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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.09.2002
Aktenzeichen: 16 WX 32/02
Rechtsgebiete: BGB, WEG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 291 a. F.
WEG § 47
ZPO § 149
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 WX 32/02

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 20.09.2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 18.12.2001 - 8 T 154/00 - wird - , soweit sie das gegen den Vizepräsidenten des Landgerichts M. und die Richterin am Landgericht Dr. N. gerichtete Ablehnungsgesuch betrifft, zurückgewiesen.

Auf die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel die Beschlüsse des Landgerichts Bonn vom 18.12.2001 - 8 T 154/00 - und des Amtsgerichts Bonn vom 16.05.00 - 28 II 26/99 WEG - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Wohnungseigentümer der Eigentumswohnanlage F. ..., ... B., zu Händen der Antragstellerin 4.199,30 Euro ( 8.213,11 DM ) nebst 4 % Zinsen seit dem 24.11.1995 sowie weiterer folgender Zinsen:

a) 4 % aus weiteren 773,07 Euro (1.512,00 DM )seit dem 02.03.1998

b) 4 % aus jeweils weiteren 187,13 Euro (366,00 DM ) seit dem 02.09.1998, 02.10.1998, 03.11.1998 und 02.12.1998

c) 4 % aus jeweils weiteren 190,71 Euro ( 373,00 DM ) seit dem 03.01.1999 und 02.02.1999 zu zahlen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragsgegner zu 7/8 und die Antragstellerin zu 1/8.

Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner zu 10/11, die Antragstellerin zu 1/11.

Die Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den Antragsgegnern auferlegt.

Gründe:

Die zulässigen Rechtsmittel der Antragsgegner haben in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg.

Das gegen den Vizepräsidenten des Landgerichts M. und gegen die Richterin am Landgericht Dr. N. gerichtete Ablehnungsgesuch ist nicht gerechtfertigt. Die Entscheidungen beider Vorinstanzen sind jedoch in der Sache nicht ohne Rechtsfehler.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Ablehnungsgesuch der Antragsgegner - wie das Landgericht gemeint hat - rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig ist. Jedenfalls liegen - soweit hinreichend individualisiert - keine Gründe vor, die bei vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Ablehnenden aus, die Befürchtung erwecken können, die abgelehnten Richter stünden der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

Soweit die Antragsgegner die amtsgerichtliche Verfahrensweise rügen, ist - wie auch bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht erkennbar, inwieweit hierdurch eine Befangenheitsbesorgnis gegenüber den abgelehnten Richtern des Beschwerdegerichts begründet sein kann.

Das Ablehnungsgesuch kann auch nicht mit auf Erfolg auf die Verfahrensweise des Beschwerdegerichts im Verfahren 8 T 292/00 gestützt werden. In diesem Zusammenhang rügen die Antragsgegner die getrennte Terminierung und Entscheidung in den Verfahren 8 T 292/99 (28 II 187/88 AG Bonn), 8 T 140/00 (28 II 2/97 AG Bonn), 8 T 153/00 (28 II 192/97 AG Bonn), 8 T 154/00 (28 II 26/99 AG Bonn) und 8 T 135/01 (28 II 177/99 AG Bonn) sowie die "konsequente Hintanstellung des Verfahrens 28 II 15/96 AG Bonn und beanstanden des weiteren, dass das Landgericht den besonderen Zusammenhang des Verfahrens 8 T 292/99 mit dem Verfahren 8 T 135/01 nicht beachtet habe. Die Antragsgegner übersehen hierbei, dass der Vorsitzende des Beschwerdegerichts die Verfahren 8 T 140/00, 8 T 153/00 und 8 T 154/00 auf den selben Tag (06.12.2001) terminiert hat und dass das älteste Verfahren 28 II 15/96 AG Bonn beim Landgericht überhaupt noch nicht anhängig ist. Dass die Verfahren 8 T 292/99 und 8 T 135/01 getrennt und zu dem nicht gleichzeitig mit den zuvor genannten Verfahren gemeinsam terminiert worden sind, betrifft eine richterliche Ermessensentscheidung im Rahmen der Prozessleitung, die - aus Sicht einer vernünftigen Partei - weder auf eine unsachliche Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber den Antragsgegnern schließen lässt noch willkürlich erscheint. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der im Verfahren 28 II 187/88 AG Bonn ( 8 T 292/99 LG Bonn) von den dortigen Antragstellern am 18.09.1999 beantragten einstweiligen Anordnung, mit der der Verwalterin die Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.09.1999 untersagt werden sollte, deren Beschlussfassung Gegenstand des Verfahrens 28 II 177/99 AG Bonn (8 T 135/01 LG Bonn) ist. Nachdem die Eigentümerversammlung vom 22.09.1999 stattgefunden hatte, bevor die Antragsteller sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 25.10.1999 - 28 II 187/98 - eingelegt hatten, ist nicht erkennbar, dass die abgelehnten Richter "die Tatsache des EA - Antrages vom 18.09.99 kurzerhand ausgeblendet haben" sollen. Der Antrag war im Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde durch Zeitablauf bereits erledigt und nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Soweit die Antragsgegner die richterliche Würdigung des im Termin vom 02.10.2001 - 8 T 292/99 LG Bonn - vorgelegten Verwaltervertrages mit Datum vom 18.09.1998 beanstanden und darauf hinweisen, dass unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Rechtsanwälte S. pp. vom 28.05.2001 (28 II 129/00 AG Bonn) diese Vereinbarung von der Verwalterin rückdatiert worden sein müsse, die Vereinbarung aber dennoch von den abgelehnten Richtern "kurzerhand als am Tage seines Datums gefertigt" behandelt worden sei, so wird hiermit die Entscheidung in der Sache kritisiert, die Gegenstand der eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde gewesen ist. Fehlerhafte Entscheidungen sind grundsätzlich kein Ablehnungsgrund. Entscheidungen in der Sache unterfallen der grundgesetzlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit und sind im Wege eines Befangenheitsgesuch nicht überprüfbar. Dies gilt auch bezüglich weiterer Rügen der Antragsgegner, die die Sachentscheidung des Beschwerdegerichts betreffen. Anhaltspunkte dafür, dass eine mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber den Beteiligten oder auf Willkür beruht, liegen nicht vor.

