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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 80/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1365 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In dem Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung nach § 1365 Abs. 2 BGB
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Ahlmann
am 26.05.2004
beschlossen: Tenor:
Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.03.2004 - 1 T 455/03 - wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten zu tragen und die der Antragsgegnerin in der 3. Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.160, -- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind getrennt lebende Ehegatten, zwischen denen ein Scheidungsverfahren anhängig ist. Eine Regelung des Zugewinns ist bislang nicht erfolgt. Sie sind zu gleichen Teilen Miteigentümer des Hausgrundstücks C-Straße 101 in L, welches sie im Jahr 1996 zu einem Kaufpreis von 550.000, -- DM erworben hatten. Seit dem Auszug des Antragstellers Anfang März 2001 wird das Haus von der Antragsgegnerin und den heute 12 und 9 Jahre alten, ehelichen Kindern der Beteiligten allein bewohnt. Das Grundstück ist mit Grundpfandrechten belastet, die im Oktober 2003 noch in Höhe von 158.544,22 € valutierten. Die monatlichen Belastungen werden von dem Antragsteller in Höhe von 1.232,10 € und von der Antragsgegnerin in Höhe von 686,96 € getragen.
Der Antragsteller bezieht - ohne Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie etwaigen Steuerrückerstattungen - ein monatliches Nettogehalt von 3.113,33 €. Er hat Unterhaltszahlungen an die beiden gemeinschaftlichen Kinder der Beteiligten sowie zwei weitere Kinder aus einer früheren Ehe in Höhe von monatlich 715,21 € zu erbringen. Nach Abzug von Versicherungsbeiträgen sowie dem von ihm geleisteten Anteil an den gemeinschaftlichen Kreditverbindlichkeiten verbleibt ihm ein monatliches Einkommen in Höhe von 781,80 €, aus dem er seinen Angaben zufolge noch weitere Kredite bedienen muss. Die Antragsgegnerin ist schwerbehindert und erhält eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 1.322,50 €.
Bestrebungen der Antragsgegnerin, dem Antragsteller seinen Miteigentumsanteil selbst oder durch Verwandte abzukaufen, ließen sich nicht realisieren.
Der Antragsteller beabsichtigt, hinsichtlich des Grundbesitzes ein Teilungsversteigerungsverfahren einzuleiten und hat beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Zustimmung der Antragsgegnerin zu der Versteigerung zu ersetzen. Auf diesen Antrag, der im wesentlichen darauf gestützt worden ist, der Antragsteller lebe unterhalb des Existenzminimums und sei finanziell nicht in der Lage, eine angemessene Wohnung anzumieten oder einzurichten, hat das Amtsgericht die von der Antragsgegnerin verweigerte Zustimmung ersetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch Beschluss vom 10.03.2004 den Ersetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Antragstellers. II.
Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften beruht. Dies hat weiter zur Folge, dass dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gewährt werden kann.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch der Antrag eines Ehegatten auf Anordnung der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft an einem im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstück (§§ 180 f. ZVG) nach § 1365 Abs. 1 BGB der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf, wenn die Eheleute - wie hier - im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben und der Grundstücksanteil des Antragstellers im wesentlichen sein gesamtes Vermögen darstellt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 05.04.2000 - 16 Wx 51/00 -, OLGR Köln 2000, 422, und 04.08.1971 - 16 Wx 77/71 -, NJW 1971, 2312, 2313; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 524, 525; BayObLG FamRZ 1985, 1040, 1041). Denn der Schutzzweck des § 1365 Abs. 1 BGB, der u.a. der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie dient, wäre nur unvollkommen gewahrt, wenn eine Teilungsversteigerung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten möglich wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 04.08.1971 - 16 Wx 77/71 -, NJW 1971, 2312, 2313 m.w.N.).
