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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.12.2002
Aktenzeichen: 16 WX 240/02
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 56 e S. 3 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
16 WX 240/02
In der Adoptionssache
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm am 30.12.2002
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15. Oktober 2002 - 1 T 289/02 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Abänderung der Beschwerdeentscheidung die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 25.05.2000 - 52 XVI 15/99 - als unbegründet zurückgewiesen wird.
Gründe:
Die weitere Beschwerde ist statthaft, formgerecht eingelegt worden und an keine Frist gebunden (§§ 27, 29 Abs. 1 FGG). Die Beschwer der Beteiligten zu 1. ergibt sich daraus, dass das Landgericht ihre Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Der Senat bejaht zwar die Zulässigkeit der Erstbeschwerde, hält diese jedoch für unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts im Ergebnis ohne Rechtsfehler ist (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Gemäß § 556 e Satz 3 FGG ist der Beschluss, durch den die Annahme als Kind ausgesprochen wird, unanfechtbar. Soweit mit dem Ausspruch der Annahme auch die Namensbestimmung erfolgt (§ 1757 Abs. 4 S. 1 BGB), besteht in Rechtsprechung und Literatur Streit darüber, ob auch diese von der Unanfechtbarkeit erfasst wird (bejahend: BayObLG, StAZ 1980, 65 ff., 66, 67; OLG Hamm StAZ 1983, 200 ff., 201; RGRK-Dickescheid, 12. Aufl., § 1757 BGB Rz. 15; verneinend: OLG Köln, StAZ 1982, 278; Soergel-Liermann, 12.Aufl.,§ 1757 Rz.21; verneinend für den Fall der Ablehnung eines Antrages auf Namensänderung: OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 1733, 1734 = StAZ 2001, 140, 141; Palandt-Diederichsen, 62. Aufl., § 1757 Rz. 18; Münchener Kommentar-Maurer, 4. Aufl., § 1757 Rz. 11; Staudinger-Frank, 13. Aufl., § 1757 Rz. 28; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 56 e Rz. 25; offengelassen: OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 252, 253; BayObLGZ, 2002, 155 ff., 157).
Der Senat ist der Auffassung, dass eine Anfechtung des Adoptionsbeschlusses hinsichtlich der Namensbestimmung nicht nur zulässig ist, wenn ein Antrag auf Änderung des Namens abgelehnt wird, sondern darüber hinaus auch dann, wenn - wie hier - eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Gericht gerügt wird.
Wenn § 56 e Satz 3 FGG ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, durch den die Annahme des Kindes ausgesprochen wird, ausschließt, so hat dies seinen Grund darin, dass dem Ausspruch der Kindesannahme im Interesse der Beteiligten alsbald Wirksamkeit verliehen werden soll. Der Angenommene ist bereits dadurch hinreichend geschützt, dass er vorher persönlich und in notarieller Beurkundung seine Einwilligung zu erklären hat (vgl. BT.-Drucks. 7/3061 S.58, 59). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Bindungswirkung des Adoptionsdekrets auch auf die damit verbundene Namensbestimmung erstrecken sollte, können der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 56 e FGG und § 1757 Abs. 2 BGB a. F. nicht entnommen werden. Durch die Übertragung der Namensgestaltung auf das Vormundschaftsgericht sollte eine Namensänderung zum Wohle des Kindes nicht erschwert, sondern im Gegenteil erleichtert werden, weil durch diese Möglichkeit ein einfacherer Weg als derjenige der Namensänderung im Verwaltungswege nach dem Namensänderungsgesetz vom 05.01.1938 geschaffen werden sollte. Die Namensgestaltung bildet auch keinen derart wesentlichen Bestandteil des Annahmeverhältnisses, dass der Ausspruch über die Kindesannahme und die Namensgestaltung nur durch einen einheitlichen Beschluss erfolgen könnte. Die in § 1757 Abs. 4 BGB vorgesehene zeitliche Verknüpfung ist auch dann gewahrt, wenn die Kindesannahme selbst vom Amtsgericht verbindlich ausgesprochen worden ist und die endgültige Festlegung des Namens des Kindes erst im Rechtsmittelverfahren im Anschluss an das amtsgerichtliche Verfahren erfolgt. Es fehlt jeder innere Grund für die Annahme, dass die Namensbestimmung durch das Amtsgericht schlechthin unabänderlich sein soll. Den Interessen der Beteiligten ist schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn die Kindesannahme als solche alsbald unumstößlich feststeht, während die Festlegung des Namens des Kindes einen vorübergehenden Aufschub duldet, bis das Verfahren insoweit rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl. OLG Köln a.a.O.). Für eine Überprüfbarkeit der Namensgestaltung besteht auch ein Bedürfnis. Die Namensänderung betrifft das höchstpersönliche Recht eines Menschen auf seinen Namen. Der Name wirkt in allen Lebensbereiche eines Menschen hinein und wird als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal sowie als Ausdruck der Identität und Individualität vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst. Zudem kommt ihm eine weitgehend öffentlich rechtliche Ordnungsfunktion zu. Das Namensrecht ist zwingender Natur und unterliegt außerhalb der gesetzlich festgelegte Grenzen nicht der Disposition des Namensträgers. Eine Korrektur der Namensänderung außerhalb des Adoptionsverfahrens ist nicht möglich. Einer Änderung nach dem Namensänderungsgesetz stünde - bei unverändertem Sachverhalt - die Rechtskraft des Adoptionsbeschlusses entgegen.
