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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.05.2009
Aktenzeichen: 17 W 81/09
Rechtsgebiete: RVG, VV RVG


Vorschriften:

RVG § 13
VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3
Die Terminsgebühr (Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV, § 13 RVG) entsteht nicht für den Telefonanruf des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bei dem Klägervertreter, mit dem nach Klageerhebung auf eine unmittelbar zwischen den Parteien erfolgte Einigung über die Klageforderung hingewiesen wird. Wenn der Angerufene hierzu über die Entgegennahme des Hinweises hinaus lediglich die Weitergabe der Information an den eigenen Mandanten angekündigt.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 02.12.2008 wird der Abhilfebeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom 14.11.2008 - 16 O 316/07 - aufgehoben.

Die Beschwerde der Beklagten zu 1) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom 09.09.2008 - 16 O 316/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass aufgrund des Beschlusses der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.07.2008 - 16 O 316/07 - von der Klägerin 807,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 22.07.2008 an die Beklagte zu 1) zu erstatten sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte zu 1).

Gegenstandswert für die Beschwerde: 727,20 €

Gründe:

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses des Rechtspflegers vom 08.09.2008 (16 O 316/07) mit der - lediglich klarstellend einen offenbaren Schreibfehler berichtigenden - Maßgabe, dass von der Klägerin 807,80 € (statt tenorierter 807,20 €) nebst Zinsen zu erstatten sind.

Zu Unrecht hat der Rechtspfleger mit seiner von der Klägerin angefochtenen Abhilfeentscheidung vom 14.11.2008 auf das Rechtsmittel der Beklagten zu 1), insoweit abweichend von der Ausgangsentscheidung vom 08.09.2008, zusätzlich eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG zu Gunsten der Beklagten zu 1) festgesetzt. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite, der der Rechtspfleger mit seiner Abhilfeentscheidung gefolgt ist, rechtfertigt dieser Gebührenanfall sich vorliegend nicht aus Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG.

