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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 17 U 20/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 362 Abs. 1
BGB § 371
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 8. November 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 85 O 241/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen.

Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteilsausspruch vollstreckbaren Betrages zuzüglich 20 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerinnen gegen die Beklagte aus einer Bürgschaft vorgehen können.

Gegenüber der G. E. GmbH verpflichtete sich die Arbeitsgemeinschaft "b. 2000 q.", bestehend aus den beiden Klägerinnen und der inzwischen insolventen R. I. AG mit Vertrag vom 2. Dezember 1998 zur Erbringung von Planungs- und Bauleistungen (Anlage K 2). Laut Ziffer 7 hafteten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für die Erfüllung der übertragenen Leistungen als Gesamtschuldnerinnen. Des Weiteren hatten sie ihrer Auftraggeberin für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Bauvertrag, insbesondere im Hinblick auf die vertragsgemäße Ausführung der Leistungen als Sicherheit eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Erst mit Vertrag vom 1. März 1999 schlossen sich die zwei klagenden Baukonzerne sowie die R. I. AG per Vertrag zur Arbeitsgemeinschaft "b. 2000 q." zusammen (Anlage K 1). In § 3 legten sie die Beteiligungsverhältnisse wie folgt fest: J. AG 60 %, C. D. sowie R. I. je 20 %. Wegen der Bürgschaft wandte sich die C. D. AG am 12. September 2001 namens der A. an die G. S. Kreditversicherungs AG (Anlage K 3), nunmehr Y. Kreditversicherungs AG. Am 2. Oktober 1991 wurde der Bürgschaftsvertrag über eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 4.050.000,00 DM geschlossen. Am 1. Juni 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. I. AG eröffnet. Leistungen erbrachte sie in der Folgezeit nicht mehr.

Ihre Klageforderung haben die Klägerinnen in der Klageschrift (Bl. 5 GA) wie folgt begründet:

"Der Insolvenzverwalter hat die Erbringung weiterer Leistungen durch die R. I. AG für die G. E. GmbH im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft verweigert. Zu diesem Zeitpunkt waren von der Arbeitsgemeinschaft noch Leistungen im Wert von 2.305.195,62 € zu erbringen. Auf die R. I. AG entfielen entsprechend ihrer 20%igen Beteiligung noch auszuführende Leistungen im Wert von 461.039,12 €. Wir überreichen als Anlage K 5 einen Saldenbericht. Er zeigt, dass die beiden verbliebenen A.-Partner J. Construction AG (in der Übersicht mit "J" bezeichnet) und C. & D. Bauaktiengesellschaft AG (in der Übersicht als "CD" bezeichnet) im Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum 31.12.2002 für die G. E. GmbH geschuldete Leistungen im Wert von zusammen 2.305.195,62 € erbrachten, so dass sich der Leistungssaldo um diesen Betrag erhöhte."

Anlage K 5 lautet wie folgt:

"Gesellschafter-Leistungen 01.06.2002 - 31.12.2002

01.06.2002 31.12.2002 01.06. - 31.12.2002

(Auseinandersetzungsbilanz)

 EuroEuroEuro
HT-8.057.178,99-9.945.871,98-1.888.692,99
CD-2.717.676,52-3.134,179,15- 416.502,63
Gesamt  -2.305.195,62
PH-Anteil 20 %  - 461.039,12

 vorliegende Vertragserfüllungsbürgschaft 
vom 02.10.2001 Gerling 4.050.000,00 DM2.070.732,12 €
hiervon 20 %414.146,42"

Die G. E. AG übergab die Bürgschaftsurkunde den beiden Klägerinnen nach Erbringung der Werkleistungen.

Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, mit der Bürgschaft habe auch das Risiko abgesichert werden sollen, dass eines oder mehrere Mitglieder der A. die gegenüber der Auftraggeberin übernommenen Pflichten nicht erfüllen würden. Deren entsprechenden Ansprüche seien auf sie mit Leistungserbringung übergegangen.

