Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.06.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 82/02
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 14
WEG § 22
WEG § 47
WEG § 22 I
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 22 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 82/02

In der Wohnungseigentumssache betreffend

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

am 19.6.2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. werden der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21.10.2001 - 29 T 38/01 - und der Schluss-Beschluss des Amtsgericht Köln vom 2.1.2001 - 204 II 370/ 98 - teilweise abgeändert: Die Antragstellerin wird verpflichtet, das zu ihrer Wohnung gehörende, auf der Rückseite der Wohnanlage befindliche 2-fach unterteilte Fenster zu entfernen und durch ein Fenster zu ersetzen, das in seinen Maßen und in seiner Einteilung den übrigen an der Rückseite der Wohnanlage im Erdgeschoss und 1. Stock befindlichen Fenstern entspricht.

Im Übrigen wird der Widerantrag zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten 1. Instanz tragen die Antragstellerin zu 3/7, die Antragsgegner zu 4/7. Die gerichtlichen Kosten der Erst- und Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Entscheidung zum Widerantrag fallen der Antragstellerin und den Antragsgegnerin je zur Hälfte zur Last.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft können zwar von der Beteiligten zu 1. verlangen, dass diese das auf der Rückseite der Wohnanlage befindliche, zweifach unterteilte Fenster entfernt und dieses durch ein Fenster ersetzt, das in Maß und Unterteilung den im Erdgeschoss und dem weiteren im 1. Stock eingebauten Fenstern entspricht. Es handelt sich um eine unzulässige bauliche Veränderung, § 22 I WEG. Hingegen ist der Widerantrag unbegründet, soweit er die Entfernung der beiden Fenster im 1. Stock der Vorderseite zum Gegenstand hat.

Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zur Entfernung der von ihr ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer eingebauten Fenster verpflichtet ist, sofern diese eine bauliche Veränderung beinhalten, die die übrigen Eigentümer in ihren Rechten nach Maßgabe des § 14 WEG beeinträchtigt, §§ 1004 BGB, 22 Abs. 1 WEG. Dieser Anspruch auf Entfernung einer baulichen Veränderung steht jedem Eigentümer zu.

Der Einbau eines 2-fach unterteilten Fensters an der Rückseite der Wohnanlage stellt eine bauliche Veränderung dar, die die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 WEG bestimmte Maß beeinträchtigt. Eine bauliche Veränderung liegt nicht nur dann vor, wenn durch sie in die Substanz des Gemeinschaftseigentums eingegriffen, sondern auch dann, wenn in die äußere Gestaltung des Gemeinschaftseigentums nachhaltig eingegriffen wird (vgl. die Beschlüsse des Senats OLGR 1997, 98; OLGR 1999, 325; Beschluss vom 12.07.1999 - 16 Wx 87/99 -; Beschluss vom 17.12.2001, OLGR 02,90 ). Die von der Beteiligten zu 1. vorgenommene Veränderung wirkt sich hier zweifelsfrei optisch aus, da der einheitliche Eindruck der Rückseite des Anwesens A. Straße 21 darunter leidet. Die vier gleich großen, übereinander liegenden Fenster bestimmen das Bild der Fassade. Bisher waren diese vier Fenster in gleicher Weise unterteilt, nämlich nur einmal - von außen betrachtet - nach rechts versetzt, so dass sich insgesamt der Eindruck einer gleichmäßig gegliederten, geordneten Fassade ergab. Dagegen fällt das mittig unterteilte oberste Fenster im 2. Stock schon wegen seiner deutlich geringeren Ausmaße daneben nicht mehr prägend ins Auge. Durch den Einbau des einen Fensters im 1. Stock, das im Gegensatz zu den anderen Fenstern zweifach ( zu je einem Drittel ) unterteilt ist, wird dieser einheitliche Eindruck nachhaltig gestört. Zwar müssen Veränderungen, die weder für die Gemeinschaft, noch für einzelne Sondereigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende Nachteile mit sich bringen, von der Wohnungseigentümergemeinschaft hingenommen werden und bedürfen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG nicht der Zustimmung der übrigen Sondereigentümer (vgl. dazu Schuschke, ZWE 00, 146 ). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Haus mit dem individuellen Charakter eines Zweifamilienhauses handelt, bei dem in der Regel die einzelnen Bestandteile und Attribute des Gebäudes aufeinander abgestimmt sind. Das gilt auch für die Gestaltung der Fenster, die bei Häusern dieser Art meist einheitlich ausfällt. Eine Veränderung, die die ursprünglich einheitliche Gestaltung der Fassade aufhebt, ist bei einem Haus dieses Charakters eine erhebliche, auch angesichts der Regelung des § 14 WEG nicht mehr zu duldende Beeinträchtigung.

