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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.04.2000
Aktenzeichen: 16 Wx 37/00
Rechtsgebiete: ZPO, WEG


Vorschriften:

ZPO § 145
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 37/00 8 T 172/99 - LG Bonn - 3 II 5/99 - AG Euskirchen -

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm am 05.04.2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30.12.1999 - 8 T 172/99 - wird als unzulässig verworfen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 565,27 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat als Verwalterin der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage gegen den Antragsgegners als früheren Verwalter Ansprüche auf Rückzahlung überbezahlter Verwaltervergütung und Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Kontenübergabe und Erstellung einer neuen Buchhaltung infolge nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegung wie folgt beziffert:

1. Überzahlung 1.300,00 DM 2. Kontenübergabe 426,30 DM 3. Buchhaltung 1.740,00 DM 3.466,30 DM

Hiervon hat sie bereits vorprozessual mit Abrechnungsschreiben vom 22.11.1998 folgende Gegenforderungen des Antragsgegners in Abzug gebracht, und zwar die Pos. 1 und 2. als unstreitig und die Pos. 3 "unter Vorbehalt der Überprüfung und eventuellen Rückforderung":

1. Rechnung vom 28.02.1998 585,00 DM 2. Rechnung vom 26.02.1998 22,50 DM 3. Garten- und Hausmeisterarbeiten lt. Rechnung vom 05.10.1998 1.345,23 DM 1.952,73 DM

Die Differenz von 1.523,57 DM hat die Antragstellerin gerichtlich geltend gemacht, während der Antragsgegner seine Ansprüche über 1.952,00 DM im Wege eines Gegenantrags gegen die Eigentümergemeinschaft verfolgt hat. Das Amtsgericht hat sodann das Verfahren wegen des Gegenantrags in entsprechender Anwendung des § 145 ZPO abgetrennt und den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche gegen den Antragsgegner nicht hinreichend dargetan seien. Der der Eigentümergemeinschaft aufgrund überbezahlter Verwaltervergütung zustehende Betrag von 1.300,00 DM könne aufgrund der Gegenforderungen des Antragsgegners von 1.952,37 DM nicht verlangt werden.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung von 565,27 DM zuzüglich Zinsen verpflichtet. Es hat von dem Antragsgegner erhobene Einwendungen gegen die Berechtigung der Antragstellerin zur Geltendmachung der Forderungen sowie gegen seine Ersatzpflicht dem Grunde nach nicht für durchgreifend erachtet und weiter ausgeführt, der Gemeinschaft ständen neben dem Rückforderungsanspruch über 1.300,00 DM noch Schadensersatzansprüche über 174,00 DM wegen einer verspäteten Kontenübergabe und 1.044,00 DM wegen nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegung zu. Dem Gesamtanspruch von 2.513,00 DM ständen Gegenansprüche des Antragsgegners von 1.952,73 DM gegenüber. Er könne neben den unstreitigen Ansprüchen von 585,00 DM und 22,50 DM auch die von ihm für Garten- und Hausmeisterarbeiten berechneten 1.345,23 DM beanspruchen, weil die Antragstellerin auch diesen Betrag in ihre Abrechnung eingestellt habe.

Mit der hiergegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde tritt der Antragsgegner dem Landgericht in der Sache mit rechtlichen Erwägungen entgegen und meint zur Zulässigkeit des Rechtsmittels, die Entscheidung des Landgerichts führe dazu, dass er wegen der von der Antragstellerin in den Prozess eingebrachten Verrechnung, der das Landgericht gefolgt sei, im Ergebnis seine Gegenansprüche von 1.952,73 DM verloren habe, so dass sich seine Beschwer einschließlich der zuerkannten 565,27 DM auf 2.517,00 DM belaufe.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht zulässig. Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden; indes beträgt der Wert der Beschwer des Antragsgegners nur 565,27 DM. Damit ist der gesetzliche Beschwerdewert des § 45 Abs. 1 WEG (mehr als 1.500,00 DM) nicht erreicht.