Sie haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 414.146,42 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage die Klägerinnen zu verurteilen, das Original der Bürgschaftsurkunde Nr. xxx.xx6 vom 2. Oktober 2001 über 4.050.000,00 DM an sie herauszugeben.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Vertragserfüllungsbürgschaft habe allein die G. E. GmbH davor absichern sollen, dass die A. ihren vertraglichen Verpflichtungen aus dem Bauvertrag nicht nachkommen würde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dem mit der Widerklage geltend gemachten Begehren der Beklagten entsprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Bürgschaft aufgrund einer Auslegung nicht die gegenüber den einzelnen A.-Mitgliedern bestehenden Ansprüche der G. E. GmbH abgesichert habe, sondern deren Anspruch gegen die A. als solche, da bei Abschluss der Bürgschaft die Teil-Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts infolge einer Rechtsprechungsänderung durch den BGH schon anerkannt gewesen sei.

Hiergegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Sie sind der Ansicht, entgegen der Urteilsbegründung sei der Auftrag durch die G. E. GmbH, wie Anlage K 2 zu entnehmen sei, nicht der A., sondern den darin zusammengeschlossenen drei Baukonzernen erteilt worden. Dafür spreche auch die in Ziffer 7 festgelegte gesamtschuldnerische Haftung. An der vertraglichen Vereinbarung habe sich durch die spätere Änderung der Rechtsprechung zu Gesellschaft bürgerlichen Rechts nichts geändert. Wenn es auch richtig sei, dass in dem Anschreiben vom 12. September 2001 an die Beklagte (Anlage K 3) als Verpflichteter die "A. b. 2000 q." angegeben sei, so zeige der Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung unter Ziffer 10 dieses Schreibens, dass jede Gesellschafterin nur prozentual in Höhe der von ihr übernommenen Quote für etwaige Ersatzansprüche aus dem Auftragsverhältnis in Anspruch genommen werden konnte, so dass mit der Bürgschaft die vertraglich übernommenen Verpflichtungen auch der A.-Partner abgesichert werden sollten. Falls die A. alleinige Auftraggeberin hätte sein sollen, so mache diese Klausel keinen Sinn.

Die Klägerinnen beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, dass mit Erfüllung des Bauvertrages durch die beiden Klägerinnen keine Ansprüche der G. E. GmbH im Wege einer Legalzession hätten übergehen können, weil der Anspruch der Auftraggeberin durch Erfüllung erloschen sei. Das Schreiben der A. vom 14. Februar 2003 (Anlage K 6) an sie, wonach die A. auch den auf die R. I. AG entfallenden Leistungsteil erbracht habe, spreche für sich. Selbst wenn man einen Forderungsübergang annehmen wolle, so könnten die Klägerinnen keine Ansprüche geltend machen. Die Auslegung des Bürgschaftsvertrages ergebe nämlich, dass Sicherungszweck nicht die Erbringung der von den einzelnen Gesellschaftern geschuldeten Verpflichtung gewesen sei, sondern allein die Erfüllung des Bauvertrages durch die A. als solche gegenüber der G. E. GmbH. Indiziell sei auch der Umstand, dass eine Gesamtbürgschaft mit einem einheitlichen Höchstbetrag gegeben worden sei. Wenn die Bürgschaft die Leistungserbringung durch die einzelnen A.-Mitglieder hätte absichern sollen, so wären Teilbürgschaften gemäß der internen Beteiligungsquoten übernommen worden. Auch der Sinn und Zweck der Bürgschaft spreche für die von ihr favorisierte Auslegung. Welches der A.-Mitglieder tätig werden würde, sei der G. E. GmbH gleichgültig gewesen. Die Quotenregelung in Ziffer 10 habe nur Bedeutung für den Fall eines Rückgriffs von ihrer Seite gehabt, stelle aber keine Erweiterung der Sicherungsabrede dar. Der Bauvertrag nenne als Auftragnehmer ebenfalls die A. als solche. Schließlich sei der Sicherungsfall gar nicht eingetreten, da die Klägerinnen nach Ausfall der R. I. AG weiterhin leistungsbereit und -fähig gewesen seien.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen auf den Hinweis, dass ein Schaden nicht ausreichend vorgetragen sei, erklärt, bei dem Betrag von 2.305.195,62 DM, der in der Klageschrift der Berechnung zugrunde gelegt worden sei, handele es sich um seitens der G. E. GmbH bereits an die A. gezahlte Vorschüsse für Leistungen, die infolge der Insolvenz der R. I. AG allein die Klägerinnen erbracht hätten.

