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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.01.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 247/01
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB


Vorschriften:

WEG § 45
WEG § 43 I Nr. 1
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 15 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 47 S. 2
WEG § 48 Abs. 3
FGG § 22
FGG § 29
BGB § 1004 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 247/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr.Ahn-Roth und Reinemund

am 18. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.10.2001 - 2 T 254/98 WEG - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Geschäftswert für das Verfahren der Rechtsbeschwerde: 3.067,75 Eur (6.000,- DM)

Gründe:

I.

Die Antragsteller als Eigentümer der Wohnung 1 der genannten Wohnungseigentumsanlage begehren von dem Antragsgegner als Eigentümer der Wohnung 4 die Wiederherstellung eines in der Wohneinheit 4 und im dazugehörigen Dachgeschoss befindlichen 4-zügigen Kamins, den der Antragsgegner im Zuge des Ausbaus der Wohnung 4 und des Einbaus einer Dachterrasse im September 1997 hat beseitigen lassen. Die Antragsteller berufen sich auf eine unzulässige bauliche Veränderung, für die die Zustimmung aller Eigentümer fehle. Eine "erste" Eigentümerversammlung am 10.5.1996, bei der alle Eigentümer einer solchen baulichen Veränderung zugestimmt hätten, habe nicht stattgefunden. Der Antragsgegner macht dagegen geltend, die Entfernung des Kamins sei baulich bedingt durch den Dachterrassenausbau, dem die Antragsgegner bereits bei Ankauf ihrer Eigentumswohnung mit Vertrag vom 22.7.1996 zugestimmt hätten, verbunden mit dem Einverständnis zu damit in Zusammenhang stehenden baulichen Veränderungen. Außerdem beruft er sich auf ein am 11.12.1997 zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Wohnung 4 eingeräumtes und im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht an den Kaminzügen 11 und 12, die Teil des in Frage stehenden Kamins sind sowie auf eine Eigentümerversammlung am 10.5.1996.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht den Antragsgegner entsprechend dem erstinstanzlichen Begehren zur Wiederherstellung des Kamins verpflichtet. Auf die dagegen gerichtete weitere Beschwerde hat der Senat die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache wegen eines Verfahrensmangels zurückverwiesen. Nach Anhörung verschiedener Zeugen und Beteiligter hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.10.2001 wiederum dem Antrag stattgegeben. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seinem Rechtsmittel.

II.

Das gem. §§ 45, 43 I Nr. 1 WEG, §§ 22, 29 FGG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ( §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO ) den Antragsgegner zum Wiederaufbau des im Dachgeschoss der Wohnung 4 befindlichen Kamins (mit den Kaminzügen 11- 14) verpflichtet, da den Antragstellern nach § 1004 Abs. 1 BGB iVm. § 22 Abs. 1 WEG ein Anspruch auf Wiederherstellung des alten Zustandes zur Seite steht.

Dass der Abriss des Kamins in der Wohnung 4 eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG darstellt, haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen. Diese bauliche Veränderung beeinträchtigt auch die übrigen Eigentümer in einer möglichen Nutzung des Kamins - sei es als Rauchabzug, sei es als Versorgungsschacht. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass in der Teilungserklärung vom 27.11. 1995 bzw. in dem beigefügten Aufteilungsplan keine besondere Regelung zur Nutzung dieses Kamins enthalten ist, mithin dessen Nutzung von der Eigentümergemeinschaft bestimmt werden kann. Dies gilt grundsätzlich auch für die beiden Kaminzüge 11 und 12, für die inzwischen ein Sondernutzungsrecht zugunsten der Wohnung 4 eingeräumt und durch eine Grundbucheintragung gesichert ist. Ob hier ein wirksames Sondernutzungsrecht zugunsten des Eigentümers der Wohnung 4 entstanden ist, was in Anbetracht der Einschränkungen der Vollmacht des Antragsgegners in den notariellen Kaufverträgen durchaus zweifelhaft erscheint, kann für diese Entscheidung dahin stehen. Denn selbst wenn das Sondernutzungsrecht in der Form, wie der Antragsgegner geltend macht, begründet worden sein sollte, werden die übrigen Eigentümer durch den Kaminabriss gleichwohl beeinträchtigt. Denn wenn sie auch derzeit nicht zu einer Nutzung der Kaminzüge 11 und 12 berechtigt sein sollten, bedeutete dies noch nicht, dass nicht in Zukunft auch für sie wieder eine Nutzung in Frage kommen könnte. Das - unterstellt - wirksam bestellte Sondernutzungsrecht kann nämlich durch Vereinbarung wieder aufgehoben werden - dies mag in der Regel mit einer Ablösung gegenüber dem Sondernutzungsberechtigten verbunden sein. In diesem Fall können die Wohnungseigentümer erneut die Nutzung des Kamins regeln, §§ 10 Abs. 2, 15 Abs. 1 WEG.

Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts beinhaltet im Übrigen nicht zugleich die Gestattung zur Vornahme baulicher Veränderungen an dem fraglichen Gebäudeteil oder der Grundstücksfläche, wenn nicht hierzu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde ( vgl. Bärmann/Pick, WEG, 8. Aufl., § 15, Rz. 17 m.w.N.; Schuschke, NZM 98, 737 ). Die Bestellung des Sondernutzungsrechts in der Urkunde vom 11.12.1997 ( Bl. 140 ff ) - sollte sie wirksam sein - sieht lediglich eine Nutzung der Kaminschächte 11 und 12 als Versorgungsschächte vor, trifft indes keine Regelungen zu baulichen Veränderungen. Mithin wäre ein Sondernutzungsberechtigter, der jeweilige Eigentümer der Wohnung 4, zwar zur Nutzung in dem dort bestimmten Rahmen, nicht jedoch zur Vornahme baulicher Veränderungen, wie sie hier vorgenommen wurden, befugt.

Eine Berechtigung zum Abriss des Kamins ergibt sich auch nicht aus den in den jeweiligen notariellen Kaufvertragsurkunden ersichtlichen Einwilligungserklärungen der Eigentümer mit dem Ausbau der Wohnung 4 und dem dazugehörigen Dachgeschoss. Hierzu wird, zur Vermeidung von Wiederholungen, auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss verwiesen ( dort insbes. S. 10 und 11 ), die sich der Senat zu eigen macht.

Zu Recht hat das Landgericht hierbei auf die damals vorliegenden Pläne von 1995 ( Bl. 39 ff ) sowie die der Teilungserklärung angefügten Pläne vom 15.11.1995 ( Bl. 404 ff ) abgestellt, die im Grundriss für den geplanten Dachgeschossausbau alle drei vorhandenen Kamine vorsahen ( Bl. 413 ) und auch keinerlei Hinweise auf bauliche Veränderungen an den Kaminen erkennen ließen.

Die bauliche Veränderung wurde auch nicht auf einer früheren Eigentümerversammlung vom 10.5.1996 durch eine Vereinbarung der Eigentümer geregelt. Der vom Antragsgegner hierzu behauptete Sachverhalt hat sich nicht bestätigt.

Das Landgericht konnte sich nach Anhörung der angebotenen Zeugen sowie der Beteiligten nicht davon überzeugen, dass diese Versammlung stattgefunden hat. Dieser nach einer umfassenden Beweiswürdigung festgestellte Sachverhalt wird vom Rechtsbeschwerdegericht nur dahin überprüft, ob der Sachverhalt ausreichend erforscht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und ob nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Verfahrensvorschriften sowie Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen wurde. Die vom Tatsachengericht gezogene Schlussfolgerung muss nicht zwingend sein, vielmehr reicht es aus, wenn diese schlüssig und möglich ist ( vgl. Keidel/Kuntze/Kahl, FGG, 14. Aufl., 27 Rz. 42 mit zahlreichen Nachweisen ). Diesen Anforderungen genügt die landgerichtliche Beweiswürdigung, die den Sachverhalt gründlich und erschöpfend würdigt, wie Überlegungen auf S. 11 - 18 der angegriffenen Entscheidung zeigen. Das Beschwerdegericht hat sämtliche von den Parteien benannten Zeugen sowie die Beteiligten, die zur Sache Angaben machen konnten, vernommen. Es hat bei der Würdigung der einzelnen Aussagen alle bedeutsamen Umstände, die sich insbesondere aufgrund der vorgelegten Schriftstücken ergaben, herangezogen und diese bei der Tatsachenbewertung in Einklang mit den Denkgesetzen und feststehenden Erfahrungssätzen verwertet. Das Beweisergebnis - eine Eigentümerversammlung am 10.5.1996 hat nie stattgefunden - wird plausibel dargelegt und erscheint nicht nur möglich, sondern nach der Beweisaufnahme sehr naheliegend.

Schließlich ist das Verlangen der Antragsteller auch nicht treuwidrig oder rechtmissbräuchlich. Dies hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise dargelegt. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es entspricht hier ausnahmsweise billigem Ermessen, dem Antragsgegner auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen, § 47 S. 2 WEG. Wie bereits das Landgericht in seiner Kostenentscheidung betont hat, hat vorliegend der Antragsteller mit seinem Verhalten vor und während des Verfahrens versucht, in unzulässiger Weise Einfluss auf das Verfahrensergebnis zu nehmen. Hinzu kommt, dass ihm nach Vorliegen des ausführlich begründeten landgerichtlichen Beschlusses die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels von vornherein erkennbar war.

Die Entscheidung über den Geschäftswert folgt aus § 48 Abs. 3 WEG und steht in Einklang mit der nicht beanstandeten Festsetzung in den vorangegangenen Instanzen.

Ende der Entscheidung

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