Der Miteigentumsanteil des Antragstellers an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück macht nahezu dessen gesamtes Vermögen aus. Ob das beabsichtigte Rechtsgeschäft ein Gesamtvermögensgeschäft im Sinne von § 1365 Abs. 1 BGB und damit zustimmungspflichtig ist, ist anhand eines Wertvergleichs zwischen dem objektiven Verkehrswert des Geschäftsgegenstandes und des sonstigen, nicht betroffenen Vermögens zu beurteilen (vgl. J. Mayer in: Bamberger/Roth, BGB, Band 3, 1. Aufl. § 1365 Rdnr. 11), wobei jeweils vorhandene Lasten in Abzug zu bringen sind (vgl. J. Mayer, a.a.O., Rdnr. 13). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Abgrenzung zwischen zustimmungspflichtigen und -freien Verfügungen anhand fester Prozentsätze vorzunehmen (vgl. BGHZ 77,293, 298 f.) Keine Zustimmungspflicht besteht danach, wenn dem verfügenden Ehegatten bei einem kleinen Vermögen mindestens 15 % des Gesamtvermögens verbleiben bzw. wenn dieser bei einem größeren Vermögen ein Mindestrestvermögen von 10 % behält (vgl. BGHZ 77, 293, 299). Vorliegend würden dem Antragsteller, der nur über ein kleineres Vermögen verfügt, im Falle der Teilungsversteigerung des im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstücks C-Straße 101 in L unter Berücksichtigung seines sonstigen Vermögens weniger als 15 % des ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben. Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist von den Beteiligten im Jahr 1996 zu einem Kaufpreis von 550.000, -- DM (= 281.210,53 €) erworben worden. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Immobilienpreise in den letzten Jahren nicht gesunken sind, kann davon ausgegangen werden, dass der heutige Verkehrswert des Grundstücks zumindest dem Anschaffungspreis entspricht, zumal besondere Umstände, wie etwa ein erheblicher Instandhaltungsrückstand, die Rückschlüsse auf einen Wertverlust erlauben würden, von den Beteiligten nicht dargetan worden sind. Nach Abzug der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte, die im Oktober 2003 noch in Höhe von ca. 158.000, -- € valutierten, ergibt sich ein Verkehrswert von 123.210,53 €. Hiervon entfallen auf den Antragsteller 61.605,26 €. An weiterem Vermögen besitzt der Antragsteller - gemeinsam mit der Antragsgegnerin - eine Geldanlage bei der U F, Inc. mit einem Gesamtwert von 8.107,42 €, wovon ihm ein Anteil von 4.053,71 € gebührt. Nach seinen eigenen Angaben ist er ferner Eigentümer eines Pkw Renault Laguna Concorde 2.0, Baujahr 2000, der nach der Schwacke-Liste bei einer durchschnittlichen Laufleistung heute einen Wert von 9.948, -- € hat. Bei dem vorliegend im Rahmen des § 1365 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Wertvergleich kann jedoch allenfalls der hälftige Fahrzeugwert berücksichtigt werden, da der Antragsteller bei Anschaffung des Fahrzeugs Anfang des Jahres 2003 unstreitig jedenfalls einen (Netto-)Betrag von 6.400, -- € über die Renault Bank finanziert hat. Danach ergibt sich ein zu berücksichtigendes Gesamtvermögen des Antragstellers von 70.632,97 €, von welchem ihm im Falle der Teilungsversteigerung des Hausgrundstücks maximal 9.027,71 €, mithin ca. 12,8 % verblieben.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 19.11.2003 den Ersetzungantrag des Antragstellers zurückgewiesen hat, weil die Antragsgegnerin die Zustimmung zur Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens nicht ohne ausreichenden Grund verweigert.
Nach § 1365 Abs. 2 BGB kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten zu einer Veräußerung seines wesentlichen Vermögens ersetzen, wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und der andere Ehegatte seine Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert. Ob ein Geschäft einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, richtet sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob auch ein sorgfältiger Wirtschafter, der die richtig verstandenen Bedürfnisse der Familie und deren wirtschaftliche Interessen im Auge hat, das Rechtsgeschäft abschließen würde (BayObLG FamRZ 1996, 1013 ff.; FamRZ 1985, 1040, 1041). Auch die Frage, ob der andere Ehegatte die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert, ist nach den gesamten Verhältnisssen des einzelnen Falles zu beurteilen, wobei ein ausreichender Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu bejahen ist, wenn die an dem Schutzzweck des § 1365 BGB orientierten berechtigten Interessen des anderen Ehegatten nicht in der möglichen und üblichen Weise berücksichtigt sind (BayObLGZ 1975, 12, 16).
