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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.04.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 7/01
Rechtsgebiete: BGB, KostO, WEG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
KostO § 16
WEG § 25 Abs. 5
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 10 Abs. 1 S. 2
WEG § 47
WEG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 7/01 29 T 187/00 - LG Köln - 202 II 84/00 AG Köln

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

am 02.04.2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 08.12.2000 - 29 T 187/00 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. und 4. sind die derzeitigen Mitglieder der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft, die 1960/1961 entstanden war. Von den ursprünglichen Mitgliedern gehört nur noch die Beteiligte zu 4. der Gemeinschaft an, während die 1973 und 1974 geborenen Beteiligten zu 1. Rechtsnachfolger ihrer Großmutter sind. Die Beteiligten zu 2. und 3. haben ihre Wohnungen im Verlaufe der Jahre rechtsgeschäftlich erworben.

Im Dachgeschoss des Objekts befinden sich derzeit fünf im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Räume, von denen einer der Gemeinschaft zur Verfügung steht, während die übrigen Räume ausschließlich von einzelnen Miteigentümern genutzt werden, nämlich drei Räume von den Beteiligten zu 1. und ein Raum von den Beteiligten zu 3.. Der Aufteilung und dem Ausbau des Speichers in die getrennt genutzten Räume soll nach der Sachdarstellung der Beteiligten zu 1. eine Einigung aller damaligen Mitglieder der Gemeinschaft zugrunde gelegen haben, wonach ihre Großmutter und die damaligen Miteigentümer N. und Dr. K. je einen Speicherraum und die Beteiligte zu 4. mit ihrem damals noch lebenden Ehemann einen von ihnen gewünschten gleich großen Raum im Keller zur alleinigen Nutzung erhalten sollten. Jedenfalls unterzeichneten die damaligen Miteigentümer unter dem 10.10.1961 eine Erklärung, in der sie sich verpflichteten, die Bodenkammern und Kellerräume nur in Zusammenhang mit der Wohnung zu benutzen und eine Einzelvermietung bzw. Untervermietung dieser Räume zu unterlassen. In der Folgezeit soll sodann dem weiteren Vorbringen der Beteiligten zu 1. zufolge der Miteigentümer Dr. K. - ebenfalls im allseitigen Einvernehmen - seinen "Anteil" an dem allgemeinen Speicherraum abgetrennt haben.

Am 04.05.1977 verkauften die Eheleute N. ihre Wohnung an die Beteiligten zu 3. In dem Kaufvertrag wird differenziert zwischen dem Kaufpreis für die Eigentumswohnung und einem gesonderte Kaufpreis von 5.000,00 DM "für das dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung durch Nutzungsregelung der Eigentümergemeinschaft ... zugewiesene Dachzimmer". Ferner ist bestimmt, dass der Kaufpreis u. a. erst dann fällig sein soll, wenn eine als Anlage zu der Vertragsurkunde genommene Nutzungsregelung von der Eigentümergemeinschaft vollständig unterzeichnet ist. Diese auf ein genau beschriebenes Dachzimmer bezogene Nutzungsregelung wurde unter dem 06.05.1977 von den Eheleuten N., und der Mutter der Beteiligten zu 1. unterzeichnet, von den Eheleuten Dr. K. und der Beteiligten zu 4. und deren Ehemann allerdings mit einem Zusatz, in dem sie nur unter der Voraussetzung zustimmten, dass die Erklärung vom 10.10.1962 (Verbot der Einzel- oder Untervermietung) auch künftig verbindlich sein müsse.

Nachdem die Eheleute Dr. K. ihre Anteile an einen Herrn G. verkauft hatten, "veräußerte" dieser mit privatschriftlichem "Übertragungsvertrag" vom 26.05.1984 seinen nicht im Grundbuch eingetragen "Anteil am Bodenraum ..., welcher nicht im Grundbuch eingetragen ist" an die Mutter der Beteiligten zu 1 als "Miteigentümerin des Grundstücks und Eigentümerin des Sondereigentums im III. Obergeschoss". Die weiteren Miteigentümer, die Beteiligte zu 4. und ihr Ehemann sowie die Beteiligten zu 2., genehmigten und unterzeichneten diese Urkunde. Am 30.05.1984 quittierte Herr G., dass er für die "Übereignung des Bodenraums" 25.000,00 DM von der Mutter der Beteiligten zu 1. erhalten habe.

