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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 13.11.2000
Aktenzeichen: 16 U 45/00
Rechtsgebiete: HGB, ZPO
Vorschriften:
HGB § 352 a.F. | |
ZPO § 543 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
16 U 45/00 82 O 46/99 - LG Köln -
Anlage zum Protokoll vom 13.11.2000
Verkündet am 13.11.2000
Luckau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2000 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen des am verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O 46/99 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung ist nicht begründet.
Der Klägerin steht gem. Art. 53 CISG ein restlicher Kaufpreisanspruch von 30.000,00 DM zu.
1.
Es kann zunächst offen bleiben, ob auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien deutsche oder italienische Sachnormen anwendbar sind; denn geltend gemacht wird ein Anspruch aus einem Warenkaufvertrag zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in Staaten haben, die beide Vertragsstaaten des UN-Kaufrechtsabkommens (CISG) sind (Art. 1 Abs. 1 a CISG). Sowohl Italien als auch Deutschland waren bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Abkommen beigetreten. Auch handelt es sich um ein internationales Kaufgeschäft. Der Zeuge S. , der mit der Beklagten verhandelt hat, war nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin Handelsvertreter, also selbständiger Kaufmann und damit ersichtlich nicht Leiter einer deutschen Niederlassung der Klägerin. Auf dessen Sitz in H. käme es daher für die Frage, ob ein nationales oder grenzüberschreitendes Kaufgeschäft vorliegt, nur dann an, wenn er selbst mit der Klägerin kontrahiert und das sowohl nach italienischem wie auch nach deutschem Stellvertretungsrecht erforderliche Handeln im Namen der Klägerin nicht offengelegt hätte (vgl. Schlechtriem/Ferrari, CISG, 3. Auflage, Art. 1 Rdn. 41, 48). Der Zeuge S. war indes kein Abschlussvertreter, was der Beklagten auch bekannt war. Sie hat zwar, seinerzeit noch als Gründungsgesellschaft (GmbH i. Gr.) mit ihm verhandelt, aber die Bestellung am 28.08.1998 unmittelbar an die Klägerin gefaxt, die ihrerseits mit Auftragsbestätigung vom 01.09.1998 die Annahme erklärt hat. Dass die Beklagte nur die italienische Klägerin als ihre Vertragspartnerin angesehen hat, wird im übrigen auch dadurch deutlich, dass die Beklagte die gesamte spätere Korrespondenz nur mit der Klägerin in Italien geführt und die ihrer Meinung nach fehlerhafte Ware nicht nach H. , sondern nach Mailand hat zurücktransportieren lassen, um sie der Klägerin wieder zur Verfügung zu stellen.
2.
Die Beklagte kann dem als solchen unstreitigen Kaufpreisanspruch der Klägerin keine Gegenrechte wegen der Lieferung nicht vertragsgemäßer Ware entgegen halten.
a)
Wegen der Steckkupplungen BG 3 ist der Vortrag weder wegen der Mängel noch wegen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten nachvollziehbar. Nach dem Sachvortrag der Beklagten soll die Fehlerhaftigkeit Ende Mai/Anfang Juni 1999 nach Auslieferung bei der Abnehmerin festgestellt worden sein. Ausgeliefert hat sie die Ware indes nach den im anderen Zusammenhang vorgelegten Lieferscheinen aber bereits vom 07.12.1998 bis 08.3.1999 (GA 75-77). Außerdem hat es das Problem der Notwendigkeit des Nachschneidens des Gewindes ihrem eigenen Sachvortrag zufolge nur bei Muffen des Typs PP3.F. 1313-11 und Steckern des Typs PP3.M gegeben. In der Auflistung des Lagerbestandes per 04.06.1999 gem. Anlage B 2, den die Beklagte der Klägerin als mängelbehaftet wieder zur Verfügung stellen möchte, ist indes keine Steckverbindung dieser beiden Typen enthalten.
b)
Es kann im übrigen sowohl wegen dieser Teile wie auch wegen der Kupplungen, die bereits zuvor nach Mailand zurücktransportiert worden sind, mit dem Landgericht offen bleiben, ob die Klägerin der Beklagten nicht vertragsgemäße Ware geliefert hat und dies eine wesentliche Vertragsverletzung i. S. d. Art. 49 Abs. 1 CISG darstellt; denn die Beklagte hat - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wegen Versäumung der Untersuchungs- und Rügefristen der Art. 38, 39 CISG verloren.
