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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.03.2005
Aktenzeichen: 16 Wx 14/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 675
BGB § 421
BGB § 427
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 14/05

In dem Wohnungseigentumsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Heidkamp am 04.03.2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners vom 17.01.2005 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 22.12.2004 - 2 T 131/04 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 4.018,00 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin war Verwalterin und Eigentümerin mehrerer Eigentumswohnungen der oben näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie macht gegen den Antragsgegner, Eigentümer mehrerer Wohnungen, rückständige Verwaltervergütung für die Monate August bis Oktober 2003 in Höhe von 4.018,35 € geltend. Der Antragsgegner hält dem Vergütungsanspruch entgegen, dass seine Inanspruchnahme aus mehreren Gründen treuwidrig sei. Die Antragstellerin habe nämlich selbst nicht in voller Höhe die monatlichen Wohngelder für die von ihr innegehaltenen Wohnungen gezahlt, während er, der Antragsgegner, im wesentlichen Umfang die Wohngeldzahlungen für seine Wohnungen erbracht habe. Auch habe die Antragstellerin es pflichtwidrig unterlassen, für eine ausreichende Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft zu sorgen. Schließlich sei der Anspruch nicht fällig, da die Jahresabrechnung für das Jahr 2003 noch nicht erstellt worden sei.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.04.2004 den Antragsgegner zur Zahlung verpflichtet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat nur dazu geführt, dass das Landgericht am 22.12.2004 den Antragsgegner zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe restlicher Verwaltungsunterlagen verpflichtet hat. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren weiter.

II.

Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Nach dem von dem Landgericht fehlerfrei festgestellten Sachverhalt ist die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§§ 27 FGG, 546 ZPO), nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf die geltend gemachte, der Höhe nach unstreitige Verwaltervergütung aus §§ 675; 421; 427 BGB. Der einzelne Wohnungseigentümer haftet grundsätzlich für die Erfüllung des Verwalterhonorars als Gesamtschuldner neben den übrigen Wohnungseigentümern (Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Auflage 2005, § 26 Rdnr. 11; BGH NJW 1980, 2466; BayObLG NJW-RR 2000, 156; KG NJW-RR 1990, 61). Die gesamtschuldnerische Haftung hat zur Folge, dass die Antragstellerin die ihr zustehende Vergütung nach ihrer Wahl ganz oder teilweise von jedem Wohnungseigentümer verlangen kann und der in Anspruch genommene Eigentümer sodann gemäß § 426 BGB gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern Ausgleichung verlangen kann. Der zugrunde liegende Verwaltervertrag sah zwar in § 6 eine Berechtigung der Antragstellerin vor, ihre Vergütung in monatlichen Teilbeträgen dem laufenden Konto der Eigentümergemeinschaft zu entnehmen. Diese Berechtigung konnte jedoch nur dann eingreifen, wenn das Gemeinschaftskonto überhaupt über entsprechende Deckung verfügte. Dies war hingegen im hier interessierenden Abrechnungszeitraum nicht der Fall.

Die Inanspruchnahme des Antragsgegners verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar kann einem Gläubiger die Geltendmachung einer Forderung dann verwehrt sein, wenn er sich selbst treuwidrig verhält. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Umstand, dass die Antragstellerin selbst in dem Zeitraum, für den sie nunmehr ihre Vergütung verlangt, die laufenden Wohngeldzahlungen für ihre damaligen Eigentumswohnungen nicht vollständig erbracht hat, auf die Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners keinen Einfluss. Denn die Antragstellerin hat denjenigen Anteil der Verwaltervergütung, der auf ihre damaligen Eigentumswohnungen entfiel, bereits aus der geltend gemachten Forderung herausgerechnet. Im übrigen hat die Antragstellerin Wohngeldzahlungen in Höhe von 7.000,- € für ihre Wohneinheiten in dem hier interessierenden Abrechnungszeitraum nachgewiesen. Der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin werde ungerechtfertigt bereichert, wenn sie einerseits laufenden Wohngeldzahlungen unterlasse, andererseits aber ihr volles Verwalterhonorar beanspruche, wird zudem dadurch entkräftet, dass der Antragsgegner übersieht, dass es sich hierbei um unabhängig voneinander bestehende Rechtsverhältnisse handelt. Der Anspruch auf Zahlung der Verwaltervergütung folgt im Außenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft aus dem gemäß § 675 BGB abgeschlossenen Verwaltervertrag. Der Anspruch der Eigentümergemeinschaft auf Zahlung des laufenden Wohngeldes folgt im Innenverhältnis der Gemeinschaft aus § 16 II WEG in Verbindung mit den Vereinbarungen der Teilungserklärung.

