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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.08.2005
Aktenzeichen: 17 W 161/05
Rechtsgebiete: VV RVG, BRAGO


Vorschriften:

VV RVG Nr. 1008
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 161/05

In der Kostenfestsetzungssache

pp.

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die als sofortige Beschwerde auszulegende Erinnerung der Kläger vom 01.06.2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom 19.05.2005 - 20 O 361/04 - durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Waters als Einzelrichter

am 15. August 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss wie folgt abgeändert:

Auf Grund des Urteils des Landgerichts Köln vom 19.01.2005 sind von den Klägern an Kosten 266,48 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 05.04.2005 an die Beklagte zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 260,42 €

Gründe:

I.

Die Kläger, Mitglieder der aus mehr als 150 Eigentümern bestehenden Eigentümergemeinschaft H-Straße 25-35, haben mit der am 29. Juli 2004 bei Gericht eingegangenen Widerspruchsklage gemäß § 868 ZPO die Abänderung des in einem Zwangsversteigerungsverfahren erlassenen Teilungsplans begehrt. Mit Urteil vom 19.01.2005 hat das Landgericht der Klage lediglich teilweise stattgegeben; die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 3/4 der "Klägerin" und zu 1/4 der Beklagten auferlegt. Im Rahmen der Kostenausgleichung hat der Rechtspfleger die von der "Klägerin" an die Beklagte zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 19.05.2005 auf 526,90 € nebst Zinsen festgesetzt. Unberücksichtigt hat er insoweit die von den Klägern angemeldete Erhöhungsgebühr für Nr. 3100 VV (Nr. 1008 VV) in Höhe von 1.041,68 € brutto gelassen, da nur ein Auftraggeber, nämlich die Eigentümergemeinschaft, vorhanden sei. Bei dieser handele es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs partei- und rechtsfähig sei. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 01.06.2005 "Erinnerung" eingelegt, soweit die Erhöhungsgebühr nicht berücksichtigt worden ist.

II.

Die nach § 11 Abs.1 RPflG i.V.m. § 104 Abs.3 Satz 1 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde (als solche war die Erinnerung auszulegen) hat in der Sache Erfolg.

Zugunsten der Kläger war - über die bereits bei der Kostenausgleichung berücksichtigten Kosten hinaus - die von diesen angemeldete Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV in Höhe von 1.041,68 € brutto in die Kostenausgleichung mit einzubeziehen, da dem Prozessbevollmächtigten der Kläger eine solche Gebühr erwachsen und diese Gebühr auch erstattungsfähig ist.

Partei des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht die Eigentümergemeinschaft selbst, vielmehr sind es die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft, die als Kläger aufgetreten sind. Dies ergibt eine Auslegung der Klageschrift. Dort ist zwar eingangs von der Widerspruchsklage der Eigentümergemeinschaft die Rede, da eine Wohnungseigentümergemeinschaft aber nach der im Zeitpunkt der Klageerhebung ganz herrschenden Auffassung nicht rechts- und parteifähig war (vgl. nur BGHZ 142, 294 = NJW 1999, 3713 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rn. 27 - entgegen der Ansicht des Rechtspflegers handelt es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts), muss dies dahingehend ausgelegt werden, dass in der Klageschrift nur aus Vereinfachungsgründen die Kurzbezeichnung "Eigentümergemeinschaft..., vertreten durch die WEG-Verwalterin..." (zur Zulässigkeit einer derartigen Kurzbezeichnung, vgl. Zöller, aaO., § 50 Rz.27) gewählt wurde und die Kläger nicht einzeln aufgeführt wurden. Bestätigt wird diese Auslegung auch dadurch, dass im weitere Verlauf der Klageschrift stets von den Klägern die Rede ist.

Die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV sind gegeben.

Der Rechtsverfolgung der Kläger liegt - wovon der Rechtspfleger zutreffend ausgeht - derselbe Gegenstand im Sinne des Gebührentatbestands zugrunde, denn bei dem mit der Klage verfolgten Anspruch handelt es sich um einen einheitlichen gemeinschaftsbezogenen Anspruch. Auch besteht - wie oben dargelegt - eine Mehrheit von Auftraggebern, denn Auftraggeber sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Erhöhung der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger erwachsenen Verfahrensgebühr ist auch gemäss § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

Zwar ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 2. Juni 2005, V ZB 32/05, NJW 2005, 2061) teilrechtsfähig, so dass die Wohnungseigentümergemeinschaft - rückwirkend betrachtet - im vorliegenden Fall selbst den Prozessbevollmächtigten hätte beauftragen können. Wie bereits oben ausgeführt entsprach es jedoch zum Zeitpunkt der Klageerhebung ganz herrschender Auffassung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft weder rechts- noch parteifähig ist. Damit aber kann es den Klägern in erstattungsrechtlicher Hinsicht nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie selbst - vertreten durch den Verwalter - ihrem Prozessbevollmächtigten den Auftrag erteilt haben und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Auftraggeberin aufgetreten ist (vgl. zur Erstattungsfähigkeit der Mehrvertretungsgebühr nach Änderung der Rechtsprechung zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, BGH, JurBüro 2004, 145).

Der Erstattungsfähigkeit nach § 91 Abs.1 ZPO steht auch nicht entgegen, dass die Kläger seinerzeit die Möglichkeit gehabt hätten, als Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss entweder den Verwalter oder einen der Wohnungseigentümer zu ermächtigen, im Gemeinschaftsrecht begründete Ansprüche im eigenen Namen einzuklagen. Der Umstand, dass die Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft auch auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gemeinschaftsrecht Anwendung finden können (vgl. BGHZ 81, 35 ff.), führt erstattungsrechtlich nicht dazu, dass die Wohnungseigentümer die Prozessführung einem von ihnen oder dem von ihnen bestellten Verwalter überlassen müssen. Es bedarf schon besonderer Gründe, wenn das im allgemeinen vorrangige Interesse eines Gläubigers, selbst als Partei an einem seine Rechte betreffenden Rechtsstreit beteiligt zu sein, dem Gebot eines auch im Interesse der Gegenpartei tunlichst kostensparenden Vorgehens untergeordnet sein soll (vgl. Senatsbeschluss vom 10.5.1993 - 17 W 120/93 - in: OLGR 1993, 187; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.06.2005 - 3 W 112/05 - abgedruckt bei JURIS). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich. Die Erhöhungsgebühr von 20/10 ist von den Klägern der Höhe nach zutreffend mit 1.041,68 € brutto angemeldet worden. Unter Berücksichtigung der Kostenquote (75% Kläger - 25% Beklagte) ergab sich damit eine Reduzierung des vom Rechtspfleger zugunsten der Beklagten festgesetzten Betrages von 526,90 € um 260,42 € (25% von 1.041,68 €) auf 266,48 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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