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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.04.2000
Aktenzeichen: 16 Wx 56/00
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 27 | |
FGG § 29 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
16 Wx 56/00 4 T 95/00 LG Bonn 37 XVII R 579 AG Bonn
In der Betreuungssache
pp.
hat der 16.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Reinemund am 12.4.2000
beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8.3.2000 - 4 T 95/2000 - und der Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 19.1.2000 aufgehoben.
GRÜNDE:
Durch Beschluss vom 19.1.2000 ordnete das Amtsgericht für die Betroffene Betreuung an mit dem Aufgabenkreis "Vertretung in Vermögensangelegenheiten einschließlich Renten- und Unterhaltsforderungen, die Entscheidung über die Wohnungsauflösung, das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung und freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Gesundheitsfürsorge, nebst eines dafür erlassenen Einwilligungsvorbehalts, und bestimmte zum Betreuer die Beteiligte zu 2). Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht nach persönlicher Anhörung der Betroffenen durch die Berichterstatterin durch den angefochtenen Beschluss mit Ausnahme des Aufgabenkreises Wohnungsauflösung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts erklärte weitere Beschwerde der Betroffenen, mit der sie ihren Antrag auf Aufhebung der Betreuung weiterverfolgt.
Die nach §§ 27, 29 FGG als Rechtsbeschwerde zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie der Betreuungsanordnung durch das Amtsgericht, denn eine amtliche Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen ist nicht festzustellen.
Das Landgericht hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Nach den fachpsychiatrischen Feststellungen der Sachverständigen Frau M. und dem Ergebnis der persönlichen Anhörung sei die Betroffene infolge ihrer chronischen paranoid-halluzinatorischen Psychose verbunden mit der auf die Wahnvorstellungen zurückgehenden altruistischen Helferneigung und ihrer Krankheitsuneinsichtigkeit für diese Aufgabenkreise betreuungsbedürftig, d.h. nicht in der Lage, die Angelegenheiten selbständig unter vernünftiger Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen zu regeln. So bestehe die Gefahr, dass die Betroffene sich durch von ihr real und bedrohend empfundenen wahnhaften Ideen gezwungen fühlt, über ihre finanziellen Möglichkeiten hinaus - sie erhält eine Rente von 2.400 DM - in einem Rahmen Geld zu verschenken, dass ihr zur eigenen Versorgung nicht ausreichende Mittel verbleiben. Hinzukomme, dass sie nunmehr auch die Mietzahlungen erbringen muss, die bislang von ihrem geschiedenen Ehemann an den Vermieter gezahlt wurden, so dass zu befürchten sei, dass die Betroffene krankheitsbedingt mit dieser neuen Situation überfordert ist und ihre Zuwendungen an Dritte nicht auf das ihr finanziell zumutbare Mass beschränkt. Zudem erkenne sie ihre Behandlungsbedürftigkeit nicht und sei deshalb für die Bereiche Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge einschließlich einer etwa notwendigen stationären Einweisung nicht in der Lage, ihre Interessen eigenverantwortlich zu vertreten.
Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 55o ZPO) nicht stand. Die Ausführungen tragen nicht die Annahme einer amtlichen Betreuungsbedürftigkeit.
Nach dem Erforderlichkeitsgrundsatz (§ 1896 Abs. 2 BGB) kommt eine Betreuung der Betroffenen nur in Betracht, wenn sie aufgrund ihrer psychischen Krankheit bestimmte ihrer Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) selbst besorgen kann (vgl. z.B. Senat in NJW-FER 98, 25o). Die Feststellungen des Landgerichts reichen indes nicht aus, um diese Erforderlichkeit der Betreuungsanordnung zu begründen. Konkrete Anhaltspunkte, die nachvollziehbar in auch nur einer Angelegenheit Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen begründen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich, zumal im Hinblick auf die Vorgeschichte.
Schon einmal im Februar 1997 war für die Betroffene, die seit 1989 an der Psychose mit progressivem Wahnsystem leidet, eine umfassende Betreuung mit Einwilligungsvorbehalten angeordnet worden. Zugrunde lag u.a., dass sie im Laufe der Jahre aufgrund ihr Wahnvorstellungen an verschiedene Personen insgesamt 70.000 DM verschenkt und daraufhin 6.000 DM Schulden hatte. Die Anordnung wurde indes auf die Beschwerde der Betroffenen mit Ausnahme der Vertretung in Vermögensangelegenheiten im April 1997 wieder aufgehoben. Später war auf ihren Antrag hin mit Beschluss vom 15.1.98 die Betreuung ganz aufgehoben worden. Grundlage war ein ergänzend eingeholtes psychiatrisches Gutachten der Frau Dr. K.-Sch. vom 22.12.97, in dem diese nach ihren Feststellungen nunmehr zu dem Ergebnis gelangte, dass trotz der partiellen Einschränkung der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen im Bereich der paranoiden Thematik ihre Kritikfähigkeit soweit ausreicht, um in finanziellen Angelegenheiten ihren Möglichkeiten entsprechend zu handeln, und es deshalb vertretbar sei, die im Vorgutachten des Beschwerdeverfahrens noch empfohlene Vermögensbetreuung nunmehr aufzuheben (Bl. 121 GA). Deshalb müssten nunmehr erneut Umstände eingetreten sein, die die Anordnung einer Betreuung wiederum rechtfertigen. Solche in der Folgezeit aufgetretene Auffälligkeiten sind jedoch weder dargetan noch ersichtlich. Bei seiner Anregung zur Betreuung trug der geschiedene Ehemann der Betroffenen lediglich pauschal vor, die schrecklichen Wahnvorstellungen (Ermordung von Kindern, Sprengung von Gebäuden, Flugzeugabstürze, Unfälle usw.) zwängen sie, alle finanziellen Mittel zu spenden, wodurch das Geld für eine vernünftige Ernährung teilweise fehle. Konkrete Einzelfälle nannte er nicht. Auch im vom Amtsgericht eingeholten Fachgutachten der Frau Dr. M. vom 7.12.99 fehlen jedwede konkreten Anhaltspunkte, die ihre Empfehlung zu einer wiederum umfassenden Betreuung auch nur annähernd rechtfertigen könnten. Auch die persönliche Anhörung der Betroffenen hat nichts dafür ergeben, dass sie sich in der Zwischenzeit durch derlei Ausgaben in einem nicht mehr zumutbaren Maß verschuldet hätte. Der Umstand allein, dass ihr durch solche Ausgaben möglicherweise zeitweise Mittel zur "vernünftigen" Ernährung fehlen, begründet nicht schon eine amtliche Betreuungsbedürftigkeit. Nichts ist im übrigen dafür dargetan, dass derzeit, wenn auch eine psychopharmakologische Behandlungsbedürftigkeit besteht, eine dauernde Kontrolle der Medikamenteneinnahme erforderlich wäre. Allein die Krankheitsuneinsichtigkeit rechtfertigt nicht die vorsorgliche Einrichtung einer Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Hinzukommen muss, dass bezüglich dieser Angelegenheiten auch ein konkreter Handlungsbedarf besteht. Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben. Eine Zurückverweisung erübrigte sich, weil für die Entscheidung der vorgenannten Frage weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind und der Senat sie selbst entscheiden konnte. Sonach waren auf die weitere Beschwerde der angefochtene Beschluss und auch die amtsgerichtliche Entscheidung ersatzlos aufzuheben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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