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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.05.2004
Aktenzeichen: 16 W 11/04
Rechtsgebiete: EuGVVO


Vorschriften:

EuGVVO Art. 5 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 W 11/04

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 14.05.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 12.02.2004 - 41 O 29/04 - abgeändert und das Prozesskostenhilfeverfahren an das Landgericht Hamburg - Kammer für Handelssachen - verwiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die in Österreich und der Schweiz wohnenden beiden Antragsgegner sind die alleinigen Aktionäre der mit einem Grundkapital von 50.000,00 € ausgestatteten ND AG, über die mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 21.11.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die ND AG (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) hatte seit 2001 ihren Sitz in I. Unter dem 12.06.2002 erfolgte eine Sitzverlegung nach L im Bezirk des Landgerichts Aachen.

Der Antragsteller begehrt mit seinem bei dem Landgericht Aachen eingereichten Antrag Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, mit dem er in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin entsprechend § 93 InsO die Antragsgegner aus dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung der Gemeinschuldnerin und wegen nicht eingehaltener Finanzierungszusagen in Höhe eines Teilbetrages von 145.000,00 Euro nebst Zinsen in Anspruch nehmen will.

Das Landgericht hat dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen fehlender internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte und einer zudem nicht bestehenden örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Aachen verweigert. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er hilfsweise die Verweisung der Sache an das Landgericht Hamburg beantragt. Die Antragsgegner treten dem Rechtsmittel entgegen.

II.

Über die zulässige sofortige Beschwerde hat der Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung und nicht der Einzelrichter zu entscheiden, weil der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen, der die erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat, nicht Einzelrichter i. S. d. § 568 S. 1 ZPO ist, wie nunmehr der Bundesgerichtshof klargestellt hat (vgl. BGH NJW 2004, 856).

In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

Das Hauptbegehren ist nicht begründet, weil für eine Klage vor dem Landgericht Aachen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Für die Rechtssache sind zwar die deutschen Gerichte international zuständig. Es mangelt aber an der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Aachen. Örtlich zuständig ist vielmehr das Landgericht Hamburg, weshalb das Prozesskostenhilfeverfahren - und nur dieses - entsprechend § 281 ZPO auf den zulässigerweise in der Beschwerde gestellten Hilfsantrag (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO 24. Auflage, § 281 Rn. 2, 8) an das Landgericht Hamburg zu verweisen war.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg ergeben sich aus Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden: EuGVVO) bzw. Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden: LGVÜ).

Im Verhältnis zu dem Antragsgegner zu 1) ist die EuGVVO anwendbar. Dies folgt in zeitlicher Hinsicht aus Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 76 EuGVVO, weil das Verfahren nach dem 01.03.2002 eingeleitet wurde. Auch der sachliche Anwendungsbereich ist gem. Art. 1 Abs. 1 EuGVVO eröffnet, da die beabsichtigte Klage eine Zivil- und Handelssache betrifft. Die Anwendbarkeit ist nicht nach Art. 1 Abs. 2 lit. b) ("Konkurse") ausgeschlossen. Denn Streitigkeiten, die sich auf ein Insolvenzverfahren beziehen, fallen nur dann unter Art. 1 Abs. 2 lit. b) EuGVVO, wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und sich eng im Rahmen eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens halten (Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 1 EuGVVO Rn 36). Ein solcher eng am Verfahren orientierter Streitgegenstand liegt hier indes nicht vor. Gegenstand des Klageentwurfs sind Ansprüche von Gläubigern der Gemeinschuldnerin gegenüber den Antragsgegnern persönlich, die normalerweise unmittelbar gegenüber den Antragsgegnern geltend zu machen wären, falls nicht § 93 InsO entsprechend anwendbar sein sollte, was sehr problematisch ist (vgl. LG Hildesheim DStR 2001, 1447 m. Anm. Holla; OLG Celle GmbHR 2001, 1042; K. Schmidt, ZGR 1996, 209, 217; Jawensky, DB 2003, 2757, 2760;), aber an dieser Stelle keiner Entscheidung bedarf. Im Verhältnis zu dem in einem Vertragsstaat des LGVÜ wohnenden Antragsgegner zu 2) gilt gem. Art. 1 LGVÜ entsprechendes.