Bei fehlerhafter Rechtsanwendung durch das Gericht steht die Überprüfbarkeit der Namensgestaltung deshalb sowohl im Interesse des Angenommenen als auch im öffentlichen Interesse, so dass auch in diesem Fall die Namensbestimmung im Adoptionsbeschluss als anfechtbar angesehen werden muss (vgl. Staudinger-Hepting,13.Aufl.,Art. 10 EGBGB Rz. 305; Henrich IPrax 1998,96,97 ).
Zu dieser Frage ist eine Vorlage der weiteren Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 FGG an den BGH nicht veranlasst. Die Entscheidungen des BayObLG sowie des OLG Hamm betreffen andere Sachverhalte und das OLG Zweibrücken hatte nur zu entscheiden, ob die Ablehnung eines die Namensänderung betreffenden Antrags anfechtbar ist, wobei der Entscheidung nicht entnommen werden kann, dass die Anfechtbarkeit ausschließlich nur für diesen Fall bejaht wurde.
Die Beteiligte zu 1. ist auch beschwerdeberechtigt, obwohl ihrem Antrag auf Namensänderung stattgegeben worden ist. Bei unterstellter Unrichtigkeit der amtsgerichtlichen Entscheidung ist eine Beeinträchtigung ihres subjektiven Rechts auf Führung des ihr von Gesetzes wegen zustehenden Namens möglich und damit eine materielle Beschwer zu bejahen (§ 20 Abs. 1 FGG); eine formelle Beschwer ist nach herrschender Meinung nicht erforderlich, jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - der Verfahrensgegenstand nicht der freien Verfügungsbefugnis der Beteiligten unterliegt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O., § 20 Rz. 52).
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist im Ergebnis jedoch ohne Rechtsfehler.
Nach Art. 10 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört, wobei sich der Erwerb des Namens auch dann nach dem Personalstatut beurteilt, wenn es sich um Auswirkung familienrechtlicher Verhältnisse handelt. Im Fall einer Volljährigenadoption hat die Annahme einer Ausländerin als Kind durch eine Deutsche nicht den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge. Auch nach dem chinesischen Staatsangehörigengesetz von 1980 hat die Beteiligte zu 1. ihre chinesische Staatsangehörigkeit behalten. Die Angenommene ist Chinesin geblieben. Ihre Namensführung bestimmt sich deshalb nach chinesischem Recht, falls dieses nicht auf deutsches Recht zurückverweist, was nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB die Anwendung deutscher Sachvorschriften zur Folge hätte.
