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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.03.2009
Aktenzeichen: 16 U 71/08
Rechtsgebiete: BGB, UKlaG


Vorschriften:

BGB § 253
BGB § 254
BGB § 278
BGB § 286
BGB § 291
BGB § 651c
BGB § 651c Abs. 1
BGB § 651d
BGB § 651d Abs. 1
BGB § 651e
BGB § 651f
BGB § 651f Abs. 1
BGB § 651f Abs. 1 HS. 2
BGB § 823
UKlaG § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 25.09.2009 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 373/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 10.000,00 € sowie weitere 340,73 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz seit dem 19.10.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfall vom 17.08.2006 im B. in T. Mühle zukünftig noch entstehen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 27 % und die Beklagte zu 73 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Am 17.07.2006, dem zweiten Tag einer von seiner Mutter bei der Beklagten gebuchten Reise in das Hotel B. in T. Mühle/U, suchte der seinerzeit 14 Jahre alte Kläger gegen Mittag das dem Hotel angeschlossene Hallenschwimmbad auf. Das Becken hat eine verschachtelte Form mit teilweise geschwungenen Seitenwänden; teilweise sind sie rechteckig ausgebildet. An einer schmalen Seite des rechteckig ausgebildeten Teils befand sich ein Startblock mit einem nach vorne geneigten Trittbrett. Auf die rückwärtige Stirnseite des Trittbretts war mit roter Schrift auf weißem Grund der Hinweis "HLOUBKA 1,40 m" (deutsch: Tiefe 1,40 m) aufgeklebt. An der parallel zu dieser Seite des Beckens verlaufenden Seitenwand des Bades waren in ca. 2 m Höhe nebeneinander zwei runde Aufkleber in der Form eines roten Kreises mit einem diagonal verlaufenden roten Balken auf weißem Hintergrund angebracht. Bei einem der Schilder in der Größe einer Wandkachel, bezog sich das durch den roten Balken signalisierte Verbot auf das Piktogramm eines Kopfspringers, bei dem anderen auf eine laufende Person.

Unmittelbar nach Betreten des Bades ging der Kläger, ohne die Piktogramme an der Wand und die Aufschrift auf der Stirnseite des Startblocks zu sehen, seitlich zu dem Startblock und machte von dort einen Kopfsprung in das nur 1,40 m tiefe Wasser. Dabei zog er sich eine Halswirbelkörperfraktur C5 und C6 sowie einen Bänderabriss C4/C5 zu.

Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, mindestens 15.000,00 €, die Rückerstattung des Reisepreises für 4 Tage in Höhe von 230,32 € aus abgetretenem Recht seiner Mutter, die Erstattung eines materiellen Schaden von 110,41 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftigen materiellen und immateriellen Schaden begehrt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.09.2009, auf das wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen des Umfangs der Verletzungen des Klägers und deren Folgen verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung ist teilweise begründet.

Dem Kläger stehen wegen des Unfalls vom 17.08.2006 ein Schmerzensgeld von 10.000,00 € sowie die weiter geltend gemachten 340,73 € zu. Ferner ist das Feststellungsbegehren gerechtfertigt.

1.

Die Beklagte ist gem. § 651f Abs. 1 i. V. m. §§ 253, 278 BGB verpflichtet, dem Kläger, der als Mitreisender in die Schutzwirkung des von seiner Mutter abgeschlossenen Reisevertrages einbezogen war, ein Schmerzensgeld von 10.000,00 € zu zahlen.

