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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.04.2000
Aktenzeichen: 17 W 480/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3 Satz 5
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 494a Abs. 1
ZPO § 494a Abs. 2
ZPO § 91a
ZPO § 494a
ZPO §§ 485 ff.
ZPO § 96
ZPO § 91 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 480/99 OLG Köln 27 OH 49/98 LG Köln

In Sachen

pp.

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Kostenentscheidung im Beschluß der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 08.11.1999 - 27 OH 49/98 - am 12.04.2000 beschlossen:

Tenor:

Die Kostenentscheidung im vorgenannten Beschluß wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe:

Die nach § 269 Abs. 3 Satz 5 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Das Landgericht hat zu Unrecht in analoger Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2, 3 ZPO eine Kostenentscheidung getroffen. Die Voraussetzungen dieser Norm sind nicht erfüllt.

Vor Durchführung des bereits angesetzten Ortstermins durch den vom Landgericht beauftragten Sachverständigen hat die Kammer "auf übereinstimmenden Antrag der Parteien" am 14.12.1998 das Ruhen des Verfahrens mit dem Recht der jederzeitigen Wiederaufnahme angeordnet, weil der Antragsteller eine Reinigung der fleckigen, von der Antragsgegnerin als Generalunternehmerin verlegten Teppiche in dem vom Antragsteller errichteten Bürohaus versuchen wollte, nachdem er zuvor mit dem vorliegenden Antrag auf Beweissicherung die gänzliche Entfernung und Neuherstellung sämtlicher Teppiche begehrte. Zwischenzeitlich hat der Antragsteller die behaupteten Mängel mittels Reinigung der Teppiche beseitigen lassen, wofür er 33.826,70 DM aufwandte. Die Ursache der Fleckenbildung ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schriftsatz vom 21.10.1999 hat der Antragsteller erklärt, für ihn bestehe keine Veranlassung, den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurückzunehmen.

Angesichts dieser Erklärung des Antragstellers durfte das Landgericht das Nichtweiterbetreiben des selbständigen Beweisverfahrens auf Seiten des Antragstellers nicht als Antragsrücknahme auslegen. Zwar wird von einigen Oberlandesgerichten (so z.B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.09.1993 - 5 W 46/93, OLGR 1993, 345; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 27.02.1995 - 22 W 43/94, OLGR 1995, 72 = MDR 1995, 751 = NJW-RR 1995, 1150; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.08.1999 - 12 W 32/99, OLGR 1999, 419) die Auffassung vertreten, das Nichtbetreiben des Beweisverfahrens seitens des Antragstellers, etwa dadurch, daß dieser den Auslagenvorschuß für den Sachverständigen trotz gerichtlicher Mahnung nicht einzahlt, sei als Antragsrücknahme auszulegen mit der Folge der Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO, indes vermag sich der Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Solange der Antragsteller seinen Beweisantrag nicht ausdrücklich zurücknimmt, hat das Gericht - hier im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens - von Amts wegen das Beweisverfahren zu Ende zu führen. Alsdann sieht das Gesetz in § 494a Abs. 1 mit Absatz 2 ZPO die Möglichkeit vor, daß dem Antragsgegner die Kosten des Beweisverfahrens ersetzt werden und das Gericht eine entsprechende Teilkostenentscheidung fällt.

Spätestens auf den Antrag der Antragsgegnerin vom 16.04.1999 hin, den Beweisbeschluß vom 09.10.1998 aufzuheben und den Antrag auf Beweissicherung vom 18.09.1998 zurückzuweisen, worin eine Wiederaufnahme des bis dahin ruhenden Verfahrens zu erblicken war, hätte das Landgericht den von ihm beauftragten Sachverständigen bitten müssen, nunmehr den Ortstermin durchzuführen und die Beweisfragen zu beantworten, die sich aus der Sicht des Antragstellers bislang nicht erledigt haben. Zwar hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 06.12.1999 vorgetragen, seine Erklärung, die er ihm Rahmen des Beweisverfahrens abgegeben hat, stelle keine Rücknahme des Antrages dar, sie sei "eher prozessual gleichzustellen einem Antrag auf Erledigung der Hauptsache", indes sind die Voraussetzungen einer solchen Erledigung der Hauptsache bislang nicht erfüllt. Der Antragsteller berühmt sich weiterhin eines Gewährleistungsanspruchs aus §§ 633 Abs. 1, 633 Abs. 3 BGB, der die Kosten der von ihm veranlaßten Ersatzvornahme umfaßt. Insoweit besteht durchaus die Möglichkeit der Erhebung einer Hauptsacheklage auf eine Fristsetzung nach § 494a Abs. 1 ZPO hin.

