bestätigt er letztlich, die Gefahrträchtigkeit des gemeinsamen Weidens von Hengst und Wallach und damit zugleich die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. H..

Die Beklagte musste schließlich damit rechnen, dass ihr Vorgehen dem Willen des Klägers widersprach. Sie ist unstreitig eine erfahrene Reiterin, die seit etwa 20 Jahren ein eigenes Pferd besitzt und seit mindestens 15 Jahren an Turnieren teilnimmt. Ferner war sie seit Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre Geschäftsführerin eines Pferde-Sport-Vereins. Bei ihr handelt es sich daher um eine Person, bei der das von Prof. Dr. H. mit "professionell" umschriebene Fachwissen vorhanden ist, wie der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten ausdrücklich bestätigt hat. Dass es auf dem Reitstall des Klägers eine vom Normalfall abweichende Praxis gab, hat sie - wie ausgeführt - nicht hinreichend dargetan. Auch lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen, dass sie sich von einer Gefahrlosigkeit des gemeinsamen auf die Weide Stellens eines Hengstes mit zwei Wallachen überzeugt hatte. Ihr Vorbringen, sie habe noch dem Einstellen der Tiere noch etwa 10 Minuten gewartet, bis sie sich von der Weide entfernt habe, deutet im Gegenteil eher darauf hin, dass sie Probleme für möglich hielt; denn ansonsten gibt das Warten kaum einen Sinn.

II.

Die hiernach dem Grunde nach gerechtfertigte Klage ist - soweit sie entscheidungsreif ist - nur teilweise begründet.

1. Der Kläger kann für insgesamt 35 Produktionstage, die den Gewinnausfall für die Zeit bis zum 31.12.1998 abdecken, 8.820,25 DM beanspruchen.

Das Landgericht hat, indem es gemeint hat, dem Kläger ständen wegen Verstoßes gegen seine Schadensminderungspflicht ab der am 01.02.1999 begonnenen 5. Produktionsstaffel der Sendung "Verbotene Liebe" keine Ansprüche mehr zu, über Ansprüche in Höhe von 27.600,00 DM für die Zeit bis Ende des Jahres 1998 entschieden. Dies entsprach auch dem Vorbringen des Klägers, der sich mit Schriftsatz vom 21.12.1998 den Inhalt einer - erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Bestätigung der Produktionsfirma GRUNDY UFA vom 11.12.1998 (GA 226) zu eigen gemacht und ausgeführt hatte, "B. " wäre unter dem Filmnamen "F." von Juni 1997 bis einschließlich Dezember 1998 an insgesamt 35 Produktionstagen zum Einsatz gekommen (GA 52). Weitere Ansprüche, etwa solche ab dem 01.02.2000, mit denen das Landgericht sich befasst hat, waren in erster Instanz nicht Gegenstand der Klage.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eine andere zeitliche Zuordnung vornimmt, die zunächst eingeklagten 27.600,00 DM auf die Zeit vom 05.05.1997 bis zum 04.05.1998 bezieht und im Jahresrhythmus weiterrechnet, ist sein Begehren unschlüssig; denn es lässt außer acht, dass seinem eigenen Vorbringen zufolge sich der Einsatz an 35 Tagen jeweils auf eine Produktionsstaffel bezieht und die Zeiträume, in denen die einzelnen Folgen abgedreht wurden, nicht mit dem Kalenderjahr identisch sind. Es ist deshalb ohne weiteres möglich, dass über den Zeitraum von Mai 1997 bis Ende 1998 nur eine Staffel produziert worden ist.

Der Senat kann aber von der Bestimmung der Teilbeträge auf die einzelnen Jahre abweichen, weil der Kläger in seinem Hilfsbegehren die eingeklagten Ersatzansprüche wegen des Ausfalls an insgesamt 105 Drehtagen auf den gesamten Zeitraum bis einschließlich 04.05.2000 verteilt. Von diesem Ansatz her hat der Senat keine Bedenken für den Zeitraum bis Ende 1998 einen Ausfall von 35 Produktionstagen anzusetzen. Die Beklagte bestreitet zwar in ihrem nachgelassenen Schriftsatz einen entsprechenden Ausfall, und zwar insoweit zulässigerweise, da die Bestätigung der Produktionsfirma erst auf Auflage des Berichterstatters hin mit Schriftsatz vom 26.10.2000 vorgelegt worden war. Gleichwohl ist dem Senat eine entsprechende Schätzung gem. § 287 Abs. 1 ZPO möglich. Es ist unstreitig, dass der Wallach "B. " vor den Verletzungen in der - wie allgemein bekannt ist - von Montags bis Freitags laufenden Serie "Verbotene Liebe" eingesetzt war und zwar als Tier, das mit einem bestimmten Namen einer bestimmten Schauspielerin zugeordnet war. Typisches Kennzeichen der in den Vorabendprogrammen der Fernsehanstalten laufenden "soap operas" ist aber das regelmäßige Auftreten bestimmter Darsteller, die deswegen - je nach Bekanntheitsgrad - in der Öffentlichkeit zum Teil so mit ihrer Rolle identifiziert werden, dass sie häufig nur noch mit ihrem Seriennamen vorgestellt werden. Von daher hat der Senat keine Bedenken, über einen Zeitraum von mehr als 1 1/2 Jahren 35 Produktionstage anzusetzen. Auch die Beklagte hatte insoweit noch in ihrer Berufungserwiderung gegen den sich hieraus ergebenden Einnahmeausfall von 31.500,00 DM entsprechend der Berechnung des Landgerichts nichts zu erinnern.