Ein Reiseveranstalter schuldet aufgrund seiner Obhuts- und Fürsorgepflichten Abwehrmaßnahmen gegen solche mit den Reiseleistungen verbundenen Gefahren, mit denen der Reisende nicht zu rechnen braucht und die er deshalb nicht willentlich in Kauf nimmt. Deshalb stellen auch Beeinträchtigungen infolge von Sicherheitsdefiziten im Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters, d.h. infolge einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, für deren Einhaltung er oder sein örtlicher Leistungsträger einzustehen hat, einen Reisemangel i. S. d. § 651 c Abs. 1 BGB dar (BGH NJW 2007, 2549, 2551; Senat RRa 2007, 65).

a)

Vorliegend hat der Betreiber des Schwimmbades durch das Aufstellen des Startblocks an einer Stelle, in der das Schwimmbadbecken nur 1,40 m tief war, als örtlicher Leistungsträger eine ihn treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die gebotene Verkehrssicherung erfasst dabei diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Da nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann, wird eine Gefahr erst dann haftungsbegründend, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden(vgl. BGH NJW 2008, 3775, 3776). Dabei kommt dem Kriterium der Verkehrserwartung entscheidende Bedeutung zu. Diese geht in der Regel dahin, dass eine bestimmungsgemäße Nutzung einer für den Verkehr eröffneten Einrichtung gefahrlos möglich ist (J. Lange/Schmidbauer in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 823 BGB Rz. 86). Speziell für Schwimmbäder folgt hieraus, dass deren Benutzer vor den Gefahren zu schützen sind, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen und von ihnen nicht vorhersehbar oder ohne weiteres erkennbar sind. Wenn sie - wie vorliegend - auch von Kindern und Jugendlichen benutzt werden, die zu unbesonnenem Handeln und zur Missachtung von Vorschriften und Anordnungen neigen, ist dem durch besondere Maßnahmen vorzubeugen (BGH NJW 1980, 1159, 1160; NJW 2004, 1449, 1450).

Enthält das Bad eine Sprunganlage, ist sie so einzurichten, dass für die Benutzer die Gefahr der Grundberührung beim Springen ausgeschaltet ist (vgl. OLG Brandenburg, ZfS 2000, 287 zu "5 cm hohen, starblockähnlichen Erhöhungen" auf dem Steg eines Badesees bei einer Wassertiefe von 1,40 m; OLG Celle VersR 1969, 1049 zu einem 1,5 m hohen Sprungbrett bei einer Wassertiefe von 1,70 m). Der Kläger hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die bestimmungsgemäße Benutzung von Startblöcken darin besteht, von diesen in das angrenzende Schwimmbecken zu springen, sei es per Kopf- oder per Fußsprung. Die insoweit vom Landgericht Köln vorgenommene Unterscheidung zwischen "normalen Startsprüngen, die ... im flachen Winkel ausgeführt werden" und "und "steilen", "extremen" Sprüngen überzeugt unabhängig davon nicht, dass jedenfalls in Deutschland die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften bei Startblöcken eine Mindesttiefe von 1,80 m vorsehen (OLG Brandenburg a. a. O.), also eine solche von nur 1,40 m entgegen der Meinung des Landgerichts gerade nicht ausreichend ist. Gegen eine solche Differenzierung spricht bereits, dass die Grenzziehung zwischen "normalen Startsprüngen" und "steilen Sprüngen", die nicht mehr von der Verkehrssicherungspflicht erfasst sein sollen, nur schwer möglich ist. Die Frage, ab welchem Neigungswinkel ein "normaler Startsprung" in einen " steilen Sprung" mit der Folge umschlägt, dass für die sich aus letzterem ergebenden Folgen nicht mehr gehaftet werden soll, lässt sich nicht beantworten. Deutlich wurde dies auch bei der Anhörung des Klägers, der die Frage, wie genau er gesprungen sei, nicht beantworten konnte, sondern angab, er habe, ohne sich etwas dabei zu denken, einen "normalen" Kopfsprung, wie er ihn gewohnt sei, gemacht.

