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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.07.2001
Aktenzeichen: 16 W 24/01
Rechtsgebiete: VerpackungsVO, ZPO, HGB, FGG


Vorschriften:

VerpackungsVO § 6 Abs. 3
ZPO § 91
ZPO § 887
ZPO § 793
ZPO § 888
ZPO § 891 S. 3
ZPO § 97 Abs. 2
HGB § 320 Abs. 2
HGB § 335 S. 1 Nr. 5
FGG § 132
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 W 24/01

In dem Vollstreckungsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen. Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 11.07.2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.05.2001 - 3 O 78/99 - abgeändert.

Gegen die Schuldnerin wird wegen Nichterfüllung der Pflicht,

die Richtigkeit der in der Jahresabschlussmeldung 1997 gemachten Angaben auf ihre Kosten von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer auf der Grundlage der von der Gläubigerin herausgegebenen Richtlinien und unter Verwendung der von der Gläubigerin herausgegebenen Formulare oder per von der Gläubigerin zugelassenen Datenträgern gegenüber der Gläubigerin bescheinigen zu lassen (Testat 1997),

gem. Ziffer 3 a) des Teilversäumnisurteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 01.06.1999 - 3 O 78/99 - ein Zwangsgeld von 10.000,00 DM festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, je 500,00 DM ein Tag Zwangshaft angeordnet, die an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Schuldnerin zu vollstrecken ist.

Die Schuldnerin hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin ist privatrechtliche Trägerorganisation für ein duales Entsorgungssystem gem. § 6 Abs. 3 VerpackungsVO und finanziert ihre Tätigkeit durch Erhebung eines Entgelts für die Vergabe von Lizenzen zur Nutzung der geschützten Marke "DER GRÜNE PUNKT".

Durch Teilversäumnisurteil des Landgerichts vom 01.06.1999 wurde die mit der Gläubigerin aufgrund eines Zeichennutzungsvertrags verbundene Schuldnerin verurteilt,

1a) der Gläubigerin in einer näher bezeichneten Weise Auskunft über die von ihr vom 01.10.1997 bis zum 31.12.1997 vertriebenen und in der Bundesrepublik Deutschland abgesetzten Verpackungen mit dem Zeichen "DER GRÜNE PUNKT", zu erteilen,

2b) der Gläubigerin durch Abgabe der Jahresabschlussmeldung 1997 auf dem dazu vorgesehenen Formblatt Auskunft über die von ihr 1997 in der Bundesrepublik Deutschland abgesetzten Verpackungen mit dem vorgenannten Zeichen zu erteilen,

3c) die Richtigkeit der in der Jahresabschlussmeldung 1997 gemachten Angaben auf ihre Kosten von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer auf der Grundlage der von der Gläubigerin herausgegebenen Richtlinien und unter Verwendung der von der Gläubigerin herausgegebenen Formulare oder per von der Gläubigerin zugelassenen Datenträgern gegenüber der Gläubigerin bescheinigen zu lassen (Testat 1997).

Nachdem die Schuldnerin nach Festsetzung eines Zwangsgeldes von 5.000,00 DM den Verpflichtungen zu 1a) und 2a) nachgekommen war, hat die Gläubigern die Festsetzung eines Zwangsgeldes zu Ziffer 3a) beantragt. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, bei der Erteilung des Testats handele es sich nicht um eine alleine vom Willen der Schuldnerin abhängige Handlung, die selbst ohnehin nicht die Bescheinigung ausstellen könne, sondern um eine solche, die ähnlich wie die Erstellung einer Bilanz, einer Lohnabrechnung oder eines Buchauszug auf Grund der Geschäftsbücher als vertretbare Handlung im Wege der Ersatzvornahme nach § 887 ZPO zu vollstrecken sei.

Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde beruft die Gläubigerin sich unter Konkretisierung ihres Vorbringens erster Instanz und unter Vorlage ihrer "Richtlinie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Entrichtung der Lizenzentgelte für den 'Grünen Punkt` sowie eines Formulars "Vollständigkeitserklärung" darauf, dass die Erteilung des Testats Mitwirkungshandlungen der Schuldnerin voraussetze.

II.

Die gemäß § 793 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Gegen die Schuldnerin war antragsgemäß ein Zwangsgeld festzusetzen. Ihre in Ziffer 3a) des Teilversäumnisurteils vom 01.05.1999 titulierte Verpflichtung bezieht sich auf eine unvertretbare Handlung i. S. d. § 888 ZPO.

