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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.07.2003
Aktenzeichen: 16 W 12/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 586 Abs. 2 |
16 W 12/03
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Sturhahn
am 14.7.2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 28.2.2003 - 12 O 108/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
Die gemäß Art. 36 Abs.1 des Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988 (im folgenden : LugÜ) statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Vollstreckung aus dem Mahnbescheid des Bezirksgerichts in Koszalin (Köslin) vom 18.10.2000 zum dortigen Aktenzeichen I Nc 32/00 ist zulässig.
Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung ist das LugÜ vom 16.9.1988. Denn es ist im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen am 1.2.2000 und damit vor der von dem Zedenten in Polen erhobenen Klage vom 7.7.2000 in Kraft getreten (vgl. insoweit Zöller, ZPO, 23.Aufl. 2002, Anh IV, S. 2734 unter Stichwort : "Polen"). Nach Maßgabe diese Übereinkommens erweist sich die Zwangsvollstreckung als zulässig.
Die formellen Voraussetzungen der Art. 46 ff. LugÜ sind auch im Beschwerdeverfahren durch Vorlage der einschlägigen Urkunden im Original erfüllt worden. In materieller Hinsicht liegt ein Versagungsgrund für die Vollstreckbarerklärung nicht vor. Insbesondere ist der Schuldner mit der Einwendung, die im Werkvertrag zwischen dem Zedenten und ihm vom 5.12.1999 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei unwirksam und die polnischen Gerichte damit über eine Titulierung des zu vollstreckenden Anspruches nicht berufen, nach Art. 28 Abs.4 LugÜ ausgeschlossen. Auch gehören die Vorschriften über die Zuständigkeit danach nicht zur öffentlichen Ordnung im Sinne des Art.27 Nr.1 LugÜ.
Für die hilfsweise beantragte Aussetzung des Verfahrens ist kein Raum. Eine solche Aussetzung kommt gemäß Art. 38 Abs.1 LugÜ in Betracht, "wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist." An diesen Voraussetzungen fehlt es hier:
Nach den von den Beteiligten im Verfahren vorgelegten Urkunden ist der vom Schuldner selbst unter dem Datum des 14.12.2000 (GA 50 ff.) eingelegte Widerspruch verfristet, da er entgegen den Bestimmungen der poln. ZPO (vgl. zu I der Rechtsmittelbelehrung/Pouczenie, GA 78) nicht innerhalb von zwei Wochen nach der am 5.12.2000 erfolgten Zustellung des Mahnbescheides bei dem Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, eingelegt worden ist. Zur Fristwahrung hätte zwar unter dieser Voraussetzung (der Anfechtung beim iudex a quo) die am 19.12.2000 erfolgte Abgabe des Widerspruchs bei einem polnischen Postamt ausgereicht. Doch ist der Widerspruch, was inzwischen aktenkundig und unstreitig geworden ist, an das unzuständige Rayongericht (Sad Rejonowy) Köslin und nicht an den iudex a quo, das Bezirksgericht (Sad Okregowy) Köslin gerichtet. Damit ist der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Titel rechtskräftig geworden. Die Frist zur Einlegung eines ordentlichen Rechtsmittels ist verstrichen.
Die vom Schuldner nunmehr erhobene Wiederaufnahmeklage stellt kein ordentliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 38 Abs.1 LugÜ ( in der Sache identisch mit Art. 38 Abs.1 EuGVÜ, Art. 46 Abs.1 EuGVVO und Art. 36 Abs.1 AVAG) dar. Nach dem immer noch richtungsweisenden (vgl. statt aller Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Bd. 3, 2.Aufl. 2001, Art. 30 EuGVÜ [Gottwald] Rz.4) Urteil des EuGH vom 22.11.1977 (EuGHE 1977, 2175) fällt unter jenen Begriff des "ordentlichen Rechtsmittels" "jeder Rechtsbehelf", der zur Aufhebung oder Abänderung der dem Anerkennungs- oder Klauselerteilungsverfahren nach dem Übereinkommen zugrunde liegenden Entscheidung führen kann und für dessen Einlegung im Urteilsstaat eine gesetzliche Frist bestimmt ist, die durch die Entscheidung selbst in Lauf gesetzt wird". Letzteres ist bei einem Rechtsbehelf zur Wiederaufnahme des Verfahrens erkennbar nicht der Fall. Denn hier kann, dem Wiederaufnahmeverfahren wesensimmanent, die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dem Tage beginnen, an dem der Restitutionskläger von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erhalten hat (vgl. für das deutsche Recht § 586 Abs.2 ZPO). Folgerichtig hat das OLG Karlsruhe in einem Beschluß vom 29.1.1986 (RIW 1986, 467 f.) eine Aussetzung nach Art. 38 EuGVÜ für den in Frankreich geltenden, dem deutschen Wiederaufnahmerecht entsprechenden Rechtsbehelf des "recours en revision" abgelehnt. Dem schließt sich der Senat für die vorliegende Konstellation einer in Polen erhobenen Wiederaufnahmeklage an. Das Ergebnis ist auch sachgerecht. Denn das Interesse des Gläubigers an einer beschleunigten Durchsetzung seiner bereits titulierten Forderung wäre nachhaltig beeinträchtigt, wenn das Vollstreckungsverfahren infolge Aussetzung aufgrund eines "außerordentlichen" Rechtsbehelfs wie der Wiederaufnahmeklage blockiert würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Beschwerdewert : 18.321,12 €
Die Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag der Gläubigerin bleibt bis zur Erfüllung der Auflage aus dem gerichtlichen Schreiben vom 2.7.2003 vorbehalten.
Ende der Entscheidung
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