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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.09.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 114/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 114/02

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

am 4.September 2002

beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 6.6.2002 - 2 T 11/02 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000,- Eur festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind die Miteigentümer der vorgenannten aus 6 Wohneinheiten bestehenden Eigentumswohnanlage (Neubau aus dem Jahre 1994), die seit März 1996 von der Beteiligten zu 6) verwaltet wurde. Die letzte von dieser einberufene ordentliche Eigentümerversammlung fand am 30.6.1999 statt, die darin gefassten Eigentümerbeschlüsse (u.a. über die Wohngeldabrechnung 1998 sowie die Aufteilung der Wasserkosten und der Kabelfernsehgebühren) sind von den Beteiligten zu 1) gerichtlich angefochten (Verfahren 6 II 27/99 AG Eschweiler = 2 T 20/02 LG Aachen). Ende Februar 2001 endete die auf 5 Jahre erfolgte Verwalterbestellung wegen Fristablaufs. Daraufhin beantragten die Beteiligten zu 1) im Juli 2001 wegen Fehlens eines Verwalters die gerichtliche Bestellung eines Notverwalters, und als solchen - schon vorab im Wege einstweiliger Anordnung - die Fa. O. GmbH, die hierzu auch bereit sei, einzusetzen. Der Beteiligte zu 5) hatte sich dem Antrag vollinhaltlich angeschlossen. Am 27.9.2001 fand auf Einladung der Beteiligten zu 1) vom 12.9.2001 (Bl. 163 GA) eine außerordentliche Eigentümerversammlung zur Neuwahl des Verwalters statt, an der alle Miteigentümer teilnahmen und auf der die vorgenannte Fa. O. GmbH einstimmig zur Verwalterin gewählt wurde. Zur Bestellung des Verwalters mit Abschluss des Verwaltervertrages kam es gleichwohl nicht, weil die Beteiligten zu 1) den ferner in der Versammlung gefassten Beschlüssen zur künftigen Kostenabrechnung der Gebühren für den Verwalter, des Kabelfernsehens sowie der Wassergrundgebühr (nämlich jeweils nach Wohneinheiten) nicht zugestimmt hatten, wovon die gewählte Verwalterfirma ausweislich auch des Versammlungsprotokolls (Bl. 34 GA) die Annahme der Verwalterbestellung abhängig gemacht hatte. Das Amtsgericht hat die Bestellung eines Notverwalters mangels Vorliegen der Voraussetzungen sowohl des § 26 Abs. 3 WEG wegen Fehlens eines dringenden sachlichen Bedürfnisses als auch des § 21 Abs. 4 WEG abgelehnt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1) ihren Antrag weiter.

Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs.1 Nr. 3, 45 Abs.1 WEG, 2o, 22 Abs.1, 27, 29 FGG). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: Das Fehlen eines dringenden Falles folge bereits aus dem Umstand, dass sich alle Beteiligten in der Eigentümerversammlung vom 27.9.2001 mit der Bestellung des vorgeschlagenen Verwalters einverstanden erklärt hatten. Dass es letztlich nicht zur Verwalterbestellung gekommen sei, habe seinen Grund allein darin, dass sich die Beteiligten zu 1) nicht mit der von den übrigen Wohnungseigentümern gewünschten Kostenabrechnung nach Wohneinheiten einverstanden erklären können. Da diese Streitfrage aber unabhängig von der Bestellung eines Verwalters sei, über den Einigkeit erzielt worden ist, sei das dringende sachliche Bedürfnis zur Abwendung von Schäden nicht erkennbar. Die Verwalterbestellung sei in diesem Fall vielmehr der Eigentümergemeinschaft zu überlassen, die darüber im Rahmen einer - einverständlichen - Eigentümerversammlung zu beschließen habe.

Die Erwägungen halten der dem Senat obliegenden Rechtsprüfung stand.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht ein Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1) für ein Vorgehen zur gerichtlichen Verwalterbestellung verneint hat.

