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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.04.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 29/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 22 Abs. 1 S. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 3
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 29/01 29 T 102/00 LG Köln 204 II 252/98 AG Köln

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandsgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 25.04.2001

beschlossen:

Tenor:

Dem Antragsteller wird hinsichtlich der Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 08.01.2001 - 29 T 102/00 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 17.03.2000 - 204 II 252/98 - und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel wird auch der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.11.1992 zu Top 5.1 für ungültig erklärt.

Von den Gerichtskosten I. Instanz tragen der Antragsteller 11 % und die Antragsgegner 89 %. Die Gerichtskosten II. Instanz werden dem Antragsteller zu 25 % und den Antragsgegnern zu 75 % auferlegt. Die gerichtlichen Kosten der weiteren Beschwerde tragen die Antragsgegner. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§ 27 Abs. 1, 29 FGG, 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 WEG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Antragsteller ist auf seine fristgerecht gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist zu gewähren, da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war (§ 22 Abs. 2 S. 1 FGG).

In der Rechtssprechung ist anerkannt, dass bei fehlender Unterzeichnung der bei Gericht rechtzeitig eingereichten Rechtsmittelschrift Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann, wenn der Verfahrensbevollmächtigte sein Büropersonal allgemein angewiesen hatte, sämtliche ausgehenden Schriftstücke vor der Absendung auf das Vorhandensein der Unterschrift zu überprüfen (vgl. BGH NJW 1996, 998, 999; 1994, 3235; BVerfG NJW 1996, 309). Da die Unterschriftenkontrolle gerade der Vermeidung eines erfahrungsgemäß nicht gänzlich ausschließbaren Anwaltsversehens bei der Unterschriftleistung dient, ist bei einem Versagen dieser Kontrolle ein Rückgriff auf ein Anwaltsversehen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung ausgeschlossen. Dass eine ausreichende Unterschriftskontrolle - die der Rechtsanwalt zuverlässigen Bürokräften überlassen darf (vgl. BGH a. a. O.) - im Büro seines Verfahrensbevollmächtigten bestand, hat der Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht. Danach gehörte es zu dem Aufgabenbereich der seit 20 Jahren im Büro seines Verfahrensbevollmächtigten beschäftigten Angestellten A., unter anderem die ausgehende Post zu bearbeiten und sämtliche Schriftstücke auf vollzogene Unterschriften zu überprüfen. Diese Kontrolle hat sie bisher stets sorgfältig ausgeübt; regelmäßige Stichproben ihres Arbeitsgebers ergaben keine Beanstandungen.

Hiernach lag eine ausreichende Organisation der Ausgangskontrolle vor, die geeignet war, die Nachholung unterbliebener Unterschriften zu gewährleisten und auf diese Weise Fristversäumnisse wegen fehlender Unterschrift zu vermeiden.

Auch in der Sache hat die Rechtsbeschwerde Erfolg, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht frei von Rechtsfehlern sind (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Zwar ist der Senat mit den Vorinstanzen der Auffassung, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.01.1997 zu Top 5.1 keine bauliche Veränderung der Aufzugsanlagen im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 WEG zum Gegenstand hat sondern lediglich die Bedienung und den Gebrauch der Aufzüge erfasst. Der Beschluss ist dennoch gemäß §§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 23 Abs. 4, 21 Abs. 3 WEG für unwirksam zu erklären, da er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Er enthält keine der Beschaffenheit der Aufzugsanlagen und den billigen Interesse der Gesamtheit der betroffenen Wohnungseigentümer entsprechende Gebrauchsregelung (§ 15 Abs. 2, 3 WEG). Die Nützlichkeit der Maßnahme ist zu verneinen, weil der bestimmungsgemäße Gebrauch der Aufzugsanlage für die Bewohner des 6. bis 15. Obergeschosses des Hauses ganz erheblich erschwert wird, ohne dass ein die Einschränkung des Gebrauchs ersichtliches Sicherungsinteresse dargetan ist.

Der Zweck einer Aufzugsanlage in einem Mehrfamilienhaus ist darauf gerichtet, den Bewohnern des Hauses und ihren Besuchern das Aufsuchen der jeweiligen Wohnungen in den verschiedenen Stockwerken mühelos zu ermöglichen. Der normale Gebrauch eines Fahrstuhls besteht deshalb darin, dass er durch Bedienen des Zahlentableaus automatisch in Betrieb gesetzt werden und das gewünschte Stockwerk anfahren kann. Bei einem 15-geschossigen Wohnhaus mit 49 Wohnungen stellt es eine unzulässige Einschränkung dieses Gebrauchrechts dar, wenn der Aufzug von Besuchern nur noch bis zum 5. Obergeschoss in Betrieb gesetzt werden kann und ab diesem Stockwerk die Benutzung erst dadurch ermöglicht wird, dass nunmehr der Wohnungsinhaber den Fahrstuhl rufen, unter Betätigung des Schlüssels in Betrieb setzen und den Besucher im 5. Obergeschoss abholen muss, um dann gemeinsam mit ihm in das gewünschte Stockwerk zu gelangen. Diese Verfahrensweise ist bei objektiver Betrachtung für den Inhaber einer Wohnung in einem 15-geschossigen Mehrfamilienhaus nicht nur unbequem sondern unzumutbar, insbesondere in Fällen größerer Einladungen und im Krankheitsfall. Denn lediglich im "Notfall" besteht nach dem Wortlaut des Protokolls über die Eigentümerversammlung vom 14.01.1997 für Hausarzt, Pflegepersonal etc. die Möglichkeit, den Aufzug durch einen Zahlencode in Betrieb zu setzen. Sollte ein Schlüssel für die Inbetriebsetzung der Aufzüge bei der Krankenstation und der Feuerwehr hinterlegt worden sein - worüber die Parteien gestritten haben - nutzt dies dem kranken Wohnungsinhaber im Falle privaten Besuchs wenig. Dass die Umstellung der Aufzugsanlagen auf Schlüsselbetrieb durch ein Sicherheitsbedürfnis der Wohnungseigentümer zu rechtfertigen ist, ist nicht ersichtlich. Die Eigentumsanlage weist als gemeinschaftliche Einrichtung eine elektrische Sprech- und Haustüröffneranlage auf, deren Zweck darin besteht, den Bewohnern außer einem bequemen Öffnen auch die Möglichkeit zu geben, dass unkontrollierte Betreten des Hauses durch Unbefugte zu verhindern. Wenn insoweit auch keine absolute Sicherheit geschaffen werden kann, so besteht bei geschlossener Haustüre durch die Anlage doch eine gewisse Kontrolle. Dass vorliegend Geschehnisse in der Vergangenheit eine weitergehende Sicherung der Hausbewohner erfordern, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Zudem würde auch die Umstellung der Aufzüge auf Schlüsselbetrieb keine absolute Sicherheit schaffen können, weil Diebe, Einbrecher und sonstige Personen sich kaum durch die zu überwindenden Treppenstufen von ihren unredlichen Absichten abbringen lassen dürften.

Nach alledem entspricht der Eigentümerbeschluss vom 14.01.1997 zu Top 5.1 über die Umstellung der Aufzugsanlagen auf Schlüsselbetrieb nicht einem ordnungsgemäßen Gebrauch und damit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Auf den rechtzeitig gestellten Antrag (§ 23 Abs. 4 WEG) des Antragstellers ist der Eigentümerbeschluss daher auch insoweit für ungültig zu erklären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Parteien die Gerichtskosten nach dem Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen haben. Dabei ist die Festsetzung des Geschäftswertes durch das Landgericht zu Top 7 nicht zu beanstanden. Die Festsetzung ist insoweit zutreffend unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 48 Abs. 3 WEG erfolgt. Allerdings ist die Summe der Einzelfestsetzungen auf 75.225,00 DM zu korrigieren. Die Regelung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten entspricht dem Grundsatz, dass im Wohnungseigentumsverfahren jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen selbst zutragen hat. Gründe hiervon abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde: 5.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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