Das für den Beschwerdewert maßgebliche Änderungsinteresse ist aus der Person des Beschwerdeführers zu beurteilen und bestimmt sich allein nach seinem vermögenswerten Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGHZ 119, 216, 218 = NJW 1992, 713 = WE 1993, 49; BayObLG WE 1998, 75 u. 114; Staudinger/Wenzel, WEG § 45 Rdn. 8 f.; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Auflage, § 45 Rd. 27 mit weiteren Nachweisen). Insoweit gelten zivilprozessuale Grundsätze entsprechend, so dass etwa im Falle einer Hilfsaufrechnung der Wert der Gegenforderungen zu berücksichtigen ist, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung hierüber ergeht (vgl. BayObLG WE 1998, 194 LS; Merle a.a.O. § 48 Rdn. 52 zum Geschäftswert).

Im einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend indes nicht. Der Antragsgegner hat die Gegenforderungen über insgesamt 1.952,73 DM gerade nicht (hilfsweise) zur Aufrechnung gestellt. Vielmehr hat die Klägerin diese selbst bereits vorprozessual im Wege einer Verrechnung beiderseitiger Forderungen berücksichtigt und nur den ihrer Meinung nach zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft bestehenden Saldo gerichtlich geltend gemacht. Dies führt dazu, dass entgegen der Meinung des Antragsgegners gerade keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Gegenforderung ergehen konnte und nicht ergangen ist. Entschieden ist nur, dass der Gemeinschaft ein Anspruch von 565,27 DM gegen den Antragsgegner zusteht und nur in diesem Umfang ist er beschwert.

Selbst für den Fall, dass ein Kläger eine Prozessaufrechnung erklärt, also während eines Prozesses gegenüber einer Gegenforderung des Schuldners mit der Klageforderung aufrechnet und die Klage wegen des hierdurch eingetretenen Erlöschens der Klageforderung abgewiesen wird, verneint der Bundesgerichtshof im Zivilprozess - und für ein WEG-Verfahren kann nichts anderes gelten - eine Erstreckung der Rechtskraft auf die Gegenforderung (vgl. BGH NJW 1992, 982; Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Auflage, § 322 Rdn. 24 mit weiteren Nachweisen auch zur Gegenmeinung). Vorliegend waren aber die Gegenforderungen über insgesamt 1.952,73 DM noch nicht einmal Gegenstand einer Prozessaufrechnung der Antragstellerin, und Streitgegenstand war von vornherein nur der nach Abzug der Gegenforderungen verbleibende Saldo.

Dies hat die Folge, dass - jedenfalls prozessual - die Antragstellerin nicht gehindert wäre, nunmehr die sachliche Berechtigung der Gegenforderungen in Frage zu stellen und den deswegen zunächst nicht gerichtlich geltend gemachten Teil ihrer Gesamtforderung rechtshängig zu machen, während umgekehrt der Antragsgegner seine Gegenforderungen weiterverfolgen kann, also das wegen seines Gegenantrags abgetrennte und noch beim Amtsgericht anhängige Verfahren nicht unzulässig geworden ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Gegenforderungen Berechnungs- bzw. Begründungselement des von dem Landgericht neu gebildeten Saldos war. Auch das Landgericht hat in der entsprechenden Passage trotz der möglicherweise missverständlichen Formulierung, der Antragsgegner könne etwas "beanspruchen" letztlich die Berücksichtigung bei der Endsumme nur daraus hergeleitet, dass die Antragstellerin die Gegenforderung in ihre Abrechnung eingestellt habe.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Die Unzulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigt noch nicht die ausnahmsweise Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten, zumal der Standpunkt des Antragsgegners zum Umfang seiner Beschwer - wie die vorstehenden Erwägungen deutlich machen - diskussionswürdig ist.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren, der im vorliegenden Fall identisch ist mit der Beschwer des Antragsgegners, folgt aus § 48 WEG.



Ende der Entscheidung

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