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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.01.2009
Aktenzeichen: 16 Wx 227/08
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 12
BGB § 1763 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 6.10.2008 - 4 T 349/08 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der #2. geborene, 12-jährige Betroffene ist das leibliche Kind der Beteiligten zu 3. und des Beteiligten zu 5. Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet, haben über ein Jahr miteinander gelebt, sich jedoch schon vor der Geburt des Kindes getrennt. Inzwischen haben sie fast keinen Kontakt mehr miteinander. Die Mutter war in der Folgezeit von 1998 bis 2001 mit dem Beteiligten zu 4. verheiratet. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor. Während der Ehezeit adoptierte der Beteiligte zu 4. im Jahr 1999 den Betroffenen. Bereits im Jahr 2000 zog der Adoptivvater aus der gemeinsamen Wohnung aus. Das Sorgerecht für den Betroffenen und seine Halbschwester erhielt die Beteiligte zu 3., die inzwischen mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten zusammenlebt.

Die Beteiligte zu 3. hat den Antrag gestellt, das bestehende Adoptionsverhältnis zwischen ihrem Sohn und dem Beteiligten zu 4. von Amts wegen aufzuheben. Das Amtsgericht hat daraufhin die Adoption aufgehoben. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 5. hat das Landgericht nach gesonderter Anhörung des Kindes und der Anhörung der übrigen Beteiligten den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und das Aufhebungsverfahren eingestellt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Verfahrenspflegerin.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie insofern Erfolg, als sie zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung in der Sache führt.

Das Landgericht hat den Sachverhalt nicht hinreichend gemäß § 12 FGG aufgeklärt, indem es kein psychiatrisches Gutachten eingeholt hat. Aufgrund der besonderen Situation des Betroffenen, insbesondere seines belasteten Verhältnisses zu dem Adoptivvater und mit Blick auf sein Alter ist eine fachpsychiatrische Stellungnahme geboten.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Aufhebung einer Adoption von Amts wegen nach § 1763 Abs. 1 BGB nur bei schwerwiegenden Gründen erfolgen darf. Nicht zu beanstanden ist auch die Überlegung, dass allein die Scheidung der Eltern auch bei Adoptivkindern noch keinen ausreichenden Grund für die Aufhebung der Adoption darstellt, selbst wenn damit die Verbindung zwischen Adoptivelternteil und Adoptivkind erschwert oder auf Dauer beendet wird (so die Rspr. der Obergerichte, z.B. OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 1196; BayObLG, FamRZ 2000, 768). Im Mittelpunkt der Entscheidung über die Aufhebung einer Adoption hat das Wohl des Kindes und damit zusammenhängend die Frage, ob schwerwiegende Gründe für das Kindeswohl die Aufhebung erfordern, zu stehen (so BayObLG, FamRZ 2000, 768; BayObLG, FamRZ 1980, 498).

Vorliegend sind zur Feststellung des Wohls des betroffenen Kindes verschiedene Aspekte wesentlich. Der Betroffene ist sich - auch wenn er erst 12 Jahre alt ist - über seine familiäre Situation im Wesentlichen im klaren. Insbesondere ist ihm bewusst, dass die Verbindung zum Adoptivvater durch die Trennung der Eltern abgerissen ist und der Beteiligte zu 4. von sich auch keinen Kontakt mehr mit ihm sucht. T weiß auch, dass sein leiblicher Vater derzeit ebenfalls keine Beziehung zu ihm aufbauen will, sondern im Gegenteil derjenige war, der die Aufhebung der Adoption in erster Instanz nicht akzeptiert und Rechtsmittel eingelegt hat. Trotz dieses schwierigen familiären Umfelds hat T zweifelsfrei deutlich gemacht, dass er die Aufhebung der Adoption wünscht. Die Beziehung zu seinem Adoptivvater ist aufgrund des äußeren Ablaufs und verschiedener Zwischenfälle erheblich belastet. So war schon die Zeit eines unbelasteten familiären Zusammenlebens - wenn es ein solches je gegeben hat - kurz und erstreckte sich maximal über drei Jahre. Danach brach der Kontakt abrupt ab. Der Beteiligte zu 4. hat den Betroffenen seit 2001 nicht mehr gesehen. Als schwerwiegende Beeinträchtigung des Verhältnisses stellen sich einige Zwischenfälle dar, die der Betroffene und die Beteiligte zu 3. geschildert haben. Danach wäre der Beteiligte zu 4. mindestens zweimal gegenüber T und der Tochter U. gewalttätig geworden, wenn nicht Dritte eingegriffen hätten bzw. soll tatsächlich den Betroffenen geschlagen haben. In diesem Zusammenhang haben sowohl die Beteiligte zu 3. wie auch die ehemalige Lehrerin und der behandelnde Arzt von Auffälligkeiten im Verhalten Ts berichtet, der zeitweilig wie versteinert gewirkt haben soll. Ein solches Verhalten spricht für traumatische Erlebnisse und tiefgreifende psychische Belastungen aus der damaligen Zeit des Zusammenlebens. Um diese Verhaltensauffälligkeiten aufzuklären, deren Ursache zu ergründen und um festzustellen, ob Nachwirkungen noch heute den Betroffenen belasten, bedarf es einer fachpsychiatrischen Untersuchung des Kindes. Sollten hierbei entsprechende Belastungen in Zusammenhang mit dem Verhalten des Adoptivvaters festgestellt werden, so können diese als schwerwiegende Gründe im Sinne des § 1763 Abs. 1 BGB in Betracht kommen. In einem solchen Fall kann das Kindeswohl die Aufhebung der Adoption gebieten, wenn nicht weitere wesentliche Gesichtspunkte dagegen sprechen. Dazu ist hier allerdings nichts Gegenteiliges ersichtlich. Sowohl die Mutter des Betroffenen wie auch das Jugendamt - uneingeschränkt jedenfalls in seiner ersten Stellungnahme - haben sich für eine Aufhebung der Adoption ausgesprochen. Aufgrund der zerrütteten Beziehung zwischen den Eltern und der völligen Ablehnung des Adoptivvaters durch den Betroffenen kann nicht mehr mit einer positiven Veränderung in dieser Beziehung gerechnet werden. Vielmehr hat der Betroffene mehrfach durch schriftliche Äußerungen wie auch bei seiner Anhörung deutlich gemacht, dass er nur schlechte, angsterfüllte Erinnerungen an den Beteiligten zu 4. hat. Auch die unterhaltsrechtliche Seite, die nicht völlig außer Acht gelassen werden kann (vgl. BayObLG, FamRZ 2000, 768), steht einer Aufhebung nicht entgegen, da in der Leistungsfähigkeit der beiden Beteiligte, die entweder als leiblicher Vater oder als Adoptivvater unterhaltsverpflichtet sind, keine erheblichen Unterschiede bestehen.

Die erforderliche Feststellung, ob in dem Verhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Beteiligten zu 4. eine schwere Grundlagenstörung vorliegt (OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 1196), kann mithin nur durch einen psychiatrischen Sachverständigen getroffen werden. Die Einholung des Gutachtens wird das Landgericht, das im Übrigen alle Beteiligten schon umfassend angehört hat, noch nachzuholen haben.

Ende der Entscheidung

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