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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 214/06
Rechtsgebiete: VBVG, BGB


Vorschriften:

VBVG § 1
VBVG § 3
VBVG § 4
VBVG § 5
VBVG § 5 Abs. 1
BGB § 1792
BGB § 1836 Abs. 1
BGB § 1896 Abs. 3
BGB § 1908 i
BGB § 1908 i Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. 09. 2006 - 1 T 360 + 361/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Für die Betreute wurde am 12.11.2005 Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden sowie Postkontrolle angeordnet. Als Betreuer ist ein Berufsbetreuer eingesetzt worden.

Mit Beschluss vom 10.04.2006 ist wegen des erheblichen Vermögens der Betreuten der Beteiligte zu 3. als Berufsbetreuer zum Gegenbetreuer lediglich für die Vermögensangelegenheiten bestimmt worden.

Mit zwei Anträgen für die Zeiträume April 2006 bis 12.5.2006 und 13.05.2006 bis 12.08.2006 hat der Beteiligte zu 3. Festsetzung seiner Vergütung und Genehmigung der Entnahme aus dem Vermögen der Betreuten verlangt, wobei er seine Vergütung nach den Vorschriften der §§ 4 und 5 VBVG berechnet hat und für den Zeitraum vom Datum seiner Bestellung ausgegangen ist. Das Vormundschaftsgericht ist seinem Anträgen im wesentlichen gefolgt und hat die Vergütung auf 198,- € und 352 € festgesetzt. Allerdings ist es von einer bereits seit 11.12.2005 andauernden Betreuung ausgegangen und hat danach die Zahl der Stunden angesetzt, § 5 Abs. 1 VBVG. Gegen diesen verminderten Stundenansatz hat sich der Beteiligte zu 3. mit der Erstbeschwerde gewandt, die erfolglos geblieben ist. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Anliegen weiter.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§§ 69e S. 1, 56g Abs. 5 S. 2 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Der Senat ist mit den Vorinstanzen der Auffassung, dass die Vergütung des Gegenbetreuers sich - wie die Vergütung des eigentlichen Betreuers - über §§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB nach den §§ 4, 5 VBVG richtet. Der gegenteiligen Auffassung, wonach der Gegenbetreuer für seine konkreten Aufwendungen über §§ 1, 3 VBVG zu entschädigen ist (Zimmermann, FS für Bienwald, S. 351) kann angesichts des Wortlauts der Gesetzesmaterialen nicht gefolgt werden, da die Begründung zur Neufassung ausdrücklich für den Gegenbetreuer vorsieht, dass dieser im Ergebnis wie ein "Betreuer mit besonderem Aufgabenkreis" zu vergüten ist und "keine Rechtfertigung für eine Ausnahme vom vorgeschlagenen System" bestehe (BT-Drucksache 15/2494, S. 35).

Für die Bemessung der Vergütung des Gegenbetreuers ist ebenfalls mit den Vorinstanzen von dem § 5 VBVG zugrunde liegenden Grundsatz auszugehen, dass für die Beurteilung des Stundenansatzes des Gegenbetreuers die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses maßgebend ist. Dies entspricht dem im Gesetzeswortlaut objektivierten Willen des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck der Regelung. Dieser Wille kommt in den Gesetzesmaterialen, wie schon erwähnt, deutlich zum Ausdruck:

"Um den mit der Pauschalierung verfolgten Zweck der Vereinfachung und Streitvermeidung nicht zu vereiteln, müssen Ausnahmen von dem vorgeschlagenen Pauschalierungsmodell soweit wie möglich begrenzt werden. Zudem sind in den vom ISG ausgewerteten Akten die Fälle besonderer Betreuungssituationen enthalten und somit in die gebildeten Pauschalen eingeflossen.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

.....

Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB und Gegenbetreuer nach § 1908 i Abs. 1 S. 1 und § 1792 BGB:

Im Ergebnis handelt es sich bei diesen Betreuerarten um Betreuer mit einem bestimmten Aufgabenkreis. Da die Pauschalen grundsätzlich nicht nach Aufgabenkreisen differenzieren, besteht keine Rechtfertigung für eine Ausnahme vom vorgeschlagenen System...." (BT-Drucksache 15/2494 S. 34 f).

Auch bei mehreren - gleichzeitigen - Betreuern hat der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen, eine Ausnahme von diesem System zu statuieren. Für den Fall des Betreuerwechsels (von einem ehrenamtlichen zu einem Berufsbetreuer) hat der Gesetzgeber in demselben Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass für die Anwendung der Pauschale daher die erstmalige Bestellung eines Betreuers entscheidend ist (BT-Drucksache, a.a.O.). Dementsprechend wird für die Vergütung bei einem Betreuerwechsel von der überwiegenden Rechtsprechung, wie auch durch den Senat, der Stundenansatz vom Beginn der Betreuung an zugrunde gelegt (vgl. beispielsweise Senat vom 14.09. 2006 und vom 19.09.2006, 16 Wx 109/06 und 16 Wx 120/06).

