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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 18 U 172/06
Rechtsgebiete: GmbHG
Vorschriften:
GmbHG § 9 Abs. 2 |
2. Die Verjährung des Anspruchs aus Unterbilanzhaftung nach Reaktivierung eines leeren GmbH-Mantels richtet sich nach § 9 Abs. 2 GmbHG. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit Offenlegung der Reaktivierung gegenüber dem Handelsregister. In Altfällen, in denen die Reaktivierung gegenüber dem Handelsregister nicht offengelegt wurde, beginnt die Verjährung jedoch bereits mit Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit, da vor Bekanntwerden des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 kein Anlass zur Anmeldung der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit beim Handelsregister bestanden hat.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.9.2006 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 156/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Gegenstandwert für das Berufungsverfahren wird auf 122.710,04 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter gegen die damaligen Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage von insgesamt 240.000 DM aus dem Gesichtspunkt der Unterbilanzhaftung nach Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit eines GmbH-Mantels (BGH Beschl. v. 7.7.2003 - II ZB 4/02 - BGHZ 155, 318 = NJW 2003, 3198) geltend. Die mit einem Stammkapital von 240.000 DM gegründete und am 3.5.1996 im Handelsregister eingetragene Gesellschaft war seit Ende 1999 nicht mehr werbend tätig gewesen. Mit Vertrag vom 26.5.2000 veräußerte die damalige Gesellschafterin ihre Geschäftsanteile an die Beklagten. Gleichzeitig wechselte die Geschäftsführung und die Satzung wurde geändert. Die Änderungen wurden am 26.5.2000 beim Handelsregister angemeldet (GA 53 ff).
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 98.168,04 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 9.11.2005 zu zahlen,
2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn 12.271,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 10.3.2005 zu zahlen,
3. den Beklagten zu 3) zu verurteilen, an ihn 12.271,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 10.3.2005 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben bestritten, dass zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Tätigkeit der GmbH eine Unterbilanz bestanden habe, und sich hierzu auf einen behaupteten Kassenbestand von 40.000 DM und zwei Scheckzahlungen an die GmbH in Höhe von insgesamt 289.136,90 DM berufen. Im übrigen haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob die 5-jährige Verjährungsfrist analog § 9 Abs. 3 GmbHG a.F. mit Anmeldung der Wiederaufnahme der Tätigkeit zum Handelsregister - die tatsächlich seinerzeit nicht erfolgt ist - beginnt oder bereits mit Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen, durch welches es die Klage wegen Verjährung abgewiesen hat.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Ansicht des Landgerichts, die Verjährung des Anspruchs aus Vorbelastung bei Reaktivierung eines GmbH-Mantels beginne in den vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 liegenden Altfällen nicht erst mit der Anzeige der Reaktivierung beim Registergericht, sondern bereits mit der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Die Ausführungen des Landgerichts zur Rechtssicherheit überzeugten nicht. Der Rechtsordnung seien (praktisch) unverjährbare Ansprüche keineswegs fremd. Der Kläger zieht - wie bereits in 1. Instanz - eine Parallele zu den Honorarforderungen der Ärzte (§ 12 Abs. 2 GOA), Architekten (§ 8 HOAI) und der Werklohnforderung beim VOB-Werkvertrag (§ 16 Nr. 3 VOB/B), bei denen die Verjährung jeweils erst mit Erteilung der Schlussrechnung beginne. Es sei kein Grund ersichtlich, den vorliegenden Fall anders zu behandeln. Mangels Offenlegung der Reaktivierung beim Handelsregister sei der Insolvenzschuldnerin als Gläubigerin des Anspruchs nicht bekannt gewesen, dass die Verjährungsfrist laufe. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gelte nicht für eine Konkretisierung gesetzlicher Vorschriften durch die Rechtsprechung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 14.9.2006 abzuändern und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 98.168,04 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 9.11.2005 zu zahlen, den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn 12.271,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 10.3.2005 zu zahlen und den Beklagten zu 3) zu verurteilen, an ihn 12.271,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 10.3.2005 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie berufen sich auf Vertrauensschutz für Altfälle. Die Auffassung des Klägers, wonach der Anspruch mit Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit fällig werde, die Verjährung aber erst nach Offenlegung beim Handelsregister - zu der bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 überhaupt kein Anlass bestanden habe - beginne, führe zu einer Schlechterstellung von Altfällen gegenüber Neufällen. Es gebe daher nur zwei Möglichkeiten: entweder setze die Fälligkeit auch bei Altfällen die Offenlegung gegenüber dem Registergericht voraus, dann sei der Anspruch noch gar nicht entstanden. Oder die Haftung werde in Altfällen auf die Aufnahme der Geschäftstätigkeit vorverlegt, dann müsse mit diesem Zeitpunkt aber auch die Verjährungsfrist beginnen. Der Vergleich mit den Honorar- und Werklohnforderungen, bei denen der Verjährungsbeginn die Erteilung einer Schlussrechnung voraussetze, ergebe nichts anderes. Denn in diesen Fällen werde der Anspruch auch erst mit Erteilung der Rechnung fällig.
Unabhängig von der Verjährung halten die Beklagten die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auf Altfälle nicht für anwendbar. Vor dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 habe es weder eine gesetzliche Regelung noch eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu gegeben, dass bei Verwendung eines GmbH-Mantels eine Unterbilanzhaftung bestehe. Mit der genannten Entscheidung sei die Rechtslage neu gestaltet worden, was einer Gesetzesänderung gleich komme.
Ferner berufen die Beklagten sich auf ein Urteil des OLG Schleswig vom 7.9.2006 (DB 2006, 2737 = NZG 2007, 75).
