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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 18 U 117/05
Rechtsgebiete: BGB, HausTWG, HGB
Vorschriften:
BGB § 361a | |
HausTWG § 1 | |
HGB § 161 |
2) Ergibt die Auseinandersetzungsbilanz einen die geleistete Einlage übersteigenden Verlust, ist der seinen Beitritt widerrufende Gesellschafter zu dessen Ausgleich verpflichtet.
3) Dies gilt auch dann, wenn der Widerruf wegen unterbliebender Belehrung im Rahmen eines Haustürgeschäfts erfolgt (früher § 1 HausTWG, jetzt § 312 BGB).
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 13.05.2005 (Az: 9 O 71/05) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.158,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.03.2005 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die durch die Anrufung des Landgerichts Berlin entstandenen Kosten, im übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin ist ein als Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG organisierten (geschlossener) Immobilienfonds. Gegenstand der Gesellschaft ist die Errichtung eines Bürohauses in der D-Straße 71 in D und dessen langfristige Nutzung durch Vermietung und Verpachtung. Das Bürogebäude wurde im Mai 1994 auf einem Grundstück der Klägerin fertig gestellt und anschließend an die E C AG vermietet, die das Mietverhältnis zum 31.05.2004 gekündigt hat. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist ergaben sich an dem Gebäude erhebliche Mängel, deren Beseitigung einen Kostenaufwand von ca. 530.000 € erfordert.
Nach Gesprächen mit einem Vertreter der Klägerin in ihrem Haus hatte die Beklagte am 17.11.1993 eine Beitrittserklärung zur Klägerin unterzeichnet und einen Kommanditanteil in Höhe von 100.000 DM übernommen. Entsprechend der Regelung in § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages zahlte sie hierauf zunächst nur die Hälfte ein. Nachdem sich wirtschaftliche Schwierigkeiten der Klägerin abzeichneten, erklärte die Beklagte am 17.03.2003 den Widerruf ihrer Beitrittserklärung.
Die Klägerin vertrat zunächst die Auffassung, dass die Beklagte weiterhin ihre Kommanditistin sei, und verlangte von ihr zunächst einen Teilbetrag in Höhe der Klageforderung auf die noch ausstehende Kommanditeinlage. Vorausgegangen war ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 04.06.2003, wonach gemäß § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages ein Teilbetrag von 28 % der noch ausstehenden Kommanditeinlagen von den Kommanditisten eingefordert werden sollte. Wegen der Einzelheiten dieser und der weiteren Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages wird auf den als Anlage K 1 zur Akte gereichten Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin dann den Widerruf der Beitrittserklärung der Beklagten akzeptiert und eine auf den 19.03.2003 bezogene Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt, aus der sich ein auf die Beklagte entfallender Verlustanteil in Höhe von 21.734,96 € ergab; wegen der Einzelheiten wird auf das Schiedsgutachten des Wirtschaftsprüfers F vom 08.03.2005 (Anlage K 19 zum Schriftsatz der Klägerin vom 08.03.2005, Bl. 99 ff. d. A.) verwiesen. Von diesem Verlustanteil macht die Klägerin nun einen Teilbetrag in Höhe der Klageforderung geltend.
Die Klägerin hat behauptet, dass der auf die Beklagte entfallende Auseinandersetzungsverlust in der Auseinandersetzungsbilanz, die ein Wirtschaftsprüfer gemäß § 15 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages verbindlich festgestellt habe, zutreffend ermittelt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.158,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.03.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage
die Klägerin zu verurteilen, an sie 25.564,59 € Zug um Zug gegen Rückabtretung ihres Kommanditanteils an der Klägerin zu zahlen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr Widerruf der Beitrittserklärung dazu führen müsse, dass sie so gestellt werde, als wenn sie der Klägerin nie beigetreten wäre.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 13.05.2005 Klage und Widerklage abgewiesen. Der Widerruf der Beitrittserklärung seitens der Beklagten entfalte nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft Wirkung nur für die Zukunft. Dies führe jedoch nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten, den bis zu ihrem Widerruf entstandenen und auf sie entfallenden Verlust auszugleichen, weil hierdurch der durch die Widerrufsmöglichkeit geschaffene Verbraucherschutz unterlaufen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bonn Bezug genommen.
Mit ihrer form- und fristgerecht gegen dieses Urteil eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihre in erster Instanz bereits vorgetragenen Rechtsansichten sowie die Behauptungen zur Richtigkeit der Auseinandersetzungsbilanz.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.158,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.03.20005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück zu weisen.
