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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.09.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 165/03
Rechtsgebiete: BRAGO, BGB, FGG, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 1 Abs. 2
BRAGO § 26
BRAGO § 118 Abs. 1
BRAGO § 118 Abs. 2
BRAGO § 123
BRAGO §§ 131 ff
BGB § 1835 Abs. 3
FGG § 14
FGG § 56 Abs. 5 S. 2
FGG § 67 Abs. 1
FGG § 67 Abs. 3 S. 1
ZPO §§ 114 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
16 Wx 165/03

OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In dem Betreuungsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 29.09.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25.06.2003 - 1 T 212/03 - wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 71,34 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 3. wurde im Rahmen der von dem Vormundschaftsgericht zu treffenden Entscheidung über eine Verlängerung der Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit zum Verfahrenspfleger bestellt Er hat an einem Anhörungstermin vom 28.02.2002 teilgenommen, der Verlängerung zugestimmt und unter dem 29.08.2002 seine Kostenrechnung eingereicht, mit der er nach einem Gegenstandswert von 4.000,0 € jeweils eine 7,5/10 Geschäfts- und Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 und Abs. 2 BRAGO zuzüglich Pauschale nach § 26 BRAGO und Mehrwertsteuer, insgesamt 449,50 € geltend machte.

Mit Beschluss vom 22.05.2003 setzte die Rechtspflegerin des Vormundschaftsgerichts lediglich 378,16 € fest. Sie brachte zwar ebenfalls Mittelgebühren von 7,5/10 in Ansatz, hielt aber nur die Gebührenhöhe des § 123 BRAGO für gerechtfertigt, da der Betroffene mittellos sei. Die zugelassene sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. blieb ohne Erfolg. Mit der ebenfalls zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 3. sein Begehren auf antragsgemäße Festsetzung weiter und stützt dieses hilfsweise darauf, dass im Rahmen des § 123 BRAGO eine Reduzierung der dort vorgesehenen Gebühren nicht möglich sei.

II.

Die gem. § 56 Abs. 5 S. 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Dem Beteiligten zu 3. stehen nur die vom Vormundschaftsgericht festgesetzten 378,16 € zu.

1.

Der Beteiligte zu 3. hat ein Wahlrecht, ob er für die Tätigkeit als Verfahrenspfleger der Höhe nach auf 30,00 € pro Stunde begrenzte Vergütungsansprüche gem. §§ 67 Abs. 3 FGG 1908i, 1836 BGB i. V. m. § 1BVormVG oder im Rahmen eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 1 Abs. 2 BRAGO i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB Gebühren und Auslagen nach dem Vergütungssystem der BRAGO liquidiert. Die Anwendung des § 1835 Abs. 3 BGB und damit auch der BRAGO ist zwar in § 67 Abs. 3 S. 1 FGG - anders als beim Betreuer - ausgeschlossen. Jedoch ist diese Norm verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Ausschluss dann nicht gilt, wenn typisch anwaltliche Dienste zu leisten sind und daher auch ein nicht anwaltlicher Verfahrenspfleger anwaltlichen Beistand in Anspruch genommen hätte (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280). Eine derartige Situation liegt hier vor, nachdem das Vormundschaftsgericht bei der Bestellung des Antragstellers festgestellt hat, dass die Bestellung zum Verfahrenspfleger in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Beteiligten zu 3. als Rechtsanwalt erfolgte (vgl. hierzu Senat FamRZ 2001, 1643 = OLGReport Köln 2001, 391).

2.

Rechtlich zutreffend haben das Vormundschaftsgericht und ihm folgend das Landgericht unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Senats zur Vergütung anwaltlicher Tätigkeit eines zum Betreuer bestellten Rechtsanwalts wegen des Umfangs der dem Beteiligten zu 3. nach der BRAGO gegenüber der Staatskasse zustehenden Vergütungsansprüche die Vorschriften für einen im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten Rechtsanwalt angewandt, also die §§ 121 ff. BRAGO.