Die Organstellung des Verwalters endete gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 WEG spätestens nach 5 Jahren, so dass seit dem 28.2.2001 in der Gemeinschaft ein verwaltungsloser Zustand besteht. Der für die Bestellung eines Notverwalters dringende Fall ist indes mit Recht verneint worden. § 26 Abs. 3 WEG bestimmt, dass dann, wenn ein Verwalter fehlt, ein solcher in dringenden Fällen bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten, der ein berechtigtes Interesse an der Bestellung hat, durch den Richter zu bestellen ist. Ob Umstände für eine Dringlichkeit schon insbesondere daraus hergeleitet werden könnten, dass es seit 1999 keine Jahresabrechnung der Bewirtschaftungskosten mehr gegeben hat, weil die zerstrittenen Beteiligten sich auf den anzuwendenden Verteilungsschlüssel bei der Abrechnung bestimmter Kosten nicht einigen können, dass seitdem ebenso wenig eine ordentliche Eigentümerversammlung stattgefunden hat, kann dahinstehen (bejahend OLG Düsseldorf NZM 2000, 833,834). Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum die Beteiligten zu 1) auch die Abrechnung der Verwaltervergütung nach Wohneinheiten beanstanden. In der - nunmehr von den diesen vorgelegten - Teilungserklärung ist zu § 11 Abs. 1 Ziffer a) ausdrücklich - was der Beteiligte zu 5) mit Recht geltend macht - bestimmt, dass sich die Verwaltungskosten auf 40 DM je Wohneinheit pro Monat bemessen (Bl. 253 GA). Das bedeutet für den Streitfall, dass diese Kosten ausnahmsweise nicht wie die übrigen Bewirtschaftungskosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile von den Wohnungseigentümern zu tragen sind, was Abs. 2 S. 1 des vorgenannten § der Teilungserklärung unschwer ergibt, wonach ausdrücklich nur die unter Ziff. 1 b) und c), also nicht auch die unter Ziffer 1 a) genannten Lasten und Kosten nach Miteigentumsanteilen zu tragen sind. Darüber hinaus enthält der vorgenannte Abs. 2 in dem nachfolgenden Satz 2 eine sog. Öffnungsklausel, wonach eine Änderung des in dem Absatz geregelten "Verteilungsmaßstabes mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen einer Eigentümerversammlung beschlossen werden können" (Bl. 253 GA) - also nicht etwa nur einstimmig. Mit dieser Stimmenmehrheit wäre also eine Abänderung möglich, wenn hierfür - wie der Senat unlängst entschieden hat - ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem bis dahin bestehenden Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (Senat ZMR 2002, 467 mwN).

Dringlichkeit setzt ferner voraus, dass die Eigentümergemeinschaft nicht selbst durch Bestellung eines Verwalters Abhilfe schaffen kann oder will (vgl. Gottschalg WE 98, 242, 243). Beides scheidet hier aus, denn die Wohnungseigentümer sind nicht nur willens sondern auch in der Lage, mit der nach dem Gesetz (§ 26 Abs. 1 WEG) erforderlichen Stimmenmehrheit - nicht Einstimmigkeit - den gewünschten Verwalter zu wählen. Das hat bereits die Eigentümerversammlung vom 27.9.2001 gezeigt, in der eine solchermaßen wirksame Verwalterwahl stattgefunden hat. Die Bestellung des Verwalters scheiterte - worauf die Beteiligten zu 1) mit Recht hinweisen - lediglich daran, dass der Verwalter das ihm in der Versammlung angetragene Amt nicht angenommen hatte. Wirksam kann die Bestellung des Verwalters nämlich allenfalls erst werden, wenn er das Amt auch angenommen hat. Dahinstehen kann deshalb hier, ob zudem das Vorhandensein eines wirksamen Verwaltervertrages konstitutive Voraussetzung zur Erlangung dieser Organstellung ist (so die herrschende Meinung, z.B. Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 26 Rn. 25 und 192 mwN; Senat OLGR 98, 241). Das ändert aber doch nichts an der Tatsache, dass die Wohnungseigentümer, jedenfalls aber die hierzu erforderliche Mehrheit zur Bestellung eines Verwalters grundsätzlich in der Lage ist. Soweit die Rechtsbeschwerdeführer dennoch meinen, es werde in der Versammlung zu einer Mehrheitsentscheidung zu Gunsten eines Verwalters nicht kommen, ist das weder nachvollziehbar noch etwa belegt.

