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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.06.2000
Aktenzeichen: 16 Wx 39/00
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 288 Abs. 1 S. 2 | |
WEG § 16 Abs. 2 | |
WEG § 28 Abs. 3 | |
WEG § 28 Abs. 5 | |
WEG § 28 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 | |
WEG § 23 Abs. 4 | |
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4 | |
WEG § 10 Abs. 1 S. 2 | |
WEG § 47 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
16 Wx 39/2000 8 T 253/98 LG Bonn 3 II 35/98 AG Siegburg
In der Wohnungseigentumssache
pp.
an der beteiligt sind:
1.
die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft der vorgenannten Eigentumswohnanlage, bestehend aus den in der Anlage aufgeführten Eigentümern, mit Ausnahme des dort genannten Antragsgegners,
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm
am 07. Juni 2000
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 01. Februar 2000 - 8 T 253/98 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 04. Dezember 1998 - 3 II 35/98 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet.
Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs. 1 Ziff. 1, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1, 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 FGG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht Stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Die Antragsteller können vom Antragsgegner aufgrund des Eigentümerbeschlusses vom 01. Juli 1997 (TOP 5) gemäß der §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 3, 5 WEG den geltend gemachten Betrag von 2.758,46 DM verlangen.
Die durch bestandskräftigen Eigentümerbeschluss gebilligte Einzelabrechnung des Antragsgegners für 1996 weist einen Nachzahlungsbetrag von 5.767,68 DM aus. Dieser Schuldsaldo ergibt sich daraus, dass der Verwalter die Wohngeldzahlungen des Antragsgegners von insgesamt 5.464,-- DM sowohl mit den auf Seite 1 der Abrechnung für das Jahr 1996 ermittelten Lasten und Kosten des Antragsgegners von 6.017,79 DM als auch mit dem auf Seite 2 ausgewiesenen Saldovortrag 1995 nebst Mahngebühren und Verzugszinsen von insgesamt 5.213,89 DM verrechnet hat.
Dieser Schuldsaldo ist wirksam festgestellt.
Zwar darf grundsätzlich das Abrechnungsergebnis eines Vorjahres nicht Gegenstand der Jahresabrechnung eines nachfolgenden Jahres sein, weil es sich hierbei weder um Einnahmen noch um Ausgaben im abzurechnenden Wirtschaftsjahr handelt, die gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 WEG allein in die Jahresabrechnung einzustellen sind (vgl. Beschluss des Senates vom 09. Januar 1995 - 16 Wx 167/94 WE 1995, 221; BayObLG NJW - RR 1992, 1169; KG ZMR 1996, 150). Dennoch kann ein Fehlbetrag aus einem Vorjahr in die Beschlussfassung einbezogen werden und damit der Eigentümerbeschluss Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein, sofern er nicht auf Anfechtung hin für ungültig erklärt wird (vgl. Senat aaO; Bay.ObLG NZM 2000, 52 m.w.N.).
Ob eine solche Einbeziehung gewollt ist, ist durch Auslegung des Beschlusses über die Jahresabrechnung zu ermitteln.
Vorliegend ist der Vorjahressaldo in die notwendigen Bestandteile der Jahresabrechnung einbezogen worden. Daraus ergibt sich, dass einer Einbeziehung in die Abrechnung 1996 nicht nur nachrichtliche Bedeutung zukommen, sondern der Vorjahressaldo den tatsächlichen Ausgaben des Jahres 1996 gleichgestellt und wie dieser Beschlussgegenstand sein sollte. Dies gilt auch für den Fall, dass für den Antragsgegner der Abrechnungsrückstand aus dem Vorjahr neu begründet, d.h. hierüber von den Wohnungseigentümern erstmals ein Beschluss gefasst worden sein sollte. Auch wenn bei dieser Fallgestaltung der Abrechnungsbeschluss unterschiedliche Bedeutung gegen die Antragsteller und den Antragsgegner haben würde, weil gegen die Antragsteller lediglich die Abrechnungsspitze ergänzend festgelegt, gegen den Antragsgegner darüber hinaus ein Abrechnungsrückstand neu begründet würde (vgl. hierzu BGH NZM 1999, 1101 ff, 1103), sind nach dem Wortlaut des Protokolls über die Beschlussfassung vom 01. Juli 1997 keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer eine solche Wirkung nicht hätten herbeiführen wollen.