Vor allem aber trifft auch die Verkehrsauffassung eine solche Unterscheidung nicht: Die Benutzer eines Bades gehen davon aus und können davon ausgehen, dass das Schwimmbecken unterhalb einer Sprungeinrichtung eine für alle Arten von Sprüngen ausreichende Tiefe aufweist (OLG Stuttgart, VersR 1961, 1026, 1028). Wenn ein Benutzer von einem Startblock einen Kopfsprung - wie auch immer - macht, macht er von dieser Einrichtung nur seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch. Die nach vorne geneigte Trittfläche bot zudem für derartige Sprünge gerade bei Jugendlichen einen besonderen Anreiz. "Startsprünge" können im Übrigen missglücken und mit einem steileren Eintauchwinkel als geplant enden.

b)

Die Aufkleber waren nicht geeignet, der Gefahr zu begegnen, die von dem Startblock ausging, der an einer Stelle angebracht war, wo er wegen der zu geringen Wassertiefe nichts zu suchen hatte. Dies betrifft zunächst das Piktogramm mit dem durchgestrichenen Kopfspringer, das nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts anhand der eingereichten Fotos einen Durchmesser von etwa 15 cm hatte und sich in einer Entfernung von ca. 3 m von dem Startblock befand. Es war zudem nicht dort angebracht, wo es Personen, die - wo auch immer in dem verwinkelten Schwimmbadgeländer - ins Wasser springen wollten, sehen mussten. Der Blick hierauf wurde im Gegenteil von einer Person, die - wie der Kläger - parallel zu der Wand von der Seite her kam, noch durch einen Vorsprung mit einem ziemlich dicken zylinderförmigen Rohr vom Boden bis zur Decke eingeschränkt. Damit war nicht gewährleistet, dass die mit dem Piktogramm verbundene Anordnung des Verbots von Kopfsprüngen auch von Benutzern erkannt wurde. Im Übrigen wurde sie praktisch durch den Startblock mit der geneigten Trittfläche wieder entwertet, also durch eine Einrichtung, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch darin besteht, Kopfsprünge auszuführen. Auch ist das Becken dort so konstruiert, dass man daran denken kann, dass dieser rechteckige Teil anders als das in runden Formen verlaufende übrige Becken, jedenfalls für "Startsprünge" geeignet ist.

Der Hinweis "HLOUBKA 1,40 m" in einer Größe von ca. 25 x 5 cm auf der rückwärtigen Stirnseite des Startblocks stellte keine hinreichende Warnung vor der für einen Kopfsprung zu geringe Wassertiefe dar; denn auch er befand sich nicht an einer Stelle, an der Gewähr dafür bestand, dass er auch gesehen wurde, was etwa bei einem Aufkleber oben auf der Trittfläche der Fall gewesen wäre. Vielmehr konnte er nur von solchen Personen erkannt werden, die sich dem Block von hinten näherten.

c)

Das Verschulden des Schwimmbadbetreibers, für das die Beklagte gem. § 278 BGB einzustehen hat, wird gemäß § 651 f Abs. 1 HS. 2 BGB vermutet. Den ihr daher obliegenden Entlastungsbeweis hat die Beklagte nicht geführt. Ihr Vortrag, dass die für den Betrieb des Schwimmbades erforderlichen behördlichen Abnahmen und Genehmigungen vorlagen, reicht nicht; denn die Verkehrssicherungspflicht orientiert sich an anderen rechtlichen Aspekten. Das Vorhandensein einer behördlichen Genehmigung schließt die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht ohne weiteres aus, sofern für den Sicherungspflichtigen die ungeachtet der Genehmigung verbleibende Gefahr erkennbar ist (BGH NJW 1985, 620, 621). So liegt der Fall hier. Der Betreiber der Schwimmanlage, von dem größere Sachkunde und Aufmerksamkeit als von den Benutzern der Anlage zu fordern ist, hätte die von der zu geringen Wassertiefe ausgehende Gefahr erkennen können und müssen. Er hat diese offenbar auch erkannt, wie das Piktogramm und die Aufschrift an der Stirnseite des Blocks deutlich machen. Nur waren die getroffenen Maßnahmen - wie ausgeführt - nicht geeignet, um der durch den Startblock geschaffenen Gefahrenlage zu begegnen, was der Betreiber ebenfalls hätte erkennen können.