Daran, dass alle Wohnungseigentümer den neuen Verwalter wünschen, hat sich nichts geändert, sodass zur Bestellung mit allseitiger Zustimmung eine erneute Versammlung stattfinden kann. Wenn sich ein oder mehrere Wohnungseigentümer gegen diese erneute Versammlung sperren sollten, könnte eine erneute Versammlung zur Wahl des Verwalters durch einen hierzu auf Antrag durch das Gericht ermächtigten Wohnungseigentümer erfolgen. Grundsätzlich obliegt das Einberufungsrecht zu einer Eigentümerversammlung nach § 24 Abs. 1, Abs. 2 WEG dem Verwalter, der auch durch einen Bevollmächtigten handeln darf. Wenn dieser indes fehlt oder pflichtwidrig die Einberufung einer Versammlung verweigert, kann diese nach § 24 Abs. 3 WEG auch von dem Vorsitzenden eines - hier nicht (mehr) bestehenden - Verwaltungsbeirates einberufen werden. Der im Gesetz nicht geregelte Fall, dass wie hier ein Verwalter nicht vorhanden ist und auch ein Verwaltungsbeirat nicht besteht, ist nach anerkannter Auffassung - worauf die Beteiligten zu 4) mit Recht hinweisen - durch die entsprechende Anwendung des § 37 Abs. 2 BGB zu schließen, also in der Weise, dass ein Wohnungseigentümer durch gerichtliche Entscheidung zur Einberufung der Eigentümerversammlung ermächtigt wird (vgl. z.B. OLG Celle OLGR 2000, 252; BayObLGZ 1970, 1, [4] und MDR 82, 323; OLG Hamm OLGR 92, 194; KG NJW 87, 386; Bärmann/Pick/Merle, WEG § 24 Rdnr. 24; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 24 WEG Rn. 2.). Eine eigenmächtige Einberufung durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer ist nicht zulässig. Eine Ausnahme hiervon ist nur zu machen, wenn die Einberufung nicht durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer erfolgt, sondern durch alle Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. OLG Celle aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 24 WEG Rdnr. 2). Diese Ausnahme hat ihren Grund darin, dass die Eigentümergemeinschaft befugt ist, jederzeit eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn diese Einberufung einstimmig erfolgt. Daraus folgt, dass die Eigentümerversammlung vom 27.9.2001 nicht an einem Einberufungsmangel gelitten haben dürfte, denn unstreitig ist die Einberufung vom 12.9.2001 hierzu nicht etwa gegen den Willen eines der Miteigentümer, sondern im Einvernehmen der übrigen Wohnungseigentümer erfolgt.

Zur Behebung des verwalterlosen Zustands durch die Eigentümergemeinschaft besteht mithin für den einzelnen Wohnungseigentümer- was der Beteiligte zu 3) auch nun beantragt haben soll - die Möglichkeit des Vorgehens in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 2 BGB. Ist dieser Weg wie hier auch gangbar, scheidet entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ein Antrag nach § 26 Abs. 3 BGB für eine gerichtliche Notverwalterbestellung grundsätzlich aus, d. h. es besteht hierfür kein Rechtsschutzinteresse, weil die Eigentümergemeinschaft vorrangig dazu berufen ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, d. h. selbst den Verwalter zu bestellen. Unbedeutend muss bleiben, dass der Weg - wie die Rechtsbeschwerde geltendmacht - möglicherweise etwas langwieriger ist. Damit liegen auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 WEG nicht vor, wonach ein Wohnungseigentümer in Verwirklichung seines Anspruchs auf eine ordnungsgemäße Verwaltung in den Fall, dass der Verwalter fehlt und er keine Mehrheit in der Versammlung zur Verwalterbestellung finden wird, die Bestellung eines Verwalters durch das Gericht beantragen kann (h.M., vgl. BayObLG NZM 99, 713 und NJW-RR 1989, 461; OLG Frankfurt NJW-RR 93, 845; Gottschalg aaO S. 247 mwN).

Es besteht keine begründete Veranlassung, entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1) die Rechtsbeschwerde dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Mit seiner Entscheidung weicht der Senat nicht von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 13.12.83 (BayObLG DWE 84, 59) ab, in der die Bestellung eines Notverwalters aus den nachgenannten Gründen bejaht worden war. Der Fall ist nicht vergleichbar, weil es darin um eine nur aus zwei Wohnungseigentümern bestehende Gemeinschaft ging, für die ein Verwalter nicht bestellt war. Wenn hier erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Wohnungseigentümern hinsichtlich des Betriebs der Heizungsanlage - der eine hatte das Warmwasser wiederholt abgestellt - bestanden, verblieb nur die Möglichkeit, zur Schadensvermeidung einen Notverwalter durch das Gericht zu bestellen, nämlich im Hinblick darauf, dass die vorerwähnte Ermächtigung in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. BGB zur Einberufung einer Versammlung - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - nichts bringen konnte, weil - wie das BayObLG anführt - die Eigentümerversammlung bei Nichterscheinen des dortigen Antragsgegners nicht beschlussfähig gewesen wäre und der andere Wohnungseigentümer jedenfalls in der Versammlung nicht über eine Mehrheit der Stimmen verfügte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den unterlegenen Beteiligten zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen (§ 47 S. 1 WEG). Im übrigen besteht keine begründete Veranlassung, von dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Wertfestsetzung der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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