Dahinstehen kann, ob der Antragstellerin eine Verletzung ihrer Verwalterpflichten deshalb vorzuwerfen ist, weil sie nicht rechtzeitig durch geeignete Maßnahmen für eine ausreichende Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft gesorgt hatte. Denn eine Schlechterfüllung der Pflichten des Verwalters hat nicht den Wegfall des Vergütungsanspruchs zur Folge, sondern kann allenfalls Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer begründen, mit denen sie gegebenenfalls gegenüber dem Vergütungsanspruch des Verwalters aufrechnen können (Bärmann/Pick/Merle, § 26 Rdnr. 116; BayObLG WE 1997, 391). Weder hat der Antragsgegner im einzelnen dargelegt, welche konkreten Verwaltungsmaßnahmen der Antragstellerin zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Gemeinschaft geführt hätten, noch hat er einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch der Höhe nach auch nur annähernd beziffert. Dass die Antragstellerin überhaupt keine Leistungen gemäß den Verpflichtungen im Verwaltervertrag erbracht hätte, hat der Antragsgegner nicht behauptet. Im übrigen kann der einzelne Wohnungseigentümer dem Verwalter einen der Gemeinschaft zustehenden Anspruch nur entgegenhalten, wenn die Gemeinschaft die Inanspruchnahme des Verwalters beschließt und den Wohnungseigentümer ausdrücklich mit der Geltendmachung des Anspruchs ermächtigt (BGH NJW 1989, 1091; Schuschke, Geltendmachung von Ansprüchen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer durch Dritte im Wege gewillkürter Prozessstandschaft, NZM 2005, 81 ff.). Ein derartiger Beschluss ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gefasst worden.

Die Forderung der Antragstellerin für die Monate August bis Oktober 2003 ist auch fällig, weil sie insbesondere nicht vor der Erstellung der Jahresabrechnung für das Jahr 2003 abhängig war. Die Fälligkeit der Verwaltervergütung richtet sich primär nach den Vereinbarungen im Verwaltervertrag (Bärmann/Pick/Merle, § 26 Rdnr. 121; KG NJW-RR 1990, 153). Hier war in § 6 des Vertrags vereinbart, dass die Verwaltergebühr mit dem Hausgeld erhoben werden und der Verwalter berechtigt sein sollte, seine Vergütung in monatlichen Teilbeträgen dem laufenden Konto der Eigentümergemeinschaft zu entnehmen. Mit der Koppelung an die monatlichen Hausgeldzahlungen haben die Vertragsparteien damit eine monatliche Fälligkeit der Verwaltervergütung gewollt und vereinbart. Unerheblich ist daher, dass die Antragstellerin die Jahresabrechnung für das Jahr 2003 nicht mehr veranlasst hatte, wozu sie nach ihrer Abberufung im Oktober 2003 im übrigen überhaupt nicht mehr legitimiert war.

Dem Antragsgegner steht wegen des Umstandes, dass die Jahresabrechnung für das Jahr 2003 noch nicht erstellt ist, auch keine Zurückbehaltungsrecht gegenüber den Vergütungsansprüchen der Antragstellerin zu. Selbst wenn man den diesbezüglichen Vortrag des Antragsgegners dahin auslegte, er habe einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung für das Jahr 2003, so kann er einen derartigen Anspruch nicht im vorliegenden Verfahren geltend machen. Denn gemäß § 28 IV WEG ist für den Anspruch auf Rechnungslegung grundsätzlich ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer erforderlich, der hier jedoch nicht vorliegt. Ausnahmsweise ist der Mehrheitsbeschluss entbehrlich, wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer diesen Anspruch unter Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung nicht geltend macht (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Auflage 2003, § 28 Rdnr. 127; BayObLG NJW-RR 1988, 1166; OLG Hamm NJW-RR 1988, 597). Hierzu fehlt indessen jeglicher Sachvortrag.