Allerdings kann eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV auch durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts an einer außergerichtlichen, auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung entstehen. Durch die Einbeziehung von Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts in den Gebührentatbestand soll das Bemühen der anwaltlichen Parteivertreter gefördert werden, in jedem Verfahrensstadium zu einer angemessenen Lösung des Streits und damit zu einer möglichst frühzeitigen Vermeidung oder Beendigung des Prozesses zu kommen (vgl. Riedel/Sußbauer/Keller, RVG 9. Aufl. VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn. 48; Madert, JurBüro 2007, 587). Dabei genügt es, wenn die Unterredung von einer Seite mit dieser Zielrichtung aufgenommen wird und die andere Seite sich hierauf einlässt. Ob der Gesprächspartner positiv reagiert oder letztlich eine Einigung zustande kommt, ist demgegenüber ohne Belang (vgl. OLG Koblenz AGS 2005, 278). Das Gespräch muss zudem nicht gerade auf eine gütliche Einigung gerichtet sein. Vielmehr reicht es aus, wenn der Rechtsanwalt der einen Partei die andere Seite in der Besprechung zum einseitigen Nachgeben in Gestalt einer Klagerücknahme oder eines Anerkenntnisses bewegen will (vgl. OLG Naumburg JurBüro 2006, 529; OLG Hamburg AGS 2007, 31; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 18. Aufl. Vorb 3 VV Rn. 95). Ein zwischen den Teilnehmern streitig geführtes Gespräch ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. Madert aaO 588). Eine auf eine Erledigung gerichtete Besprechung setzt als mündlicher - ggf. auch bloß fernmündlicher (vgl. BGH AGS 2006, 488) - Austausch von Erklärungen jedoch die Bereitschaft voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Von einer Besprechung ist daher auszugehen, wenn der Gegner sich auf das Gespräch einlässt, indem er die ihm unterbreiteten Vorschläge zur Kenntnis nimmt und - zumindest konkludent durch die Ankündigung der Weiterleitung an die eigene Partei - deren Prüfung zusagt (vgl. BGH AGS 2007, 129; KG AGS 2009, 175). Verweigert der Gegner indes von vornherein ein sachbezogenes Gespräch, kommt eine Besprechung schon im Ansatz nicht in Betracht (vgl. BGH AGS 2007, 129). Im Ergebnis nichts anderes gilt für Unterredungen, die im Wesentlichen nur der Nachfrage bzw. Unterrichtung hinsichtlich des Sachstands in dem zugrunde liegenden oder einem anderweitigen Verfahren (vgl. OLG Köln AGS 2006, 226) bzw. der Information über das bei Eintritt bestimmter Umstände vom Erklärenden beabsichtigte weitere prozessuale Vorgehen (vgl. KG JurBüro 2007, 587) dienen (vgl. zusammenfassend Onderka/N. Schneider in: Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG 4. Aufl. VV Vorb. 3 Rn. 143 m. weit. Nachw.).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend auf der Grundlage des nach Aktenlage unstreitigen Sachverhalts für das Anfang August 2007 geführte Telefonat der Prozessbevollmächtigten der Parteien keine Terminsgebühr angefallen. Nach den wechselseitigen schriftsätzlichen Sachdarstellungen zum Gesprächsverlauf hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den anwaltlichen Vertreter der Klägerin in dem Telefonat lediglich darauf hingewiesen, nach seiner Kenntnis sei bereits vor Klageerhebung eine die Klageforderung mit umfassende Einigung unmittelbar zwischen den Parteien zustande gekommen. Es liegt nahe anzunehmen, dass dieser Hinweis mit dem zumindest unausgesprochenen Ziel erfolgte, die Klägerin zur Klagerücknahme zu veranlassen, d. h. also den Rechtsstreit möglichst bald auf diesem Wege zu beenden. Ob die Klagerücknahme, wie allerdings der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - insoweit unwidersprochen - in Abrede stellt, der Klägerin in dem Telefonat auch ausdrücklich angesonnen wurde, kann letztlich auf sich beruhen. Denn der Sach- und Streitstand gestattet nicht den Schluss, dass das Ferngespräch über den Hinweis auf eine schon vorprozessual zwischen den Parteien direkt erfolgte Absprache und die Entgegennahme dieser Information durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hinaus einen irgendwie "erledigungsbezogenen" Inhalt hatte. Nach Aktenlage kann vielmehr nur davon ausgegangen werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese telefonische Mitteilung entgegen genommen hat und es zu einem weiteren Gedankenaustausch nicht gekommen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nach seiner Sachdarstellung die betreffende Mitteilung bloß zur Kenntnis genommen und die Information intern der Mandantin zur Stellungnahme zugeleitet. Hierauf deutet auch der (allerdings schon vom 20.07.2007 datierende) Schriftsatz der Beklagten hin, in dem die Bitte um Verlängerung der Klageerwiderungsfrist damit begründet wurde, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe vor dem Hintergrund einer vorprozessual zwischen den Parteien erfolgten Regelung mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin Kontakt aufgenommen, der die Frage nunmehr klären wolle. Der Sach- und Streitstand gestattet es danach nicht, von einem wesentlich über die Informationsweitergabe hinausgehenden Inhalt des Gesprächs der Prozessbevollmächtigten auszugehen. Insbesondere spricht nichts dafür, dass in dem Telefonat von Klägerseite über die Entgegennahme einer Information hinaus zumindest konkludent die Prüfung eines Erledigungsvorschlags in Bezug auf den Rechtsstreit zugesagt wurde. Der Umstand allein, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.08.2007 ihrerseits das Ruhen des Verfahrens beantragt und dies gegenüber dem Gericht damit begründet hat, die Parteien befänden sich in Vergleichsverhandlungen, rechtfertigt keinen gegenteiligen Schluss.

Bei dieser Sachlage muss es bei der zutreffenden Ausgangsentscheidung des Rechtspflegers vom 08.09.2009 bewenden. Diese ist nur hinsichtlich eines offenbaren Schreibfehlers insofern zu korrigieren, als die festgesetzte 1,3 Verfahrensgebühr sich bei einem Gegenstandswert von 18.591,00 €, wie beklagtenseits mit Schriftsatz vom 04.07.2008 zur Festsetzung angemeldet, auf 787,20 € beläuft, so dass sich unter Berücksichtigung der Pauschale für Post und Telekommunikation in Höhe von 20,00 € ein Gesamtbetrag von 807,80 € (nicht: 807,20 €) ergibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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