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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.12.2000
Aktenzeichen: 16 U 3/00
Rechtsgebiete: BGB, PflVersG, StVG, StVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 I
BGB § 421
BGB § 284 I
BGB § 288
PflVersG § 3 Nr. 1
StVG § 17 I S. 2
StVO § 8 II
StVO § 7 V
ZPO § 92 I
ZPO § 97 I
ZPO § 100 I
ZPO § 100 II
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 3/00 3 O 363/97 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 04.12.00

Verkündet am 04.12.00

Luckau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2000 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. November 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 363/97 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 9.889,62 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.01.1997 zu zahlen.

Auf die Widerklage werden der Kläger und der Widerbeklagte zu 2. gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Beklagten zu 1. 1.324,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.01.1998 zu zahlen; der Widerbeklagte zu 2. wird darüber hinaus verurteilt, weitere 47,89 DM an den Beklagten zu 1. zu zahlen.

Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen der Kläger und der Widerbeklagte zu 2. als Gesamtschuldner 6 %, der Kläger darüber hinaus weitere 27 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 46 % und der Beklagte zu 1. darüber hinaus 21 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger und der Widerbeklagte zu 2. als Gesamtschuldner 10 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1., der Kläger weitere 25 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1.; ferner hat der Kläger der Beklagten zu 2. 37 % ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. haben als Gesamtschuldner 50 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers, der Beklagte zu 1. darüber hinaus weitere 15 % dieser Kosten zu tragen. Ferner hat der Beklagte zu 1. 75 % der außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten zu 2. zu erstatten. Im übrigen findet eine weitere Kostenerstattung der außergerichtlichen Kosten nicht statt.

Von den Gerichtskosten zweiter Instanz entfallen auf den Kläger und den Widerbeklagten zu 2. als Gesamtschuldner 9 %, auf den Kläger darüber hinaus weitere 29 %, auf den Beklagten zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner 43 % und auf den Beklagten zu 1. ferner 19 % dieser Kosten.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz erfolgt folgendermaßen:

Der Kläger trägt 37 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 39 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.; der Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner tragen 52 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers, der Beklagte zu 1. ferner weitere 9 % dieser außergerichtlichen Kosten. Der Beklagte zu 1. hat darüber hinaus 70 % der außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten zu 2. zu erstatten; dieser wiederum trägt 15 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. gesamtschuldnerisch mit dem Kläger.

Eine weitere Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist zum Teil erfolgreich. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner Ersatz seines Sachschadens nur in der ausgeurteilten Höhe verlangen, da er sich wegen der erhöhten Betriebsgefahr seines Fahrzeugs eine Mithaftungsquote von 30 % zurechnen lassen muß. Dementsprechend ist die vom Beklagten zu 1) erhobene Widerklage in Höhe dieses Prozentsatzes begründet, soweit sie sich auf den materiellen Schaden bezieht, bleibt indes wegen des eingeklagten Schmerzensgeldes erfolglos.

I. Zur Klage

1.

Der Beklagte zu 1) als Halter und Fahrer und sein Versicherer haften gem. §§ 823 I BGB, 7, 17, 18 StVG, 3 PflVersG, 421 BGB.

Durch die überhöhte Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) wurde die Kollision mit dem klägerischen PKW verursacht. Der Senat geht von einer Ausgangsgeschwindigkeit des Bekl. zu 1) von mindestens 73,1 km/h aus. Diese ergibt sich als Mindestgeschwindigkeit aus den überzeugenden Angaben des Sachverständigen H. . Die bereits von den Beklagten anhand des Gutachten Ha. zugestandene Annäherungsgeschwindigkeit von 70 km/h ist noch um 3,1 km/h wegen der einen Bremsvorgang einleitenden Schwellphase zu erhöhen; diesen Faktor hatte das Gutachten Ha. nicht berücksichtigt. Hätte der Beklagte zu 1) die innerörtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten, wäre der Unfall für ihn vermeidbar gewesen. Er hätte sein Fahrzeug unabhängig vom Fahrverhalten des Widerbeklagten zu 2) in jedem Fall sicher vor der Anstoßstelle anhalten können, ggfs. durch eine unkritische Teilbremsung. Diesem von dem Sachverständigen H. , der dem Gericht als erfahrener und zuverlässiger Gutachter bekannt ist, gewonnenen Ergebnis, das i.Ü. in Einklang mit den Feststellungen des Sachverständigen Ha. steht, schließt sich der Senat an. Danach hat der Beklagte zu 1) den Unfall schuldhaft verursacht.