Vertretbar i. S. d. § 887 ZPO sind solche Handlungen, die selbständig von einem Dritten anstelle des Schuldners vorgenommen werden können, ohne dass das Erfüllungsinteresse des Gläubigers hiervon berührt wird (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 2. Auflage, § 887 Rdn. 2). Hierbei kommt dem Umstand, ob ein Gläubiger auf Auskünfte und Angaben des Schuldners angewiesen ist, entgegen der Meinung des Landgerichts sehr wohl Bedeutung zu. Nur dann, wenn bei Verurteilungen, die eine Überprüfung von geschäftlichen Vorgängen voraussetzen, einem Dritten die Abrechnung, Auskunft, Rechnungslegung oder - wie hier - Erteilung eines Testats allein anhand von schriftlichen Unterlagen möglich ist und die einzige - ggfls. über zusätzliche Anordnungen erzwingbare - "Mitwirkungshandlung" des Schuldners darin besteht, dass er dem Dritten die Einsichtnahme in die Unterlagen zu ermöglichen hat, bezieht sie sich auf eine vertretbare Handlung (vgl. Schuschke/Walker a.a.O. § 887 Rdn. 7, 18 mit Nachweisen). Wenn demgegenüber derartige Handlungen oder beispielsweise die Vorlage eines Sachverständigengutachtens nicht ohne Auskünfte und sonstige persönliche Mitwirkungshandlungen des Schuldners möglich sind, sind sie unvertretbar i. S. d. § 888 ZPO (vgl. BGH NJW 1975, 258; OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 1472; OLG Köln - 3. ZS - OLGR 1997, 150 = NJW-RR 1998, 716 ; Senat JurBüro 1995, 550; Schuschke/Walker a.a.O. § 888 Rdn. 6; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Auflage, § 888 Rdn. 3, Stichwort "Bilanz").

Vorliegend kann der von der Schuldnerin zu beauftragende Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer das von ihr geschuldete Testat nur dann erteilen, wenn er sich sicher sein kann, dass die von ihr in der Jahresabschlussmeldung gemachten Angaben auch richtig sind. Hierfür reicht eine bloße Einsichtnahme in - möglicherweise unvollständige - Geschäftsunterlagen der Schuldnerin gerade nicht aus und er ist diesbezüglich auf Angaben der Schuldnerin angewiesen. Ihr bzw. den Geschäftsführern ihrer Komplementär-GmbH treffen nach Buchst. B b), letzter Absatz der im Titel in Bezug genommenen Richtlinien der Gläubigern entsprechend § 320 Abs. 2 HGB alle Aufklärungs- und Nachweispflichten, die auch einem gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft gegenüber einem Abschlussprüfer obliegen und zu denen sie kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung notfalls vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld angehalten werden können (§§ 335 S. 1 Nr. 5 HGB i. V. m. § 132 FGG). Zudem gehört zu den von dem Titel erfassten Formularen und damit zu den Grundlagen für das Testat auch eine Vollständigkeitserklärung, die nur die gesetzlichen Vertreter der Schuldnerin abgeben können.

Demzufolge war, nachdem die Schuldnerin sich innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht geäußert hat, die Entscheidung des Landgerichts abzuändern.

Bei der Höhe des verhängten Zwangsgeldes und der ersatzweise anzuordnenden Zwangshaft hat der Senat insbesondere dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schuldnerin hinreichend Zeit und Gelegenheit hatte, ihren bereits im Jahre 1999 titulierten Pflichten nachzukommen, und dass auch das bereits zuvor verhängte Zwangsgeld von 5.000,00 DM sie nicht zu einer vollständigen Erfüllung hat anhalten können.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 891 S. 3, 91 ZPO. Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens scheidet eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO aus, da die Gläubigerin sich bereits nach dem rechtlichen Hinweis des Landgerichts darauf berufen hatte, dass die Schuldnerin der von ihr zu beauftragenden Person Auskünfte zu erteilen habe, und sie ihr Vorbringen im Beschwerdeverfahren nur ergänzt hat.

Der nach dem Wert der Hauptsache und nicht nach der Höhe des Zwangsgeldes zu bemessende Wert des Vollstreckungsverfahrens beläuft sich für beide Instanzen entsprechend der nicht angegriffenen Wertfestsetzung des Landgerichts vom 29.03.2000 auf 5.000,00 DM.



Ende der Entscheidung

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