Da hiernach die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten vorliegen, kommt es nicht darauf an, ob daneben noch eine deliktische Haftung gem. § 823 BGB wegen Verletzung der einem Reiseveranstalter obliegenden eigenen Verkehrssicherungspflicht besteht, die für sie tätigen Leistungsträger im Hinblick auf deren Eignung und Zuverlässigkeit sorgfältig auszuwählen und die Art und Weise der Leistungserbringung durch diese regelmäßig zu überwachen.

d)

Der Anspruch des Klägers ist nicht nach § 254 BGB wegen Mitverschuldens zu mindern und erst recht nicht - wie das Landgericht gemeint hat - ausgeschlossen.

Dem Kläger kann nicht vorgehalten werden, dass er sich vor dem Sprung von dem Startblock nicht über die Wassertiefe vergewissert, sondern - wie von ihm geschildert- "einfach so" und ohne weitere Überlegungen einen Kopfsprung in das ihm nicht bekannte Becken gemacht hat. Von dem Benutzer einer Sprungeinrichtung in einem Schwimmbad ist nämlich - wie ausgeführt - nicht zu verlangen, dass er sich vor Ausführung des ersten Sprunges der dafür ausreichenden Wassertiefe, etwa durch Absteigen in das Becken, vergewissert. Vielmehr darf er sich darauf verlassen, dass das Wasser für Sprünge von dieser Einrichtung, also für eine bestimmungsgemäße Nutzung ausreichend tief ist. Die Hinweise, die dieses Vertrauen entkräften konnten, nämlich das Piktogramm und die Aufschrift auf dem Block hat der Kläger unstreitig nicht gesehen und brauchte diese auch nicht zu sehen.

Sonstige Feststellungen, die ein Mitverschulden begründen könnten, konnten nicht getroffen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die zu geringe Wassertiefe für den Kläger auch ohne die Hinweise erkennbar war. Die Erkennbarkeit der Wassertiefe in einem Schwimmbad hängt von der jeweiligen Lichtsituation und von Spiegelungen im Wasser ab. Auch auf den Fotos ist nur zu sehen, dass vor dem Startblock in dem hellen Schwimmbadboden eine durchgezogene schwarze Kachelreihe eingelassen ist, im Übrigen ein Merkmal, das typisch für ein "normales" Hallenbad ist und den Eindruck erweckt, dass man sich in dem rechteckigen Teil außerhalb des "Spaßbereichs" des Bades befindet. Dazu, dass die Wassertiefe aufgrund von stehenden Personen in dem entsprechenden Bereich gerade im Zeitpunkt des Unfalls erkennbar war, hat die Beklagte trotz einer entsprechenden Anheimgabe in der Ladungsverfügung zur Konkretisierung eines mehrdeutigen erstinstanzlichen Vortrags Tatsachen nicht dargetan. Die Angabe des Klägers während seiner Anhörung, es hätten sich nur in dem "runden Bereich" des Bades Personen aufgehalten, ist daher nicht zu widerlegen. Entsprechendes gilt für seine weitere Angabe, er habe mit den übrigen Familienmitgliedern nach der Anreise am Vortag zum ersten Mal das Bad aufgesucht.

e)

Der hiernach dem Grunde nach gerechtfertigte Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt, da die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 651g Abs. 2 BGB) durch die Zustellung der Klage am 19.10.2007 lange vor ihrem Ablauf unterbrochen wurde. Die Klausel in Ziff. 13.2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, mit der die Verjährungsfrist für "Ansprüche des Reisenden nach den §§ 651c bis 651f BGB" auf ein Jahr abgekürzt wurde, entspricht inhaltlich derjenigen, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.02.2009 - Xa ZR 141/07 - zugrunde liegt, und ist daher unwirksam. Darauf, ob die AGB wirksam in den Reisevertrag einbezogen worden sind und wie lange die Frist gehemmt war, kommt es deshalb nicht an.

f)

Der Höhe nach rechtfertigen der Unfall und dessen Folgen ein Schmerzensgeld von 10.000,00 €.

