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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.09.2004
Aktenzeichen: 17 W 150/04
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 104
ZPO § 92 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 150/04

In der Kostenfestsetzungssache

pp.

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dallmann als Einzelrichter am 10.09.2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Aachen vom 29.01.2004 - 8 0 248/02 - , wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Der Kläger, der bei der Beklagten zu 1) ein Kraftfahrzeug erworben hat, nahm diese im zugrundeliegenden Verfahren auf Wandlung des Kaufvertrages in Anspruch. Nachdem im Verlaufe des Verfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, nahm der Beklagte zu 2) das Verfahren als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beklagten zu 1) auf. Sodann schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem u.a. die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Vergleichs gegeneinander aufgehoben wurden.

Mit dem angegriffenen Beschluss erfolgte der danach allein gebotene Ausgleich der Gerichtskosten dahin, dass von den Beklagten an Kosten 132,50 € an den Kläger zu erstatten seien.

Gegen diesen ihm am 04.02.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 09.02.2004 als Erinnerung bezeichnete sofortige Beschwerde, mit des Beklagten zu 2) mit der er beantragt, die Gerichtskosten als Insolvenzforderung festzusetzen.

Zur Begründung hat er u.a. geltend gemacht, dass die festgesetzten Gerichtskosten bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfallen und mithin als Insolvenzforderung zu behandeln seien. Es sei nicht einzusehen, aus welchen Gründen die Entscheidung des Verwalters, das Verfahren aufzunehmen, sich auf die bereits vor Verfahrenseröffnung entstandenen Kosten auswirken und ihre Umqualifizierung als Masseforderung begründen solle.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.05.2004 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Gerichtskosten seien zwar vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, ermäßigten sich aber nach Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Vergleichsabschluss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Auch habe zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Kostentscheidung vorgelegen, so dass nicht festgestanden habe, wem die Gerichtskosten, die vom Kläger als Antragsteller als Vorschuss gezahlt worden seien, als Entscheidungsschuldner aufzuerlegen seien und ob eine Geltendmachung gegen die Beklagte überhaupt in Betracht komme.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat es im Ergebnis zutreffend abgelehnt, die vom Beklagten zu 2) als Konkursverwalter vergleichsweise - soweit hier von Interesse - hälftig übernommenen Gerichtskosten (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO) von der Festsetzung gegen den durch Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits anstelle der Insolvenzschuldnerin zum Beklagten gewordenen Insolvenzverwalter auszunehmen und diese, seinem Antrag entsprechend, als Insolvenzforderung festzusetzen. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob, wie die Beschwerde geltend macht, den Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur diejenigen Gebühren und Auslagen eines vom Insolvenzverwalter fortgeführten Rechtsstreits zuzurechnen sind, die nach der Aufnahme des mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochenen Rechtsstreit zur Entstehung gelangt sind, oder ob der wohl nach wie vor herrschenden Meinung zu folgen ist, dass die Kosten eines vom oder gegen den Konkursverwalter aufgenommenen Rechtsstreits, soweit der Konkursverwalter unterliegt, einheitliche Masseschulden sind, mögen sie vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Aufnahme des Rechtsstreits angefallen sein (Braun/Bäuerle, Insolvenzordnung, § 55 Rdnr. 10 m. z. N. aus Schrifttum und Rechtsprechung). Denn eine zeitliche Kostentrennung nach Verfahrensabschnitten oder Rechtszügen - wenn sie denn mit der Beschwerde für zulässig halten wollte - ist anerkannter Maße keine Frage der Kostenfestsetzung, sondern eine solche der vom Prozessgericht im Ende des zugrundeliegenden Verfahrens zu treffende Kostengrundentscheidung, die für die Kostenfestsetzung bindend ist (Senat Juristisches Büro 1986, 1244 sowie 1987, 433, 435 m. w. N.; ferner OLG Hamm, JurBüro 1482; OLG Hamm, ZIP 1994, 1547). Eine bei der Kostengrundentscheidung - aus welchen Gründen auch immer - unterbliebene Aufspaltung der vor und nach der Insolvenzeröffnung bzw. Aufnahme des Rechtsstreits entstandenen Kosten kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht nachgeholt werden, weil dies im Ergebnis einer unzulässigen Änderung des Kostentitels gleichkäme.