Herr G. verkaufte seinen Miteigentumsanteil am 19.06.1996 an den Beteiligten A., der den Anteil inzwischen gemeinsam mit seiner Tochter hält (beide: Beteiligte zu 2.). Dieser fühlte sich in der Folgezeit nicht an etwaige Abreden über eine ausschließliche Nutzung von Speicherräumen gebunden, wobei die Beteiligten darüber streiten, ob er vor dem Kauf von der Mutter der Beteiligten zu 1. unterrichtet wurde und machte gegen die Mutter der Beteiligten zu 1. eine - derzeit ruhende - Klage auf Räumung der Speicherräume anhängig. Ferner erging in der Eigentümerversammlung vom 09.03.1999 auf dessen Initiative hin zu TOP 4 folgender Beschluss, und zwar nach dem Inhalt des Protokolls mehrheitlich bei drei Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme:

"Die Eigentümergemeinschaft stellt fest, dass die Nutzung von Gemeinschaftsräumen, hier insbesondere des Dachbodens allen Eigentümern offen steht und ggfls. hierzu auch Nutzungsregelungen beschlossen werden können. Eine alleinige Nutzung durch einen Eigentümer unter Ausschluss der anderen Eigentümer ist nicht zugelassen und wird nicht akzeptiert."

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1. mit ihrem Antrag mit dem sie primär geltend machen, ein Beschluss sei überhaupt nicht zustande gekommen, weil - wie sie behaupten - die Beteiligte zu 4. bei der Beschlussfassung weder die Hand gehoben, noch sonst ihre Stimme abgegeben habe. Hilfsweise fechten sie den Beschluss an.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Eine hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde wiederholen die Beteiligten zu 1. ihre Auffassung zur Unwirksamkeit des Beschlusses und rügen, dass das Landgericht verfrüht und ohne Berücksichtigung eines zwischen Beschlussfassung und Herausgabe der Entscheidung eingegangenen Schriftsatzes entschieden habe.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1 WEG i. V. m. §§ 27, 29 FGG), jedoch im Ergebnis nicht begründet.

1.

Die auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Verfahrensrüge greift durch.

Den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen war unmittelbar vor dem Verhandlungstermin des Landgerichts vom 30.11.2000 ein Schriftsatz der Beteiligten zu 2. vom 24.11.2000 zugegangen. Es ist sodann im Termin keine Entscheidung ergangen und auch kein Verkündungstermin anberaumt worden. Vielmehr hat der Vorsitzende lediglich mitgeteilt, dass die Kammer nicht vor dem 14.12.2000 entscheiden werde. Die Antragstellerinnen durften daher darauf vertrauen, dass eine bis zu üblichen Beratungszeiten am Morgen dieses Tages eingehende schriftsätzliche Äußerung noch berücksichtigt werden würde. Tatsächlich hat das Landgericht bereits am 08.12.2000 entschieden. Seitens der Geschäftsstelle ist am 12.12.2000 die Zustellung bzw. Übersendung des ergangenen Beschlusses an die Beteiligten sowie u. a. die Fertigung einer beglaubigten Abschrift für die Akten verfügt worden. Diese Verfügung ist sodann am 22.12.2000 ausgeführt worden. Zwischenzeitlich, nämlich am 14.12.2000 war ein Schriftsatz der Antragstellerinnen eingegangen, in dem zu dem Schriftsatz vom 24.11.2000 und den Erörterungen der Sache in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen wurde. Dieser Schriftsatz wurde dem Vorsitzenden der Kammer offensichtlich erst vorgelegt, nachdem die Verfügung vom 12.12.2000 ausgeführt worden war, wie sowohl der erst am 27.12.2000 verfügten Übersendung der Abschriften an die übrigen Beteiligten wie auch der Tatsache zu entnehmen ist, dass er erst nach der beglaubigten Beschlussabschrift in den Akten abgeheftet worden ist.

Damit leidet die Beschwerdeentscheidung an einem erheblichen Verfahrensfehler. Zwar war die Beschlussfassung vor dem 14.12.2000 nicht kausal für die Nichtberücksichtigung des Schriftsatzes vom gleichen Tag, da dieser in den Nachtbriefkasten eingeworfen wurde, also offensichtlich erst nach Dienstschluss eingegangen ist und daher ohnehin nicht mehr in eine Beratung hätte einfließen können. Indes hat das Landgericht dadurch objektiv gegen das aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Gebot, Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich hiermit auseinander zusetzen, verstoßen, dass der in der Kanzlei befindliche Beschluss nicht "angehalten" und die Sache unter Einbeziehung des Schriftsatzes des Beteiligten zu 1. nachberaten wurde. Da sowohl im Zivilprozess wie auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht verkündete Beschlüsse erst mit der Herausgabe aus dem inneren Geschäftsbetrieb wirksam werden, muss nämlich das Gericht, auch wenn die Entscheidung bereits von allen Richtern unterschrieben wurde und gegebenenfalls schon alle Reinschrift-Ausfertigungen für die Beteiligten von der Kanzlei gefertigt worden sind, vor der Herausgabe eingehende Schriftsätze noch berücksichtigen und eventuell die Entscheidung nochmals überdenken und überarbeiten (vgl. BGH MDR 1999, 1528 = NJW 2000, 365 = EWiR § 234 ZPO 1/2000 [Schuschke]; Senatsbeschlüsse vom 16.10.2000 - 16 Wx 141/00 - und 08.01.2001 - 16 Wx 179/00 -; BayObLG NZM 1999, 908).