Solange die Möglichkeit besteht, daß der Antragsteller über § 494a Abs. 1 ZPO veranlaßt werden kann, Hauptsacheklage zu erheben, ist für eine Analogie zu § 269 Abs. 3 ZPO, wie sie das Landgericht angenommen hat, kein Raum, weil § 494a Abs. 2 ZPO ausdrücklich den Erlaß einer Teilkostengrundentscheidung vorsieht, es damit an einer Regelungslücke fehlt.

Sofern sich ein Antragsteller - was in concreto tatsächlich nicht der Fall ist - auf eine Erledigung der Hauptsache beruft, kann er auf die Aufforderung nach § 494a Abs. 1 ZPO hin Feststellungsklage (§ 256 ZPO) erheben, wenn der Antragsgegner der vom Antragsteller geltend gemachten Erledigung widersprochen hat, also ein Fall sog. einseitiger Erledigung gegeben ist. Stimmt der Antragsgegner dagegen der Erledigungserklärung des Antragstellers im Sinne von § 91a ZPO zu, etwa weil er zuvor den geltend gemachten und/oder vom Sachverständigen festgestellten Baumangel jetzt anerkannt und/oder - selbst oder durch Dritte, zum Beispiel durch seinen Subunternehmer - beseitigt hat bzw. hat beseitigen lassen oder der Auftraggeber sich wegen des Baumangels im Wege der Minderung (§§ 634 BGB, 13 Nr. 6 VOB/B) oder durch Verrechnung/Aufrechnung mit einem Vorschußanspruch oder einem Schadensersatzanspruch (§§ 635 BGB, 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B) befriedigt hat und der Auftragnehmer dies akzeptiert oder die Parteien sich verglichen haben, kommt es nicht zum Verfahren nach § 494a ZPO, weil dem Antragsgegner für diesen Fall nach zwischenzeitlich gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.10.1993 - 10 W 135/93, BauR 1994, 277 = MDR 1994, 201 = OLGR 1994, 92; Beschl. v. 10.01.1995 - 22 W 62/94, BauR 1995, 877 = OLGR 1995, 217; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 13.02.1998 - 10 W 31/97, AnwBl 1999, 235; Beschl. v. 05.05.1995 - 13 W 30/95, OLGR 1995, 155; Beschl. v. 18.03.1998 - 1 W 1/98, BauR 1999, 195, 196; Beschl. v. 02.10.1998 - 22 W 54/98, OLGR 1999, 56 = BauR 1999, 435; OLG Hamburg, Beschl. v. 31.07.1997 - 9 W 16/97, OLGR 1997, 403, 404 = MDR 1998, 242; OLG Hamm, Beschl. v. 05.05.1998 - 21 W 7/98, OLGR 1998, 264; OLG Karlsruhe (Freiburg), Beschl. v. 20.05.1998 - 13 W 50/98, BauR 1998, 1278, 1279) das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO fehlt. Für diesen Fall kann der Antragsteller seine ihm im Beweisverfahren entstandenen Kosten aufgrund eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (§§ 635 BGB, 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B) separat einklagen.

