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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.03.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 245/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 245/03

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und am 15.03.2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 06.11.2003 - 29 T 102/03 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.216,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin wurde in der Eigentümerversammlung vom 11.08.1999 für die Zeit ab dem 01.03.2000 bis zum 31.12.2003 zur Verwalterin bestellt und zugleich der Verwaltervertrag entsprechend verlängert. Mit Schreiben vom 14.05.2002 wandten sich die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner an die Antragstellerin. Sie nahmen Bezug darauf, dass sie "bekanntlich" die Eigentümergemeinschaft mit Ausnahme eines Ehepaares in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln vertreten und rügten dass eine außerordentliche Eigentümerversammlung vom 14.05.2002 im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit mangelhaft vorbereitet gewesen sei. "Namens und im Auftrag unserer Mandanten" baten sie nachdrücklich darum die jetzt anstehende nächste Eigentümerversammlung bis spätestens zum 20.06.2002 stattfinden zu lassen. Zentrales Thema dieser Eigentümerversammlung sollte in jedem Fall auch eine vorzeitige Beendigung des Verwaltervertrages sein und es werde eine Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung erwartet. Eine Reaktion der Antragstellerin hierauf erfolgte nicht. Unter dem 09.08.2002 verfasste der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats eine Einladung für eine "weitere außerordentliche Eigentümerversammlung gem. § 24 Abs. 3 WEG" für den 28.08.2002 mit den Tagesordnungspunkten

1. fristlose Kündigung und Abberufung der Antragstellerin,

2. Neuwahl eines Verwalters,

3. Stand des Rechtsstreits vor dem Landgericht Köln,

4. Festsetzung des Termins der ordentlichen Eigentümerversammlung

5. Sonstiges.

In dieser Versammlung, zu der 8.920/10.000 der Miteigentumsanteile erschienen waren, wurde unter TOP 1 einstimmig der Antragstellerin zum 31.12.2002 aus wichtigem Grund gekündigt und beschlossen, einen neuen Verwalter zu bestellen.

Hiergegen richtet sich der am 26.09.2002 eingegangene Anfechtungsantrag, der im wesentlichen darauf gestützt ist, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats nicht befugt gewesen sei, zu der Versammlung einzuladen, und den das Amtsgericht zurückgewiesen hat. Eine hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis mit Recht den Anfechtungsantrag als nicht begründet angesehen.

1.

Ein Verfahrensfehler kann nicht daraus hergeleitet werden, dass an der Entscheidung des Landgerichts vom 09.10.2003 eine Richterin mitgewirkt hat, die an der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2003 nicht teilgenommen hat. § 309 ZPO gilt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht. Entscheidungen ergehen nicht aufgrund mündlicher Verhandlung. Wenn und soweit eine solche vorgesehen ist, wie in § 44 Abs. 1 WEG, so ist deren Zweck ein Anderer. Sie dient der Sachaufklärung und soll die Möglichkeit verschaffen eine gütliche Einigung zu erzielen (vgl. Bärmann/ Pick/Merle, WEG 9. Auflage, § 44 Rdn. 21.). Wegen dieses anders gearteten Zweckes ist auch Sachvortrag der erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt, ohne Einschränkungen zu berücksichtigen. Die Situation ist daher vergleichbar mit derjenigen im Zivilprozess, wenn dort nach einer mündlichen Verhandlung das schriftliche Verfahren angeordnet wird, wozu der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass § 309 ZPO nicht gilt (vgl. BGH MDR 1993, 39). Es ist daher bereits vom Senat im Einklang mit der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden, dass in FGG-Sachen an der Beschlussfassung auch Richter mitwirken können, die an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben (Senat OLGReport 2001, 3; OLG Köln - 2. ZS - OLGReport 1992, 12 = FamRZ 1992, 200; FamRZ 1992, 200; BayObLG WuM 1991, 302; BayObLG ZMR 2001, 472; OLG Düsseldorf OLGReport 2002, 127; KG NJW-RR 1994, 278 = KGReport 1993, 149; ebenso Merle a. a. O. § 44 Rdn. 120; a. A. lediglich Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Auflage, § 309 Rdn. 7).

2.

In der Sache ist die Entscheidung des Landgerichts nicht frei von Rechtsfehlern, aber im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a)

Das Landgericht hat gemeint, dass die Einberufung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats nach § 24 Abs. 3 WEG zulässig gewesen sei, weil die Antragstellerin pflichtwidrig, die in dem Anwaltsschreiben vom 14.05.2002 verlangte Einberufung einer Eigentümerversammlung verweigert habe. Das Verlangen sei namens aller Miteigentümer mit Ausnahme eines Ehepaares und damit von mehr als 1/4 der Miteigentümer gestellt worden, Die Rüge der mangelnden Vertretungsmacht des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner sei im Termin zur mündlichen Verhandlung fallen gelassen worden.