Für einen Betreuer, der anwaltspezifische Tätigkeiten entfaltet, gilt der Grundsatz, dass er die gleiche Vergütung erhalten soll, die ein herangezogener Dritter als Rechtsanwalt für seine Dienste bekommen würde. Der Betreute bzw. im Falle seiner Mittellosigkeit die Staatskasse soll weder einen Vorteil noch einen Nachteil daraus ziehen, dass die kostenrelevante Heranziehung eines Rechtsanwalts wegen der besonderen Qualifikation des Betreuers unterbleiben konnte. Das Betreuungsverhältnis rechtfertigt es nicht, dem Rechtsanwalt in Sachen des mittellosen Betreuten eine höhere Entschädigung aus der Staatskasse zu zahlen als gegenüber jedem anderen mittellosen Mandanten. Für eine außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit kann ein Betreuer deshalb nicht die Regelgebührensätze beanspruchen, sondern lediglich die Gebühren für die Beratungshilfe gem. den §§ 131 ff BRAGO abrechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 26.06.2002 - 16 Wx 109/02 - NJW-RR 2003, 713 = OLGR 2003, 160 mit Nachweisen).

Vorliegend stellt sich die Situation nicht anders dar. Voraussetzung dafür, dass ein Verfahrenspfleger ausnahmsweise für seine Tätigkeit nach der BRAGO abrechnen kann, ist die Feststellung, dass auch ein nicht anwaltlicher Verfahrenspfleger die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen hätte. Dieser hätte aber, da eine Honorarforderung gegen den Mandanten bei einem mittellosen Betreuten keinen wirtschaftlichen Wert gehabt hätte, nur die Prozesskostenhilfegebühren nach den §§ 121 BRAGO gegenüber der Staatskasse liquidieren können. Wenn nunmehr der Verfahrenspfleger selbst die anwaltlichen Dienste leistet, kann und darf er nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als ein Rechtsanwalt, der unmittelbar durch den Betroffenen, in dessen Namen durch den Betreuer oder durch einen nicht anwaltlichen Verfahrenspfleger mandatiert worden ist.

Bei diesem Ergebnis handelt es sich um eine Konsequenz, die sich aus dem Ansatz des BVerfG mit der hierin enthaltenen vergleichenden Betrachtungsweise ergibt, so dass es - was der Senat in der o. a. angeführten Entscheidung und in der Parallelsache offen gelassen hat - einer Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 14 FGG i. V. m. §§ 114 ff. ZPO nicht bedarf. Entscheidend ist nur die Frage, welche Vergütungsansprüche einem beauftragten Anwalt gegenüber der Staatskasse zugestanden hätte. Dies sind aber in dem hier gegebenen Fall der Mittellosigkeit eines Betroffenen nur diejenigen nach den §§ 121 BRAGO. Im Übrigen handelt es sich bei den Fällen, in denen einem mittellosen Betroffenen ein anwaltlicher Verfahrenspfleger als Rechtsanwalt beigeordnet wird, regelmäßig um solche, in denen bei einem entsprechenden Antrag auch eine Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren zu erfolgen hätte. Beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 FGG für die Bestellung eines Verfahrenspflegers kann eine Erfolgsaussicht i. S. d. §§ 14 FGG, 114 ZPO nicht verneint werden. Die Statusentscheidung, dass die Bestellung im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit erfolgt, kann ebenfalls nur in Fällen erfolgen, in denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts notwendig i. S. d. § 121 Abs. 2 ZPO wäre.

Deutlich wird das Ergebnis, dass der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt bestellte Verfahrenspfleger eines mittellosen Betroffenen nur die gleiche Vergütung beanspruchen kann wie ein im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneter Rechtsanwalt, auch durch folgende Überlegung: Gem. § 67 Abs. 1 S. 6 FGG soll im Regelfall kein Verfahrenspfleger bestellt bzw. eine bereits erfolgte Bestellung aufgehoben werden, wenn der Betroffene von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird, und zwar gilt dies auch dann, wenn ihm im Prozesskostenhilfeverfahren ein Rechtsanwalt beigeordnet wird (vgl. Keidel/Kaiser, FGG 15. Auflage, § 67 Rdn. 16). Eine Aufhebung hätte auch dann zu erfolgen, wenn etwa zwischen einem anwaltlichen Verfahrenspfleger und dem Betroffenen ein Vertrauensverhältnis entsteht, der Rechtsanwalt nunmehr nicht lediglich als unabhängiger Pfleger, sondern als anwaltlicher Interessenvertreter tätig werden will und sich deshalb im Prozesskostenhilfeverfahren beiordnen lässt (vgl. hierzu Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Auflage, § 67 Rdn. 8; Jürgens, Betreuungsrecht, Auflage, § 67 Rdn. 8). Jedenfalls für die Zeit nach Beiordnung könnten ihm gegenüber der Staatskasse dann nur Ansprüche gem. §§ 121 ff. BRAGO erwachsen. Eine weitere Differenzierung ergäbe aber zum einen keinen Sinn und würde zum anderen zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, die wegen in der Regel nur geringer Differenzen zu einem unvertretbaren Aufwand führen würden, etwa dazu, wie innerhalb der wegen § 13 Abs. 2 BRAGO nur einmal liquidierbaren Rahmengebühr des § 118 Abs. 1 BRAGO, die - siehe unten - auch bei den §§ 121 ff. BRAGO gilt, die anwaltliche Tätigkeit vor und nach Beiordnung zu bemessen ist.