Einwendungen gegen die Einbeziehung früherer Wohngeldschulden hätte der Antragsgegner deshalb im Beschlussanfechtungsverfahren gemäß der §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG geltend machen müssen, was nicht geschehen ist. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die mit Schreiben vom 18. Juni 1997 vom Antragsgegner gegenüber dem Verwalter erhobenen Einwendungen gegen die Jahresabrechnung 1996 vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vorgebracht wurden und deshalb ohne Belang sind.
Der Antragsgegner ist deshalb verpflichtet, den wegen nicht verbuchter Hausgeldzahlungen in 1991 zu seinen Gunsten um 3.009,22 DM auf 2.758,46 DM reduzierten Nachzahlungsbetrag zu entrichten.
Hinzu kommt die Verzugspauschale von brutto 57,50 DM. In der Eigentümerversammlung vom 25. August 1993 wurde unter TOP 19 Ziff. 2 beschlossen, dass im Falle der Beauftragung eines Rechtsanwaltes der Wohnungseigentümer für den insoweit entstehenden Verwaltungsmehraufwand eine Verzugspauschale von 50,-- DM zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer zu zahlen hat. Dieser Beschluss ist bestandskräftig. Da das Entstehen der Pauschale vom Eintritt des Verzuges abhängig gemacht ist, bestehen gegen die Wirksamkeit des Beschlusses insoweit keine Bedenken (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG, 8. Aufl., § 21 Randziffer 72). Unstreitig haben die Antragsteller im Februar 1998 ihre Verfahrensbevollmächtigten mit der Beitreibung der Hausgeldrückstände beauftragt, nachdem der Antragsgegner jegliche Zahlung abgelehnt hatte.
Der den Antragstellern zuerkannte Zinsanspruch beruht auf TOP 19 Ziffer 2 des genannten Eigentümerbeschlusses, wonach im Falle des Verzuges ein Wohnungseigentümer Verzugszinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz, mindestens jedoch 12 % p.a. an die Eigentümergemeinschaft zu zahlen hat. Auch insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des nicht angefochtenen Beschlusses. Er hält sich noch im Rahmen der Zuständigkeit der Versammlung der Wohnungseigentümer. Gem. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB sind vom gesetzlichen Zinssatz abweichende Vereinbarungen grundsätzlich zulässig. Die pauschalierte Verzugszinsregelung in TOP 19 Ziff. 2 des genannten Beschlusses hat keinen Strafcharakter sondern stellt einen pauschalierten Schadensersatz dar. Dieser Zinssatz hält sich noch im Rahmen der banküblichen Überziehungszinsen, die die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Überziehung ihres Gemeinschaftskontos zu entrichten hat und begründet keine absolute Unzuständigkeit (vgl. Bärmann/Pick/Merle aaO § 23 Rdnr. 126; Bay.ObLG ZMR 1986, 297, 298). Der Beschluss ist deshalb wirksam und bindend (§ 23 Abs. 4 WEG), obwohl er mit der Pauschalierung eines über den gesetzlichen Mindestschaden (§ 288 Abs. 1 S. 1 BGB) hinausgehenden Verzugsschadens der Gemeinschaft (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB) eine Angelegenheit zum Gegenstand hatte, welche die Wohnungseigentümer grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2 WEG regeln, über die sie aber nicht mit Stimmenmehrheit beschließen konnten (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2000, 397 m.w.N.) Der Senat sieht trotz der derzeitigen Diskussion über die Wirksamkeit vereinbarungsersetzender Mehrheitsbeschlüsse (beispielhaft: Wenzel, NZM 2000, 257; Deckert, NZM 2000, 361; Röll, ZWE 2000, 13) für Fälle der vorliegenden Art, die den fließenden möglichen Grenzbereich der Beschlusskompetenz betreffen, keine Veranlassung, von der bisherigen gefertigten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte abzuweichen. Der Nachzahlungsbetrag aus der Jahresabrechnung 1996 war bis zum 31. August 1997 zu entrichten, so dass der Antragsgegner sich seit dem 1. September 1997 in Verzug befindet.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Siegburg vom 04. Dezember 1998 war deshalb zurückzuweisen, allerdings mit der Maßgabe, dass eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts besteht keine Veranlassung, von dem Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind, abzuweichen. Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner mutwillig die Zurückweisung des Zahlungsantrages beantragt hat, zumal er beim Landgericht obsiegt hat.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht auf § 47 Abs. 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten der Verfahren aufzuerlegen. Im übrigen besteht auch hier keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzuweichen, im Wohnungseigentumsverfahren jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen hat.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.815,96 DM (2.758,46 DM + 57,58 DM) festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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