Dies begegnet rechtlichen Bedenken.

Es kann offen bleiben, ob sich die Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Verhandlungstermins des Landgerichts, die dahingehend protokolliert wurde, er stelle "klar, dass er die Rüge der mangelnden Vertretungsmacht des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdegegner nicht weiter" verfolge, nur auf die in erster Instanz bestrittene Vollmacht für das vorliegende Anfechtungsverfahren bezieht oder ob die Antragstellerin mit ihrem Vortrag dazu, wie die Erklärung im Termin zu verstehen ist, wegen der §§ 27 FGG, 559 Abs. 1 ZPO i. V. m. dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anwendbaren § 320 ZPO ausgeschlossen ist, da mit der entsprechenden Passage in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Vortrag der Beteiligten wiedergegeben wird und ein Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt ist (vg. zur Anwendbarkeit des § 320 ZPO: Merle a. a. O. § 44 Rdn. 128; Keidel/Schmidt, FGG 15. Auflage, § 18 Rdn. 65).

Auf ein etwaiges Bestreiten einer Vertretungsmacht käme es nur dann an, wenn diese durch die Antragsgegner schlüssig dargelegt worden wäre. Dies ist nicht der Fall. Nach dem eindeutigen Inhalt des Schreibens vom 16.05.2002 haben die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner ihr Mandat für das Verlangen auf Einberufung der Eigentümerversammlung nur aus der ihnen in dem Verfahren gegen die X-Versicherung vor dem Landgericht erteilten Prozessvollmacht hergeleitet. Von einem Rechtsstreit zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und einem Dritten werden indes die Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und einer Verwalterin nicht tangiert und die Vertretungsmacht eines Prozessbevollmächtigten aus § 81 ZPO erfasst daher ersichtlich nicht die außergerichtliche Geltendmachung von Rechten der von ihm im Prozess vertretenen Wohnungseigentümern gegenüber der Verwalterin.

Es verblieb daher nur die im Verhandlungstermin des Amtsgerichts dargelegte und von der Antragstellerin auch weiterhin nicht bestrittene Mandatierung der jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, der auch die dem Aufforderungsschreiben vom 14.05.2002 in Kopie beigefügte Auflistung von Pflichtversäumnissen der Antragstellerin gem. Schreiben vom 22.04.2002 an die Miteigentümer verfasst hatte. Mit nur diesem Mandat ist aber das Quorum von 1/4 der Miteigentümer nicht erreicht.

b)

Der Rechtsfehler des Landgerichts führt indes nicht zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Vielmehr kann der Senat auch als Rechtsbeschwerdegericht dann in der Sache selbst entscheiden, wenn der Sachverhalt keiner weiteren Aufklärung bedarf, und zwar an Stelle des Erstbeschwerdegerichts unter eigenständiger Würdigung des Tatsachenstoffes und ohne die sich aus § 27 Abs. 1 FGG ergebenden Beschränkungen zum Prüfungsumfang (vgl. Keidel/Meyer-Holz a. a. O. § 27 Rdn. 56 m. Nachweisen).

Hiernach erweist sich der Anfechtungsantrag der entsprechend § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zur Anfechtung befugten Verwalterin (vgl. hierzu BGH NZM 2002, 788) als nicht begründet.

(1)

Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats konnte gem. § 24 Abs. 3 WEG die Eigentümerversammlung einberufen, weil die Antragstellerin sich pflichtwidrig geweigert hatte, dies zu tun.

Ein Verwalter handelt pflichtwidrig, wenn er die turnusmäßige Versammlung nach § 24 Abs. 1 WEG oder die in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene bzw. die von einer ausreichenden Anzahl von Wohnungseigentümern gewünschte Versammlung nach § 24 Abs. 2 nicht einberuft, aber auch dann, wenn eine Versammlung, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung notwendig wäre, nicht einberufen wird. Eine Weigerung liegt daher auch dann vor, wenn der Verwalter die Versammlung trotz einer entsprechenden Aufforderung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats bzw. durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer nicht einberuft (vgl. Merle a. a. O. § 24 Rdn 21; Staudinger/Bub, WEG, § 24 Rdn. 72; Drasdo, Die Eigentümerversammlung,, 2. Auflage, Rdn. 60).

