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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.10.2000
Aktenzeichen: 16 WX 102/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
BGB § 1004
BGB § 242
WEG § 45
WEG § 43 Abs. 4 Nr. 1
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1
WEG § 47 S. 2
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 102/00 8 T 75/99 LG Bonn

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft pp.

an dem beteiligt sind:

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr.Ahn-Roth am 9.10.2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 26.5.2000 - 8 T 75/99 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsantrag zu 4. in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten der Rechtsbeschwerde fallen den Antragstellern zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 10.000 DM

Gründe

I.

Die Antragsteller, die gemeinsam mit den Antragsgegnern und den übrigen Beteiligten eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden, waren ursprünglich Eigentümer des gesamten Anwesens, eines Einfamilienhauses. Sie sind nunmehr Eigentümer und Nutzer der Wohnung Nr. 2, die unter der Wohnung Nr. 1 liegt und im Sondereigentum der Antragsgegner steht. In zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung Nr. 1 durch die Antragsgegner im Jahre 1996 schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) eine Vereinbarung, die Einzelheiten zu dem geplanten Kaufvertrag enthielt, u.a. auch Regelungen zu den Bodenbelägen in der Wohnung 1. Die Beteiligten gingen davon aus, dass der Schallschutz zwischen den Wohnungen unzureichend ist. Zum Zeitpunkt der Begründung des Teileigentums und ebenso später beim Erwerb durch die Antragsgegner waren die Böden sämtlicher Räume der Wohnung Nr. 1 - ausgenommen die Küche - mit Teppichboden belegt. Nach Wohnungserwerb und Bezug durch die Antragsgegner kam es in der Folgezeit zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten zu 1) und zu 2) über Ausmaß und Zulässigkeit etwaiger Geräuschimmissionen aus der Wohnung Nr. 1. Die Antragsteller, die sich im wesentlichen durch Abendessen und andere gesellige abendliche Veranstaltungen der Antragsgegner gestört fühlten, haben in 1. Instanz vollständige Verlegung der Diele, des Eßzimmers und der Küche mit Teppichbelag, bzw. schallschluckenden Untergrund, sowie Unterlassung abendlicher Veranstaltungen über 22.00 Uhr hinaus begehrt. Nachdem das Amtsgericht dieses Begehren unter Hinweis auf den unstreitig vorhandenen mangelhaften Schallschutz sowie darauf, dass die Antragsgegner etwaige Verpflichtungen aus der "1.Verhandlung" vom 8.9.1996 erfüllt hätten, abgelehnt hat, legten die Antragsteller dagegen sofortige Beschwerde ein. Sie haben u.a. darauf hingewiesen, dass die Wohnung Nr.1 bei Begründung des Sondereigentums und bei Veräußerung an die Antragsgegner mit Teppichboden ausgestattet gewesen sei. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer Rechtsbeschwerde. Da die Antragsgegner nunmehr ausgezogen und die Wohnung anderweitig vermietet haben, beantragen sie unter Ziff. 4 die Feststellung, dass die bisherige Nutzung in den Abend/Nachtstunden rechtswidrig gewesen sei, hilfsweise erklären sie die Hauptsache in diesem Punkt für erledigt.

II.

Das gem. §§ 45 WEG, 27, 29 FGG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung bestätigt, die sämtliche Begehren der Antragsteller abgewiesen hat. Denn die Antragsteller können nur die Einhaltung eines solchen Schallschutzes verlangen, wie er zur Zeit der Begründung des Wohneigentums bestand und müssen sich i.Ü. die Vereinbarungen aus der "1. Verhandlung" vom 8.9.1996 entgegenhalten lassen. Hinsichtlich des Antrags zu 4. hat sich die Hauptsache erledigt, die beantragte Feststellung der Rechtswidrigkeit früheren Verhaltens ist unzulässig.

1.

Die angegriffene Entscheidung ist nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft - nur daraufhin hat das Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung zu überprüfen -, weil die übrigen Eigentümer am landgerichtlichen und am amtsgerichtlichen Verfahren entgegen § 43 Abs. 4 Nr.1, Abs. 1 Nr.1 WEG nicht oder nur teilweise beteiligt worden sind. In Hinblick auf die möglichen Auswirkungen des nicht ausreichenden Schallschutzes sowohl für das Sondereigentum der übrigen Eigentümer wie auch den Gesamteindruck der Wohnanlage liegt hier kein Ausnahmefall vor, der eine Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer entbehrlich machen könnte ( vgl. dazu BayObLG, NZM 2000, 247 = ZWE 2000,418 ). Die gesetzlich vorgesehene und hier versäumte Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer kann indes in der Rechtsbeschwerde nachgeholt werden, wenn eine weitere Sachaufklärung weder zu erwarten noch notwendig ist und nur rechtliches Gehör gewährt werden soll ( vgl.BGH,NJW 98, 755; BayObLG, aaO.). Das ist hier der Fall. Die bisher Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass mögliche Geräuschbelästigungen wegen des Zuschnitts der Wohnungen im wesentlichen die Antragsteller und die Antragsgegner betreffen, so dass eine weitere Sachaufklärung nicht geboten ist, zumal die inzwischen beteiligten weiteren Eigentümer, soweit sie Stellung genommen haben, hierzu keine Anträge gestellt haben. Das erforderliche rechtliche Gehör ist nunmehr gewährt worden.