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, kennen weder die EuGVVO noch das LGVÜ einen allgemeinen Gesellschaftsgerichtsstand der Mitgliedschaft entsprechend § 22 ZPO (vgl. OLG Naumburg NZG 2000, 1218, 1219; OLG Jena ZIP 1998, 1496, 1497; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 22 ZPO Rn 4; Geimer, in: Festschrift für Helmut Schippel, S. 869 ff.), weshalb aus diesem Gesichtspunkt weder die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte noch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Aachen hergeleitet werden kann.

Auch § 22 ZPO, der als Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich doppelfunktional ist und die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte indiziert (Thomas/Putzo, a. a. O., Vorbem § 1 Rn 6), kann nicht herangezogen werden, wie ebenfalls bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Regelungen der örtlichen Zuständigkeit in der ZPO werden nämlich nach allgemeiner Meinung durch die einheitlichen Zuständigkeitsregeln eines internationalen Übereinkommens (wie des EuGVÜ, LGVÜ) bzw. einer europäischen Verordnung (wie der EuGVVO) verdrängt, sofern und soweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO 25. Auflage, Vorbem. EuGVVO Rn 4; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 12 ZPO Rn 5; OLG Naumburg NZG 2000, 1218, 1219). Auf diese Weise soll den in den internationalen Vorschriften vorgesehenen einheitlichen Zuständigkeitsregeln weitestgehend Wirkung verliehen werden und es sollen dem sich anschließenden vereinfachten Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren möglichst oft solche Entscheidungen zugrunde liegen, die von den einheitlichen Zuständigkeitsregeln gedeckt sind. Fällt eine Streitigkeit also - wie hier - in den sachlichen, persönlichen und zeitlichen Geltungsbereich der EuGVVO bzw. des LGVÜ, sind deren Zuständigkeitsregeln vorrangig zu beachten (vgl. OLG Naumburg NZG 2000, 1218, 1219).

Mit Recht hat das Landgericht auch eine internationale (und dazu parallel verlaufende örtliche) Zuständigkeit des Landgerichts Aachen unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 LGVÜ) abgelehnt. Zwar werden vereins- und gesellschaftsrechtliche Ansprüche, die nicht den Bestand der Korporation betreffen und ihren Grund im Mitgliedschaftsverhältnis haben, vom Europäischen Gerichtshof dem Vertragsgerichtsstand (Art. 5 Nr. 1 EuGVVO) zugewiesen. Darunter fallen auch Ansprüche, die aus den Binnenbeziehungen einer Gesellschaft entstehen, etwa einer Aktiengesellschaft. Auf diese Weise wird eine Zuständigkeitskonzentration am Gesellschaftssitz bewirkt (vgl. Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 Brüssel I-VO Rn 25) und für den fehlenden allgemeinen Mitgliedsgerichtsstand eine gewisse Abhilfe geschaffen (Zöller/Geimer, a.a.O., § 22 ZPO Rn 4). Als vertraglich zu qualifizieren sind danach etwa auch Ansprüche auf Rückzahlung gem. §§ 32 a, 32 b GmbHG, weil sie letztlich im Gesellschaftsvertrag wurzeln (OLG Bremen RIW 1998, 63). Im vorliegenden Fall stehen jedoch keine Binnenbeziehungen der Gemeinschuldnerin zu den Antragsgegnern in Frage. Vielmehr beabsichtigt der Antragsteller Ansprüche der Gläubiger, mithin Ansprüche aus dem Außenverhältnis, gegen die Antragsgegner geltend zu machen, weswegen die Sache auch nicht an den nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts für die inneren Verhältnisse von Handelsgesellschaften zuständigen 18. Zivilsenat abzugeben war.