Die Klägerin hatte die Klage zunächst beim Landgericht Berlin erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 28.12.2004 an das Landgericht Bonn verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
1a) Der Senat teilt die von den Parteien des Rechtsstreits auch nicht beanstandete Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagte ihre Beitrittserklärung zur Klägerin gemäß § 361a BGB i. V. m. § 1 HausTWG widerrufen konnte, dieser Widerruf aber nur Wirkung für die Zukunft entfaltet. Es ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Ausübung des Widerrufsrechts nur wie eine Kündigung für die Zukunft gilt. Dies folgt daraus, dass auch auf diesen Fall die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung finden, die eine Rückabwicklung fehlerhafter Gesellschaften ausschließen. Daraus folgt, dass der seinen Beitritt widerrufende Gesellschafter nicht seine Einlagen zurückverlangen kann, sondern nur einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zum Stichtag des Wirksamwerdens seiner Widerrufserklärung hat (BGH NJW-RR 2005, 180f.).
b) Der Senat ist aber im Gegensatz zum Landgericht der Auffassung, dass dieser Grundsatz nicht nur dann gilt, wenn die Auseinandersetzungsbilanz ein Guthaben ergibt, sodass der seinen Beitritt widerrufende Gesellschafter einen Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft hat, sondern auch dann, wenn die Auseinandersetzungsbilanz eine Schuld ergibt, sodass ein Zahlungsanspruch der Gesellschaft besteht. Dies entspricht der Auffassung des Bundesgerichtshofs in anderen Fällen der fehlerhaften Gesellschaft, wonach der Beitritt bis zur Geltendmachung des Fehlers grundsätzlich voll wirksam ist (BGH NJW 2003, 1252, 1254), so dass der fehlerhaft beigetretene Gesellschafter an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teilnimmt (BGH NJW 2003, 2821, 2823). Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn ein Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgt, hat er allerdings zuletzt ausdrücklich offen gelassen (BGH NJW 2004, 2731, 2734).
Die Auffassung des Senats, dass ein Widerruf der Beitrittserklärung zu einer Gesellschaft eine Verpflichtung des Gesellschafters zum Ausgleich des auf seinen Gesellschaftsanteil entfallenden Verlustes nicht ausschließt, beruht auf folgenden Erwägungen:
Die oben dargestellten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft beruhen auf der Einsicht, dass einer Rückabwicklung des Beitritts zu einer Gesellschaft erhebliche, in vielen Fällen nicht zu bewältigende praktische Schwierigkeiten entgegenstehen, weil der Beitritt zu der Gesellschaft mit dem Austausch einer Vielzahl von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verbunden ist. Diese Schwierigkeiten werden noch dadurch potenziert, dass sich jede Rückabwicklung auch auf die Rechtsstellung der übrigen Gesellschafter auswirkt. Insbesondere dann, wenn auch andere Gesellschafter ihren Beitritt widerrufen können bzw. dies bereits getan haben, führt die Rückabwicklung zu unüberwindlichen Schwierigkeiten. Praktikabel ist lediglich ein Ausscheiden des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters mit Wirkung für die Zukunft. Diese Erwägungen gelten völlig unabhängig davon, warum der Beitritt fehlerhaft war, also auch dann, wenn ein Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgt. Dies lässt es aber auch sachgerecht erscheinen, die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft ebenfalls in diesen Fällen uneingeschränkt anzuwenden. In diesen Fällen eine Beteiligung des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters an etwaigen Verlusten auszuschließen, würde dazu führen, dass dieser alle Vorteile des Gesellschaftsbeitritts, insbesondere Gewinnausschüttungen oder steuermindernde Verlustzuweisungen genießen könnte, ohne die hiermit grundsätzlich verbundenen Risiken tragen zu müssen. Diese würden vielmehr den verbliebenen Gesellschaftern aufgebürdet.
Für eine Beteiligung des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters an den bis zur Geltendmachung des Fehlers entstandenen Verlusten der Gesellschaft spricht auch die Außenhaftung des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters. Aufgrund der entsprechenden Eintragung in das Handelsregister gilt der fehlerhaft beigetretene Gesellschafter gemäß §15 Abs. 3 HGB ungeachtet der Fehlerhaftigkeit seines Beitritts als Kommanditist und haftet im Außenverhältnis gem. §§ 171f. HGB. Die fehlende Belehrung der Beklagten über ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwidderrufsgesetz stellt keinen so erheblichen Umstand dar, dass es deshalb auch gerechtfertigt wäre, eine Außenhaftung des fehlerhaft beigetretenen Kommanditisten zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger zu verneinen. Diese können die Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsbeitritts nicht erkennen.