Bezahlt der Antragsteller nicht den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuß für den Sachverständigen, kann der Antragsgegner diesen Vorschuß entrichten, um den Fortgang des Beweisverfahrens, evtl. bis zur Verfahrensbeendigung nach § 494a ZPO, zu erreichen. Eine vergleichbare Situation besteht beim Mahnverfahren, wenn der Antragsgegner Widerspruch eingelegt hat und der Antragsteller alsdann nicht den erforderlichen Gerichtskostenvorschuß einzahlt. Auch hier kann der Antragsgegner bzw. Beklagte diesen Vorschuß einzahlen, um den Antragsteller/Kläger auf diese Weise zu zwingen, die - offensichtlich unbegründete - Klage zurückzunehmen, um das Entstehen weiterer Kosten zu vermeiden. In den übrigen Fällen des Nichtbetreibens des Beweisverfahrens auf Seiten des Antragstellers hat das Gericht von Amts wegen das Verfahren zu Ende zu führen mit der Möglichkeit für den Antragsgegner, nach § 494a ZPO zu einer Kostenentscheidung zu kommen, solange der Antragsteller nicht ausdrücklich seinen Beweisantrag zurücknimmt, was er jederzeit kann. Alsdann ist eine Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 ZPO zu fällen.

Auf diese Weise ist lückenlos gewährleistet, daß der Antragsgegner zu einer für ihn günstigen Kostenentscheidung gelangen kann, falls der Antragsteller - wie auch im vorliegenden Verfahren offensichtlich - versucht, durch Nichtbetreiben des selbständigen Beweisverfahrens der für ihn ungünstigen Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO zu entgehen. Denn im Grundsatz ist das Bedürfnis anzuerkennen, dem Antragsgegner zu einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch zu verhelfen, wenn der Antragsteller zu Unrecht gegen ihn ein gerichtliches Verfahren nach §§ 485 ff. ZPO eingeleitet hat, weil ihm im Regelfall - im Gegensatz zum Antragsteller - ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nicht zur Seite steht. Der Antragsteller ist nämlich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip bei Erfolglosigkeit des von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens, hier des selbständigen Beweisverfahrens, verpflichtet, dem Antragsgegner dessen außergerichtliche Kosten zu ersetzen, die diesem dadurch entstanden sind, daß er sich im Beweisverfahren verteidigt und insbesondere dazu einen Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten hinzugezogen hat.

Folgt man der hier vertretenen Ansicht nicht, daß die Fälle des Nichtbetreibens des Beweisverfahrens auf Seiten des Antragstellers vom Gericht durch Fortführung des Verfahrens - notfalls auch gegen den ausdrücklich geäußerten Willen des Antragstellers - zu vermeiden sind, gegebenenfalls nach Zahlung des Auslagenvorschusses durch den Antragsgegner, ist dem Tatbestandsmerkmal "Beendigung der Beweiserhebung" in § 494a Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung der Fall des Nichtbetreibens des Verfahrens durch den Antragsteller gleichzusetzen mit der Folge, daß das Landgericht im vorliegenden Falle dem Antragsteller zuvor in jedem Falle eine Frist zur Klageerhebung setzen muß, ehe es eine Kostengrundentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO fällen kann.

Sollte der Antragsteller dieses Verfahrens Hauptsacheklage lediglich wegen der von ihm aufgewandten Reinigungskosten von 33.826,70 DM erheben, wird das Landgericht zu erwägen haben, ihm nach § 494a Abs. 2 ZPO - hilfsweise im Rahmen der Kostengrundentscheidung im Hauptsacheprozeß gemäß § 96 ZPO - diejenigen Mehrkosten des Beweisverfahrens aufzuerlegen, die dadurch entstanden sind, daß der Antragsteller sich im Antrag auf Einleitung des Beweisverfahrens eines Anspruchs auf Neuherstellung der Teppichböden berühmt hat, für den der Senat zwischenzeitlich den Gebührenstreitwert auf 300.000,- DM festgesetzt hat. § 96 ZPO ist in bezug auf die Kosten des selbständigen Beweisverfahren anwendbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.08.1997 - 22 W 45/97, OLGR 1997, 324 = NJW-RR 1998, 358 = BauR 1998, 367; Belz in: MünchKommZPO, § 96 Rz. 3 m.w.N.; Putzo in: Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl. § 96 Rz. 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



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