Im nachgelassenen Schriftsatz vom 13. November 2006 tragen die Klägerinnen vor, bei der Anlage K 5 handele es sich um einen Saldenbericht. Aus ihm ergebe sich für den Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Dezember 2002 ein Minus von 2.305.195,62 €. Es handele sich um die Darstellung der Partner-Konten mit dem Wert ihrer Gesellschafter-Leistungen für den genannten Zeitraum. Diese stellten den zeitanteiligen Verlust der einzelnen Gesellschafterinnen der A. dar, d. h. der Kontensaldo weise aus, was die beiden verbliebenen Gesellschafterinnen in die Gesellschaft im genannten Zeitraum eingeschossen hätten bzw. zusätzlich hätten einschießen müssen, um die nicht gedeckten Kosten zu tragen. Davon zu unterscheiden seien die im fraglichen Zeitraum erbrachten vergütungspflichtigen Werkleistungen in Höhe von 16.705.000,00 €, denen jedoch Kosten in Höhe von 19.740.000,00 € gegenüber gestanden hätten, so dass ein Bilanzverlust von 3.035.000,00 € entstanden sei. Der Bilanzverlust falle für den genannten Zeitraum deshalb höher aus, weil er nicht absolut identisch sei mit dem, was tatsächlich von den verbliebenen A.-Partnern liquiditätsmäßig über die Partner-Konten in diesem Zeitraum habe eingeschossen werden müssen. Bereits am 1. Juni 2006 habe ein Minus von 8.750.178,99 € auf dem Partner-Konto der Firma J. und ein Minus von 2.717.676,52 € auf dem Partner-Konto C. D. bestanden. Bis zum 31. Dezember 2002 sei der Minus-Kontostand der Gesellschafter-Konten bei J. auf 9.945.871,98 € und bei C. D. auf 3.134.179,15 € gestiegen. Das bedeute, dass zusätzliche Gesellschafter-Leistungen in Höhe von 1.888.692,99 € durch J. und 416.502,63 € durch C. D. in diesem Zeitraum als Gesellschafterinnen geleistet worden seien. In diesem Sinne sei ihr Sachvortrag zu verstehen, wonach Leistungsanteile für die R. I. AG erbracht worden seien. Auf diese würden 20 % der Beteiligung an den entsprechenden Gesellschafter-Leistungen, d. h. 461.039,12 € entfallen sein, die nicht erbracht worden seien. Dies hätten sie, die Klägerinnen, vorgenommen. Insgesamt habe das Bauprojekt der Arbeitsgemeinschaft - bestehend aus den Firmen J. und C. D. - einen Gesamtverlust von 22.212.000,00 € gebracht. Hiervon entfielen auf die Firma J. 14.786.000,00 € und auf die Firma C. D. 4.929.000,00 €. Aufgrund der Insolvenz habe die Firma R. I. nur 2.497.000,00 € an Verlust getragen. In Höhe von 1.945.000,00 € hätten sie, die Klägerinnen, daher den Verlust getragen, der von der Firma R. I. zu tragen gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den diesen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerinnen ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie begegnet auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. In der Sache selbst hat sie jedoch keinen Erfolg.

1.