2.

Zu Recht haben die Vorinstanzen den Anspruch nach §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG auf Auslegen eines Teppichbodens bzw. eines anderen schallschluckenden Untergundes in den näher bezeichneten Räumen einschließlich des Hilfsantrages auf Herstellung eines Trittschallschutzes gem. DIN 4109 (1962) abgelehnt. Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer nur den Schallschutz verlangen, der im Zeitpunkt der Begründung des Wohnungseigentums an einem Altbau bestand, worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Hingegen kann bei bestehendem unzureichenden Schallschutz trotz eventueller Lärmbelästigungen keine Abhilfe von einem anderen Sondereigentümer verlangt werden, wenn dieser i.Ü. keine die Situation verschlechternden Maßnahmen durchgeführt hat (OLG Stuttgart, WE 95,24 ). Der mangelhafte Schallschutz, vor allem hinsichtlich des Trittschallschutzes, beruht hier auf baulichen Gegebenheiten und zwar einer sehr geringen Deckenstärke und unzureichend ausgeführtem Estrich ( vgl. Gutachten T., S. 8 ). Allerdings haben sich vorliegend die Verhältnisse verschlechtert, weil der ursprünglich in sämtlichen Räumen der Wohnung Nr. 1 - abgesehen von der Küche - verlegte Teppichboden mit Einzug der Antragsgegner entfernt wurde. Da die Antragsgegner nach Erwerb der Wohnung Veränderungen gegenüber dem Zustand bei Aufteilung des Wohneigentums vorgenommen haben und sich dadurch die Schallschutzsituation verschlechtert hat, wie der Sachverständige T. gezeigt hat ( Vgl. Gutachten S. 7, 8 ), kommen sie grundsätzlich als Störer und damit als Anspruchsgegner eines Anspruchs aus §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG iVm. § 1004 BGB in Betracht. Jeder Wohnungseigentümer kann zwar mit dem in seinem Sondereigentum verlegten Bodenbelag nach Belieben verfahren, da dieser ebenfalls dem Sondereigentum unterliegt. Diese Befugnis wird indes durch § 14 Nr.1 WEG dahin eingeschränkt, dass keinem anderen Wohnungseigentümer über das unvermeidbare Maß hinaus hieraus ein Nachteil erwachsen darf (OLG Düsseldorf, WuM 98, 372; BayObLG, WE 94, 312). Ein solcher Nachteil ist zumindest dann gegeben, wenn durch diese Maßnahme die Anforderungen der einschlägigen DIN-Vorschriften unterschritten werden, wie es hier der Fall ist (vgl. BayObLG, aaO.). Gleichwohl können die Antragsteller keine Neuverlegung eines Teppichbodens verlangen. Sie sind daran nämlich durch den Inhalt der "1. Verhandlung" vom 8.9.1996 gehindert. Wie sie selbst vortragen und was auch unstreitig ist, beabsichtigten die Antragsgegner beim Erwerb der Wohnung Nr.1, den Teppichboden insgesamt zu entfernen ( vgl. dazu Schriftsatz der Antragsteller v. 11.7.2000, S. 4 ). Mit ihrem gesamten damaligen Verhalten haben die Antragsteller als damalige Veräußerer der Wohnung ihr Einverständnis mit dieser Maßnahme zumindest konkludent erklärt. Dies zeigt der Inhalt der "1. Verhandlung", die für einige, nicht für alle Räume Sonderregelungen vorsieht. Diese Verabredung vom 8.9.1996 wurde auf Veranlassung und mit Willen der Antragsteller getroffen. Werden in dieser Abrede nur für einige Räume besondere Maßnahmen geregelt und haben sich die Antragsteller dem nicht widersetzt, so bedeutet dies, dass sie damals gegen die Entfernung des Teppichbodens in den übrigen Zimmern keine Einwände hatten.

