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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 01.02.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 10/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 22 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 10/02

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 01.02.2002

beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.10.2001 wird zurückgewiesen. Die Verfahrenskosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde werden dem Antragsteller und Rechtsbeschwerdeführer auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 29.05.2000 ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und damit wirksam ist. In diesem Beschluss hatte die Eigentümerversammlung mehrheitlich (bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung) festgelegt, dass ein früherer Beschluss einer Eigentümerversammlung vom 23.05.1996, zur Absicherung des Spielplatzes zum Garagenhof hin einen Zaun zu ziehen, der bis dahin noch nicht ausgeführt worden war, nicht mehr ausgeführt werde.

Der Antragsteller sieht in diesem Beschluss, eine einmal beschlossene bauliche Maßnahme nun doch nicht durchzuführen, eine bauliche Veränderung, die seiner Ansicht nach nach § 22 Abs. 1 WEG der Einstimmigkeit bedürfe.

Während das Amtsgericht der Ansicht des Antragstellers gefolgt war und den Beschluss für ungültig erklärt hatte, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung den Antrag des Antragstellers auf Ungültigkeitserklärung des genannten Beschlusses zurückgewiesen, weil der Beschluss keine bauliche Veränderung zum Gegenstand habe und sich in den Grenzen halte, die ein abändernder Zweitbeschluss beachten müsse.

Die dargelegte Ansicht des Landgerichts ist rechtlich zutreffend. Der Beschluss vom 29.05.2000 zielt nicht auf eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG, bedurfte also nicht der Einstimmigkeit. Bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist jede tatsächliche Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums, die vom Aufteilungsplan in der Teilungserklärung oder vom früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinaus geht. Unerheblich ist dabei, ob die durchgeführte Maßnahme tatsächlich bauliche Tätigkeiten erfordert. Es kommt allein darauf an, ob durch die bauliche Umgestaltung der tatsächliche bauliche Zustand des Gemeinschaftseigentums geändert wird., (vgl. Bärmann/Pick/Merle, § 22 WEG Rdn. 6, 7; Schuschke, OLGR 2000, K 10; OLG Köln, OLGR 1997, 98; 1999, 325). Vorliegend ist der tatsächliche bauliche Zustand des Gemeinschaftseigentums nicht geändert worden. Es wurde auch nicht beschlossen, das Gemeinschaftseigentum etwa abweichend von der Teilungserklärung zu errichten. Der Beschluss vom 29.05.2000 beinhaltet vielmehr nur, die im Jahre 1996 beschlossene bauliche Veränderung nun doch nicht durchzuführen. Damit handelt es sich bei diesem Beschluss um einen sogenannten "Zweitbeschluss", durch den zu einer von der Wohnungseigentümergemeinschaft schon einmal beschlossenen Regelung ein zweites Mal, im vorliegenden Fall abweichend vom ersten Mal, Stellung genommen wird. Dieser Zweitbeschluss hat, da sein Inhalt darauf abzielt, alles so, wie in der Teilungserklärung festgelegt, zu belassen, und auch den derzeitigen tatsächlichen Zustand nicht zu verändern, keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG zum Gegenstand.

Der ursprüngliche Beschluss aus dem Jahre 1996, durch den die Errichtung des Zaunes beschlossen worden war, war wirksam, obwohl er eine bauliche Veränderung zum Gegenstand hatte und § 22 Abs. 1 WEG für derartige Beschlüsse an sich Einstimmigkeit erfordert. Denn der ursprüngliche Beschluss aus dem Jahre 1996 war nicht angefochten worden.

Auch nach der Änderung der Rechtsprechung des BGH zur Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der eine Vereinbarung ersetzenden Beschlüsse durch die Entscheidung des 5. Zivilsenats vom 20.09.2000 (NZM 2000, 1184) blieb dieser Beschluss wirksam, da Entscheidungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 22 Abs. 1 WEG trotz der erforderlichen Einstimmigkeit Beschlüsse sind, nicht Vereinbarungen (zum Unterschied dieser Regelungsinstrumente der Wohnungseigentümergemeinschaft im Einzelnen siehe Schuschke, NZM 2001, 497 ff). Der BGH hatte in der genannten Entscheidung ausdrücklich erklärt, dass die Änderung seiner Rechtsprechung nur vereinbarungsersetzende Beschlüsse betreffe, nicht aber Beschlüsse nach § 22 Abs. 1 WEG. Die Gemeinschaft ist im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung grundsätzlich frei, einmal gefasste Beschlüsse wieder abzuändern (BGHZ 113, 197).

Jeder Wohnungseigentümer kann aber nach § 21 Abs. 3 und Abs. 4 verlangen, dass der neue Beschluss seine schutzwürdigen Belange aus dem Inhalt und den Wirkungen des ersten Beschlusses berücksichtigt (Niedenführ/Schulze, 5. Auflage, § 21 WEG Rdn. 29). Auch der neue Beschluss muss dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, darf nicht in wohlerworbene Rechte von Wohnungseigentümern, die auf den Bestand des Erstbeschlusses vertraut haben, eingreifen, so weit nicht überwiegende sachliche Gründe für die neue Regelung sprechen. Vorliegend ist irgendein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Antragstellers nicht erkennbar. Er hat keine Umstände vorgetragen, die erkennen ließen, dass er aufgrund des Erstbeschlusses irgendwelche Vorkehrungen getroffen habe, die sich nun als sinnlos erweisen und dass deshalb sein Vertrauen in irgendeiner Weise enttäuscht wurde. Der Antragsteller hatte sich bei Erwerb seiner Eigentumswohnung auf den in der Teilungserklärung ausgewiesenen Zustand eingelassen. Dieser Zustand besteht heute noch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Errichtung des Zaunes mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche, als der Zustand, wie er in der Teilungserklärung vorgesehen ist. Ein Maschendrahtzaun, wie in 1996 beschlossen, mag bestimmte Gefahren von den Kindern abwenden, die sich auf dem Spielplatz aufhalten.

Dafür bergen Maschendrahtzäune im Falle ihrer Beschädigung oder auch für Kinder, die sie spielend überwinden wollen, andere Gefahren. Für beide Entscheidungen, also sowohl für die von 1996 als auch für die von 2000, sprechen vernünftige Gründe. Die Eigentümergemeinschaft hielt sich deshalb, als sie den Zweitbeschluss 2000 fasste, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt aus § 47 WEG. Gründe, von dem im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet, abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

Der Beschwerdewert wird auf 8.000,00 DM festgesetzt.



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