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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 101/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 101/00 29 T 171/99 - LG Köln - 204 II 317/98 - AG Köln -

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

am 05.04.2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.04.2000 - 29 T 171/99 - teilweise abgeändert und wie folgt ergänzt:

Die Antragsgegnerin wird über die bereits vom Landgericht tenorierten Verpflichtungen hinaus verpflichtet,

1. in den Jahresabrechnungen 1993, 1994 und 1995 jeweils die Anfangs- und Endbestände der Gemeinschaftskonten darzustellen,

2. die nach Maßgabe der vorstehenden Ziffer 1. und der Entscheidung des Landgerichts korrigierten Abrechnungen einschließlich der Einzelabrechnungen aller Wohnungseigentümer oder einer listenmäßigen Aufteilung des Ergebnisses der Gesamtabrechnungen auf die einzelnen Miteigentümer (Saldenlisten) binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Senats den Wohnungseigentümern der Eigentümergemeinschaft A. Straße ... in Köln vorzulegen und zur Beschlussfassung vorzuschlagen.

Hierbei bleibt es der Antragsgegnerin überlassen, ob sie jedem Wohnungseigentümer die Einzelabrechnungen der übrigen Miteigentümer bzw. die Saldenlisten zuleitet oder ob sie diese vor und während der Eigentümerversammlung, in der die Jahresabrechnungen beschlossen werden sollen, so bereit hält, dass für jeden Wohnungseigentümer eine ausreichende und nicht durch zeitliche oder ähnliche Erschwernisse eingeengte Möglichkeit der Einsichtnahme besteht.

Für den Fall, dass die Antragsgegnerin die letzte Möglichkeit wählt, gilt wegen der Vorlage der Einzelabrechnungen bzw. Saldenlisten die vorgenannte Monatsfrist nicht.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Erst- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4 zu tragen. Wegen der Gerichtskosten erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000,00 DM festgesetzt.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27, 29 FGG, 45 Abs. 1 WEG); insbesondere beträgt die Beschwer der Antragstellerin dadurch, dass das Landgericht der Erstbeschwerde teilweise stattgegeben hat, mehr als 1.500,00 DM. Im Hinblick darauf, dass es um die Korrektur bzw. Ergänzung von insgesamt 3 Jahresabrechnungen ist der gesetzliche Beschwerdewert deutlich überschritten.

In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

1.

Entgegen der Meinung der Antragstellerin war das Landgericht befugt, auf die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin die Entscheidung des Amtsgerichts abzuändern. Denn die Erstbeschwerde war zulässig; insbesondere betrug die Beschwer der Antragsgegnerin mehr als 1.500,00 DM.

Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Gründe der Entscheidung des Landgerichts, in denen zur Bemessung des Beschwerdewertes von einem zutreffenden rechtlichen Ansatzpunkt ausgegangen wird, nämlich von dem voraussichtlichen Zeitaufwand für die Antragsgegnerin bei der Erstellung neuer Abrechnungen entsprechend den Anforderungen des Amtsgerichts, und die auch keinen Fehler bei der Ausübung des in § 45 Abs. 1 WEG eingeräumten Schätzungsermessens enthalten.

2.

Die Antragstellerin greift die Entscheidung des Landgerichts nur noch an, soweit es gemeint hat,

(1) die Übersendung einer Saldenliste sei nicht Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung,

(2) es bedürfe nicht notwendigerweise der Angabe eines Anfangs- und Endbestandes des für die Gemeinschaft geführten Girokontos,

(3) eine Entnahme aus dem Instandhaltungsrücklagenkonto dürfe in der Jahresabrechnung erscheinen.

Dieses Begehren erweist sich zu (1) und (1) weitgehend als gerechtfertigt, zu (3) indes nicht.

Zu (1)

Zur ordnungsgemäßen Abrechnung einer Wohnungseigentumsanlage zählen nicht nur eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben, sondern auch die Aufteilung des Ergebnisses der Gesamtabrechnung auf die einzelnen Eigentümer. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss daher jeder stimmberechtigte Eigentümer die Chance haben zu kontrollieren, ob in den Einzelabrechnungen (Saldenlisten) der anderen zu hohe Guthaben oder zu niedrige Nachzahlungen zu Lasten der Gemeinschaft und damit mittelbar zum eigenen Nachteil eingesetzt sind. Da derartige Fehler nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses über die Jahresabrechnung nicht mehr zu beheben sind, ist den Eigentümern zeitlich vor der Beschlussfassung in zumutbarer Weise die Möglichkeit zu geben, den Beschlussgegenstand zu prüfen. Hierfür ist ein effektiver Weg sicherzustellen, bei dem einem Verwalter ein Gestaltungsspielraum zusteht. So kann er den einzelnen Eigentümern zusammen mit der Gesamtabrechnung alle Einzelabrechnungen vorab zukommen lassen. Mindestvoraussetzung ist jedoch, dass vor (und auch während) der Eigentümerversammlung den Eigentümern uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit gegeben wird, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29.03.1995 - 16 Wx 36/95 - = NJW-RR 1995, 1295, vom 24.09.1995 - 16 Wx 86/96 - = WuM 1997, 62 und 4.06.1997 - 16 Wx 87/97 - = OLGR 1997, 249 = WuM 1998, 50; Schuschke NZM 1998, 423 und zur Kritik insbesondere Drasdo NZM 1998, 425).

