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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: 16 Wx 18/05
Rechtsgebiete: AufenthG, FGG


Vorschriften:

AufenthG § 62
FGG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 18/05

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgericht durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Appel-Hamm und Heidkamp am 18.02.2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.01.2005 - 12 T 01/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß der §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Es liegen nach den eigenen Angaben des Betroffenen die Voraussetzungen des Haftgrundes nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor. Nach der genannten Vorschrift ist ein Ausländer in Sicherungshaft zu nehmen, wenn er aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist. Die Ausreisepflicht des Betroffenen, der im Jahre 2001 nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen haben, in den Kosovo zurückgekehrt und erstmals am 26.12.2004 wiedereingereist sein will, ergibt sich aus § 50 Abs.1 AufenthG, weil er nicht im Besitz einer nach altem Recht erforderlichen Aufenthaltsgenehmigung war (§ 3 Abs. 1 AuslG). Da er unerlaubt eingereist war (§ 14 Abs.1 AufenthG), ist seine Ausreisepflicht nach § 58 Abs.2 Ziff.1 AufenthG) auch vollziehbar.

Liegt der Haftgrund nach § 62 Abs.2 S.1 Nr.1 AufenthG vor, ist allerdings die Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu beachten, wonach von der Sicherungshaft ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Haft nicht entziehen will.

Zwar hat das Landgericht zu dieser auch nach seinen Ausführungen entscheidungserheblichen Frage keine ausreichenden Feststellungen getroffen und es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Betroffenen hierzu in zweiter Instanz anzuhören. Eine Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht kommt dennoch nicht in Betracht, weil der Betroffene auch in der Rechtsbeschwerde keine konkreten Umstände darlegt, die gegen die Erforderlichkeit der Sicherungshaft sprechen könnten und deshalb nicht zu erkennen ist, dass sich durch eine erneute Anhörung die Möglichkeit einer anderen, für den Betroffenen positiven Entscheidung des Landgerichts ergeben könnte.

Auch wenn der Betroffene nach § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG konkrete Umstände darzulegen hat, aus denen sich ergibt, dass er trotz unerlaubter Einreise seine Ausreisepflicht nachkommen will, entbindet dies die Tatsachengerichte nicht davon, ihre Aufklärungspflicht nach § 12 FGG nachzukommen. Dem Landgericht haben die Angaben des Betroffenen in zweiter Instanz zur Glaubhaftmachung nach § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG nicht ausgereicht. Es hat zu Recht darauf hingewiesen, dass insbesondere die Angaben des Betroffenen zu seiner Ausreise im Jahre 2001 völlig substanzlos geblieben sind, insbesondere nicht ersichtlich ist, wann er Deutschland verlassen und ob er seinerzeit die ihm gesetzte Ausreisefrist eingehalten hat. Des weiteren hat es Angaben dazu vermisst, wo er im Falle seiner Freilassung im Bundesgebiet erreichbar sein würde und wovon er seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Da die Angaben des Betroffenen dem Landgericht nicht reichten und nicht nachprüfbar waren, durfte es von einer Anhörung in zweiter Instanz nicht absehen. Im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht haben die Tatsachengerichte aufzuklären, ob die Einlassung des Betroffenen substanzlos bleibt, oder dieser in der Lage ist, seine Angaben in dem erforderlichen Maße zu konkretisieren. Ist Letzteres der Fall, so ist der Sachverhalt aufzuklären, bis die Einlassung bestätigt oder wiederlegt ist. Die mündliche Anhörung ist grundsätzlich auch in der Beschwerdeinstanz geboten (§§ 106 Abs. 2 AufenthG, 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG). Das gesetzliche Gebot der Anhörung erschöpft sich nicht in der bloßen Garantie rechtlichen Gehörs, sondern soll darüber hinaus im Sinne der Gewährleistung eines Mindeststandards der nach § 12 FGG gebotenen Sachaufklärung sicherstellen, dass über die Freiheitsentziehung nicht ohne einen persönlichen Eindruck von dem hierdurch unmittelbar Betroffenen entschieden wird.

