Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.09.2008
Aktenzeichen: 16 Wx 148/08
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1666 Abs. 1
BGB § 1837 Abs. 4
FGG § 50
FGG § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der Beteiligten zu 2) wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihr wird zur unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte Rechtsanwalt S. in L. beigeordnet.

2. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.06.2008 - 1 T 129/08 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 63, 60 Abs. 1 Nr. 3, 29 FGG) und führt in der Sache zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Es hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Beteiligte zu 2), um deren Entlassung als Vormünderin es geht, zwecks Aufklärung des Sachverhalts mündlich anzuhören (§ 12 FGG).

Die Entlassung des Vormunds stellte eine die Personensorge berührende Angelegenheit dar. Da hierdurch in besonderem Maße in persönliche Verhältnisse und Beziehungen eingegriffen wird, ist es für die Entscheidungsfindung von besonderer Bedeutung, dass sich das Gericht selbst einen Eindruck von den Betroffenen verschafft, der wesentliche Grundlage für die zu treffenden Maßnahmen ist und ggf. die Korrektur vorliegender Jugendamtsberichte ermöglicht.

Vorliegend ist die Entlassung der Beteiligten zu 2) als Vormünderin wegen Gefährdung des Wohls der bei ihr lebenden Enkelkinder D. (6 Jahre alt) und E. (4 Jahre alt) erfolgt. Die Entlassung der Vormünderin stellt sich mithin als äußerste Maßnahme im Sinne des § 1666 Abs.1 BGB dar, der über § 1837 Abs. 4 BGB zur Anwendung kommt. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung seitens des Jugendamtes ein Wechsel der Kinder in eine andere Familie als notwendig erachtet worden. Dieser Auffassung haben sich beide Vorinstanzen angeschlossen. Angesichts der schwerwiegenden Folgen, die mit einer solchen Maßnahme verbunden sein können, war die persönliche Anhörung der Beteiligten zu 2) auch deshalb zwingend erforderlich, um mit ihr zu klären, ob und wenn ja, wie die Gefahr für die Kinder auf andere Art und Weise abgewendet werden kann. Es hätte gemeinsam mit der Beteiligten zu 2) nach Lösungen gesucht werden müssen. Dies gilt für das Landgericht um so mehr im Hinblick darauf, dass - worauf in der sofortigen Beschwerde ausdrücklich hingewiesen worden ist - die Beteiligte zu 2) nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung offensichtlich darum bemüht war, die Situation der Kinder zu verbessern, indem sie Veränderungen im häuslichen Umfeld vorgenommen, sich von ihrem Ehemann getrennt und ihn zum Auszug aus der ehelichen Wohnung veranlasst hat.

Da nicht auszuschließen ist, dass die Verletzung der Anhörungspflicht die angefochtene Beschwerdeentscheidung beeinflusst hat, war die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück zu verweisen.

Für das weitere Verfahren wird das Landgericht zu erwägen haben, ob zur Wahrnehmung der Interessen der minderjährigen Kinder die Bestellung eines Verfahrenspflegers geboten ist. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers hat im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 50 FGG vorliegen. Dabei ist für die Verfahrenspflegerbestellung nach § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FGG ausreichend, dass das eingeleitete Verfahren die genannten schwerwiegenden Folgen haben kann, ohne dass deren Eintritt feststehen muss (Jansen-Zorn, FGG, 3. Aufl., § 50 Rz. 25 m. w. N.).

Da das von der Beteiligten zu 2) eingelegte Rechtsmittel hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, war ihr die begehrte Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§§ 14 FGG, 114 ff. ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück