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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.01.2005
Aktenzeichen: 16 Wx 3/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836d Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 3/05

In der Betreuungssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr.Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 27.01.2005

beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30.11.2004 - 4 T 466/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Für die Betroffene ist wegen einer körperlichen Behinderung ein Betreuer bestellt. Der Beteiligte zu 4) beantragte mit Schreiben vom 05.03.2004 die Festsetzung von Vergütung und Aufwendungsersatz für die Tätigkeit des Betreuers vom 05.05.2003 bis 31.12.2003 aus dem Vermögen der Betroffenen. Die Betroffene war in der Zeit des Nationalsozialismus zwangssterilisiert worden und erhält seit Jahren von der P Köln eine Härtebeihilfe in Höhe von 102,26 € (200,00 DM) nach den Richtlinien der Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes. Die Betroffene hat diese Leistungen in der Vergangenheit in eine Lebensversicherung eingezahlt, die jetzt beitragsfrei geführt wird und am 01.09.2005 abläuft. Die Versicherungssumme beträgt 7.034,00 €, die Gesamtleistung einschließlich Überschussbeteiligung voraussichtlich 9.620,00 €. Versicherte Person ist eine Nichte der Betroffenen. Das übrige Einkommen der Betroffenen besteht aus einer Altersrente in Höhe von 451,79 € und Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 1.023,00 €. Neben der Lebensversicherung bestehen Ersparnisse in Höhe von 1.656,91 €.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29.10.2004 die Vergütung antragsgemäß festgesetzt und bestimmt, dass die Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen zu entnehmen sei. Auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht Bonn unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die dem Betreuer bewilligte Vergütung nebst Auslagen gegen die Landeskasse festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig; sie ist vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zugelassen worden (§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 69 e Satz 1 FGG).

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts, wonach die Betroffene mittellos im Sinne des § 1836 d Nr. 1 BGB ist, weist keine Rechtsfehler auf.

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Betroffene die aus der Härtebeihilfe gebildeten Ersparnisse in Form der abgeschlossenen Lebensversicherung nicht einzusetzen braucht, weil dies für sie eine Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 BSHG bedeuten würde. Gemäß § 10 der Richtlinien der Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes sollen die gewährten Leistungen den Betroffenen als Ausgleich für das erlittene Unrecht zugute kommen. Die Härtebeihilfe wird hiernach nicht primär wegen der Bedürftigkeit der Antragsteller gewährt und dient auch nicht einem schädigungsbedingten Mehraufwand. Ihr kommt vielmehr eine immaterielle Ausgleichsfunktion zu, die - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - derjenigen des Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 BGB) ähnlich ist. Den Geschädigten soll ein Ausgleich für entgangene Lebensfreude ermöglicht werden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen - jedenfalls teilweise - ausgleichen. Dieser Leistungszweck wird auch nach Auffassung des Senates nur erreicht, wenn die Leistungen den Betroffenen vollständig zur Verfügung stehen, d. h. sie damit machen können was sie wollen. In dieser freien Verfügbarkeit wäre die Betroffene vorliegend aber eingeschränkt, wenn sie entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch daran gehindert wäre, aus den bezogenen Härteleistungen Ersparnisse zu Gunsten ihrer Nichte zu bilden. Denn die angesparten Härteleistungen dienen als Vermögen dem gleichen Zweck wie die monatlichen Beihilfen. Wenn die Betroffene die Leistungen anspart und es ihr Freude bereitet, das angesparte Vermögen einer ihr nahestehenden Person zukommen zu lassen, ist diese Art der Verwendung von der der Härtebeihilfe zukommenden Ausgleichsfunktion gedeckt. Es würde für sie eine Härte bedeuten, wenn sie die Summe der Lebensversicherung für die Kosten der Betreuung einsetzen müsste, weil diese Leistungen ihr dann nicht zu den Zwecken zur Verfügung stünden, für die sie bestimmt waren.

Die Betreuervergütung ist deshalb zu Lasten der Staatskasse festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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