Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 27/06
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 14
WEG § 22 I
FGG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 27/06

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen, Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 09.03.2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 09.01.2006 - 29 T 63/05 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

Der Geschäftswert für das Verfahren der Rechtsbeschwerde beträgt 2.000,- €.

Gründe:

Das gem. §§ 45 WEG, 22, 29 FGG zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die landgerichtliche Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller von den Antragsgegnern die Herstellung des ursprünglichen Zustandes, d.h. die Aufstellung des ursprünglich auf dem Balkon installierten, als Abstellraum dienenden Schrankes verlangen können, §§ 1004 Abs. 1 BGB, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG. Die Entfernung des Schrankes stellt eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, die die übrigen Eigentümer, da diese sie über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, nicht hinnehmen müssen.

Bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG ist jede auf Dauer angelegte gegenständliche Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die vom Aufteilungsplan oder früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und nicht mehr im Rahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung oder Instandsetzung liegt (Bärmann/Merle, WEG, 9.Aufl., § 22 Rz. 6 und 7).

Die auf den Balkonen als Abstellraum vorgesehenen Schränke sind mit dem Mauerwerk durch eine Verankerung an der Balkondecke verbunden und ersetzen das seitliche Balkongeländer. Mithin sind sie Teil der Fassadengestaltung und gehören zum Gemeinschaftseigentum. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Entfernung des Schrankes und seine Ersetzung durch ein Balkongeländer den optischen Gesamteindruck der Fassade deutlich verändern. Dies haben die Vorinstanzen anhand der vorgelegten Lichtbilder verfahrensfehlerfrei festgestellt. Einer Augenscheinseinnahme durch das Beschwerdegericht bedurfte es nicht mehr. Es verstößt nicht gegen § 12 FGG, angesichts des aussagekräftigen in den Akten befindlichen Fotomaterials von der Durchführung eines Ortstermins abzusehen (Senat vom 10.06.2005 -16 Wx 39/05 -). Die Fotos stellen eine ausreichende Grundlage für die Würdigung des Beschwerdegerichts dar. Sie zeigen verschiedene Ansichten der Wohnungseigentumsanlage einschließlich desjenigen Teils der Fassade, an dem sich der Balkon der Antragsgegner befindet. Die Lichtbilder lassen deutlich erkennen, dass - wie das Landgericht zutreffend ausführt - die einheitlich angebrachten Schränke als seitlicher Abschluss der Balkone ein markantes Element der Ausgestaltung der Fassade sowie einen seitlichen Sichtschutz darstellen. Soweit Schränke an einigen Balkonen fehlen, handelt es sich entweder um Balkone in Gebäudeecken, die dann sämtlich in vertikaler Anordnung in gleicher Weise ausgestaltet sind, oder um einzelne, meist die obersten Balkone, bei denen aus technischen Gründen kein Schrank installiert wurde, wie die Antragsteller unbestritten vorgetragen haben.

Durch das Entfernen des Schranks auf dem Balkon der Antragsgegner wird der optische Gesamteindruck der betroffenen Fassade nachhaltig beeinträchtigt. Damit geht zugleich eine wesentliche Veränderung des ursprünglichen äußeren Erscheinungsbildes der Wohnungsanlage einher, was eine bauliche Veränderung beinhaltet (st. Rspr. des Senats, beispielsweise Beschluss vom 31.05.1999, OLGR 1999,325; Beschluss vom 12.01.2000, NZM 2000, 765). Auf die Frage, ob dadurch unter architektonisch-ästhetischen Gesichtspunkten eine Verbesserung oder Verschlechterung des Gesamteindrucks erreicht wird, kommt es nicht an, da diese Beurteilung keinen objektiven Kriterien zugänglich ist (vgl. Senat vom 12.01.2000 a.a.O.).

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass es sich hier weder um eine Maßnahme der Instandhaltung noch der Instandsetzung handelt.

Diese bauliche Veränderung stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Rechte der Antragsteller dar und geht über das in § 14 WEG geregelte Maß hinaus. Die Veränderung auf dem Balkon der Antragsgegner ist von außen gut sichtbar, nämlich von möglichen Besuchern der Grünanlage und vor allem von den Bewohnern der übrigen Eigentumswohnungen, deren Räume und Balkone auf den Innenhof gehen, und die daher einen uneingeschränkten Blick auch auf den Teil der Fassade haben, zu der die Wohnung der Antragsgegner gehört. Die Antragsteller müssen diese für sie nachteilige optische Veränderung nicht hinnehmen, da die erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehlt.

Die Herstellung des ursprünglichen Zustandes durch Wiedereinbau des Schranks ist den Antragsgegnern sowohl rechtlich wie tatsächlich möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Eine Abweichung vom Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, war hier nicht veranlaßt.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der nicht beanstandeten Wertfestsetzung im Erstbeschwerdeverfahren.

Ende der Entscheidung

Zurück