Mit ihrem Begehren können die Klägerinnen schon deshalb keinen Erfolg haben, weil ihr Tatsachenvortrag zur Höhe der Klageforderung teilweise unschlüssig, teilweise widersprüchlich sowie unsubstanziiert ist.

a)

aa)

Eine Klage ist schlüssig, wenn der Tatsachenvortrag - seine Richtigkeit unterstellt - geeignet ist, den Klageantrag sachlich zu rechtfertigen (BGH NJW 1984, 2889; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., vor § 253 Rdn. 23). Diesen Anforderungen wurde der Vortrag der Klägerinnen in der Klageschrift nicht gerecht. Die Klageforderung wurde ausdrücklich damit begründet (Bl. 5 GA), dass sie nach dem insolvenzbedingten Ausscheiden der R. I. AG noch Leistungen in Höhe von 2.305.195,62 € erbracht hätten, so dass sich der Leistungssaldo um diesen Betrag erhöht habe. Angesicht der 20%igen Beteiligung der R. I. AG an der A. entfielen, so der weitere Vortrag der Klägerinnen, auf diese 461.039,12 €, die wegen der Begrenzung der Bürgschaft auf 4.050.000,00 DM auf 414.146,42 DM herunter zu rechnen seien (Bl. 11 GA). Da die Bürgschaftsurkunde unstreitig jedoch von der G. E. GmbH an die Klägerinnen herausgegeben worden ist, kann unbedenklich davon ausgegangen werden, dass diese die seitens der A. geschuldeten Leistungen als erbracht angesehen und den Werklohn bezahlt hat. Ein die Klageforderung stützender Schaden hätte folglich nur in denkbaren ausscheidensbedingten Mehrkosten liegen können (s. hierzu: Wölfing-Hamm BauR 2005, 228, 238). Da aber die Klageforderung ausschließlich mit den nach dem Ausscheiden der R. I. AG seitens der Klägerinnen noch erbrachten Leistungen, die auf ihre ehemalige A.-Partnerin entfallen wären, begründet wurde, war die Schlüssigkeit nicht gegeben. Dass mit dem Betrag von gut 2,3 Mio. € in Wahrheit ein Minusbetrag gemeint gewesen sein soll, ließ sich dem Vortrag zur Begründung der Klageforderung auch nicht ansatzweise entnehmen.

bb)

Der Hinweis der Klägerin auf die der Klageschrift beigefügte Anlage K 5 überzeugt nicht. Zwar ist die schriftsätzliche Bezugnahme auf Schriftstücke aller Art zulässig. Das Gericht ist aber weder berechtigt und schon gar nicht verpflichtet, sich aus beigefügten Urkunden denjenigen Tatsachenstoff herauszusuchen, der für die Schlüssigkeit des Klagevorbringens und/oder für die Erheblichkeit des Verteidigungsvorbringens relevant ist. Ein solches Vorgehen gerichtlicherseits würde gegen den den Zivilprozess beherrschenden Beibringungsgrundsatz verstoßen (Lange NJW 1989, 438, 442). Eine Bezugnahme ersetzt nicht den erforderlichen Sachvortrag im Schriftsatz, kann diesen nur erläutern oder ergänzen (OLG Koblenz AnwBl 1990, 215). Wenn es auch zu Recht als zu formalistisch angesehen wird, einen umfangreichen Vertragstext oder etwa eine Schlussrechnung in den Text des Schriftsatzes einzubeziehen, so ist aber unter Bezugnahme auf die Seite der Anlage eine konkrete Bezugnahme erforderlich, welcher Inhalt genau in Bezug genommen und zum Parteivertrag gemacht wird. Des Weiteren ist eine Erläuterung erforderlich, wenn sich der Inhalt einer Urkunde aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt.