Dieselben Grundsätze müssen auch für die Honorierung des Gegenbetreuers gelten. Mithin ist für dessen Stundenansatz ebenfalls auf den Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung abzustellen (ebenso Schleswig-Holsteinisches OLG vom 2.2.2006 - 2 W 12/06). Der Gesetzgeber hat - wie gezeigt - zum Ausdruck gebracht, dass der Gegenbetreuer ebenfalls dem neu geschaffenen Pauschalierungssystem unterfallen soll. Zwar ist die Frage, nach welchen zeitlichen Vorgaben die Vergütung dieses Betreuers sich bemißt, offen gelassen worden. Tatsächlich stellt sich die Anordnung einer Gegenbetreuung für den Berufsbetreuer, der regelmäßig diese Aufgaben übernimmt, als Beginn seiner Tätigkeit dar. Gleichwohl sieht der Senat keinen Anlass, von dem mit dem neuen Vergütungsvorschriften geschaffenen System abzuweichen und mit der Anordnung der Gegenbetreuung von einer Neu-Anordnung der Betreuung auszugehen. Denn es besteht kein wesentlicher Unterschied zur Interessenlage des Berufsbetreuers, der während laufender Betreuung einen ehrenamtlichen Betreuer ersetzt und der sich in die Aufgaben dieses Betreuungsfalles neu einarbeiten muss. Auch der neu bestellte Gegenbetreuer ist mit einem völlig neuen Aufgabenfeld konfrontiert; andererseits kann er im Regelfall auf die Ergebnisse und Mithilfe eines bereits bestellten Betreuers zurückgreifen. Hinzu kommt, dass der Aufgabenbereich des Gegenbetreuers meist auf die Vermögensangelegenheiten beschränkt bleibt, so dass seine Tätigkeit nicht so umfassend ist wie die eines für viele Bereiche bestellten Betreuers. Dieser Aspekt veranlasst im übrigen zu dem erwähnten Vorschlag, den Gegenbetreuer nur für tatsächlich geleistete Tätigkeiten punktuell zu entschädigen (vgl. Zimmermann, a.a.O; Fröschle, Betreuungsrecht 2005, Rdnr. 411, sieht eine Vergütung nach § 5 VBVG als "ziemlich günstig" an).

Schließlich entspricht es auch dem Sinn und Zweck der Neuregelung in §§ 4, 5 VBVG, für die Regelfälle der Betreuervergütung - unabhängig von einem Wechsel oder einer weiteren Bestellung - den Zeitpunkt der Anordnung der Betreuung als maßgeblich anzusehen. Die mit dem zweiten BtÄndG eingeführten Pauschalen sollen das Abrechnungssystem vereinfachen und sowohl den Betreuer als auch das für die Festsetzung der Vergütung zuständige Vormundschaftsgericht von der Erfassung der im Einzelfall aufgewendeten Zeit entbinden (BT-Drs 15/2494 S. 31). Ausnahmen von dem in § 5 VBVG niedergelegten Pauschalierungssystem sind deshalb nur für ganz eng beschränkte Sonderfälle vorgesehen (wie für den für eine spezielle medizinische Maßnahme oder den Verhinderungsfall bestellten Betreuer, BT-Drs 15/2494 S. 33, S. 35), die hier nicht vorliegen.

Schließlich ist, wie schon zu der Frage des Stundenansatzes beim Betreuerwechsel, auch für den Stundenansatz des Gegenbetreuers, dessen Tätigkeit zu Anfang u.U. die gesetzlich vorgesehene Stundenzahl überschreiten kann, darauf hinzuweisen, dass dieser erhöhte Aufwand von den Pauschalen des § 5 VBVG erfasst ist, denen eine "Mischkalkulation zwischen aufwendigen und weniger aufwendigen Fällen innerhalb der Fallgruppen zu Grunde liegt" (BT-Drs 15/2494 S. 33). Auf eine Differenzierung zwischen leichten und schwierigen Konstellationen hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Dem würde es jedoch widersprechen, Fälle, die einen besonders hohen Zeitaufwand erwarten lassen, vergütungsrechtlich zu privilegieren. Einem möglichen anfänglichen Mehraufwand steht hier wiederum die Beschränkung auf die Vermögensangelegenheiten gegenüber, so dass die Tätigkeit des Gegenbetreuers insgesamt nicht außer Verhältnis steht zu dem Aufwand eines für verschiedene Aufgabenbereiche bestellten (Durchschnitts-)Betreuers.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Pauschalierungssystem des § 5 VBVG - auch unter Berücksichtigung der daraus folgenden Vergütung eines Gegenbetreuers - teilt der Senat nicht, so dass die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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