Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: 16 Wx 68/07
Rechtsgebiete: FEVG, AufenthG, JGG, FGG


Vorschriften:

FEVG § 3 S. 2
FEVG § 7 Abs. 1
FEVG § 15 Abs. 2
FEVG § 16 S. 1
AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Ziff. 5
JGG § 88
JGG § 88 Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 27.02.2007 - 4 T 286/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Stadt L hat dem Betroffenen die ihm in erster und zweiter Instanz entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Des weiteren trägt die Stadt L die dem Betroffenen im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten .

Gründe:

Die gemäß der §§ 3 S. 2, 7 Abs. 1 FEVG, 27, 29 zulässige sofortige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Ob dem Betroffenen die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind, beurteilt sich nach § 16 S. 1 FEVG (in entsprechender Anwendung). Dabei kommt es für die Frage, ob der Betroffene begründeten Anlass zur Stellung des Haftantrages gegeben hat, darauf an, wie die Behörde den Sachverhalt zur Zeit der Antragstellung beurteilen durfte, wenn sie alle ihr zumutbaren Ermittlungen angestellt hätte, wobei für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens auf die Sachlage bzw. den Kenntnisstand im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abzustellen ist.

Nach diesem Maßstab lässt sich nicht feststellen, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages vorgelegen hat.

Es lagen keine ausreichenden Umstände vor, die den Verdacht auf eine Entziehungsabsicht des Betroffenen iSd § 62 Abs. 2 S. 1 Ziff. 5 AufenthG gerechtfertigt hätten. Dies gilt im Hinblick auf den Entlassungsbeschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 24.05.2006 (271 VRJs 40/06). Hiernach wurde der Betroffene aus dem Vollzug der gegen ihn verhängten Restjugendstrafe zur Bewährung entlassenen, weil er sich während der Strafhaft positiv entwickelt hat und deshalb die Voraussetzungen des § 88 Abs.1 JGG bejaht werden konnten. Er sollte unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers gestellt werden und einen festen Wohnsitz bei seinen Eltern in N nehmen. Angesichts der dem Betroffenen bescheinigten günstigen Sozialprognose kann ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages nicht bejaht werden. Im übrigen stand der beantragten Freiheitsentziehung auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen, da die Behörde die Abschiebung nicht rechtzeitig in die Wege geleitet hat. Die Abschiebung des Betroffenen hätte im Hinblick auf den Eintritt seiner Volljährigkeit im April 2006 viel früher vorbereitet werden müssen, da nach Ablauf von 2/3 der Jugendstrafe (20.11.2005) jederzeit mit einer Haftentlassung des Betroffenen nach § 88 JGG gerechnet werden musste. Die Ausländerbehörde muss spätestens dann, wenn vorhersehbar ist, dass der betroffene Ausländer abgeschoben werden soll, ohne Aufschub alle Anstrengungen unternehmen, um die Rückreisepapiere zu beschaffen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - bei Minderheiten eine zeitaufwendige Anfrage und Überprüfung bei der UNMIK erforderlich ist. Bei rechtzeitiger Vorbereitung der Abschiebung wäre eine solche aus der Haft heraus bis zum 15.06.2006 ohne weiteres möglich gewesen.

Die Haftanordnung war mithin von Anfang an unzulässig, so dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages nicht vorgelegen hat. Dem Betroffenen sind deshalb die ihm in erster und zweiter Instanz entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Da die sofortige weitere Beschwerde Erfolg hat, entspricht es billigem Ermessen iSd § 13 a Abs.1 S.1 FGG, dass die Stadt L auch die dem Betroffenen in dritter Instanz entstandenen notwendigen Auslagen trägt. Gerichtskosten sind gemäß § 15 Abs. 2 FEVG nicht zu erheben.

Ende der Entscheidung

Zurück