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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 17 W 289/05
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 15
ZPO § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 289/05

In der Kostenfestsetzungssache

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde der ehemaligen Beklagten vom 03. Oktober 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 08. September 2005 - 8 O 251/04 - durch den Richter am Oberlandesgericht Schütz als Einzelrichter

am 20. Dezember 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der ehemaligen Beklagten wird der Nichtabhilfebeschluss vom 06. Dezember 2005 aufgehoben sowie der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 08. September 2005 - 8 O 251/04 - insoweit teilweise abgeändert, als der Rechtspfleger eine Festsetzung zu ihren Gunsten abgelehnt hat. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wird wie folgt ergänzt:

Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 30. Dezember 2004 - 8 O 251/04 - sind von den Klägern an Kosten 644,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2005 an die ehemalige Beklagte zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 644,50 €

Gründe:

I.

Die Kläger erhoben Klage gegen die E Q Wohnen GmbH. Für diese bestellte sich Rechtsanwalt Dr. B und rügte die fehlende Passivlegitimation seiner Mandantin. Richtige Anspruchsgegnerin sei vielmehr die E Q AG. Hieraufhin nahmen die Kläger eine Klageänderung vor, wonach sich die Klage nunmehr richten sollte gegen die E Q AG. Zugleich wurde die gegen die E Q Wohnen GmbH gerichtete Klage mit demselben Schriftsatz zurückgenommen. Sodann stellte Rechtsanwalt Dr. B Kostenantrag für die E Q Wohnen GmbH und teilte zugleich mit, er gehe davon aus, dass die nunmehr gegen die E Q AG erhobene Klage dieser unmittelbar zugestellt und er noch gesondert mitteilen werde, ob er sich auch für die neue Beklagte als Prozessbevollmächtigter bestelle. Dies erfolgte zeitlich später schriftsätzlich.

Antragsgemäß erließ das Landgericht Kostenbeschluss zu Gunsten der E Q Wohnen GmbH gemäß § 269 Abs. 3 ZPO. In der Hauptsache erging später Anerkenntnisurteil, worin die Kosten des Rechtsstreites nach Quoten verteilt wurden.

Für die E Q Wohnen GmbH angemeldet hat Rechtsanwalt Dr. B eine 1,3 Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt 644,50 €, für die E Q AG neben der Verfahrensgebühr eine Terminsgebühr nebst Auslagenpauschale, insgesamt 1.050,00 €.

Zu Gunsten der E Q AG hat der Rechtspfleger die seitens der Kläger an diese zu erstattenden Kosten antragsgemäß unter Beachtung der Quote festgesetzt, zu Gunsten der E Q Wohnen GmbH eine Festsetzung aber abgelehnt mit der Begründung, dass auch bei einer Klageänderung dieselbe Angelegenheit vorliege, so dass zu Gunsten der E Q Wohnen GmbH ein Vergütungsanspruch nicht separat entstanden sei.

Hiergegen richtet sich die ehemalige Beklagte mit ihrer Beschwerde, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die Sache deshalb dem Senat vorgelegt hat. Die Kläger halten die Vorgehensweise des Rechtspflegers für zutreffend.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RpflG statthaft und begegnet auch ansonsten keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. In der Sache selbst hat sie vollen Erfolg.

Die Auffassung des Rechtspflegers, der E Q Wohnen GmbH als aus dem Rechtsstreit ausgeschiedener Beklagter stünden die zur Festsetzung angemeldeten Kosten nicht zu, ist rechtsirrig und widerspricht der einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur. Seine Bezugnahme auf Geroldt/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage, § 15 Rdn. 102, ist unbehelflich, weil sie den zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt nicht betrifft.

Die Verfahrens-/Prozessgebühr kann nur dann ein einziges Mal gefordert werden, wenn im Falle des Parteiwechsels auf Beklagtenseite die alte und die neue Partei von ein und demselben Anwalt in zeitlicher Hinsicht zeitweilig überschneidend zugleich vertreten werden. Es tritt dann lediglich eine Erhöhung der Verfahrens-/Prozessgebühr nach Nummer 1008 VV RVG = § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO ein (OLG Hamburg MDR 2002, 1339; OLG Hamm JB 2002, 192; OLG Koblenz Kost.Rspr., § 6 BRAGO Nr. 169; Senat, Beschluss vom 08. Juli 1998 - 17 W 192/97 - = JB 1998, 589; OLG München Rpfleger 1996, 261; OLG Schleswig JB 1997, 584; Geroldt/Schmidt u.a., § 15 Rdn. 98; Hansens JB 1997, 568 f; Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 91 Rdn. 13 "Parteiwechsel"; Zöller/Greger, § 263 Rdn. 32, jeweils m.w.N.). Wenn hingegen der erste Beklagte bereits aus dem Rechtsstreit ausgeschieden ist, bevor der neue Beklagte denselben Rechtsanwalt mandatiert, dann handelt es sich für den Anwalt um zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten (Geroldt/Schmidt u.a., Rdn. 99 m.w.N.; Hansens, a.a.O.; Zöller u.a., a.a.O.; OLG Koblenz JB 2002, 191 mit Anm. Enders; Senat, Beschluss vom 26. November 1991 - 17 W 461-462/91 - = JB 1992, 319).

Der hier in Rede stehende Fall entspricht der letztgenannten Variante. Nachdem sich Rechtsanwalt Dr. B zunächst für die E Q Wohnen GmbH bestellt hatte, teilte er nach Klagerücknahme durch die Kläger insoweit und gleichzeitiger Klageerweiterung auf die E Q AG mit, er gehe davon aus, dass dieser die Klage unmittelbar zugestellt und er noch gesondert mitteilen werde, ob er sich auch für die neue Beklagte als Prozessbevollmächtigter bestelle. Hieraus ergibt sich unbedenklich, dass eine sich zeitweilig überschneidende Tätigkeit für die "alte" (GmbH) bzw. "neue Beklagte" (AG) nicht gegeben war und in gebührenrechtlicher Hinsicht mithin zwei gesonderte Angelegenheiten vorliegen mit der Folge, dass auch die ehemalige Beklagte Erstattung der vollen Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer verlangen kann.

Dass Rechtsanwalt Dr. B für die E Q Wohnen GmbH noch im Kostenfestsetzungsverfahren tätig wird, stellt keine gleichzeitige Tätigkeit in derselben Angelegenheit dar, da hinsichtlich der verschiedenen Aufträge inhaltlich völlig unterschiedliche Zielsetzungen gegeben sind und kein innerer Zusammenhang besteht (Senat, Beschluss vom 26.11.1991, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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