Die Haftung der Beklagten zu 2) für das schuldhafte Verhalten ihres Versicherungsnehmers folgt aus § 3 Nr.1 PflVersG.

Die nach §§ 17 I S.2 StVG bzw. 254 I BGB erforderliche Abwägung zwischen den Verursachungs- oder Mitverschuldens-anteilen der Beteiligten führt zu einer Haftungsbegrenzung für die Beklagten auf 70 % des materiellen Schadens. Zwar läßt sich ein Mitverschulden des Widerbeklagten zu 2 ) an der Kollision nicht feststellen. Ein schuldhafter Verstoß gegen § 8 II StVO oder § 7 V StVO ist nämlich nicht nachweisbar. Zugunsten des Widerbeklagten zu 2 ) kann nach den Angaben des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden, daß der Abbiegevorgang in die K. Straße bereits abgeschlossen war, so dass eine Haftung wegen einer Vorfahrtsverletzung nicht in Betracht kommt. Der Sachverständige hat dargelegt, dass der Kollisionspunkt, der anhand der polizeilichen Feststellungen nicht festgelegt werden kann, durchaus erst am Ende der Bremsspur des Beklagten zu 1) liegen kann, was auch mit der Aussage S. in Einklang steht. Dann hat das klägerische Fahrzeug vom Beginn des Einbiegevorgangs bis zu Kollisionsstelle ca. 39 m zurückgelegt; zeitlich bedeutet dies bei normaler Beschleunigung eine Zeitspanne von 5 - 6 sec. Nach dieser Zeit ist ein Einbiegevorgang normalerweise abgeschlossen, wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung nachvollziehbar dargelegt hat. Der klägerische Vortrag, der PKW des Bekl. zu 2) sei aufgefahren, als sein Fahrzeug sich bereits voll auf der K. Straße befunden habe, kann damit nicht widerlegt werden. Auch die Betrachtung der Entfernungen zwischen den Fahrzeugen führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei der für den Kläger günstigsten möglichen Konstellation befand sich der PKW des Beklagten zu 2) ca. 96 m von der Position des klägerischen Fahrzeugs entfernt, so dass dieses auch unter Beachtung der Regeln des § 8 II StVO in die vorfahrtsberechtigte Straße einbiegen dürfte. Mit einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit des anderen Fahrzeugs mußte er nicht rechnen.

Entsprechendes gilt für den Spurwechsel, den der Widerbeklagte zu 2) durchführte. So kann dieses Fahrmanöver, das i.E. nicht näher örtlich eingegrenzt werden kann, stattgefunden haben, als das Fahrzeug des Beklagten zu 1) noch fast 40 m entfernt war, wenn man die für den Kläger günstigsten Annahmen zugrunde legt ( Bl. 292, Gutachten H. vom 29.9.2000 ). Ein schuldhafter Verstoß gegen die Vorschrift des § 7 V StVO kann bei diesem Fahrverhalten nicht festgestellt werden.

Der Unfall war indes für den Widerbeklagten zu 2) nicht unabwendbar. Diesen dem Kläger und ihm obliegenden Beweis war nicht zu erbringen. Nach den gutachtlichen Äußerungen des Sachverständigen H. ergibt sich zweifelsfrei, dass bei dem Spurwechsel der PKW des Beklagten zu 1) sichtbar war und - bei Annahme einer für den Kläger weniger günstigen Konstellation - der von hinten kommende PKW sich bereits bis auf ca. 32 m genähert hatte, als der Widerbeklagte zu 2) auf die linke Fahrspur wechselte. Dem entspricht das Ergebnis einer Beurteilung aufgrund des zeitlichen Ablaufs. Der Sachverständige hat hierzu angegeben, dass die Kollision auch bereits ca. 4,5 sec, nachdem der Widerbeklagte zu 2) mit dem Einbiege- und Spurwechselvorgang angesetzt hatte, stattgefunden haben kann, der Abbiegevorgang insgesamt jedoch ca. 5 sec. andauert. Mithin hätte sich bei dieser nicht auschließbaren Variante der Unfall noch vor Beendigung des Spurwechsels ereignet. Ohne dass an dieser Stelle auf ein schuldhaftes Verhalten eingegangen werden muß, läßt sich jedenfalls feststellen, dass ein besonders umsichtiger Fahrer den Unfall hätte abwenden können, indem er zunächst auf der rechten Fahrspur geblieben wäre.

