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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.08.2008
Aktenzeichen: 16 Wx 117/08
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47 Satz 1 a.F.
WEG § 47 Satz 2 a.F.
WEG § 48 Abs. 3 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragssteller gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13.05.2008 - 29 T 219/07 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

Der Geschäftswert beträgt für die Rechtsbeschwerde 7.829,04 €.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin zweier Wohnungen der genannten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsteller nehmen die Antragsgegnerin in Anspruch, weil diese ihre zwei Wohnungen an Damen vermietet hat, die dort der Prostitution nachgehen. Die Mieterinnen als Callgirls verabreden sich telefonisch mit den Freiern. Die Antragsteller verlangen, dass die Antragsgegnerin diese Wohnungsnutzung unterlässt; ferner beantragen sie Erstattung angefallener Detekteikosten. Die Gemeinschaftsordnung dieser Wohnanlage sieht u.a. vor, dass die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in einer Wohnung der Zustimmung des Verwalters bedarf, die dieser nur aus wichtigem Grund, insbesondere bei einer unzumutbaren Beeinträchtigung, verweigern darf. Beide Vorinstanzen haben - unter verschiedenen Gesichtspunkten - die Anträge abgelehnt. In dem Verfahren der weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr ursprüngliches Begehren weiter.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§ 27 FGG i. V. m. 546 ZPO), im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts haben Amts- und Landgericht zu Recht den Unterlassungs- wie den Zahlungsanspruch verneint.

Im Regelfall wird für eine Anlage, in der sich Wohnungseigentumseinheiten befinden, ganz überwiegend angenommen, dass die bloße Tatsache der Prostitutionsausübung für die benachbarten Wohnungseigentümer einen nicht mehr hinnehmbaren Nachteil darstellt, weil dieser Umstand den Wert der Wohnung und damit die Preisbildung negativ beeinflusse (OLG Hamburg, ZMR 2005, 644; OLG Frankfurt, NZM 2004, 950).

Vorliegend handelt es sich indes um eine Wohnanlage, die nicht den Ansprüchen typischer Mehrfamilienwohnanlagen entspricht, vielmehr verschiedene Besonderheiten hinsichtlich ihrer Nutzung und Lage aufweist Dies hat zur Folge, dass die Ausübung der Prostitution an sich noch keine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer darstellt. Hierzu hat das Amtsgericht zutreffend auf verschiedene, von ihm fehlerfrei festgestellte Besonderheiten verwiesen. So besteht die Anlage aus 70 Einzimmerwohnungen, die überwiegend etwa 23- 24 qm groß sind. Familien mit Kindern wohnen dort nicht. Mindestens fünf Wohnungen werden von einer karitativen Einrichtung genutzt, um dort im Wechsel Obdachlose zur Wiedereingliederung für einige Monate unterzubringen. Dass darunter auch Personen sind, die Alkohol- oder Drogenprobleme haben, wird auch von der Antragstellerseite nicht in Abrede gestellt. Ferner befindet sich in der Anlage eine Wohngemeinschaft mit jugendlichen Drogensüchtigen. Die Wohnanlage liegt an einer Straße der Stadt Köln, in der auch randständige Menschen Unterkunft finden. Bei einer Gesamtschau dieser Umstände werden allein durch die Ausübung der Prostitution in zwei Wohnungen, wenn wie hier die Verabredungen mit den Freiern telefonisch erfolgen -"Callgirls -, der Wohnwert und der wirtschaftliche Wert der übrigen Wohnungen der Wohnanlage nicht erheblich beeinträchtigt. Durch die geschilderte sonstige Nutzung und die Lage der Wohnanlage entspricht diese nicht den Anforderungen an übliche Mehrfamilienwohnanlagen, sondern ist -jedenfalls derzeit - auf andere Bedürfnisse zugeschnitten. Diese Sachverhaltsfeststellung des Amtsgerichts ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und lässt keine Mängel in der Beweiswürdigung erkennen.

Eine andere Beurteilung ergäbe sich, wenn durch die Prostitutionsausübung konkrete Beeinträchtigungen der anderen Mieter/Eigentümer verbunden wären, mithin die Ausübung der Prostitution in einer Weise nach außen hervortritt, dass hieran Anstoß genommen werden könnte (vgl. LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 1990, 1355; Staudinger/Kreuzer, BGB, 13. Aufl., § 13 WEG Rdnr. 57). Dies vermochten die Antragsteller nicht schlüssig darzulegen. Auch nach einem gerichtlichen Hinweis durch die Beschwerdekammer haben die Antragsteller keine konkreten Umstände vorgebracht, die eine besondere Belästigung als Folge der Nutzung durch Callgirls erkennen lassen. Der Hinweis auf die in dem Schreiben vom 19.07.2006 aufgezeigten Vorfälle reicht nicht, da sich die dort aufgeführten Beanstandungen auf insgesamt fünf Appartements beziehen und nicht erkennen lassen, ob und ggfs. welche Einzelfälle mit den Wohnungen Nr. 20 und 35 in Zusammenhang stehen. Das weitere Vorbringen aufgrund des Hinweises im Schriftsatz vom 15.02.2008 bleibt ungenau und damit unbeachtlich. Selbst wenn - wie vorgetragen - Freier "immer wieder" suchend vor dem Klingeltableau stehen sollten, bedeutet dies bei einem Appartementhaus mit 70 Wohnungen keine besondere Belästigung, abgesehen davon, dass diese vermeintlich belästigenden Nachfragen nicht konkretisiert werden. Soweit eine Belästigung weiblicher Hausbewohner behauptet wird, lässt auch dieses Vorbringen jegliche Angabe zu Häufigkeit und zeitlicher Einordnung vermissen; angeblich betroffene Bewohnerinnen werden nicht benannt.

Da somit keine besonderen Belästigungen als Folge der Prostitutionsausübung ersichtlich sind, liegt nach der Teilungserklärung kein wichtiger Grund für eine Untersagung der Zustimmung zur gewerblichen Nutzung vor, so dass diese Nutzung zulässig ist. Damit fehlt die Grundlage für einen Unterlassungsanspruch. Ob ein solcher Anspruch darüber hinaus bereits verwirkt wäre, kann dahin stehen.

Bereits aus den dargelegten Gründen, aber auch mit den Erwägungen der Vorinstanzen ist der Zahlungsanspruch der Antragsteller ebenfalls zurückzuweisen.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG a.F..

Gründe, nach § 47 Satz 2 WEG a.F. eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, hat der Senat nicht gesehen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 III WEG a. F.

Ende der Entscheidung

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