Der Senat sieht zu einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 WEG keine Veranlassung, weil die hier streitige Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme eines Wohnungseigentümers für Verwaltergebühren bereits vom Bundesgerichtshof entschieden worden ist (BGHZ 78, 57 = NJW 1980, 2466; bestätigt von BGH NZM 2004, 831) und der Senat nicht von dieser Rechtsprechung abweichen will. Im übrigen weicht die vorliegende Entscheidung auch nicht von der Entscheidung des KG Berlin vom 25.06.2004 - 24 W 256/02 - NZM 2004, 585 ab. Das Kammergericht hat die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme des einzelnen Wohnungseigentümers für die Verwaltervergütung davon abhängig gemacht, dass zum einen der betreffende Wohnungseigentümer die monatlichen Beitragsvorschüsse nicht freiwillig zahlt und dass zum anderen sichergestellt sein müsse, dass das beigetriebene Verwalterhonorar über die Gemeinschaftskasse gebucht und in die folgende Jahresabrechnung eingesetzt werde.

Die Voraussetzung eines Verzugs des Antragsgegners mit laufenden Wohngeldzahlungen ist für den Zeitraum, für den die Antragstellerin ihre Vergütung verlangt, erfüllt. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, hatte der Antragsgegner im Zeitraum August bis Oktober 2003 - wie auch viele der übrigen Wohnungseigentümer - keine regelmäßigen Wohngeldzahlungen erbracht. Er hat vielmehr in dem Verfahren 1 UR II 21/03 WEG vor dem Amtsgericht Heinsberg zur Zahlung rückständigen Wohngeldes in Höhe von über 34.000,00 € verurteilt werden müssen. Im Hinblick auf diese Zahlungsverpflichtung erklärt sich auch die Zahlung des Antragsgegners vom 09.05.2003 in Höhe von 20.000,00 €.

Die weitere Voraussetzung, die das Kammergericht für die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme eines Wohnungseigentümers hinsichtlich der Verwaltervergütung aufgestellt hat, nämlich dass sichergestellt sein müsse, dass das beigetriebene Verwalterhonorar über die Gemeinschaftskasse gebucht und in die folgende Jahresabrechnung eingesetzt werde, kann im vorliegenden Fall nicht gelten, weil es sich hier um einen anders gelagerten Sachverhalt handelt. Eine dem Wohnungseigentumsverwalter obliegende Verpflichtung zur Buchung des beigetriebenen Verwalterhonorars über die Gemeinschaftskasse und zur Einstellung in die folgende Jahresabrechnung kann ersichtlich nur dann bestehen, wenn der Verwalter noch für die ordnungsgemäße Führung der Gemeinschaftskasse und die Erstellung der folgenden Jahresabrechnung verantwortlich ist. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn der sein Honorar geltend machende Verwalter weiterhin sein Amt inne hat. Im vorliegenden Fall ist die Antragstellerin jedoch bereits seit Mitte Oktober 2003 nicht mehr Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage, hat infolgedessen auf die Erstellung der nachfolgenden Jahresabrechnungen keinen Einfluss mehr. Im übrigen hat der Antragsgegner keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, warum eine Buchung der von ihm gezahlten Verwaltergebühren über die Gemeinschaftskasse und eine Einstellung in die folgende Jahresabrechnung nicht erfolgen werde.

Der Höhe nach kann die Antragstellerin die vertraglich vorgesehene Verwaltervergütung auch für den gesamten Monat Oktober 2003 beanspruchen, obwohl die Antragsstellerin bereits mit Wirkung zum 15.10.2003 als Verwalterin abberufen worden war. Denn dem Verwalter steht regelmäßig die volle monatliche Vergütung zu, auch wenn seine Tätigkeit im laufenden Monat endet (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9 Auflage 2003, § 26 Rdnr. 112; KG NJW 1994, 138).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Im übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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