Wegen des mit dem Einnahmeausfall nicht identischen entgangenen Gewinns teilt der Senat im wesentlichen die Schätzungsansätze des Landgerichts.

Der Kläger hat unstreitig pro Drehtag von der Produktionsfirma 1.200,00 DM netto erhalten, und zwar unabhängig von der Zahl der Pferde. Dem Umstand, dass teilweise ein weiteres Tier eingesetzt worden ist, hat das Landgericht - insoweit entsprechend den Darlegungen des Klägers - dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass es lediglich 3/4 der Einnahmen von 35 x 1.200,00 DM = 42.000,00 DM, also einen Nettoerlös von 31.500,00 DM angenommen hat. Hiervon hat es wegen unvollständiger und widersprüchlicher Angaben zu den Einnahmen und Ausgaben des Wallachs "B. " in den Jahren 1994 bis 1996 die sich aus der Gewinnberechnung des Steuerberaters des Klägers für die Jahre 1994 bis 1996 ergebende durchschnittliche Gewinnquote von 25,8 % angesetzt.

Diese Vorgehensweise ist vom Gesetz, nämlich § 287 Abs. 1 ZPO i. V. m. den aus § 252 S. 2 BGB folgenden Darlegungs- und Beweiserleichterungen gedeckt, zumal angesichts der nur wenigen Zahlen, die der Kläger unter Bezugnahme auf die unterschiedlichen Äußerungen seines Steuerberaters vorträgt, hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Möglichkeit einer weiteren Sachaufklärung durch ein Gutachten nicht dargetan sind. Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass mit Übernahme des eigenen Stalles ab 1996 die monatliche Miete für das Unterstellen des Tieres bei dem K. Pferde-Sport-Verein e. V. von ca. 400,00 DM pro Monat fortgefallen sei und er z. B. die Transportkosten dadurch niedrig halte, dass er das Tier selbst transportiere, rechtfertigt diese - laienhafte - Darstellung keine für ihn günstiger Betrachtungsweise. Auch bei dem Einstellen des Tieres im eigenen Stall entstehen über die bloße Fütterung hinaus weitere Kosten, sei es über die anteilige Pacht, sei es - bei einem Ankauf des Betriebs - über den anteiligen Aufwand für Abschreibung, Zinsdienst und Reparaturen. Da diese in der Regel auch in eine Miete einkalkuliert sind, wird die Miete normalerweise höheren Kosten nur wegen des ebenfalls einkalkulierten Gewinns des Vermieters verursachen. Der Betrieb eines Pferdesportvereins ist aber normalerweise nicht gewinnorientiert, so dass nichts dafür ersichtlich ist, dass sich infolge der Unterbringung des Tieres im eigenen Betrieb am Kostenanteil etwas Nennenswertes verändert hat. Genauso wenig erschöpfen sich Transportkosten mit dem eigenen Fahrzeug nicht im bloßen Benzinverbrauch.

Gleichwohl bedarf die Gewinnermittlung des Landgerichts in einem Punkt der Korrektur. Auf den Mittelwert von ca. 25 % des Umsatzes ist es unter Einbeziehung des schon vom Ergebnis her (8,6 % statt 35,3 % bzw. 33,5 %) atypischen Jahres 1994 gelangt. In 1994 hatte der Kläger aber nach dem Inhalt seines vom Landgericht - prozessual korrekt - nicht mehr berücksichtigten nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.12.1999 gerade erst begonnen, seinen Betrieb aufzubauen, also seine Tiere für Fernseh- und Theaterproduktionen einzusetzen, und zwar zunächst ohne den "Dauerbrenner", die Serie "Verbotene Liebe", was im weiteren Verlauf des Verfahrens unbestritten geblieben ist. Es ist daher angezeigt, das atypische Startjahr 1994 außer Acht zu lassen und nur die beiden Folgejahre als repräsentativ anzusehen. Der Mittelwert zwischen den in diesen beiden Jahren erzielten Reingewinnen von 35,3 % bzw. 33,5 % beträgt 34,35 %. Hieraus folgt bei sonst gleicher Berechnungsweise wie beim Landgericht ein entgangener Gewinn von 10.820,25 DM und unter Berücksichtigung der Zahlung der Haftpflichtversicherung der Beklagten eine Forderung von 8.820,25 DM.