Die Anhörung darf deshalb ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit auszuschließen ist, dass von der erneuten Anhörung keine für die Entscheidung bedeutsamen Erkenntnisse zu erwarten sind. In keinem Fall darf es zur Regel werden, einen Ausländer, den bereits das Amtsgericht angehört hat, in dem Beschwerdeverfahren nicht noch einmal anzuhören. Dies wäre ein Verstoß gegen die vom Gesetzgeber aufgeführten Voraussetzungen einer Freiheitsentziehung, und damit auch eine Verletzung der vom Grundgesetz gewährleisteten Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG).

Vorliegend durfte das Landgericht ohne weitere Anhörung des Betroffenen nicht davon ausgehen, dass dessen Angaben substanzlos bleiben würden. Das Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts erschöpft sich in einem Satz und ist völlig unzureichend. Es ist nicht ersichtlich, ob der Betroffene von der Amtsrichterin zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt befragt worden ist, ob seine Angaben hinterfragt worden sind und ob er keine weiteren Ausführungen machen konnte oder wollte.

Auch wenn die unterlassene Anhörung in erster Instanz demnach in erheblichem Maße verfahrensfehlerhaft gewesen ist, ist dennoch ausnahmsweise aufgrund des Vorbringens des Betroffenen in der Rechtsbeschwerde von einer Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht abzusehen. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen ausgeführt, welchen Vortrag des Betroffenen es für unzureichend hält und aus welchen Gründen es an einer Glaubhaftmachung nach § 57 Abs. § Satz 3 AuslG fehlt. Dennoch hat der anwaltlich vertretene Betroffene in der Rechtsbeschwerde zu den offenen Fragen auch annähernd nicht ausreichend vorgetragen. Es ist nach wie vor nicht ersichtlich, wann der Betroffene seinerzeit im Jahre 2001 die Bundesrepublik verlassen hat, so dass offen bleibt, ob er vor seiner Ausreise nicht doch im Bundesgebiet untergetaucht und infolgedessen für die Ausländerbehörde nicht erreichbar war. Es kann deshalb auch nach seinem Vorbringen in dritter Instanz nicht davon ausgegangen werden, dass er im Jahre 2001 seiner Ausreisepflicht unverzüglich oder bis zum Ablauf der Ausreisefrist nachgekommen ist. Hinzu kommt, dass der Betroffene nach eigenen Angaben Kontakte zum kriminellen Milieu hat. Er ist mit Hilfe von Schleusern in die Bundesrepublik eingereist und hat hierfür einen nicht unerheblichen Geldbetrag gezahlt, der im Falle einer Abschiebung vergeblich aufgewendet worden wäre.

Vor diesem Hintergrund hat der Betroffene auch in der Rechtsbeschwerde keine hinreichenden Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass er trotz unerlaubter Einreise seine Ausreisepflicht nachkommen will. Auch wenn er unmittelbar nach seiner Wiedereinreise bei der Ausländerbehörde vorstellig geworden sein sollte, wäre dieser Umstand allein zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Denn eine Regel dahingehend, dass bei einem Ausländer, der freiwillig vorspricht, keine Entziehungsabsicht besteht, gibt es nicht.

Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde lassen deshalb nicht erkennen, dass durch eine erneute Anhörung des Betroffenen die Möglichkeit einer anderen Entscheidung des Landgerichts hätte ergehen können. Die verfahrensfehlerhaft unterlassene Anhörung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz hat sich deshalb nicht zu seinen Lasten ausgewirkt.

Da die Ausländerbehörde das Abschiebehaftverfahren auch mit der notwendigen Beschleunigung betrieben hat - was sich daraus ergibt, dass die Abschiebung für den 24.02.2005 vorgesehen ist - ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Kostenfolge aus den §§ 14, 15 FEVG, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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