Die Unfallfolgen waren erheblich. Der Kläger wurde am Tag des Unfalls in das örtliche Krankenhaus eingeliefert und am 21.08.2006 in das Krankenhaus E.-G. verlegt. Dort hielt man wegen eines zunächst nicht festgestellten Bändeabrisses eine Operation nicht für erforderlich, so dass der Kläger am 25.08.2006 mit einer verstärkten Schanz`schen Krawatte aus der stationären Behandlung entlassen wurde. Nach anhaltenden Beschwerden und Feststellung des Bänderabrisses erfolgte ein erneuter stationärer Aufenthalt vom 17. bis 26.10.2006 mit zwei Operationsgängen. Anschließend musste der Kläger noch bis zum 28.10.2006 eine weiche Cervikalstütze tragen und wurde bis Ende März ärztlich und physiotherapeutisch versorgt. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte er nicht am Sportunterricht teilnehmen. Auch musste er einen geplanten Tanzkursus ausfallen lassen.

Derzeit sind die Unfallfolgen zwar im Wesentlichen abgeklungen und äußern sich nur in einem von dem Kläger bei seiner Anhörung beschriebenen Spannungsgefühl, wenn er seinen Kopf einige Zeit nicht bewegt. Besonders belastend musste sich jedoch für ihn auswirken, dass während der Behandlungsphase die dringende Gefahr einer Querschnittslähmung bestand. Dass der Kläger, der als damals 14-jähriger Junge noch den größten Teil seines Lebens vor sich hat und seinerzeit mit der Perspektive eines Lebens im Rollstuhl konfrontiert war, während dieser Zeit unter erheblichen Ängsten gelitten hat, ist natürlich und führt dazu, dass ein deutlich höheres Schmerzensgeld anzusetzen war, als der Senat unter geringerer Gewichtung der erheblichen psychischen Folgen in der mündlichen Verhandlung zur Diskussion gestellt hatte.

Das weitergehende Begehren des Klägers ist indes nicht gerechtfertigt. Bei den von ihm herangezogenen Entscheidungen, aus denen er seine Mindestvorstellung eines Schmerzensgeldes von 15.000,00 € herleitet, waren jeweils Dauerfolgen eingetreten. Diese sind aber bei ihm nur in einem ganz geringen Umfang vorhanden und beeinträchtigen von ihrer Art her seine Lebensführung nicht. Eine Arthrosegefahr besteht zwar, wirkt sich aber als bloße Möglichkeit des Eintritts eines späteren Schadens derzeit ebenfalls nicht auf die Lebensqualität des Klägers aus.

2.

Der bezifferte Zahlungsantrag ist gerechtfertigt.

Wegen des Unfalls und des damit verbundenen Abbruchs des Aufenthalts in T. Mühle infolge der Verlegung des Klägers in ein Krankenhaus nach E. war die Reise auch für seine Familienangehörigen mit einem Mangel behaftet, so dass seine Mutter als Vertragspartnerin der Beklagten für die wegen der notwendigen Rückreise nicht in Anspruch genommenen Reisetage gem. § 651d Abs. 1 BGB den anteiligen Reisepreis von 230,32 € zurückverlangen konnte. Diesen Anspruch hat sie wirksam an den Kläger abgetreten. Das in Ziff. 13.3 der AGB der Beklagten enthaltene Abtretungsverbot steht dem unabhängig davon, ob es sich überhaupt auf die Abtretung von Reisenden untereinander bezieht und ob die AGB wirksam Vertragsbestandteil geworden sind, nicht entgegen; denn die Klausel ist, wie der Senat mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 08.12.2008 - 16 U 49/08 - (RRa 2009, 18) im Rahmen eines Verbandsklageverfahrens nach § 3 Abs. 1 UKlaG entschieden hat, unwirksam.

Des Weiteren hat der Kläger gem. § 651f Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Erstattung des ihm unstreitig entstandenen materiellen Schadens von 110,41 €.

3.

Der Feststellungsantrag ist ebenfalls gerechtfertigt, weil wegen der Arthrosegefahr die Entstehung weiterer materieller und immaterieller Schäden möglich ist.

4.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 291 BGB. Zum Schmerzensgeldanspruch sind die Voraussetzungen für einen Verzug der Beklagten bereits ab dem 05.10.2006 nicht hinreichend dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Senat lediglich allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall angewandt hat.

Ende der Entscheidung

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