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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.07.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 143/03
Rechtsgebiete: WEG, FGG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 45 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1 S. 2
FGG § 29
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 143/03

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Sturhahn

am 28.7.2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Aachen vom 8.5.2003 - 2 T 12/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.2.2002 zu Tagesordnungspunkt 7 wird für ungültig erklärt. Der weitergehende Anfechtungsantrag ( betreffend TOP 4 ) wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen . Die Gerichtskosten der übrigen Instanzen werden zwischen der Antragsstellerin und den Antragsgegnern hälftig geteilt. Die durch das Amtsgericht Eschweiler angeordnete Kostenerstattung entfällt ; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet auch im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht statt.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2500 ( festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 43 Abs.1 Nr.4, 45 Abs.1 WEG, 27 Abs.1, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Aachen beruht auf einer Verletzung des Rechts im Sinne von §§ 27 Abs.1 S.2 FGG, 546 ZPO.

Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdegerichts ist der - im Rahmen des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde allein noch in Streit stehende - Anfechtungsantrag zu TOP 7 der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.2.2002 nicht gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG verfristet. Denn das Amtsgericht durfte die Zustellung der Anträge vom 24.3.2003, die am 26.3.2003 bei Gericht eingegangen waren, nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 8 Abs. 2 KostO abhängig machen, so dass die Ursache für die nicht alsbaldige Zustellung dieser Anträge im Geschäftsgang des Gerichts lag. Solches hat der Senat bereits im Beschluss vom 2.2.2001 ( 16 Wx 183/00 ; ZMR 2001, 661-663 = NZM 2002, 299 ) entschieden und zur Begründung ausgeführt, im Beschlussanfechtungsverfahren überwiege das Interesse der Beteiligten an der raschen Klärung der Bestandskraft gefasster Eigentümerbeschlüsse gegenüber dem durch § 8 Abs.2 Satz 1 KostO postulierten Sicherungsinteresse der Staatskasse, so dass es als ermessensfehlerhaft zu werten ist, wenn das Gericht die Zustellung des Antrags und mithin die Durchführung des Verfahrens von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig macht.

An dieser Rechtsprechung, auf die zur weiteren Begründung Bezug genommen wird, hält der Senat fest. Sie entspricht im übrigen der heute einhelligen Auffassung in der Rechtssprechung (vgl. OLG Zweibrücken, NZM 2002, 960 und die Nachweise in der Anmerkung der Schriftleitung zu dieser Entscheidung ). Auch in der neueren Literatur wird diese Auffassung ganz überwiegend vertreten ( siehe insoweit die Nachweise in der Anmerkung in Schriftleitung in NZM 2002, 299 ) . Lediglich Bärmann/ Pick/ Merle, WEG, 9.Aufl. 2003, § 23 Rz. 194 vertritt eine abweichende Ansicht. Die h. M. steht nicht im Gegensatz zu der von den Antragsgegnern zitierten Entscheidungen des BGH vom 17.9.1998 ( V ZB 14/98, BGHZ 139, 305-308 = NJW 1998, 3648 - 3649 ) sowie des OLG Schleswig vom 10.10. 2001, NZM 2002, 960 und des OLG Saarbrücken, ZWE 2002, 541. Der BGH hat in der genannten Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handele, die mit der Einreichung des Antrags gewahrt werde, sofern dieser bestimmt sei und die Zustellung [ im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. = § 167 ZPO n.F ] demnächst erfolge. Gleiches sagt die Entscheidung des OLG Schleswig. Dies ist auch zweifelsohne richtig, besagt aber nichts darüber, ob die Beurteilung der Zustellung als "demnächst" von der Anforderung und rechtzeitigen Einzahlung des Kostenvorschusses abhängig gemacht werden darf. Die zuletzt gestellte Frage verneint der Senat aus den oben genannten Gründen.

Der das Verfahren einleitende Antrag vom 24.3.2002 entsprach auch ansonsten noch den Anforderungen, die gemäß der auch im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Bestimmung des § 253 Abs. 2 Nr.1 ZPO an die Antragsschrift zu stellen sind. Der Antragsschrift war hinreichend zu entnehmen, gegen welche Eigentümergemeinschaft sich die Anfechtungsanträge richteten. Weiter gehende Erfordernisse waren auf der Passivseite des Rubrums nicht zu erfüllen. Insbesondere bedurfte es nicht der namentlichen Auflistung der einzelnen Wohnungseigentümer und auch nicht der Vorlage einer Eigentümerliste, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Beschluss vom 18.1.2002, 16 Wx 249/01 = OLGR 2002, 215 und Beschluss vom 20.9.2002, 16 Wx 34/02). Denn durch die Kurzfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft wird die Partei so klar bezeichnet, dass keine Zweifel an ihrer Identität und Stellung im Verfahren aufkommen können und sich für jeden Dritten die betreffende Partei ermitteln lässt.

Steht damit fest, dass der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein noch anhängige Anfechtungsantrag zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 28.2.2002 nicht gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG verfristet ist, so ist er auch in der Sache begründet. Denn bei der Anbringung von Markisen handelt es sich regelmäßig um bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, die einstimmig beschlossen werden müssen, woran es hier fehlt (vgl. auch Beschluss vom 7.4.2000, 16 Wx 35/00 und vom 5.12.2000, 16 Wx 170/00 ). Dies gilt vorliegend um so mehr, als nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragstellerin der auch in der Beschlussfassung selbst genannte Wohnungseigentümer B. bereits zur Entfernung der von ihm angebrachten Markise verpflichtet worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, den im Rechtsbeschwerdeverfahren unterlegenen Antragsgegnern die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Hinsichtlich des übrigen Verfahrens sind die Gerichtskosten in Anbetracht des in etwa gleichwertigen Unterliegens der Parteien zu teilen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten bestand keine Veranlassung, von dem Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten im WEG- Verfahren nicht erstattet werden, abzurücken.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für die Rechtsbeschwerde beruht auf § 48 Abs.3 WEG.

Ende der Entscheidung

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