Diesen Anforderungen wird die Antragsgegnerin bei der Vorlage der Jahresabrechnungen für die Jahre 1993, 1994 und 1995 Rechnung zu tragen haben, wobei im Tenor unter Einschränkung des Antrags dem Umstand Rechnung getragen wurde, dass die Antragsgegnerin ihrer Pflicht auch durch ein Bereithalten der Abrechnungen vor und während der Eigentümerversammlung erfüllen kann.

Zu 2.

Die von der Antragsgegnerin - zuletzt unter Berücksichtigung der Anforderungen des Landgerichts am 10.08.2000 erneut korrigierten - Abrechnungen der Jahre 1993, 1994 und 1995 sind auch deshalb fehlerhaft, weil hierin die Anfangs- und Endbestände des Girokontos der Gemeinschaft nicht ausgewiesen sind.

Dass die Angabe der Kontenstände notwendiger Bestandteil einer nachvollziehbaren Jahresabrechnung ist, ist nicht nur vom Senat wiederholt so entschieden worden, sondern auch sonst durchgängige Meinung; denn nur so besteht - wie die weitere Beschwerde mit Recht geltend macht - die Möglichkeit zu kontrollieren, ob in der Abrechnung das "Geldabflussprinzip" berücksichtigt ist; ob also nur solche Abrechnungspositionen aufgenommen wurden, für die Zahlungen im Abrechnungszeitraum erfolgt waren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23.09.1996 - 16 Wx 130/96 und 07.12.1998 - 16 Wx 177/98; BayObLG WuM 1994, 495 = WE 1995, 91 und WuM 1994, 230 = WE 1995, 30 und WuM 1994, 498; Merle in Merle/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 28 Rdn. 63).

Die Erwägungen des Landgerichts geben keinen Anlass hiervon abzuweichen.

Zu 3.

Zu Recht hat das Landgericht keinen Anlass gesehen, für das Jahr 1994 die Behandlung der Gutschrift aus der Rücklage zu beanstanden.

Bei der Instandhaltungsrücklage handelt es sich nicht um Ausgeben im üblichen Sinne. Es geht nicht darum, tatsächlich angefallene Lasten und Kosten abzurechnen, sondern um die Bildung eines für einen besonderen Zweck bestimmten Vermögens (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 15, 16). Auch steuerlich werden Zahlungen der Eigentümer auf die Rücklage lediglich als Umschichtung des Vermögens des Steuerpflichtigen behandelt. Erst wenn die Rücklage durch die Gemeinschaft in Anspruch genommen wird und der Betrag tatsächlich aus ihrem gesamthänderischen Vermögen abfließt, liegen bei den jeweiligen Eigentümern Werbungskosten vor (vgl. Drasdo WE 1998, 436, 438). Es war daher in dem hier gegebenen Fall, dass zulässigerweise kein eigenes Bankkonto für die Zu- und Abflüsse zur Rücklage gebildet wurde - insoweit von der Antragstellerin nicht angegriffen - richtig und konsequent, dass der Zufluss zur Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung mit dem im Wirtschaftsplan angesetzten Sollbetrag von 15.000,00 DM als Ausgabe angesetzt war (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 15, 16). Da zudem der Posten "Instandsetzungen/Reparaturen" mit 23.824,10 DM in der Jahresabrechnung erscheint, bedurfte es, wenn diese Kosten im wesentlichen aus der Rücklage ausgeglichen werden sollten, einer Umbuchung auf das Gemeinschaftskonto. Nur so ließ sich aus - dies war nach den Darlegungen der Antragsgegnerin auch der Hintergrund für die Sachbehandlung - ein Abfluss der Mittel aus der Rücklage und damit die Möglichkeit zur anteiligen Geltendmachung als Werbungskosten erzielen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Da die Antragsgegnerin weitgehend unterlegen ist, entspricht es billigem Ermessen, sie mit dem überwiegenden Teil der in den beiden Beschwerdeinstanzen entstandenen Gerichtskosten zu belasten. Ferner hat sie aus den Gründen der Entscheidung des Landgerichts die Gerichtskosten erster Instanz alleine zu tragen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG und trägt die Umfang Rechnung, dass in dritter Instanz nur noch ein Teil der ursprünglichen Beanstandungen im Streit ist.

Ende der Entscheidung

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