Ob ein ausreichender Weigerungsgrund - wie das Landgericht angenommen hat - bereits darin zu sehen ist, dass im Falle der Teilungsversteigerung auch die gemeinsamen Kinder der Beteiligten, N und D, die ausweislich des in dem Verfahren 301 F 270/01 AG Köln erstatteten Gutachten der Diplom-Psychologen L vom 21.08.2002 unter der Trennung der Eltern erheblich gelitten haben, aus ihrem Elternhaus ausziehen müssten, kann hier dahin gestellt bleiben.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt der widersprechende Ehegatte in den Fällen, in denen der Ausgang eines streitigen Zugewinnausgleichsverfahrens noch ungewiss ist, in der Regel nicht ohne ausreichenden Grund (vgl. Senatsbeschlüsse vom 05.04.2000, - 16 Wx 51/00 -, OLGR Köln 2000, 422, 423, und vom 16.08.1996 - 16 Wx 193/96 -, FamRZ 1997, 677 = OLGR Köln 1997, 50), wenn er durch die Genehmigung seine Anwartschaft auf Zugewinnausgleich konkret gefährden würde, was angenommen werden kann, wenn die Würdigung aller Umstände eine Gefährdung nicht unwahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. BayObLGZ 1975, 12, 17). So liegen die Dinge hier. Unstreitig ist derzeit das Scheidungsverfahren und im Verbund damit das Verfahren auf Ausgleich des Zugewinns vor dem Familiengericht anhängig. Über das Bestehen und die Höhe eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs der Antragsgegnerin besteht zwischen den Parteien Streit. Die Klärung dieser Frage, die komplizierte Berechnungen erfordert, kann nicht im vorliegenden Ersetzungsverfahren, sondern nur im Prozesswege herbeigeführt werden. Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles lassen auch eine Gefährdung des etwaigen Ausgleichsanspruchs der Antragsgegnerin nicht unwahrscheinlich erscheinen. Nach den eigenen Angaben des Antragstellers liegen die ihm verbleibenden monatlichen Einkünfte nach Abzug der Unterhaltsleistungen und sonstigen Verbindlichkeiten unter dem pfändungsfreien Betrag des § 850 c ZPO und reichen zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten nicht aus, weshalb der Antragsteller auf die finanzielle Unterstützung durch seine Lebensgefährtin angewiesen ist. Darüber hinaus ist der Antragsteller erheblich verschuldet; so gibt er an, bei seinen Eltern Anfang 2003 ein Darlehen über 6.400, -- € zur Finanzierung eines Pkws aufgenommen zu haben, auf das er monatliche Raten in Höhe von 204, -- € leistet. Seine Wohnverhältnisse beschreibt er selbst als "menschenunwürdig". Über Mobiliarvermögen verfügt er eigenen Angaben zufolge nicht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist zu erwarten, dass der Antragsteller, der den Ersetzungsantrag selbst darauf gestützt hat, sei finanziell nicht in der Lage, eine angemessene Wohnung anzumieten oder einzurichten, den ihm gebührenden Teil des Versteigerungserlöses jedenfalls teilweise zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten, zur Bestreitung seines Lebensbedarfs und zur Verbesserung seiner Lebensqualität einsetzen wird mit der Folge, dass die Zugriffsmöglichkeiten der Antragsgegnerin auf den Zugewinnanteil nach einer erfolgten Scheidung geschmälert werden. Hinzu kommt, dass der Antragsteller in der Vergangenheit jedenfalls zeitweise seinen Unterhaltspflichten gegenüber den gemeinsamen Kindern der Beteiligten nicht nachgekommen ist, so dass der Kindesunterhalt in dem Verfahren 301 F 25/02 Amtsgericht Köln im Wege der einstweiligen Anordnung tituliert werden musste, was Bedenken hinsichtlich der persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers begründet. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt aus § 31 KostO. Der Geschäftswert für die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB ist regelmäßig nach dem um die Schulden verminderten Wert des betroffenen und nach den Regeln des Zugewinnausgleichs zu halbierenden Vermögens zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 05.04.2000 - 16 Wx 51/00 -, m.w.N.). Im Hinblick darauf, dass es vorliegend nur um die Frage geht, ob derzeit, also bis zum Abschluss des Scheidungsverfahrens bzw. bis zur Regelung des Zugewinnausgleichs die fehlende Zustimmung der Antragsgegnerin zu ersetzen ist, erscheint es dem Senat gerechtfertigt, den Geschäftswert mit einem Bruchteil von 1/10 des hälftigen Grundstückswerts zu bemessen.
Ende der Entscheidung
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