Die dem Kläger zuzurechnende Betriebsgefahr seines Fahrzeugs ( § 17 I 1 StVO ) ist wegen der geschilderten Fahrmanöver des Widerbeklagten zu 2) erhöht. Dem steht das schuldhafte Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um fast 50 % durch den Beklagten zu 1) gegenüber. Eine Haftungsquote von 30 % für den Kläger und 70 % für die Beklagten erscheint dem Senat angemessen.

2.

Die vom Landgericht ermittelte Höhe des Sachschadens, den der Kläger erlitten ist, wird von den Beklagten nicht mehr bestritten. 70 % dieses Betrages über 14.128,02 DM belaufen sich auf 9.889,62 DM.

Dieser Betrag ist ab 11.1.1997 zu verzinsen, §§ 284 I, 288 BGB.

II. Zur Widerklage

1.

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass der Beklagte zu 1) 30 % seines materiellen Schadens von dem Kläger als Fahrzeughalter und dem Widerbeklagten zu 2) als Fahrzeugführer verlangen kann. Hingegen steht ihm ein Schmerzensgeldanspruch nicht zu, da er ein Verschulden des Widerbeklagten zu 2) nicht nachweisen kann.

2.

Ansprüche gegen den Kläger und den Widerbeklagten zu 2)

Der Schaden des Beklagte zu 1) setzt sich aus folgenden Positionen zusammen:

a ) Dem Beklagten zu 1) sind Reparaturkosten in Höhe von 3.500,- DM entstanden. Der Zeugen P. , der die Reparatur durchgeführt hat, hat glaubhaft diesen Betrag und dessen Bezahlung bestätigt.

b) Der Senat geht von einem Nutzungsausfall von 6 Tagen aus, wie er sich aus der Aussage des Zeugen ergibt.

Der Tagesssatz für einen Golf CL 44 kw/Zulassung 1991 beträgt für 1996 DM 53, - ( vgl. Palandt/ Heinrichs, 56. Aufl., Anhang zu § 249 ).

c) Ferner fallen Abschlepp- und Einstellkosten in Höhe von 556,60 DM an. Dass das KFZ abgeschleppt werden mußte, ergibt sich bereits aus dem von der Polizei aufgenommenen Schadensbild. Die Höhe der Kosten wird durch die Rechnung v. 25.11.1996 ( Bl. 69 ) belegt

d) Hinzu kommt eine Unkostenpauschale von 40,- DM.

Als Gesamtbetrag ergibt sich 4.414,60 DM.

Hiervon kann der Bekl. Erstattung von 30 %, mithin 1.324,38 DM verlangen.

3.

Ansprüche gegen den Widerbeklagten zu 2)

Hier kommen als erstattungsfähiger materieller Schaden nur die Attestkosten in Höhe von insgesamt 159,64 DM in Betracht. Diese sind durch die Vorlage der Atteste und Rechnungen nachgewiesen. Anhaltspunkte für einen Forderungsübergang auf den Krankenversicherer des Bekl. zu 1) bestehen nicht, zumal Attestkosten nicht regelmäßig von den Versicherungen übernommen werden.

30 % dieser Kosten betragen 47,89 DM.

Der vom Kläger und Widerbeklagten zu 2) gesamtschuldnerisch zu erstattende Schaden ist antragsgemäß ab Rechtshängigkeit zu verzinsen, hingegen ist eine Verzinsung des vom Widerbeklagten zu 2) verlangten Betrages nicht beantragt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I, 100 I, II ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufung: 14.755,69 DM

Beschwer für alle Parteien unter 10.000,- DM

Ende der Entscheidung

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