Eine Befangenheit der abgelehnten Richter ergibt sich schließlich auch nicht aus der Beanstandung der Antragsgegner, dass ihnen im Verfahren 8 T 154/00 (28 II 26/99 AG Bonn) erstmals mit Terminsverfügung vom 04.10.2001 Doppel der Schriftsätze der Rechtsanwälte S. pp. vom 22. und 31.01.2001 zugeleitet worden sind. Ihrem weiteren Vorbringen ist nicht zu entnehmen, wieso durch die verspätete Zuleitung dieser Schriftsätze Zweifel an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter gerechtfertigt sein könnten; es fehlen auch insoweit objektive Anhaltspunkte, die aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei hierzu Anlass geben.

Wenn auch keinerlei Zweifel an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter bestehen, so ist die Beschwerdeentscheidung in der Sache jedoch nicht ohne Rechtsfehler.

Gemäß Teilungserklärung Art. V § 12 Ziffer 7 i. V. m. § 3 Abs. 4 Ziffer 2 des Verwaltervertrages vom 18.11.1993 ist die Antragstellerin berechtigt, fällige Zahlungen von den Wohnungseigentümern gegebenenfalls gerichtlich beizutreiben. In der Eigentümerversammlung am 16.09.1998 wurde die Antragstellerin für die Zeit nach Ablauf des Verwaltervertrages vom 18.11.1993 erneut als Verwalterin bis zum 31.12.2003 bestellt und der Verwaltungsbeirat ermächtigt, zu den genannten Konditionen den bestehenden Verwaltervertrag zu verlängern. Dieser Beschluss ist wirksam, auch wenn der Bestellungsbeschluss von den Antragsgegnern angefochten worden ist; das Anfechtungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen, nachdem der Senat mit Beschluss vom 18.01.2002 - 16 WX 249/01 (8 T 292/99 LG Bonn; 28 II 187/88 WEG AG Bonn) im Rechtsbeschwerdeverfahren die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hat. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die vom 18.09.1998 datierende Vereinbarung zwischen Verwaltungsbeirat und der Antragstellerin über eine Verlängerung des Verwaltervertrages vom 21.12.1993 bis zum 31.12.2003 rückdatiert wurde, tragen die Antragsgegner nicht vor. Selbst wenn es an einem wirksamen schriftlichen Verwaltervertrag für die Zeit nach dem 31.12.1998 fehlen würde, wäre ein Vertrag zwischen der Verwalterin und den Wohnungseigentümern zu den Bedingungen des Verwaltervertrages vom 18.11.1993 konkludent dadurch zustande gekommen, dass die Wohnungseigentümer die Tätigkeit der in der Eigentümerversammlung vom 16.09.1998 erneut zur Verwalterin bestellten Antragstellerin in der Zeit ab 01.01.1999 entgegen genommen haben.

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsgegner rückständiges Hausgeld aus den Abrechnungen 1992 und 1993 ( 8213,11 DM = 4.199,30 Euro ) schulden. Zwecks Vermeidungen von Wiederholungen wird insoweit zur Begründung auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Die Prozesspauschale in Höhe von 76,69 Euro (150,00 DM ) kann die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beanspruchen, nachdem der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage im Parallelverfahren 16 Wx 33/02 ( 8 T 140/00 LG Bonn; 28 II 2/ 97AG Bonn ) den Eigentümerbeschluss vom10.12.1996 zu Top 6.1 für ungültig erklärt hat.