2.

Der Verfahrensfehler vermag dem Rechtsmittel aber im Ergebnis nicht zum Erfolg zu verhelfen; denn in der Sache hat das Landgericht zutreffend entschieden. Hieran ändert sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten in dem Schriftsatz vom 14.12.2000 nichts, was der Senat selbst beurteilen kann, da es zu den entscheidungserheblichen Fragen keiner Sachaufklärung bedarf.

a)

Dass die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich den Beschluss zu TOP 4 gefasst hat, kann nicht zweifelhaft sein. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob wegen des Beschlussergebnisses die im Protokoll enthaltenen Feststellungen des Verwalters maßgeblich sind, was der Senat erst kürzlich in Übereinstimung mit dem BayObLG (WE 1998, 511) und im Gegensatz zum OLG Hamm (OLGZ 1979, 296 und OLGZ 1990, 180 = WE 1990, 102) in einer Vorlage an den BGH verneint hat. Wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre nämlich bei unterstellter Richtigkeit des Sachvortrags der Beteiligten zu 1. das Verhalten der Beteiligten zu 4. als Stimmenthaltung zu werten mit der Folge, dass mit 2 : 1 Stimmen ein Mehrheitsbeschluss zustande gekommen wäre. Dass schließlich die Beteiligten zu 2. nach § 25 Abs. 5 WEG von der Stimmabgabe ausgeschlossen gewesen sein könnten, wie die Beteiligten zu 1. in ihrem Schriftsatz vom 14.12.2000 meinen, ist nicht ersichtlich.

b)

Der Beschluss zu TOP 4 ist wirksam. Die Beteiligten zu 2. sind nicht an die von den Beteiligten zu 1. dargelegten Abreden gebunden mit der Folge, dass es keine allseitige Vereinbarung gem. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG über die Einräumung von Sondernutzungsrechten an den Speicherräumen mehr gibt und daher derartige Rechte erloschen sind.

(1)

Bereits nach den vorgelegten Urkunden kann es kaum zweifelhaft sein, dass in der Vergangenheit schuldrechtliche Sondernutzungsrechte an Speicherräumen und für die Beteiligte zu 4. an einem Kellerraum begründet worden sind. Die Vereinbarung der damaligen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft vom 10.10.1991 über das Verbot einer Einzel- oder Untervermietung von Boden- und Kellerräumen sowie die Tatsache, dass die Stromkreise der Speicherzimmer an die Stromzähler der einzelnen Wohnungen angeschlossen wurden, ergeben nur dann einen Sinn, wenn einzelnen Wohnungseigentümern umfassende Nutzungsrechte an den jeweiligen Räumen zustanden. Deutlich wird dies dann weiter durch die anlässlich des Kaufs der Wohnung durch die Beteiligten zu 3. getroffenen Abreden mit dem Auswerfen eines gesonderten Kaufpreises für ein Dachzimmer in Verbindung mit der gesonderten Nutzungsregelung für dieses Zimmer vom 06.05.1977. Hierbei enthält der Zusatz vor den Unterschriften der Eheleute Dr. K. und der Beteiligten zu 4. mit ihrem Ehemann nicht etwa eine Einschränkung, sondern infolge der Bezugnahme auf die Erklärung vom 10.10.1961 lediglich eine Klarstellung, dass es zum Inhalt des Nutzungsrechts bei früher getroffenen Abreden blieb.

Inhaltlich handelt es sich bei der Einräumung eines Rechts zur ausschließlichen Nutzung eines zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Raumes nicht lediglich um eine Gebrauchsregelung, sondern um die Einräumung eines Sondernutzungsrechts, das dadurch gekennzeichnet ist, dass den übrigen Miteigentümern das Recht zum Mitgebrauch entzogen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2000 - V ZB 58/99 - = MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = NZM 2000, 1184 = ZWE 2000, 518 = ZfIR 2000, 877; Wenzel, ZWE 2000, 550 [553]; Schuschke NZM 1999, 241).