Im vorliegenden Fall war der Tatsachenvortrag in der Klageschrift nur so zu verstehen, dass die Klägerinnen nach dem Ausscheiden der R. I. AG noch Leistungen in Höhe von 2.305.195,62 € erbracht hatten, woraus sie bei Beachtung der Bürgschaftssumme einen Schadenersatzanspruch von 414.146.42 € errechneten. Unter der Überschrift "Gesellschafter-Leistungen 01.06.2002 bis 31.12.2002" ergibt sich in der Anlage K 5 aufgrund von Rechenoperationen neben dem Wort "Gesamt" der erstgenannte und weiter unten der die Klageforderung darstellende Betrag. Der schriftsätzliche Vortrag in Verbindung mit Anlage K 5 konnte nach alledem nur so verstanden werden, dass die Klägerinnen ihre Forderungen anteilig aus den von ihnen ab dem 1. Juni 2002 erbrachten Werkleistungen errechneten, ohne aber auch nur im Ansatz schlüssig darzulegen, wieso ihnen deswegen ein Schaden entstanden sein könnte.

b)

Das weitere Vorbringen der Klägerinnen zur Stützung ihrer Klageforderung ist widersprüchlich und unsubstanziiert.

aa)

Nachdem der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung auf die Bedenken zur Schlüssigkeit hingewiesen hatte, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen auf Vorhalt erklärt, es handele sich bei der Klageforderung um Vorauszahlungen der G. E. GmbH, die die R. I. AG anteilig noch vereinnahmt habe, aber die entsprechenden Leistungen wegen deren Insolvenz später erst von den Klägerinnen ab dem 1. Juni 2002 erbracht worden seien. Wenn auch die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ob der Bedenken des Senates im Hinblick auf die Schlüssigkeit überrascht worden sein mag, so zeigt doch die von ihr gegebene Erklärung, dass selbst auf Seiten der Klägerinnen keine Klarheit darüber bestand, welcher die Klageforderung stützende Lebenssachverhalt dieser zugrunde zu legen war, vor allem wodurch genau sie aufgrund der von ihnen zwischen dem 1. Juni und 31. Dezember 2002 erbrachten Leistungen Vermögenseinbußen erlitten haben könnten.

Der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz ist unsubstanziiert. Zum einen sind den nur 3 1/2 Seiten umfassenden Ausführungen 157 Seiten als Anlagen beigefügt, die fast ausschließlich aus Zahlenkolonnen bestehen und die Bilanz vom 1. Juni 2002 bzw. die Zwischenbilanz zum 31. Dezember 2002 darstellen sollen. In Bezug genommen wird im Schriftsatz die jeweilige Anlage nur ganz pauschal, ohne dass eine nähere Eingrenzung etwa anhand der Seitenzahl stattfindet. Dieses führt dazu, dass der entsprechende Vortrag als nicht ausreichend substanziiert zu behandeln ist. Ein solches Vorgehen verstößt gegen das Verbot, auf überreichte Anlagen pauschal zu verweisen (BGH NJW 1984, 310, 311; Lange NJW 1989, 438, 442). Das Gericht ist vor allem nicht gehalten, sich bei einer derartigen Verfahrensweise "das Passende" aus den umfangreichen Anlagen herauszusuchen (BVerfG NJW 1994, 2683; OLG Köln OLGR 2003, 124; Zöller/Greger, § 130 Rdn. 2, § 253 Rdn. 12a).

Zum anderen ist der Vortrag der Klägerinnen widersprüchlich und nicht ausreichend nachvollziehbar, mithin auch insofern unsubstanziiert.

Nachdem in der Klageschrift die Klageforderung damit begründet worden war, dass ab dem 1. Juni 2002 "von der Arbeitsgemeinschaft noch Leistungen im Wert von 2.305.195,62 € zu erbringen waren", was zu einer Erhöhung des Leistungssaldos geführt habe (Bl. 5 GA), wird diese Zahl auf den Seiten 2 und 3 des nachgelassenen Schriftsatzes vom 13. November 2006 (Bl. 209 GA) damit begründet, "dass es sich um einen Minusbetrag handele, der den zeitanteiligen Verlust der einzelnen Gesellschafter der A. darstelle. Der Saldo auf den Partner-Konten weise aus, was die einzelnen Gesellschafter in die Gesellschaft im Zeitraum 01.06. bis 31.12.2002 eingeschossen bzw. zusätzlich eingeschossen hätten, um die nicht gedeckten Kosten zu tragen. In diesem Sinne sei der Vortrag zu verstehen, wonach 20 % der entsprechenden Gesellschafter-Leistungen, d. h. 461.039,12 € auf die R. I. AG entfallen wären, wenn diese nicht insolvent geworden wäre."