Allerdings ist dem Beschwerdeführer darin Recht zu geben, dass der BFH (ZIP 2002 225 f) unter Hinweis auf die anderweitige überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung vertritt, dass über eine Aufteilung der Kosten bei Prozessaufnahme durch den Insolvenzverwalter nicht im Rahmen der Kostengrundentscheidung zu befinden ist, sondern im Rahmen der Kostenerhebung durch den Kostenbeamten im Kostenfestsetzungs- und Kostenansatzverfahren zu erfolgen hat; wobei die Kostengrundentscheidung den Kostenbeamten jedenfalls nach der von ihm (BFH) entschiedenen Streitfall maßgeblichen insolvenzrechtlichen Rechtslage mit Blick auf § 104 InsO insoweit nicht binde.

Einer abschließenden Entscheidung dazu, ob dem unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts gefolgt werden kann oder anderenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen wäre, bedarf es mit Blick auf den hier vorliegenden Einzelfall nicht, da die Kostenregelung nicht im Rahmen einer streitigen Entscheidung, sondern Gegenstand eines von den Parteien einschließlich der Kostenfolge geschlossenen Vergleichs ist, mit dem sie nicht nur den Streitgegenstand zur Hauptsache, sondern auch die Kostenfolge der gerichtlichen Entscheidung entzogen und auch insoweit eine vertragliche Regelung getroffen haben.

Angesichts der vergleichsweise getroffenen Kostenvereinbarung, die - wie hier - nicht zwischen einer Kostenforderung als Masseforderung und als Insolvenzforderung unterscheidet, sondern eine einheitliche Regelung für die in Rede stehenden Gerichtskosten trifft, könnte dies, auch wenn man der Auffassung des BFH (a.a.0.) im Grundsatz folgte, allenfalls nachgeholt werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung dahin vorlägen, dass entgegen dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung nur die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter entstandenen Kosten erfasst werden und die bis dahin angefallenen Kosten nicht aus der Masse berichtigt werden sollten, sondern zur Tabelle gemeldet werden sollten. Dafür gibt es hier , wo mit Blick auf die getroffene Kostenvereinbarung, nur die Erstattung der hälftigen Gerichtskosten in Rede steht, keine Anhaltspunkte. Dem Wortlaut der getroffenen Kostenregelung, wonach diese gegeneinander aufgehoben worden sind, hat sich der Insolvenzverwalter mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO dem Kläger gegenüber verpflichtet, diesem die hälftigen Gerichtskosten zu erstatten. Anhaltspunkte dafür, dass der Insolvenzverwalter hierfür nicht im Rahmen der vorab zu berichtigenden Masseschulden habe einstehen wollen, sondern dem Kläger auf die demgegenüber wesentlich ungünstigeren Position eines Insolvenzgläubigers verweisen wollte, der sich - wenn überhaupt - mit einer Liquidierung des Anspruchs im Rahmen einer Insolvenzquote hätte begnügen sollen, konnte der Kläger dem Angebot des Beklagten zu 2) zum Abschluss des Vergleichs nicht entnehmen. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte zu 2) sich wegen der vergleichsweisen Hauptforderung von 3000,00 € ausdrücklich zu deren Feststellung zur Insolvenztabelle verpflichtet hat. Eine dahingehende Einschränkung enthält die Kostenregelung nicht.

Eine dem Petitum des Beschwerdeführers folgende nachträgliche Korrektur des Vergleichsinhalts zur Kostenregelung im Festsetzungsverfahren wäre danach mit einem vertragswidrigem Eingriff in den von den Parteien im Rahmen ihrer Privatautonomie getroffenen Vereinbarung verbunden.

Für die hier vertretene Auffassung, dass eine jedenfalls vergleichsweise getroffene Kostenregelungen ungeachtet ihres Wortlauts und des Ergebnisses einer etwaigen Auslegung einer Differenzierung hinsichtlich der vor und nach der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter entstandenen Kosten nicht zugänglich ist, entspricht auch der Formulierung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 INSO, die für die Qualifizierung als Masseforderung darauf abstellt, dass die Forderung erst nach Eröffnung begründet wurde (Kübler/Prütting/Lüke, INSO, § 85 Rdz. 59). Die den Anspruch begründende Kostenregelung, die der Festsetzung zugrunde liegt, ist sowohl dem Grunde wie auch dem Umfange nach allein durch die im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter getroffenen vergleichsweisen Regelung , also nach Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter entstanden. Dass diese Kostenregelung bereits bei Klagerhebung fällig gewordene Kosten betrifft, ändert daran nichts.

Nach allem war der sofortigen Beschwerde der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 300,00 €

Ende der Entscheidung

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