Auch soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsgegner zu 1) habe durch wiederholte Finanzierungszusagen Vertrauenstatbestände geschaffen, ist Art. 5 Nr. 1 EuGVVO nicht einschlägig. Als vertraglich zu qualifizierende "Patronatserklärung" können die dargelegten Äußerungen des Antragsgegners schon deshalb nicht verstanden werden, weil sie nicht im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern der Gemeinschuldnerin erfolgten, sondern sich allein im Innenverhältnis bewegten. Auch im übrigen lässt sich aus dem Vorbringen der Sache nach - wie der Antragsteller selber andeutet, und wie auch die Höhe der zugesagten Finanzierungssumme und das Fehlen einer expliziten Vereinbarung nahe legen - kein Anspruch aus einer rechtsverbindlich eingegangenen "Verpflichtung" des Antragsgegners zu 1) ableiten, sondern allenfalls eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss bzw. nunmehr aus § 311 Abs. 2 BGB. Der Europäische Gerichtshof hat aber in der Rechtssache Tacconi (EuGH NJW 2002, 3159) entschieden, dass die Verletzung vorvertraglicher, nicht aus einem echten vertraglichen Schuldverhältnis resultierender Pflichten nicht unter Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ fällt, sondern unter Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ.

Allerdings eröffnen Art. 5 Nr. 3 EuGVVO und Art. 5 Nr. 3 LGVÜ dem Antragsteller den besonderen Gerichtsstand des Deliktsorts vor den deutschen Gerichten für alle deliktischen Ansprüche gegen die Antragsgegner, worunter nach dem Vorstehenden auch eventuelle vorvertragliche Haftungsansprüche fallen. Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/LGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitglieds- bzw. Vertragstaats hat, abweichend von der allgemeinen Regel des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der Europäische Gerichtshof legt dabei den Begriff der unerlaubten Handlung autonom und sehr weit aus. Darunter ist jegliche Schadenshaftung zu verstehen, die nicht aus einem Vertrag i. S .v. Art. 5 Nr. 1 herrührt (vgl. Leible, in: Rauscher, a. a. O., Art. 5 Brüssel I-VO Rn 78; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht 2. Auflage, Art. 5 EuGVVO Rn 16). Bei der Tatsache der unerlaubten Handlung handelt es sich um eine sog. doppelrelevante Tatsache, für die die schlüssige Behauptung genügt, der Beklagte habe eine vom Gericht als deliktisch zu qualifizierende Handlung begangen (BGH NJW 1987, 592; Schlosser, a.a.O., Art. 26 EuGVVO Rn 1).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller im Klageentwurf Tatsachen vorgetragen, die Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung im Sinn des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 3 LGVÜ als schlüssig erscheinen lassen. Der Antragsteller führt im wesentlichen an, dass die Antragsgegner die Rechtsfigur der juristischen Person missbraucht hätten, indem sie die Gesellschaft mit einem Grundkapital von nur 50.000,-- Euro übernommen hätten, obwohl der Aufbau einer Produktionsanlage mit Gesamtinvestitionen von 30 Millionen Euro geplant gewesen und mit dem Vorstand ein dreijähriger Dienstvertrag mit einem Jahresbruttogehalt i.H.v. 175.000,-- Euro abgeschlossen worden sei. Damit trägt der Antragsteller Tatsachen vor, die eine Haftung wegen sittenwidriger Schädigung der Gläubigerinteressen aufgrund einer krassen Unterkapitalisierung denkbar erscheinen lassen. Unabhängig von der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob nach deutschem Recht eine gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung der Gläubiger bei eindeutiger materieller Unterkapitalisierung einer Aktiengesellschaft allgemein und hier konkret anzuerkennen ist, und unabhängig davon, wie Ansprüche aus dem ungeschriebenen Rechtsinstitut des Haftungsdurchgriffs zu qualifizieren sind, ist es unstrittig, dass neben solche Haftungstatbestände, die nach der h. M. im Ansatz als gesellschaftsrechtlich angesehen werden, auch solche des allgemeinen Verkehrsrechts, darunter insbesondere des Deliktsrechts treten können (vgl. Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; Wellkamp, DStR 2003, 210 f.; Wüst, DStR 1991, 1388, 1391 f.). Deliktsrechtlich zu qualifizieren ist demnach insbesondere eine mögliche Haftung der Antragsgegner nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Dies wird dadurch gestützt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang für die hier in Betracht kommende Fallgruppe des Haftungsdurchgriffs wegen (anfänglicher) eindeutiger materieller Unterkapitalisierung einer gesellschaftsrechtlich begründeten Haftung eher zurückhaltend gegenüberstand und die Haftung in solchen Fällen meist ausschließlich aus § 826 BGB abgeleitet hat (vgl. BGHZ 68, 312, 319; BAG ZIP 1999, 24 ff. m.w.N.; vgl. Priester, DNotZ 1993, 121, 128 m.w.N.; von Arnim, NZG 2000, 1001, 1003; Wellkamp a.a.O.). Ausnahmefälle stellen allein der Siedler-Fall (BGHZ 54, 222 = JZ 1970, 687 m. Anm. K. Schmidt) sowie eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1984 dar (BSG NJW 1984, 2117). Damit sind die in Betracht kommenden Ansprüche des Antragstellers aber zumindest "auch" als deliktsrechtlich zu qualifizieren mit der Folge, dass die Anwendungsbereiche der Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 3 LGVÜ insoweit eröffnet sind. Hinzu kommt, dass seit der jüngst ergangenen Grundsatzentscheidung des Europäische Gerichtshofs "Inspire Art" (EuGH NJW 2003, 3331) zunehmend die Auffassung diskutiert wird, ob Ansprüche wegen materieller Unterkapitalisierung nicht generell als deliktsrechtlich zu qualifizieren sind (vgl. Zimmer, NJW 2003, 3585, 3588 f.; Ulmer a.a.O.). Auch von daher kann wegen der Zuständigkeit deutscher Gerichte eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht verneint werden, da die abschließende Prüfung, welcher der Meinungen zu folgen ist, dem Klageverfahren vorbehalten bleiben muss.