Wegen der beiden von dem zeitweiligen Miteigentümer G. am 26.05.1984 "gekauften Zimmer" ist es jedenfalls an diesem Tag zu einer entsprechenden Einigung aller damaligen Wohnungseigentümer gekommen. Bei der Auslegung dieser Vereinbarung ist gem. §§ 133, 157 BGB nicht auf deren pseudojuristische Terminologie abzustellen, sondern der Wille der Beteiligten zu erforschen. Dieser ging gerade vor dem Hintergrund der 1977 bei den Eheleuten Ka. getroffenen und ersichtlich auf einem notariellen Entwurf beruhenden Nutzungsregelung dahin, dass Herr G. das Recht, das er als Eigentümer einer Wohnung an den beiden Speicherräumen nur haben konnte, also ein Sondernutzungsrecht gegen Entgelt übertrug, und zwar an die "Eigentümerin des Sondereigentums im III. Obergeschoß", also nicht an die fälschlicherweise als solche bezeichnete Mutter der seinerzeit noch minderjährigen Beteiligten zu 1., sondern an die tatsächlichen Eigentümerinnen.

Diese Übertragung war formlos möglich, wobei es offen bleiben kann, ob dies auch ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer hätte geschehen können (vgl. hierzu Weitnauer/Lüke, WEG 8. Auflage, § 15); denn sie haben ausdrücklich zugestimmt. Angesichts der Tatsache, dass sich damit anhand von Urkunden weitgehend Einigungen der jeweiligen Miteigentümer über die Einräumung oder Übertragung von Sondernutzungsrechten feststellen lassen und diese ohne weiteres den Schluss zulassen, dass die Rechte den Beteiligten zu 1. insgesamt in dem von ihnen dargelegten Umfang eingeräumt sind, kann es auch offen bleiben, ob angesichts des Beschlusses des BGH vom 13.09.2000 - V ZB 14/00 - (NJW 2000, 3643 = NZM 2000, 1187 = ZfIR 2000, 884 = MDR 2001, 80 = ZMR 2001, 119) an der bisherigen Rechtsprechung des Senats festgehalten werden kann, dass Sondernutzungsrechte auch durch eine einvernehmliche jahrlange Übung begründet werden können, (vgl. dazu z. B. OLG Köln OLGR 1998, 194 = NZM 1998, 967 = ZMR 1998, 520; Schuschke a.a.O. S. 243 m. weiteren Nachweisen).

(2)

Die getroffene Vereinbarung bindet wegen § 10 Abs. 2 WEG indes nicht die Beteiligten zu 2.

Bereits vor den Entscheidungen des BGH vom 13.09.2000 - V ZB 14/00 - zur Löschung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch und vom 20.09.2000 - V ZB 58/99 - zur fehlenden Möglichkeit der Begründung eines derartigen Rechts durch bestandskräftig gewordenen Mehrheitsbeschluss bestand in der Rechtsprechung und Literatur Einvernehmen darüber, dass eine Vereinbarung nur ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht begründet, das zwar als solches keiner Eintragung im Grundbuch bedarf, aber ohne Eintragung für und gegen den Sonderrechtsnachfolger des begünstigten Wohnungseigentümers nur durch Abtretung und gegen den Sonderrechtsnachfolger eines ausgeschlossenen Wohnungseigentümers nur durch entsprechende Schuldübernahme wirkt (Wenzel a.a.O.).

Vorliegend ist weder eine Eintragung im Grundbuch erfolgt, noch haben die Beteiligten zu 2. Sondernutzungsrechte anderer Wohnungseigentümer übernommen. Aus der Abrede in dem Kaufvertrag mit dem Voreigentümer G., dass im Grundbuch nicht eingetragene Dienstbarkeiten sowie nachbarrechtliche Beschränkungen, die zu ihrer Entstehung der Zustimmung der des betroffenen Eigentümers bedürfen, von dem Käufer übernommen werden und solche dem Verkäufer nicht bekannt seien, kann eine Übernahme entgegen der Meinung der Beteiligten zu 2. nicht hergeleitet werden. Ein Sondernutzungsrecht ist ein schuldrechtliches Recht, das infolge der Eintragung lediglich eine dingliche Wirkung entfaltet (BGH, Beschluss vom 13.09.2000 - V ZB 14/00; Wenzel a.a.O.), insbesondere keine Dienstbarkeit oder sonstiges dingliche Recht (Schuschke a.a.O. S. 242). Erst Recht liegt keine nachbarrechtliche Beschränkung vor. Tangiert durch die Einräumung eines derartigen Rechts ist der Mitgebrauch anderer Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage und keine Rechtsposition von Nachbarn, also außenstehender Dritter.

