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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.09.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 156/03
Rechtsgebiete: WEG, FGG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
WEG § 21 Abs. 3
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 4 Satz 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 45 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1 S. 2
FGG § 29
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 156/03

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Appel-Hamm und Sturhahn

am 12.9.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts Bonn vom 23.4.2003 - 8 T 233/02 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die gerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde zu tragen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1818,53 € festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 43 Abs.1 Nr.1, 45 Abs.1 WEG, 27 Abs.1, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Köln läßt keinen Rechtsfehler erkennen und hält der Kontrolle im Rechtsbeschwerdeverfahren im vollen Umfang statt, §§ 27 Abs.1 S.2 FGG, 546 ZPO.

Mit Recht haben die Ausgangsgerichte den Antragstellern die begehrte Forderung zugesprochen, da der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.10.2001 zu TOP 3, mit dem die zuerkannte Forderung im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander festgestellt worden ist, bestandskräftig geworden ist und Gründe für die Nichtigkeit dieses Beschlusses nicht vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung sind Beschlüsse der Wohnungseigentümer dann nichtig, wenn sie sich mit einer Materie befassen, die durch Beschluß nicht geregelt werden kann, weil das Gesetz, die Teilungserklärung oder sonstige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer insoweit keine Beschlußkompetenz begründen (so genannte vereinbarungs- oder gesetzesändernde Beschlüsse sowie Eingriffe in den Kernbereich eines insoweit nicht zustimmenden Eigentümers, vgl. Schuschke, NZM 2001, 497, 500 und namentlich BGH vom 20.9.2000, BGHZ 145, 158 - 170, jeweils mit weit. Nachw.) oder wenn sie gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 23 Rz. 124, 129). Derartige Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere gehört die Feststellung (und nachfolgend Einziehung) von Forderungen, die der Gemeinschaft gemäß § 16 Abs. 2 WEG gegen einzelne Wohnungseigentümer zustehen, zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, für die der Gemeinschaft aus dem Gesetz, nämlich aus § 21 Abs. 3 WEG, die Beschlußkompetenz zusteht (vgl. auch die vom Antragsgegner selbst zitierte Entscheidung des BGH vom 12.7.1984, NJW 1985, 912 unter II. : Abrechnungsgrundlagen müssen für alle Wohnungseigentümer verbindlich festgestellt werden). Lediglich für offene Altschulden eines Wohnungseigentümers aus der Zeit vor der Entstehung der Gemeinschaft, also in der Gründungsphase, wird eine solche Beschlußkompetenz - mit der Folge der Nichtigkeit etwaiger Beschlüsse - verneint (vgl. BayObLG vom 24.6.1993, WuM 1993, 701 obiter). Darum geht es aber ausweislich der mit Schriftsatz der Antragsteller vom 12.8.2002 vorgelegten und im einzelnen nicht angegriffenen Forderungsaufstellung (GA 49) vorliegend nicht.

Damit kann sich aus nicht angefochtenen und folglich bestandskräftig gewordenen Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche der Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer ergeben, wie es der gefestigten Rechtsprechung des Senats im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 WEG, also für Beseitigungsansprüche betreffend bauliche Veränderungen, entspricht (vgl. zuletzt Beschluß vom 23.6.2003, 16 Wx 121/03 mit weit. Nachw.) und wie das Bayerische Oberlandesgericht jüngst auch für eine Geldforderung in Form einer Schadensersatzforderung anerkannt hat (vgl. Beschl. vom 15.1.2003, NZM 2003, 239 f.). Dies muß nach Ansicht des Senats auch für (Geld-) Forderungen der Gemeinschaft gelten, die nach materiellem Recht möglicherweise gar nicht entstanden, im nachhinein untergegangen oder etwa verjährt sind. Auch insoweit kommt einem entsprechenden Beschluß der Wohnungseigentümer auf Feststellung einer solchen Forderung eine konstitutive Bedeutung zu, die der betroffene Wohnungseigentümer nur durch rechtzeitige Anfechtung des Beschlusses gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG beseitigen kann. Die Rechte des betroffenen Wohnungseigentümers sind hinreichend gewahrt, da er solche Beschlüsse, wenn sie nicht der materiellen Rechtslage entsprechen, auch mit Erfolg anfechten kann (vgl. für den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 WEG Schuschke, ZWE 2000, 146, 153 mit Darstellung des Meinungsstandes und für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung aufgrund Sondernutzung des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen Miteigentümer bereits Senat vom 21.10.1997 -16 Wx 255/97 -, ZMR 1998, 248 f.).

Vor diesem Hintergrund sind die Einwendungen des Antragsgegners, der der geltend gemachten Forderung zugrunde liegende Beschluß vom 26.10.2001 verstoße gegen Art. 28 Abs. 3 WEG, respektive die der Beschlussfassung zu Grunde liegende Forderungen seien verjährt und/oder verwirkt, unbeachtlich, da diese Einwendungen die Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht berühren und der Antragsgegner sie demnach im Beschlußanfechtungsverfahren hätte vorbringen müssen, was indes nicht geschehen ist.

Schließlich sind dem Landgericht auch keine Verfahrensfehler unterlaufen. Soweit der Antragsgegner einen Verstoß gegen § 138 Abs. 3 ZPO rügt ( was aufgrund der Geltung des § 12 FGG im WEG-Verfahren ohnehin unbeachtlich wäre), handelt es sich in Wirklichkeit um eine Frage der Anwendung des materiellen Rechts, nämlich um die Frage der zu ziehenden Schlußfolgerungen aus der Nichterstellung von Einzelabrechnungen, die aber wegen der konstitutiven Wirkung des Beschlusses vom 26.10.2001 - wie oben dargelegt - nicht mehr beantwortet werden muß. Gleiches gilt im Hinblick auf die vom Antragsgegner im vorliegenden Zusammenhang erneut in den Raum gestellte Einwendung der Verwirkung der Forderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, dem auch im Rechtsbeschwerdeverfahren unterlegenen Antragsgegner die gerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Gleiches gilt für die den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten, da bei der Geltendmachung von Forderungen der Gemeinschaft gemäß § 16 Abs. 2 WEG nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Grundgedanke des § 91 ZPO die im allgemeinen im WEG-Verfahren geltende Regel der Nichterstattung außergerichtlicher Kosten überlagert.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für die Rechtsbeschwerde beruht auf § 48 Abs.3 WEG.

Ende der Entscheidung

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