Es hat sich um eine Vielzahl von Artikeln gehandelt, die jeweils nur einen geringen Einkaufs- und - wie die Lieferscheine der Beklagten an die Fa. A. Hydraulikservice zeigen - Weiterverkaufspreis von unter 10,00 DM hatten. Die Beklagte war deswegen verpflichtet, die Ware stichprobenartig daraufhin zu untersuchen, ob sie die vereinbarten Qualitätsmerkmale aufwies, und durfte sie nicht einfach bis zu einem etwaigen Weiterverkauf unbesehen einlagern. Dass damit einzelne Artikel - etwa nach einem Druckversuch - anschließend nicht mehr als neuwertig verkauft werden konnten, hatte sie schon wegen des geringen Einkaufspreises in Kauf zu nehmen. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation des Kaufs einer Massenware mit einem Gesamtvolumen von fast 100.000,00 DM war ihr eine derartige stichprobenartige Überprüfung einzelner Artikelgruppen - gegebenenfalls durch ein Prüfungsinstitut - zumutbar und möglich (vgl. zum Umfang der Pflichten Schlechtriem/Schwenzer a.a.O. Art. 38 Rdn. 13 f.; Achilles, CISG Art. 38 Rdn. 5; Magnus, Der UN-Kaufrechtsprozess in Richterhandbuch, 2. Auflage, Rdn. 60 f.; ders. in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 1999, Art. 38 Rdn. 30 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dass eine derartige stichprobenartige Untersuchung einen nicht vertretbaren Aufwand verursacht hätte, lässt sich anhand des Vorbringens der Beklagten nicht feststellen. Ob die Steckverbindungen BG 3 passten, ließ sich - wie der Geschäftsführer der Beklagten im Termin bestätigt hat - durch ein bloßes Ausprobieren überprüfen. Zur weiteren Überprüfung, etwa wegen der Ordnungsgemäßheit der Verzinkung und für Druckversuche hätte gegebenenfalls wegen einzelner Artikel der Kostenaufwand für eine Untersuchung in einem Prüfinstitut aufgewandt werden müssen.
Erst wenn die Beklagte in dieser Weise ihrer Untersuchungspflicht nachgekommen wäre, hätte sie, wenn gleichwohl später bei ihren Abnehmern Probleme mit den Kupplungen aufgetreten wären, die Möglichkeit gehabt, die Vertragswidrigkeit geltend zu machen. Ein bloßes Liegenlassen der am 15.10. und 30.11.1998 ausgelieferten Ware bis zu deren Abverkauf wahrte - wie ebenfalls bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hatte - ihre Rechte nicht, so dass die Mängelrügen vom 11.05. und 04.06.1999 ersichtlich verspätet sind.
3.
Der Zinsanspruch folgt dem Grunde nach aus Art. 78 CISG.
Zur Höhe, für die nach überwiegender Meinung, insbesondere durchgängiger Rechtsprechung der Oberlandesgerichte die subsidiär geltenden nationalen Regelungen maßgeblich sind (vgl. Schlechtriem/Bacher, a.a.O. Art. 78 Rdn. 27 ff. mit Nachweisen zum Meinungsstand), kann es ebenfalls offen bleiben, ob deutsches oder italienisches Recht anzuwenden ist. Die geforderten 5 % kann die Klägerin nämlich nicht nur nach Art. 1284 Codice Civile, sondern auch nach § 352 HGB a.F. beanspruchen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Beschwer der Beklagten: 30.000,00 DM
Ende der Entscheidung
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