Grundsätzlich ist es einer Partei unbenommen, ihren Vortrag im Laufe des Rechtsstreits zu ergänzen, zu berichtigen oder zu ändern. Im Zweifel ist der spätere als Berichtigung des früheren anzusehen. Ergibt sich aber, dass die Partei an ihrem widersprüchlichen Vorbringen festhalten will, so bleibt dieses unsubstantiiert.

So liegt der Fall hier, da die Klägerinnen behaupten, ihren Vortrag nicht geändert, sondern schon in der Klageschrift entsprechend vorgetragen zu haben. Dort heißt es aber in nicht mißzuverstehender Deutlichkeit, dass, nachdem der Insolvenzverwalter für die R. I. AG die Erbringung weiterer Leistungen verweigert hatte, die Klägerinnen "im Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum 31.12.2002 für die G. E. GmbH geschuldete Leistungen im Wert von zusammen 2.305.195,62 € erbracht hätten, so dass sich der Leistungssaldo um diesen Betrag erhöhte". Dass es sich dabei um einen Minussaldo handeln soll und nicht um den Wert für erbrachte Bauleistungen, lässt sich dem Vortrag nicht ansatzweise entnehmen. Der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz ist schließlich auch deshalb nicht nachvollziehbar, wenn es heißt, in Wahrheit sei der Bilanzverlust für den in Rede stehenden Zeitraum sogar mit 3.035.000,00 € anzusetzen. Dass sich dieser nicht mit dem Minus auf den Partner-Konten in Höhe von 2.305.195,62 € decken soll, weil dort Kostenanteile enthalten sind, ist nicht ohne Weiteres verständlich, in keinem Falle aber geeignet, die Klageforderung zu begründen. Auch der weitere Vortrag von einem Minus-Kontenstand der Gesellschafterkonten bei J. von 9.945.871,98 € und bei C. D. von 3.134.179,15 €, von zusätzlichen Gesellschafter-Leistungen in Höhe von 1.888.692,99 € durch J. und 416.502,63 € durch C. D., wovon 461.039,12 € auf R. I. entfallen wären, von einem Gesamtverlust zu Lasten der Klägerinnen in Höhe von 22.212.000,00 €, wovon wiederum 14.786,000,00 € auf die Klägerin zu 1) und 4.929.000,00 € auf die Klägerin zu 2) entfallen sollen, die R. I. AG jedoch nur 2.497.000,00 € an Verlust getragen hat, so dass die Klägerinnen einen weiteren Minusbetrag von 1.945.000,00 € zu übernehmen hatten, den eigentlich die R. I. AG zu übernehmen verpflichtet gewesen sei, lässt in dieser Form seine Relevanz für die Stützung der Klageforderung in keiner Weise erkennen.

2.

Selbst wenn jedoch den Vortrag der Klägerinnen zur Begründung der Höhe ihrer Klageforderung für substanziiert halten würde, wäre die Berufung zurückzuweisen, da durch die von der Beklagten gegebene Bürgschaft dasjenige Risiko, das sich durch die Insolvenz der R. I. AG auf Seiten der Klägerinnen verwirklicht hat und woraus sie einen Anspruch herleiten wollen, nicht abgedeckt war.

