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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 224/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 224/03

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennisen und Appel-Hamm

am 11.02.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner und Beschwerdeführer wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 06.10.2003 - 29 T 3/03 - abgeändert:

Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 04.12.2002 - 204 II 246/00 - wird der Antrag der Antragsteller, es den Antragsgegnern unter Androhung eines angemessenen Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, ihr Teileigentum verbunden dem Sondereigentum an den im Erdgeschoss gelegenen, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichnet, im Hause L-straße 10 - 16, eingetragen im Grundbuch von L, Amtsgericht Köln, Bl. ####, Flur 18, Flurstück 899 und 901 zu dem Zweck des Betreibens einer Gaststätte und/oder Gastronomieeinrichtung nutzen zu lassen, zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsteller zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer, die Antragsgegner Teileigentümer in der Wohnungseigentümergemeinschaft L-straße 10 - 16, xxx1 L. In der Gemeinschaftsordnung findet sich in § 3 Abs. 3 folgende Regelung:

"In den Teileigentumseinheiten darf ein Betrieb aus dem Bereich des Sexmarktes wie z. B. ein Sexshop und des Spielautomatenbereichs nicht betrieben werden. Der Betrieb einer Gaststätte bedarf der Zustimmung des Verwalters."

Die Antragsgegner haben ihr Teileigentum an die Beteiligte zu 6. vermietet. In § 1 des Mietvertrages heißt es:

"Die Vermietung erfolgt zum Zwecke gewerblicher Nutzung als Vorbereitungsküche, Show - Room und Seminarraum".

In der von der Beteiligten zu 6. in den Räumen der Antragsgegner betriebenen Vorbereitungsküche werden Speisen zum einen sowohl für die von der Beteiligten zu 6. betriebenen Gaststätte "Vintage" in der nahe gelegenen Q-Straße als auch für den von der Beteiligten zu 6. betriebenen Catering-Betrieb vorbereitet. Zum anderen werden in diesen Räumlichkeiten zu unregelmäßigen Zeiten Kochkurse abgehalten, die von Firmen gebucht werden. In diesen Kursen werden Speisen zu Anschauungszwecken gekocht.

Über den Umfang der Vorbereitungsarbeiten in der Vorbereitungsküche hat das Amtsgericht durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsprotokolle in den Akten Bezug genommen.

Entsprechend dem Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht es den Antragsgegnern untersagt, ihr Teileigentum zu dem Zwecke des Betreibens einer Gaststätte und/oder Gastronomieeinrichtung nutzen zu lassen. Auf die Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht dies in der angefochtenen Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass den Antragsgegnern untersagt ist, ihr Teileigentum "zu dem derzeitigen Zweck einer gaststättenähnlichen Nutzung und zum Zwecke des Betreibens einer Gaststätte nutzen zu lassen." Der Beschluss ist den Antragsgegnern am 18.11.2003 zugestellt worden. Sie haben hiergegen mit am 02.12.2003 eingegangenen Schriftsatz weitere sofortige Beschwerde eingelegt.

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig, sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Antragsteller können von den Antragsgegnern nicht die Unterlassung der Nutzung ihres Teileigentums "zu dem derzeitigen Zweck einer gaststättenähnlichen Nutzung" verlangen. Da die Antragsgegner die Räumlichkeiten nicht "zum Zwecke des Betreibens einer Gaststätte" nutzen, besteht darüber hinaus z. Zt. auch kein entsprechender Unterlassungsanspruch.

Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, können die Antragsgegner ihr Teileigentum für jede Art von Gewerbebetrieb nutzen, soweit es sich nicht um eine Nutzung zu Wohnzwecken oder um eine der in § 3 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung genannten Nutzungsarten handelt. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Ansicht des Landgerichts, die durch das Amtsgericht in seiner umfangreichen Beweisaufnahme festgestellte derzeitige Nutzungsart als "Vorbereitungsküche" sowie als Veranstaltungsstätte zur Durchführung von Kochkursen unterfalle dem Verbot in § 3 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung. Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die Teilungserklärung sowie die Gemeinschaftsordnung selbständig auslegen. Eine Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergibt, dass die dort genannten gewerblichen Nutzungsarten des Teileigentums untersagt bzw. unter Zustimmungsvorbehalten gestellt sind, um ein bestimmtes Niveau der Nutzung zu sichern und eine bestimmte Art von Publikum von dem Gebäude fernzuhalten. Dagegen sind die dort genannten Nutzungsarten nicht deshalb untersagt, um grundsätzlich Lärm, eine erhöhte Nutzerfrequenz oder Geruchsentwicklungen jeglicher Art in der Nutzung des Teileigentums auszuschließen. Dies zeigt sich darin, dass sehr viele Nutzungsarten denkbar sind, die mit keinem der drei genannten Betriebszweige vergleichbar sind, die aber dennoch Publikum in erheblicher Zahl anlocken, nicht geräuschlos abzuwickeln sind oder nicht geruchsneutral durchgeführt werden können. Zu denken ist nur etwa an den Betrieb einer Tanzschule (Lärm, Publikum), eines Unternehmens der Erwachsenenbildung (erhöhter Publikumsverkehr), eines Fischmarktes (Geruchsbelästigung) usw. Dass von dem Unternehmen, das in den Räumlichkeiten des Teileigentums der Antragsgegner betrieben wird, deshalb Geruchsbelästigungen ausgegangen sind, dass eine erhebliche Besuchfrequenz festgestellt werden konnte und dass auch Lärmbelästigungen in der Vergangenheit aufgetreten sind, führt nicht zur Unzulässigkeit der gewerblichen Betätigung, wie sie derzeit in den Räumlichkeiten ausgeübt wird. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich bei dem Betrieb um eine "Gaststätte" handelt oder nicht. Eine Gaststätte aber ist ein Ort, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, an dem "Gäste" gegen Entgelt Getränke und Speisen zu sich nehmen können, die dort in einer gewerblichen Küche zubereitet werden. Entscheidend ist also, dass "Gäste" in den Räumlichkeiten Getränke und Speisen zu sich nehmen, nicht, dass in den Räumlichkeiten Speisen und Getränke zubereitet werden, die dann Gästen an einer ganz anderen Stelle serviert werden.

Durch die vorliegende Entscheidung ist nicht gesagt, dass die Antragsteller durch die Nutzung der Räumlichkeiten der Antragsgegner Immissionsbelästigungen unterschiedlichster Art, die über das Übliche hinausgehen, hinnehmen müssen. Ein Antrag aus § 1004 BGB, die Unterlassung derartiger unzulässiger Immissionen zu erzwingen, ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hierzu müssten die Immissionen, die unterlassen werden sollen, genau bezeichnet werden. Es müsste dann im einzelnen nachgewiesen sein, dass es zu Immissionen dieser Art, die die Eigentumsrechte der Antragsteller verletzen, gekommen ist. Da ein solcher neuer Antrag im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr gestellt werden kann, mussten die Antragsteller hierauf auch nicht hingewiesen werden. Es bleibt ihnen unbenommen, einen möglichen derartigen Unterlassungsantrag, der auf die Unterlassung konkreter unzulässiger Immissionen gerichtet ist, in den Tatsacheninstanzen neu geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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