Zu den Grundprinzipien des Chinesischen Internationalen Privatrechts (IPR), das gesetzlich nicht umfassend geregelt ist, gehören u. a. neben der Wahrung der staatlichen Souveränität - China beansprucht nach dem Territorialitätsprinzip die Rechtshoheit und grundsätzlich auch die Rechtsanwendungsbefugnis in Bezug auf sämtliche in seinem Gebiet befindlichen Menschen, Gegenstände und sich dort auswirkende Sachverhalte - auch der Grundsatz, wonach im Ausland sesshafte Staatsangehörige der Volksrepublik China zur Einhaltung des Rechts ihres Wohnsitzstaates angehalten werden (vgl. Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 1990, "Volksrepublik China" S. 42). Bei einem Adoptionsverhältnis, das - wie vorliegend - im Ausland zwischen einem Ausländer und einem im Ausland sesshaften chinesischen Staatsangehörigen begründet wird, handelt es sich nicht um eine Adoption mit Auslandsberührung, auf die das chinesische IPR Anwendung findet (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O. S. 39, 73), sondern um eine China berührende Adoption im Ausland, die in China grundsätzlich anerkannt wird (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O. S. 74; Rembert Süß, Grundzüge des Chinesischen Internationalen Privatrechts, 1991, S. 150). Dies betrifft auch die Wirkungen der Adoption, wozu gemäß Art. 23 des Adoptionsgesetzes der VR China vom 29.12.1991 auch die Namensbestimmung gehört. Dies schließt der Senat daraus, dass auch bei Adoptionen mit Auslandsberührung für die Frage der Wirkungen der Adoption chinesisches Recht nur dann zur Anwendung kommt, wenn sich entweder die Adoptierenden oder der Adoptierte in China befinden (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O. S. 73; Staudinger-Henrich, 13. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 22 EGBGB Rz. 15 "China (Volksrepublik)").
Das chinesische Recht enthält mithin hinsichtlich der Adoptionsvoraussetzungen und der Wirkungen der Adoption - wozu auch die Namensänderung gehört - eine versteckte Rückverweisung auf deutsches Recht, die zur Anwendung der deutschen Sachvorschriften führt, soweit hierdurch nicht gegen den ordre poblic der VR China verstoßen wird (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O., S. 44). Ein solcher Verstoß ist hier nicht ersichtlich. Er wird allgemein nur dann angenommen, wenn die Adoption den auf den Schutz der Minderjährigen bedachten Grundsätze des chinesischen Familienrechts widerspricht (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O.; Rembert Süß a.a.O., S. 150). Vorliegend geht es jedoch um die Adoption einer Volljährigen, die auch nach dem chinesichen Adoptionsgesetz in Ausnahmefällen (Art. 7 und 14) zugelassen wird und auch vor In krafttreten dieses Gesetzes jedenfalls dann möglich war, wenn der Adoptierende schon älter (wenn alleinstehend: 50 bzw. 55 Jahre) sowie kinderlos war und zwischen Adoptierendem und Adoptiertem ein Altersunterschied von mindestens 20 Jahren bestand (vgl. Bergmann/Ferid a.a.O., S. 104), was vorliegend der Fall ist. Ein Verstoß gegen den chinesischen ordre poblic ist mithin nicht ersichtlich.
Nach deutschem Recht ist die mit dem Ausspruch der Adoption erfolgte Namensänderung der Beteiligten zu 1. nicht zu beanstanden. Auch bei der Adoption einer Volljährigen kann nicht gerichtlich ausgesprochen werden, dass die Anzunehmende ausschließlich ihren bisherigen Familiennamen weiter führt. Für die Annahme Volljähriger gelten die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß, soweit sich aus den §§ 1768 - 1772 BGB nichts anderes ergibt (§ 1767 Abs. 2 BGB). Für die Namensführung nach der Adoption enthalten die genannten Vorschriften keine Regelungen. Es gilt deshalb § 1757 BGB, wonach der Angenommene als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden erhält (§ 1757 Abs. 1) und nur unter den Voraussetzungen des § 1757 Abs. 4 Ziffer 2 die Möglichkeit besteht, dem neuen Familiennamen den bisherigen Familiennamen voranzustellen. Dem entsprechenden Antrag der Beteiligten zu 1. hat das Amtsgericht stattgegeben, was der überwiegend vertretenen Auffassung entspricht, wonach die Ausnahmeregelung des § 1757 Abs. 4 Nr. 2 BGB bei der Annahme Volljähriger relativ großzügig auszulegen ist.
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist mithin im Ergebnis ohne Rechtsfehler, so dass auch bei Bejahung der Zulässigkeit der Erstbeschwerde diese in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte. Die weitere Beschwerde war deshalb mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts als unbegründet zurückgewiesen wird.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1., die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen, folgt unmittelbar aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO). Für die Anordnung der Erstattung der außergerichtlicher Kosten besteht kein Anlass, weil außer der Beteiligten zu 1. niemand am Verfahren der weiteren Beschwerde förmlich beteiligt worden ist.
Geschäftswert der weiteren Beschwerde: bis 2.000,00 Euro
Ende der Entscheidung
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