Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.04.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 58/02
Rechtsgebiete: FEVG, AuslG, AsylVfG, FGG


Vorschriften:

FEVG § 16
FEVG § 3 Satz 2
FEVG § 7 Abs. 1
AuslG § 42 Abs. 1
AuslG § 103 Abs. 2
AuslG § 42 Abs. 2 Nr. 1
AsylVfG § 55
AsylVfG § 13 Abs.
AsylVfG § 14 Abs. 4
FGG § 27
FGG § 29
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 58/02

In der Freiheitsentziehungssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

am 15.4.2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 7.3.2002 - 4 T 118/02- abgeändert und der Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 5.2.2002 - 50 XIV 4104 B -aufgehoben.

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass eines Haftbefehls wird zurückgewiesen.

Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Geschäftswert wird auf 4000.- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Betroffene, der weder im Besitz eines für die Einreise erforderlichen Passes, noch eines Visums ist, reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, unwiderlegbar jedenfalls nicht länger als 2 Wochen vor der Festnahme in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 04.2.2002 wurde er vorläufig festgenommen und polizeilich vernommen. Hierbei fragte er anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung, warum er kein Asyl beantragen könne. Bei seiner richterlichen Vernehmung am 5.2.2002 erklärte er, dass er "auf keinen Fall zurück will " und " um Asyl" bitte. Auf Nachfrage, warum er Asyl begehre, gab er an, er wolle in Deutschland leben und wolle nicht zurück. Das Amtsgericht verkündete sodann einen Beschluss, mit dem entsprechend einem Antrag der Beteiligten zu 2. für die Dauer von drei Monaten Sicherungshaft angeordnet wird. In der Folgezeit stellte der Betroffene aus der Haft heraus einen Asylantrag, der beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Außenstelle B. am 04.04.2002 einging und bisher nicht verbeschieden ist. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Betroffenen zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde, mit der der Betroffene rügt, dass sein Asylgesuch vor dem Amtsgericht nicht berücksichtigt und dass er in der Beschwerdeinstanz nicht noch einmal angehört worden sei.

II.

Die gemäß §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, § 103 Abs. 2 AuslG, §§ 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache zur Aufhebung der Haftanordnung durch das Amtsgericht. Die Haftanordnung war von Anfang an nicht gerechtfertigt, da dem Betroffenen der Aufenthalt nach § 55 AsylVfG gestattet war. Das Landgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass der Betroffene grundsätzlich nach §§ 42 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AuslG vollziehbar ausreisepflichtig ist. Dieser Ausreiseverpflichtung steht hier jedoch hier das bereits vor der Inhaftnahme geäußerte Gesuch um Asyl entgegen. Ausweislich des richterlichen Protokolls vom 5.2.2002 hat der Betroffene ausdrücklich um Asyl ersucht. Diese Erklärung ist nicht als bloße Absichtserklärung zu verstehen, in Zukunft einen Asylantrag stellen zu wollen. Vielmehr enthält diese Erklärung bereits das Asylgesuch. Dies ergibt sich einmal aus der gewählten Formulierung, zum anderen auch aus den weiteren Äußerungen des Betroffenen, der auf Nachfrage angab, Asyl deshalb zu begehren, weil er hier bleiben wolle. Damit liegt ein Asylgesuch im Sinne des § 13 Abs. AsylVfG dar. Form und Formulierung des Gesuchs sind dabei nicht entscheidend. Maßgeblich ist der erkennbare Wunsch des Betroffenen, vor politischer Verfolgung Zuflucht zu erhalten ( so z.B. der 9. Senat des OLG Köln, v. 23.1.2001, 9 Wx 4/01 ).

Entgegen der Meinung der Vorinstanzen sind hierbei an eine Begründung zur Gefahr politischer Verfolgung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Allein die Verwendung des Begriffs "Asyl" läßt darauf schließen, dass der Betroffene sich auf politische Gründe berufen will. Insofern liegt der Sachverhalt hier auch anders als in den Fällen, in denen der Betroffene sich lediglich auf "Schwierigkeiten" im Heimatland beruft, ohne ausdrücklich Asyl zu beantragen. Soweit eine kurze Begründung mit Hinweis auf die Gefahr politischer Verfolgung als nötig angesehen wird ( vgl. Renner, AuslR, 7. Aufl., § 13 AsylVfG, Rz. 5 mit Hinweis auf verwaltungsgerichtliche Rspr. ), handelt es sich in erster Linie um Anforderungen, die im verwaltungsrechtlichen Verfahren an ein Asylgesuch zu stellen sind. Das Haftgericht hat jedoch nur über die Haftfrage nach den Vorschriften des AuslG in Verbindung mit dem AsylVfG zu entscheiden. Hierbei kann es nicht Aufgabe des Haftgerichts sein, ein als solches bezeichnetes Asylgesuch des Betroffenen, das dieser bei seiner richterlichen Anhörung erstmalig stellt, eingehend auf seine Ernsthaftigkeit zu überprüfen, wenn sich im übrigen aus dem Vorbringen des Betroffenen und den sonstigen Umständen keine Hinweise auf ein Fehlverständnis oder einen Mißbrauch des Asylrechts und/oder fehlende Ernsthaftigkeit ergeben (vgl. dazu Beschluss des Senats v. 21.12.2001 - 16 Wx 275/01).

Solche Hinweise liegen hier nicht vor. Die vor dem Amtsrichter angegebene Begründung für das Asylgesuch ist inhaltlich offen; der Grund, nicht mehr in das Heimatland zurückkehren zu wollen, kann ohne weiteres auf politischer Verfolgung beruhen. Die Vorinstanzen hätten, wenn aus ihrer Sicht diese Begründung nicht ausreicht, den Betroffenen weiter dazu befragen bzw. - so das Landgericht - eine nochmalige persönliche Anhörung anordnen können.

Der nun aus der Haft heraus gestellte förmliche Asylantrag spricht schließlich auch dafür, dass der Betroffene tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland politisches Asyl beantragen will.

Der Beachtung des Asylgesuchs steht auch nicht § 14 Abs. 4 AsylVfG entgegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass hiervon die Fälle eines Asylantrags, der vor der Verkündung der Haftanordnung gestellt wird, nicht erfasst sind, da der polizeiliche Gewahrsam kein Fall der Haft i. S. d. des § 14 Abs. 4 AsylVfG ist ( so Beschluss des Senats v. 9.3.2001 - 16 Wx 33/01 m w. N.; vorher schon 9. Senat des OLG Köln v. 23.1.2001 - 9 Wx 4/ 01 ; ebenso OLG Frankfurt, AuAS 98,99; KG KGR 2001, 48 = FGPrax 2001, 40).

Die Kostenentscheidung beruht auf §13 a Abs. 1 Satz 1 FGG in Verbindung mit § 16 FEVG.

Ende der Entscheidung

Zurück