Der von den Antragsgegnern zu zahlende Betrag von 4.199,30 Euro (8.213,11 DM ) ist seit dem 24.11.1995 mit lediglich 4 % zu verzinsen. Der Anspruch auf rückständiges Hausgeld für die Jahre 1992 und 1993 ist mit Beschlussfassung der Wohnungseigentümer am 29.09.1995 fällig geworden und Zahlungsverzug der Antragsgegner ist aufgrund des Mahnschreibens der Antragstellerin vom 09.11.1995 am 24.11.1995 eingetreten. Seit diesem Zeitpunkt ist der von den Antragsgegner beschuldete Betrag mit lediglich 4 % gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu verzinsen. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.09.1998 zu Top 8., wonach vorliegend Verzugszinsen in Höhe von 3 % über den jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank anfallen würden, ist wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig (vgl. Wenzel ZWE 2001, 226 ff., 234). Durch diese Regelung wird die Grundordnung des Gemeinschaftsverhältnis abgeändert, weil für Hausgeldschulden der Höhe nach eine von den allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften abweichende Verzinsungspflicht begründet wird (vgl. BGH Z 115, 151 ff., 155; Wenzel a. a. O.). Das gilt auch dann, wenn die hier beschlossene Zinspflicht als bloße Pauschalierung eines über den gesetzlichen Mindestschaden von 4 % (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.) hinausgehenden Verzugsschadens (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB a. F.) der Gemeinschaft anzusehen sein sollte. Eine solche Pauschalierung würde den gesetzlichen Schadensersatzanspruch aus den §§ 284, 286, 291 BGB a. F. umgestalten, in dem an die Stelle begrenzter Verzinsung und unbegrenzter Schadensersatzpflicht die Pauschalleistung ohne Rücksicht auf Entstehung und Höhe eines Schadens tritt (vgl. BGH a. a. O.). Im Hinblick auf die Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses ist es ohne Bedeutung,dass der diesbezügliche Anfechtungsstreit (28 II 187/98 WEG AG Bonn; 8 T 292/99 LG Bonn) aufgrund des Beschlusses des Senats vom 18.01.2002 - 16 WX 249/01 - weiterhin am Landgericht anhängig ist.

Nach dem Vorhergesagten sind auch die weiter geltend gemachten Zinsansprüche der Antragstellerin teilweise unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Kostenquotierung entsprach billigem Ermessen im Sinne der genannten Vorschrift, wobei das Landgericht, auf dessen Entscheidung insoweit Bezug genommen wird, zutreffend ausgeführt hat, dass vorliegend ausnahmsweise auch die außergerichtlichen Kosten der Parteien mit einzubeziehen sind. Zu berücksichtigen war, dass die Antragstellerin hinsichtlich des verbleibenden Restes der Hauptforderung nur im geringen Umfang (150,00 DM = 76,69 Euro ) unterlegen ist. Soweit nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts eine übereinstimmende Hauptsachenerledigung vorliegt, waren insoweit die Erfolgsaussichten des Antrages zu würdigen. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Hausgeld für den Zeitraum Januar und Februar 1999 (746.-DM) bis zu dem erledigenden Ereignis begründet war. Zwecks Vermeidungen von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Beschwerdegerichts Bezug genommen. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Hausgeld für die Monate September bis Dezember 1998 (1.464,00 DM) sowie auf Zahlung der Sonderumlage (1.512,00 DM) sind die zugrundeliegenden Eigentümerbeschlüsse vom 01.10.1997 (Top 4 und Top 8) noch Gegenstand des Anfechtungsverfahren 28 II 192/97 AG Bonn (8 T 153/00 LG Bonn), nachdem Senat mit Beschluss vom heutigen Tage - 16 WX 34/02 - die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Bonn zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hat. Der Verfahrensausgang ist derzeit offen, so dass es billig erscheint, dass die Parteien die Gerichtskosten insoweit jeweils zur Hälfte und ihrer außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 149 ZPO bis zum Abschluss des gegen den ehemaligen Präsidenten des Landgerichts Bonn Dr. G. sowie die Richter am Landgericht Bonn V. und X. gerichteten Ermittlungsverfahren 63 Js 70/02 StA Bonn kam nicht in Betracht, da dem Vorbringen der Antragsgegner weder zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer strafbaren Handlung der genannten Richter entnommen werden kann noch ersichtlich ist, das das Ermittlungsverfahren - falls es noch nicht abgeschlossen sein sollte - auf die Entscheidung im vorliegenden Verfahren von Einfluss ist.

Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 4.275,99 € (ist 8.363,11 DM).

Ende der Entscheidung

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