Ob diese "1.Verhandlung" in Anbetracht ihres Zusammenhangs mit dem notariellen Kaufvertrag und zwingenden Formvorschriften rechtswirksam geworden ist, kann dahinstehen. Selbst wenn nicht, sind die Antragsteller an die dortigen Vereinbarungen, die auf ihre Anregung hin niedergelegt worden sind, insoweit gebunden, als sie nicht später Gegenteiliges von ihren Vertragspartnern fordern können. Dies wäre treuwidrig und würde einen Verstoß gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens bedeuten, § 242 BGB. Mithin stehen den Antragsgegnern Ansprüche wegen des fehlenden Teppichbodens lediglich im Rahmen der Vereinbarungen vom 8.9.1996 zu. Für die einzelnen Räume führt dies zu folgendem Ergebnis:

Für das Eßzimmer haben sich die Schallschutzbedingungen durch die Entfernung des Teppichbodens zwar verschlechtert, die Antragsteller können jedoch nur das Auslegen eines Teppichs verlangen und müssen ferner die Nutzung des vorhandenen Parketts hinnehmen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus Ziff. 10, 2. Abs. der genannten Abrede ( Bl. 19 ). Einen Teppich haben die Antragsgegner in dem Raum verlegt, wie unstreitig ist und die Lichtbilder belegen.

In der Küche war nie ein schallschluckender Teppichboden, so dass hier keine Veränderung eingetreten ist. Deshalb scheidet bereits aus diesem Grund ein Anspruch aus § 14 Nr.1 WEG iVm. § 1004 BGB aus. I. Ü. bedeutet der von den Antragsgegnern eingebaute Luminatboden eine Verbesserung des Schallschutzes, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Ob aus der genannten Vereinbarung vom 8.9.1996 darüber hinaus ein vertraglicher Anspruch auf Einbau eines bestimmten Untergrundes folgt, muß in diesem Verfahren offen bleiben. Denn Gegenstand eines Wohnungseigentumsverfahrens gem. § 43 Abs.1 WEG können nur Ansprüche sein, die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben, hingegen keine Ansprüche aus schuldrechtlichen Vereinbarungen wie sie die Vereinbarung vom 8.9.1996 darstellt (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43, Rz. 5, 29 m.w.N ). Vertragliche Ansprüche dieser Art wären vor dem Prozeßgericht geltend zu machen.

In der Diele haben sich durch Entfernung des Teppichbodens die Schallschutzverhältnisse ebenfalls verschlechtert. Gleichwohl ist das Verlangen der Antragsteller nach Wiederherstellung des alten Zustandes treuwidig, da sie sich bei den Verhandlungen zur Veräußerung der Wohnung Nr. 1 an die Antragsgegner grundsätzlich mit einer Entfernung des Teppichbodens einverstanden erklärt haben, wie oben gezeigt wurde. Zu den Räumen, für die besondere Schallschutzmaßnahmen vorgesehen waren, zählt die Diele jedenfalls nicht. Denn diese ist in der Vereinbarung unter Ziff. 10) nachträglich handschriftlich eingetragen worden, so dass - wie das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise dargelegt hat - nicht von einer einvernehmlichen Regelung der Parteien in diesem Punkt ausgegangen werden kann und die Antragsteller eine solche Regelung auch nicht beweisen konnten.

Ob zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) aufgrund der Vereinbarung v. 8.9.1996 ferner vertragliche Ansprüche zugunsten der Antragsteller begründet wurden, muß aus den oben genannten Gründen im vorliegenden Verfahren offen bleiben.

Aus den Überlegungen unter 2. folgt schließlich, dass die Hilfsanträge zu 1 - 3 ebenfalls unbegründet sind.

3.

Der in der Rechtsbeschwerde unter 4. formulierte Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des früheren Verhaltens der Antragsgegner ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Antragsgegner sind bereits ausgezogen und haben die Wohnung anderweitig vermietet. Ob und ggfs. wann sie je wieder diese Wohnung beziehen werden, ist derzeit völlig offen. Selbst wenn ihre Planung, nach 5 Jahren wieder einzuziehen, umgesetzt würde, wird damit kein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren begründet. Vielmehr hat sich das ursprüngliche Unterlassungsbegehren in der Hauptsache erledigt - wie hilfsweise beantragt wurde - , was zur Klarstellung in den Tenor aufgenommen worden ist.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Danach haben die Antragsteller neben den Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels auch die Gerichtskosten hinsichtlich des inzwischen erledigten Antrags zu 4. zu tragen, da sie mit ihrem früheren Unterlassungsbegehren unterlegen wären. Nach dem bisherigen Sachstand ergaben sich nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine über das Übliche hinausgehende Nutzung der Wohnung mit den damit verbundenen unvermeidlichen Lärmbelästigungen. Hierzu wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Entscheidung über die Erstbeschwerde Bezug genommen (vgl. Beschluß vom 26.5.2000 unter 3, S. 17 ).

Gründe, von der grundsätzlichen Regelung des § 47 S. 2 WEG abzuweichen, wonach jeder Beteiligter seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, bestehen nicht. Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der nicht beanstandeten Festsetzung der Vorinstanz.

Ende der Entscheidung

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