Ein Forderungsübergang von Seiten der G. E. GmbH auf die Klägerinnen hat nicht stattgefunden. Die Bürgschaft diente allein dazu, erstere für den Fall abzusichern, dass die A. als solche ihre vertraglich versprochenen Leistungen nicht erbringen würde. Da dies aber unstreitig den erteilten Auftrag trotz des Ausscheidens der R. I. AG vollständig ausgeführt hat, ist ein Fall, der die durch die Bürgschaft begünstigte G. E. GmbH berechtigt hätte, die Beklagte als Bürgin in Anspruch zu nehmen, nicht eingetreten. Dies hat das Landgericht mit sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zutreffenden Gründen, die sich der Senat zu Eigen macht, festgestellt.

a)

Hauptschuldner, auf den sich die Bürgschaft bezieht, ist die A. selbst. Diese sicherte nicht die gegenüber deren einzelnen A.-Mitgliedern bestehenden Ansprüche der G. E. GmbH ab. Solches ergibt sich im Wege der Auslegung aus dem Auftragsschreiben vom 12. September 2001 (Anlage K 3) in Verbindung mit der Bürgschaftsurkunde selbst (Anlage K 4). Als Verpflichteter wird im Anschreiben allein und ausdrücklich die "A. b. 2000 q." genannt. In der Bürgschaftsurkunde wird die A. als Auftragnehmerin bezeichnet, dies sogar mit eigener Anschrift (G.-straße, xxxxx E.) und erst anschließend werden die drei Gesellschafterinnen aufgezählt. Daraus ergibt sich, dass diese selbst Auftragnehmerin der Bürgschaft sein sollte. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Urkunden diente die Aufzählung allein der - bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach wie vor üblichen - Klarstellung, aus welchen natürlichen oder juristischen Personen sich diese zusammensetzt. Schon nach dem Auftragsschreiben konnte die Beklagte als Erklärungsempfängerin redlicherweise nur davon ausgehen, dass ihre Vertragspartnerin die A. an sich werden sollte und abzusicherndes Risiko allein dasjenige war, das diese ihre vertraglich versprochenen Leistungen gegenüber der G. E. GmbH nicht oder nicht vollständig erbringen würde. Der Hinweis der Klägerinnen auf Ziffer 10, 12, 14 des Auftragsschreibens, in denen die einzelnen Beteiligungen der Gesellschafterinnen in verschiedenen Zusammenhängen Erwähnung finden, geht schon deshalb fehl, weil solches in der Bürgschaftsurkunde keinen Niederschlag gefunden hat. Überzeugenderweise hat das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass dort als Bürgschaftsbetrag ein einheitlicher Höchstbetrag von 4.050.000,00 DM ohne Quotierung nach den Beteiligungsverhältnissen genannt wird, was im Übrigen auch Ziffer 3 des Auftragsschreibens entspricht. Wenn einer der beteiligten Parteien Wert auf die Klarstellung gelegt hätte, dass trotz der Änderung der Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - (NJW 2001, 1056), wonach die Außen-GbR rechts- und parteifähig ist, der Bürgschaftsvertrag aber trotzdem auf der Basis der früheren Rechtslage geschlossen werden sollte, dann wäre eine entsprechende Vertragsklausel zu erwarten gewesen. Bei den führenden Baufirmen Deutschlands und einer großen Versicherungsgesellschaft kann unbedenklich davon ausgegangen werden, dass entsprechend informierte und geschulte juristische Mitarbeiter vorhanden sind, die eine entsprechende Problematik ihrer Bedeutung nach erkannt hätten.

Dass sich die A. als solche auch selbst als Vertragspartnerin ansah, wird bestätigt durch deren Schreiben an die Beklagte vom 14. Februar 2003 (Anlage K 6). Es ist verfasst auf dem eigenen Briefpapier der A.. Darin ist davon die Rede, dass die G. E. GmbH "die Arbeitsgemeinschaft A. b. 2000 q. .... als Auftragnehmerin .... beauftragt" und dass die Beklagte "für die Auftragnehmerin .... gegenüber der Auftraggeberin .... die selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft übernommen" hat. Im Weiteren wird dargelegt, dass "die A. ihre Leistungen gegenüber ihrer Vertragspartnerin erbracht habe und diese deswegen ihr, "der A.", die Bürgschaftsurkunde zurückgegeben habe".