Mangels Übernahme von Sondernutzungsrechten kommt es auch nicht auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage an, ob dem Beteiligten A. vor Kauf der Wohnung das Bestehen derartiger Rechte bekannt war.

(3)

Über die genannten Grundsätze hinausgehend hat der Senat in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass die stillschweigende Hinnahme des alleinigen Gebrauchs von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums beispielsweise eines Stellplatzes durch einen Wohnungseigentümer einen Vertrauenstatbestand auch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern entfalte (vgl. OLG Köln, OLGR 1997, 234 = WuM 1997, 637, während die weitere von den Beteiligten zu 1. zitierte Entscheidung ZMR 1998, 459 = NZM 1998, 872 eine gegen die Teilungserklärung verstoßende Nutzung von Räumen betrifft, die im Sondereigentum stehen, und daher nicht einschlägig ist).

An dieser Auffassung, die - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - mit der neueren Rechtsprechung des BGH nicht in Einklang zu bringen ist, hält der Senat nicht mehr fest. Wenn bereits - so die Entscheidung des BGH vom 13.09.2000 - V ZB 14/00 - die einseitig mögliche Löschung eines - unter Umständen schon seit vielen Jahren - eingetragenen Sondernutzungsrechts dazu führt, dass der Sonderrechtsnachfolger eines durch die schuldrechtliche Vereinbarung von seinem Mitgebrauchsrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümers das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht nicht gegen sich gelten lassen muss, kann in Fällen, in denen es noch nicht einmal zu einer "Verdinglichung" des Rechts gekommen war, nichts anderes gelten.

(4)

Der Umstand, dass die für die Beteiligten zu 1. begründeten Sondernutzungsrechte keine Wirkung gegenüber den Beteiligten zu 2. entfalten konnten, hat die - vom BGH in der Entscheidung vom 13.09.2000 ausdrücklich offen - gelassene Folge, dass eine entsprechende Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 S. 2 WEG nicht mehr besteht.

Die Wohnungseigentümer, die an der Vereinbarung über die Begründung der Sondernutzungsrecht mitgewirkt bzw. Pflichten hieraus übernommen hatten, also die Beteiligten zu 3. und 4. blieben zwar zunächst unverändert in der vertraglichen Bindung. Nachdem aber eine derartige Übernahme durch die Beteiligten zu 2. weder bei dem Erwerb der Wohnung noch nachträglich erfolgt war und sie daher nicht an den früheren Abreden gebunden sind, liegt keine Vereinbarung i. s. d. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG, die nur Grundlage eines Sondernutzungsrechts sein kann (BGH, Beschlüsse vom 13. und 20.09.2000) mehr vor. Eine derartige auch als Kollektivvertrag bezeichnete Vereinbarung vgl. hierzu Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 10 Rdn. 25) erfordert eine allseitige Willensübereinstimmung und wird daher hinfällig, wenn diese wegen der fehlenden Bindung eines Sonderrechtsnachfolgers an früher getroffene Abreden, nicht mehr gegeben ist (ebenso Müller ZMR 2000, 473 [474].

Deshalb waren die Wohnungseigentümer einschließlich derjenigen, die an den dargestellten Vereinbarungen bzw. Übertragungsakten beteiligt waren, nicht gehindert, klarstellend eine Feststellung zu treffen, die lediglich die ohnehin bestehende Rechtslage wiedergibt und sich im übrigen auf alle im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räume bezieht und damit hinreichend bestimmt ist. Ihre Kompetenz zur Entschließung im Beschlusswege folgt daraus, dass mit der Feststellung die Grundlage für etwaige spätere, einem Mehrheitsbeschluss zugängliche Gebrauchsregelungen geschaffen werden soll.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Beteiligten zu 1. die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Eine - von den Beteiligten zu 1. angeregte Nichterhebung der Kosten gem. § 16 KostO scheidet aus, da die Gehörsverletzung infolge der eigenen Sachentscheidung des Senats folgenlos geblieben ist.

Wegen der außergerichtliche Kosten war es - entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2. in einer persönlichen Eingabe - ermessensfehlerfrei, dass das Landgericht von einer nur ausnahmsweise möglichen Erstattungsanordnung abgesehen hat. Auch der Senat sieht keinen Anlass für die dritte Instanz eine derartige Anordnung zu treffen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 WEG und entspricht den unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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