Mehrwertsteuer hierauf kann der Kläger nicht beanspruchen, da es sich bei der Ersatzforderung nicht um eine nach dem UStG steuerbare Einnahme handelt.

Zinsen auf die 8.820,25 DM kann der Kläger antragsgemäß ab Rechtshängigkeit beanspruchen.

2. Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Klage wegen des Teilbetrages von 27.600,00 DM - 8.820,25 DM = 18.779,75 DM abzuweisen ist.

3. Wegen der verbleibenden 63.000,00 DM steht dem Kläger höchstens die Gewinnquote von 34,35 %, also ein Betrag von 21.640,50 DM zu. Dies hat die Folge, dass weitere 41.359,50 DM der Abweisung unterliegen.

Damit hat die Klage wegen des bis zum 04.05.2000 entstandenen entgangenen Gewinns insgesamt wegen eines Betrags von 60.139,25 DM keinen Erfolg.

Dazu, ob der Kläger die verbleibenden 21.640,50 DM beanspruchen kann, bedarf der Sachverhalt weiterer Aufklärung.

4. Wegen des Wertverlustes des Tieres, zu dem ebenfalls eine Sachaufklärung notwendig ist, hält es der Senat für angezeigt, dem Kläger vorab einen Teilbetrag von 10.000,00 DM als Mindestschaden zuzusprechen, wozu er im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO befugt ist (vgl. BGH MDR 1996, 520 = NJW 1996, 1478; Musielak, ZPO, 2. Aufl., § 301 Rdnr. 8; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 301 Rdn. 2; a.A. Zöller/Greger a.a.O. § 287 Rdn. 1).

Es ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass infolge des Unfalles ein Wertverlust des Tieres eingetreten ist. Dieser muss - was auch ein nicht Fachkundiger beurteilen kann - erheblich sein; denn das Pferd ist nach den in diesem Punkt nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. als Folge der Biss- und Trittverletzungen mit schwarzen Narben übersäht, die dazu geführt haben, dass der Schimmel ein "Fleckenschimmel" geworden ist und er nicht mehr als "weißer Schimmel" in Film- bzw. Fernsehproduktionen eingesetzt werden kann. Ferner hat sich als Folge des Unfalles eines Spaterkrankung am rechten Hinterbein aktualisiert, die trotz der Operation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens durch Prof. Dr. H. Mitte 1999 in geringen Maße noch fortbestanden hat und über die im Falle eines Verkaufs aufzuklären wäre. Bereits letzteres führt gerade wegen des großen Einflusses, die eine mögliche Lahmheit für die Gerauchstauglichkeit und damit für die Wertschätzung eines Pferdes hat, unabhängig vom aktuellen Gesundheitszustand dazu, dass nur eingeschränktre Verkaufsmöglichkeiten bestehen, die sich in einem niedrigen Preis wiederspiegeln. Wenn man weiter bedenkt, dass selbst der als Ersatzpferd gekaufte Hengst "N. ", der nur als Zirkuspferd ausgebildet war und für die speziellen Zwecke des Klägers noch ein Jahr lang trainiert werden musste, 30.000,00 DM gekostet hat, lässt sich bereits jetzt hinreichend sicher feststellen, dass der Wertverlust mindestens 10.000,00 DM betragen hat.

5. Zinsen auf diesen Betrag und gegebenenfalls auf die nach den vorstehenden Ausführungen noch offenen Beträge von 21.640,50 DM + 40.000,00 DM = 61.640,50 DM kann der Kläger erst ab Rechtshängigkeit der bezifferten Klageerweiterung, d. h. ab dem 13.10.2000 beanspruchen, da weder die Berufungsbegründung noch der kurz zuvor eingereichte Schriftsatz mit dem Feststellungsantrag eine Rechnung bzw. gleichwertige Zahlungsaufforderung i. S. d. § 284 Abs. 3 BGB n. F. i. V. m. Art. 229 EGBGB enthalten.

6. Wegen der noch offenen Beträge von 21.640,50 DM + 40.000,00 DM = 61.640,50 DM war die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären. Die Voraussetzungen für ein Grundurteil liegen vor, weil die Sache insofern der Höhe nach weiterer Aufklärung bedarf und nicht nur zu dem Wertverlust des Tieres sondern wegen der von der Produktionsfirma ausgestellten Bestätigungen auch zu dem entgangenen Gewinn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Ansprüche in irgendeiner Höhe durchgreifen.

7. Begründet ist schließlich der Feststellungsantrag. Dem Kläger ist schon deshalb ein weiterer Schaden entstanden, weil auf die Tierarztkosten trotz inzwischen festgestellter Unfallbedingtheit auch der operativen Behandlung nur ein Teil gezahlt ist. Ferner ist es möglich, dass der Wertverlust des Tieres höher ist als bisher eingeklagt wurde und dem Kläger auch für die Zeit nach dem 04.05.2000 Gewinn entgangen ist.

III.

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Beschwer für beide Parteien: mehr als 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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