Schließlich spricht auch die Bezeichnung der Bürgschaft selbst gegen die von den Klägerinnen vertretene Rechtsansicht. Unter der Überschrift "Bürgschaftsurkunde" findet sich in Klammern der Zusatz "Vertragserfüllungsbürgschaft". Aus dem folgenden Text ergibt sich, dass Bürgschaftszweck die Sicherung des Vertrages zwischen der "G. E. GmbH" und der "A. b. 2000 q." sein sollte und nicht der Konsortialvertrag zwischen den Gesellschafterinnen untereinander. Der Bauvertrag aber ist unstreitig in vollem Umfang erfüllt worden, wie sich indiziell aus dem Umstand ergibt, dass die durch den Bürgschaftsvertrag begünstigte G. E. GmbH die Bürgschaftsurkunde herausgegeben hat, so dass diejenigen Ansprüche, die ehemals gesichert werden sollten, durch Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB, erloschen sind. Ein Forderungsübergang von der G. E. GmbH auf die Klägerinnen oder die A. war mithin rechtlich unmöglich.

Auch mit ihrem Argument, es sei kein Grund dafür ersichtlich, warum Verpflichtete des Bauvertrages die drei Gesellschafterinnen hätten sein sollen, Vertragspartnerin der Beklagte aber die A., haben die Klägerinnen keinen Erfolg. Augenscheinlich in Vorwegnahme der sich bereits zur Zeit des Abschlusses des Bauvertrages Ende 1998 in Literatur und Rechtsprechung schon abzeichnenden Tendenzen (BGH NJW 1997, 2754, 2755), die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als rechts- und parteifähig anzusehen, ist als Auftragnehmerin ausdrücklich die "A. b. 2000 q." bestehend aus den drei Gesellschafterinnen und nicht zunächst diese selbst mit dem danach folgenden Hinweis, dass sie sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, genannt. Jedenfalls können die Klägerinnen angesichts der im Bauvertrag gewählten Formulierung daraus nichts Entscheidendes für den von ihnen vertretenen Rechtsstandpunkt herleiten.

b)

Zu Unrecht berufen sich die Klägerinnen zur Stützung ihrer Klageforderung auf die Entscheidung des BGH vom 20. September 1990 - IX ZR 241/89 - (WM 1990, 1887 = BauR 1990, 758 = NJW 1991, 97). Zum einen unterscheidet sich diese vom Sachverhalt her zum vorliegenden schon dadurch grundlegend, dass dort nur eine der A.-Mitglieder eine Bürgschaft gestellt hatte. Zum anderen erfüllt die A. selbst spätestens sei der Leitentscheidung des BGH zur Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Vertrag mit der Auftraggeberin selbst. Baut sie nach Ausscheiden einer ihrer Gesellschafterinnen das Bauvorhaben zu Ende und erhält hierfür den vollen Werklohn, dann ist weder beim Auftraggeber - hier der G. E. GmbH - noch bei der A. selbst ein Schaden entstanden, falls es sich nicht um ausscheidensbedingte Mehrkosten handelt (Wölfing-Hamm BauR 2005, 228, 237 f.).

3.

Daraus, dass die Klägerinnen die Beklagte aus dem Bürgschaftsvertrag nicht in Anspruch nehmen können, folgt zugleich, dass dieser ein Anspruch auf Herausgabe der entsprechenden Urkunde aus § 371 BGB zusteht. Auch insoweit ist das angefochtene Urteil zutreffend.

4.

Auf die Frage, ob die Klägerinnen gar nicht aktivlegitimiert sind, sondern die A. Klage hätte erheben müssen, kommt es nach alledem nicht an.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

6.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 414.146,42 €

Ende der Entscheidung

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