Dem kann der Beteiligte zu 3. nicht entgegenhalten, bei Übernahme einer Pflegschaft wisse er nicht, ob der Betroffene mittellos ist. Abgesehen davon, das er wegen einer früheren Verfahrenspflegschaft vorliegend die Mittellosigkeit des Betroffenen kannte, hat hierzu bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass einem Verfahrenspfleger jedenfalls bewusst ist, dass ihm Ansprüche nur gegen die Staatskasse erwachsen und er damit rechnen muss, dass der Betroffene mittellos ist. Wenn er sich dazu entschließt, neben seiner eigentlichen anwaltlichen Tätigkeit in einer Art Zweitberuf Verfahrenspflegschaften zu übernehmen, was ihm freigestellt ist (vgl. hierzu BVerfG a. a. O.), kann er wegen §§ 67 Abs. 3 S. 1 FGG, 1 Abs. 2 BRAGO ohnehin im Normalfall nicht damit rechnen, überhaupt nach der BRAGO abrechnen zu können, sondern muss sich darauf einstellen, ggfls. nur die Stundensätze des § 1 BVormVG liquidieren zu können, zumal die Statusentscheidung, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche ist, bei einer Beschwer der Staatskasse von mehr als 150,00 € von dem Bezirksrevisor innerhalb der entsprechend anwendbaren 3-Monatsfrist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 02.04.2003 - 16 Wx 31/03 -). Ein Vertrauenstatbestand konnte daher - wie ebenfalls das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht eingreifen. Alleine aus der Feststellung des Vormundschaftsgerichts, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche ist, folgt zur Höhe der nach der BRAGO liquidierbaren Vergütung nichts.

3.

Da es für die Tätigkeit des Antragstellers als ausnahmsweise nach der BRAGO zu honorierendem anwaltlichen Verfahrenpfleger ansonsten keinen Gebührentatbestand gibt, sind die Rahmengebühren des § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO maßgeblich, und zwar - wie bereits das Vormundschaftsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch im Rahmen des § 123 BRAGO, durch den sich bei einem Gegenstandswert über 3.000,00 € lediglich die Gebührenhöhe ändert. Dagegen bleibt ein Gebührensatzrahmen als solcher - etwa derjenige des § 118 BRAGO - unverändert (vgl. (Gerold/Schmidt/Madert/Eicken, BRAGO, 15. Auflage § 123 Rdn. 1; Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage, § 123 BRAGO Rdn. 3).

Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Vormundschaftsgerichts lag die Tätigkeit des Antragstellers in Umfang und Schwierigkeit im durchschnittlichen Bereich. Es sind daher zwei 7,5/10 Mittelgebühren in Ansatz zu bringen, die der Beteiligte zu 3. im Übrigen selbst seiner Kostenrechnung zugrunde gelegt hat. Ausgehend von dem Regelwert von 4.000,00 € des § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO stehen dem Antragsteller nach der Tabelle zu § 123 BRAGO zwei Gebühren zu 153,00 € zu. Zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergeben sich die zuerkannten 378,16 €.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da der Senat wegen der Unbegründetheit des Rechtsmittels davon abgesehen hat, den Bezirksrevisor am Verfahren zu beteiligen.

Ende der Entscheidung

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