Gerichtsstandsbestimmend ist nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 3 LGVÜ wahlweise sowohl der Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort) als auch der Ort des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens, also der Handlungsort (EuGH NJW 1977, 493; Leible, in: Rauscher, a. a. O., Art. 5 Brüssel I-VO Rn 85). Dies begründet zunächst die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte. Der in Betracht kommende Haftungsgrund besteht darin, dass die Antragsgegner möglicherweise sittenwidrig den Rechtsschein einer funktionsfähigen Wirtschaftseinheit seit Übernahme der Aktien der Gründungsaktionäre am 10.10.2001 gesetzt bzw. Versprechungen "ins Blaue hinein" gemacht haben. Die maßgeblichen Handlungen der Antragsgegner fallen dabei in den Zeitraum zwischen Anfang Oktober und April 2002, als die Gemeinschuldnerin ihren Sitz in Deutschland, nämlich in I, hatte und dort auch ihre Tätigkeit entfaltete.

Da Art. 5 Nr. 3 EuGVVO und Art. 5 Nr. 3 LGVÜ - wie bereits der Wortlaut der Vorschriften verdeutlicht (vor dem Gericht "des Ortes" anstatt "des Mitglied/Vertragstaats") - doppelfunktional auch die örtliche Zuständigkeit mitregeln (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 2 EuGVVO Rn 30), sind nationale Zuständigkeitsvorschriften, unter anderem § 22 ZPO, auch insoweit vollständig verdrängt. Aus dieser Vorschrift lässt sich demnach auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Aachen nicht begründen. Örtlich zuständig ist vielmehr das Landgericht Hamburg.

Über alles weitere hat das für die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zuständige Landgericht Hamburg zu befinden. Dies gilt auch für sonstige Fragen zur Zulässigkeit der beabsichtigten Klage, etwa im Hinblick auf die zweifelhafte hinreichende Bestimmtheit des Teilklageantrags.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO). Eine Gebühr gem. Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses zum GKG ist trotz der teilweisen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde nicht zu erheben, da der Antragsteller mit dem prägenden Ziel seines Begehrens, die Antragsgegner vor einem deutschen Gericht in Anspruch zu nehmen, jedenfalls im Prozesskostenhilfeverfahren durchgedrungen ist.

Ende der Entscheidung

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