Schließlich erscheint es nicht sachgerecht, die Frage der Beteiligung des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters davon abhängig zu machen, ob die Kommanditeinlage bereits vollständig erbracht wurde oder nicht. Das Haftungsrisiko des fehlerhaft beigetretenen Kommanditisten beschränkt sich auf die übernommene Kommanditeinlage. Hat er diese vollständig erbracht, erhält er sie nicht zurück, wenn sie im Vermögen der KG nicht mehr vorhanden ist. Hat er sie dagegen bis zum Zeitpunkt der Geltendmachung des fehlerhaften Beitritts nicht vollständig geleistet, dürfte er den noch nicht erbrachten Teil dagegen behalten, wollte man ihn an etwaigen Verlusten der KG nicht beteiligen. Für diese im Ergebnis deutlich unterschiedliche Behandlung von fehlerhaft beigetretenen Gesellschaftern trotz gleicher Ausgangslage ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich.
Einen solchen sieht der Senat entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darin, dass sich aus der Haustürgeschäfte-Richtlinie (Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985) ergibt, dass bei Verstößen gegen die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht keine weiteren Belastungen für den sein Widerrufsrecht ausübenden Verbraucher entstehen dürfen. Diese Konsequenz ergibt sich ebenfalls nicht zwingend aus der Entscheidung des EuGH vom 25.10.2005 - Rs. C - 350/03 - (Schulte). Soweit darin postuliert wird, dass der sein Widerrufsrecht ausübende Verbraucher so zu stellen sei, als sei er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden, bezieht sich dies auf Austauschverträge. Bei diesen ist eine Rückabwicklung schon aufgrund der begrenzten Zahl beteiligter Personen immer möglich, mag sie auch mit Schwierigkeiten verbunden sein. Das ist im Fall des Beitritts zu einer Gesellschaft dagegen in der Regel nicht der Fall. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass ungeachtet der praktischen Unmöglichkeit der Rückabwicklung auch in diesen Fällen eine Rückwirkung des Widerrufs auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung erfolgen muss.
2. Demnach hat die Beklagte den nach dem Schiedsgutachten des Wirtschaftsprüfers F vom 08.03.2005 auf sie entfallenden Verlust zu tragen. Dieser beläuft sich auf 21.734,96 €. Gemäß § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages soll bei fehlendem Einvernehmen über die Bewertung das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers entscheiden. Die von der Beklagten gegen das Gutachten erhobenen Einwendungen sind nicht berechtigt.
a) In der Auseinandersetzungsbilanz sind die noch ausstehenden Kommanditeinlagen der übrigen Gesellschafter zu Recht nicht als Aktiva berücksichtigt worden. Es trifft zwar zu, dass von den ausstehenden Kommanditeinlagen in einer Gesamthöhe von 7.822.766,00 € ein Betrag von 2.190.374,00 € eingefordert werden sollte. Der entsprechende Gesellschafterbeschluss ist aber erst am 04.06.2003, also nach dem Stichtag für die Auseinandersetzungsbilanz (19.03.2003) ergangen. Zum Stichtag handelte es sich damit um bedingte Forderungen, die nicht in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen waren, weil sie noch keinen wirtschaftlichen Wert hatten.
b) Auch die Bewertung des Grundstücks in dem Schiedsgutachten ist zutreffend erfolgt. Der Umstand, dass aus Anlass dieser Auseinandersetzungsbilanz eine Wertberichtigung bezüglich des Grundstücks vorgenommen wurde, rechtfertigt keine Zweifel an der richtigen Berechnung. Anlass hierzu bestand aufgrund der nach Ablauf der Gewährleistungsfrist bekannt gewordenen Mängel an dem Gebäude sowie der Veränderung in der Vermietungssituation.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 281 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die für die Entscheidung dieses Rechtsstreites wesentliche Frage, ob auch im Falle des Widerrufs eines Beitritts zu einer Gesellschaft nach dem Haustürwiderrufsgesetz die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft uneingeschränkt Anwendung finden, stellt sich in einer größeren Zahl ähnlich gelagerter Fälle. Eine Entscheidung dieser Frage durch den Bundesgerichtshof liegt bislang nicht vor. Schon im Hinblick auf die Zulassung der Revision bestand keine Notwendigkeit zur Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art. 234 EGV zu der Frage, ob die Entscheidung des Senats mit der Haustürgeschäfte-Richtlinie (Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985) vereinbar ist.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 7.158,09 €.
Ende der Entscheidung
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