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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: 17 W 192/05
Rechtsgebiete: VV RVG, ZPO


Vorschriften:

VV RVG Nr. 3104
ZPO § 278 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 192/05

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde "Erinnerung" der Beklagten vom 28. Juli 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 22. Juli 2005 - 20 O 596/04 - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dallmann sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Waters und Schütz

am 11. Januar 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 470,50 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Nachdem das Landgericht Termin zur Güteverhandlung anberaumt hatte, baten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dieses unter Hinweis darauf, man habe sich außergerichtlich vergleichsweise geeinigt, um einen schriftlichen Vergleichsvorschlag. Der Text wurde dem Landgericht im selben Schreiben mitgeteilt. Bei der Aushandlung des Vergleichs hatte es zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien keine persönlichen oder telefonischen Besprechungen gegeben, sondern lediglich schriftliche Kontakte. Das Landgericht verfuhr entsprechend dem Begehren der Parteien und erließ, nachdem sich die Prozessbevollmächtigten für ihre Parteien einverstanden erklärt hatten, einen Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO. Der Termin wurde aufgehoben.

Die Klägerin hat zur Festsetzung u.a. eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angemeldet. Der Rechtspfleger hat antragsgemäß entschieden.

Hiergegen hat die Beklagte "Erinnerung" eingelegt. Sie ist der Ansicht, es sei noch nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung zu entscheiden, da zur Zeit der Auftragserteilung diese noch gegolten habe. Sollte jedoch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anzuwenden sein, so könne die Klägerin die Festsetzung einer Terminsgebühr aus Rechtsgründen nicht begehren.

Die Klägerin behauptet, sie behabe bedingten Klageauftrag erst zu einem Zeitpunkt erhalten, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bereits in Kraft getreten war, d.h. nach dem 30. Juni 2004.

Auf den Hinweis des Senats, dass sie ihre diesbezügliche Behauptung glaubhaft zu machen habe, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin das auf den 8. Oktober 2004 datierende Auftragschreiben ihrer Mandantin vorgelegt und ihren Sachvortrag anwaltlich versichert.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

1.

Es ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anzuwenden. Nach § 61 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung noch anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag schon vor dem 1. Juli 2004 erteilt wurde. Durch Vorlage des Auftragsschreibens an ihre Prozessbevollmächtigten aus Oktober 2004 haben die Kläger ausreichend glaubhaft gemacht, dass unbedingter Auftrag erst nach dem Stichtag erteilt wurde. Die von ihnen abgegebene anwaltliche Versicherung stellt ein geeignetes Mittel zur Glaubhaftmachung dar (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 294 Rn. 5).

2.

Kommt es zu einem Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO, ohne dass ein mündlicher Verhandlungstermin stattfindet oder der außergerichtlichen Einigung mündliche oder telefonische Besprechungen der Prozessbevollmächtigten vorausgegangen sind, so ist eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 (1) 1 VV entstanden (ebenso: KG RVGreport 2005, 426; OLG Stuttgart AGS 2005, 482; LG Bonn AGS 2005, 288; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., Nr. 3104 VV Rn. 54; Hergenröder AGS 2005, 478 f; Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 3104 VV Rn. 22; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., VV Teil 3 Abschnitt 1 Rn. 51; Schneider AGS 2005, 291; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 278 Rn. 27). Die Gegenansicht überzeugt indessen nicht. Sie wird vertreten vom BGH, Beschluss vom 30.6.2004 - VI ZB 81/03 -; OLG Koblenz AGS 2005, 479; OLG Nürnberg AGS 2005, 144 = NJW-RR 2005, 655; AGS 2005, 483; OLG Saarbrücken AGS 2005, 485; LAG Berlin AGS 2005, 485; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., RVG Nr. 3104 VV Rn. 30).

Der Senat vermag dem Teilsatz in Nr. 3104 (1) 1 VV "in einem solchen Verfahren" nicht die Bedeutung beizumessen, dass damit nur das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO oder dasjenige nach § 495 a ZPO gemeint sind. Vielmehr ist nach Auffassung des Senats der genannte Teilsatz so zu verstehen, dass eine Terminsgebühr anfällt, wenn es zu einem Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO kommt, ohne dass die eigentlich vorgeschriebene mündliche Verhandlung stattfindet. Nur diese Auslegung wird der Intension des Gesetzgebers gerecht, die außergerichtliche Streitbeilegung durch Gebührenanreize zu fördern. Dem liefe es aber zuwider, wenn die Prozessbevollmächtigten, die bereits mittels Schriftverkehrs eine vergleichsweise Regelung ausgehandelt haben, in gebührenrechtlicher Hinsicht den Termin zur mündlichen Verhandlung abwarten müssten, um dort zunächst die Frage eines Vergleichs zu erörtern und diesen anschließend protokollieren zu lassen. Ein solches Prozedere liefe mithin auch der Entlastung der Gerichte zuwider und damit einem der Gesichtspunkte, die bei der Schaffung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes eine wesentliche Rolle gespielt haben. Die vom BGH, a.a.O., in einer Entscheidung über eine Gegenvorstellung, die frühere Rechtslage betreffend, als obiter dictum gemachten Ausführungen überzeugen nicht.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil dies zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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