Vorliegend geboten es Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, dem Verlangen nach Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung nachzukommen. Gegenstand der einzuberufenden Versammlung sollte u. a. die vorzeitige Beendigung des Verwaltervertrages sein, für die aus Sicht des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats eine Reihe von - im Einzelnen aufgeführten - Pflichtverletzungen vorlagen, deren Richtigkeit die Antragstellerin im Verlaufe des gesamten gerichtlichen Verfahrens nicht in Abrede gestellt hat, wenn man davon absieht, dass im Verlaufe des Erstbeschwerdeverfahrens ein pauschales Bestreiten erfolgt ist, welches das Landgericht mit Recht als unbeachtlich angesehen hat. Die Willensbildung über eine etwaige vorzeitige Beendigung eines Verwaltervertrags ist aber ein typischer Fall, in dem es geboten ist, zeitnah zu einer Eigentümerversammlung einzuladen (vgl. Drasdo a. a. O. Rdn. 59 f.); denn es geht um die Beendigung eines Dienstvertrages aus wichtigem Grund. Auch wenn insofern wegen der Besonderheiten der Willensbildung und Entscheidung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Frist von zwei Wochen ab Kenntnis von den für eine Kündigung maßgeblichen Tatsachen nicht gilt, hat die Kündigung indes in einer angemessenen Frist zu erfolgen (vgl. BayObLG NZM 2000, 341 = ZMR 2000, 321 mit weiteren Nachweisen).

Nachdem die Antragstellerin dem berechtigten Einberufungsverlangen nicht nachgekommen war, lagen demzufolge die Voraussetzungen für eine Einberufung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats vor.

(2)

Im Übrigen und unabhängig hiervon konnte selbst bei einem unterstellten Einladungsmangel der Anfechtungsantrag auch deshalb keinen Erfolg haben, weil festgestellt werden kann, dass der Beschluss auf jeden Fall getroffen worden wäre.

Die Einberufung einer Versammlung durch einen nicht hierzu Befugten ist genau so zu behandeln, wie jeder anderer Einladungsmangel d. h. es besteht grds. nur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse und ein auf den Mangel gestützter Anfechtungsantrag hat dann keinen Erfolg, wenn ohnehin nur der angefochtene Beschluss hätte gefasst werden müssen, weil nur dieser alleine ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte, oder wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabes festgestellt werden kann, dass der Beschluss auch bei ordnungsgemäßer Einladung gefasst worden wäre (vgl. BayObLG NJOZ 2002, 814 = ZMR 2002, 525; BayObLG NZM 2002, 794; Senat OLGReport Köln 1996, 209; Drasdo a. a. O. Rdn. 691 mit weiteren Nachweisen).

Für die 1. Alt. lassen sich zwar die Voraussetzungen nicht feststellen, da auch die ausweislich des Protokolls diskutierte Frage im Raum stand, ob man nicht evtl. den Verwalterbestellung vertragsgemäß zum 31.12.2003 auslaufen lassen und hierbei im Kauf nehmen sollte, das der Antragstellerin zustehende Honorar von 3.216,00 € letztlich vergeblich aufzuwenden, was u. U.- siehe das vorliegende über drei Instanzen geführte Verfahren - auch wirtschaftlichem Kalkül entsprechen konnte. Indes lässt sich zweifelsfrei feststellen, dass der Beschluss auch dann gefasst worden wäre, wenn die Antragstellerin bzw. einer ihrer Geschäftsführer bei ordnungsgemäßer Einladung an der Versammlung teilgenommen hätte. Gegenstand der Erörterungen in der Eigentümerversammlung war nicht etwa die Frage, ob der Antragstellerin Pflichtverletzungen anzulasten sind. Diese waren nämlich nach dem Inhalt des Protokolls zwischen den Teilnehmern unstrittig. Vielmehr ging es nur darum, ob die vorzeitige Beendigung ihrer Bestellung zur Verwalterin aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll war oder nicht. Bei einer Teilnahme der Antragstellerin an der Versammlung wäre der Diskussionsverlauf schwerlich ein anderer gewesen, nachdem die Antragstellerin selbst nunmehr im gerichtlichen Verfahren ihre Rechtsverfolgung nur auf formale Gesichtspunkte beschränkt und - wie ausgeführt wurde - die Richtigkeit der geltend gemachten Pflichtverletzungen nicht in verfahrensmäßig beachtlicher Weise in Abrede gestellt hat.

(3)

Zutreffend ist schließlich die Auffassung des Landgerichts, dass bereits die pflichtwidrige Weigerung der Antragstellerin dem berechtigten Verlangen auf Einberufung einer Eigentümerversammlung nachzukommen, den zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 28.08.2002 gefassten Beschluss rechtfertigt (vgl. auch OLG Düsseldorf ZfIR 1998, 367; Drasdo a. a. O. Rdn. 59).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Antragstellerin die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung, weil der Senat die Antragsgegner angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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