Dagegen ist nicht zu beanstanden, dass die Beteiligte zu 1. das neue Fenster aus Kunststoff und nicht aus Holz hat anfertigen lassen. Diese Maßnahme allein wäre, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, noch als Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung und - setzung anzusehen ( vgl. Senat, ZMR 98, 49). Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat der durch die Beteiligte zu 1. vorgenommenen Veränderung der Rückfront nicht zugestimmt, wobei hierzu nach § 22 WEG die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist.

Anders zu beurteilen ist hingegen der Einbau der beiden Fenster an der Vorderseite des Hauses. Ob es sich hierbei schon um eine bauliche Veränderung oder noch um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung und - setzung handelt, kann offen bleiben. Denn selbst wenn eine bauliche Veränderung vorliegt, beeinträchtigt diese die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus, § 22 Abs. 1 S.2 WEG.

Auf der Grundlage des gesamten unstreitigen Vorbringens der Beteiligten einschließlich der vorgelegten Lichtbilder kommt der Senat hinsichtlich der beiden Fenster der Vorderfront zu einer von den Vorinstanzen abweichenden Tatsachenwürdigung. Diese ist hier, nachdem der Sachverhalt erschöpfend aufgeklärt ist, auch in der Rechtsbeschwerde zulässig; damit erübrigt sich die Notwendigkeit einer Zurückverweisung zu einer erneuten Überprüfung der Tatsachen ( vgl. Keidel/Kuntze/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rz. 59 m.w.N.).

Ausweislich der dem Landgericht vorgelegten Lichtbilder bot diese Fassade schon vorher keinen einheitlichen, geordneten Eindruck. Auch die Vorderfront wird durch insgesamt fünf Fenster unterteilt. Allerdings unterscheiden sich diese fünf Fenster, die sich paarweise im EG und im ersten Stock sowie als Einzelfenster im 2. Stock befinden, nicht wesentlich in der Größe. Die Gestaltung dieser 5 Fenster war nach dem unstreitigen Sachverhalt bereits vor der Baumaßnahme der Beteiligten zu 1. uneinheitlich, und zwar befanden sich im EG zwei nicht unterteilte, weiße Fenster, im 1. Stock ebenfalls zwei nicht unterteilte Fenster, allerdings in dunkelbrauner Farbe, während das Fenster im 2. Stock einen braunen Rahmen und bereits damals eine mittige Unterteilung hatte. Schon vor dem Einbau der neuen Fenster fehlte somit ein einheitlicher optischer Eindruck von dieser Fassade. Durch den Einbau der weißen, mittig unterteilten Fenster ist nun eine einheitliche Farbgestaltung in den ersten beiden Stockwerken geschaffen, so dass im Gegensatz zum früheren Eindruck ein eher einheitliches Bild entstanden ist. Dem steht indes die mittige Teilung der beiden neuen Fenster entgegen; allerdings paßt diese wiederum zu dem Fenster im 2. Stock, das sich in seinen Ausmaßen nicht wesentlich von den übrigen Fenstern dieser Fassade unterscheidet. Die Baumaßnahme der Beteiligten zu 1. hat somit keine optische Verschlechterung der ohnehin nicht einheitlich gestalteten Vorderfassade zur Folge.

Deshalb ist insoweit der Widerantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG und berücksichtigt den jeweiligen Anteil des Obsiegens bzw. des Unterliegens der Beteiligten in den verschiedenen Instanzen. Von dem Grundsatz, dass die Wohnungseigentümer regelmäßig ihre außergerichtlichen Kosten in derartigen Verfahren selbst zu tragen haben, war vorliegend keine Ausnahme zu machen.

Der Beschwerdewert entspricht dem geschätzten Wert der Kosten, die die Beteiligte zu 1. aufwenden müsste, um den von der Eigentümergemeinschaft gewünschten Zustand wieder herzustellen und steht im Einklang mit der nicht angegriffenen Festsetzung in der 2. Instanz.

Ende der Entscheidung

Zurück