Zum Nachweis des seinerzeit vorhandenen Kassenbestands von 40.000 DM legt die Beklagte zu 1) den Jahresabschluss der Insolvenzschuldnerin vom 31.12.1999 vor.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Als Grundlage für den Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe der satzungsmäßigen Stammeinlage kommen lediglich die Regelungen über die Unterbilanzhaftung in Betracht. Danach muss der GmbH das satzungsmäßige Stammkapital zum Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister unversehrt (mit Ausnahme der Gründungskosten) zur Verfügung stehen.
Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 (II ZB 4/02 - BGHZ 155, 318 = NJW 2003, 3198) gelten diese Grundsätze auch bei Reaktivierung eines "leeren GmbH-Mantels". Damit sind die Fälle gemeint, in denen eine im Handelsregister eingetragene GmbH, die im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks unternehmerisch tätig gewesen ist, dann aber die Geschäftstätigkeit eingestellt hat, ihre Tätigkeit - ggfs. nach Änderung des Unternehmenszwecks, des Gesellschafterbestands und/oder der Geschäftsführung - wieder aufnimmt. Diese Fälle stehen wirtschaftlich einer Neugründung gleich. Der Bundesgerichtshof wendet auf sie seit seinem Beschluss vom 7.7.2003 "die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend" an (BGH, aaO, LS 1). Das bedeutet neben der Geltung der Vorbelastungshaftung, dass die Wiederverwendung eines zwischenzeitlich leer gewordenen Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht offenzulegen ist, verbunden mit der in § 8 Abs. 2 GmbHG vorgeschriebenen Versicherung, dass die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Stammeinlage erbracht ist und dem Geschäftsführer zur freien Verfügung steht. Der Zeitpunkt der Anmeldung beim Registergericht ist Stichtag für das Bestehen einer eventuellen Unterbilanz.
2. Nach Auffassung des Senats findet diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vorbelastungshaftung bei Reaktivierung eines leeren GmbH-Mantels sowie zur Pflicht der Offenlegung dieser Reaktivierung gegenüber dem Registergericht aus Gründen des Vertrauensschutzes keine Anwendung auf vor Bekanntwerden des Beschlusses vom 7.7.2003 liegende Sachverhalte.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Vertrauensschutz in diesen Fällen liegt nicht vor. In der Literatur wird ein entsprechender Vertrauensschutz für Altfälle befürwortet (Goette, DStR 2004, 461, 465, wonach es bei Altfällen bei den früheren Regeln sein Bewenden haben soll; Wälzholz, NZG 2005, 203, 204; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl., § 3 Rn 13 a.E.; Schauer, in Kompaktkommentar Gesellschaftsrecht, § 3 GmbHG Rn 39 mit aktuellem Überblick über den Streitstand).
Einen nur begrenzten Vertrauensschutz nimmt dagegen das OLG Jena (NZG 2004, 1114) an. Danach können die negativen Folgen einer unterlassenen Offenlegung gegenüber dem Handelsregister in Altfällen nicht gelten, weil seinerzeit keine Verpflichtung zur Anmeldung bestand. Sähe man auch in diesen Fällen als maßgeblichen Stichtag die Anmeldung an, so hätte dies zur Konsequenz, dass - mangels Anmeldung - die Gesellschafter für die Unterbilanz im Insolvenzzeitpunkt, und damit praktisch unbegrenzt, haften. Dem stehe aber der Vertrauensschutz entgegen. Stichtag könne daher in diesen Fällen nur der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der geschäftlichen Tätigkeit sein. Über diese Einschränkung hinaus gewährt das OLG Jena aber keinen Vertrauensschutz. Die Rechtsprechung und herrschende Meinung im Schrifttum hätten schon vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 bei Wiederbelebung eines leeren GmbH-Mantels eine Haftung des Gesellschafters in Höhe der Differenz zwischen dem Stammkapital und dem Vermögen der GmbH angenommen, dieser Gläubiger-Mindestschutz sei unverzichtbar (OLG Jena, NZG 2004, 1114, 1115). Nach dieser Auffassung wäre die Haftung der Beklagten grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Denn der Kläger verlangt lediglich den Ausgleich der Differenz zwischen dem Vermögen der GmbH und dem - satzungsmäßigen - Stammkapital bezogen auf den Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einer Änderung der Rechtsprechung zu erwägen, ob aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die Änderung der Rechtsprechung auch auf Altfälle anzuwenden ist. Dabei ist eine Abwägung zwischen Rechtssicherheit - also Vertrauensschutz - einerseits und materieller Gerechtigkeit - also Anwendung der neuen, richtigen Rechtsprechung - andererseits vorzunehmen. Dem Vertrauensschutz kommt danach Vorrang zu, wenn auf Seiten des Betroffenen ein schützenswertes Vertrauen darin besteht, dass ihn keine Haftung trifft und er deshalb weder Informationen einholen noch Vorkehrungen im Hinblick auf eine eventuelle Haftung treffen muss (BGHZ 154, 370; NJW 2006, 765 jeweils zur Haftung des in eine BGB-Gesellschaft neu eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten).
Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, die Vorbelastungshaftung bei Reaktivierung eines GmbH-Mantels auf nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 liegende Fälle zu beschränken.
Die Beklagten mussten seinerzeit mit einer Haftung aus Unterbilanz nicht rechnen. Zwar befürworteten weite Teile der Literatur die analoge Anwendung der Gründungsvorschriften auf die Verwendung eines leeren GmbH-Mantels jedenfalls in eindeutigen Fällen (Michalski/Michalski, GmbHG, § 3 Rn 24 f; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Auf., 2000, § 3 Rn 15; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 3 Rn 154, 156; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., 2000, § 3 Rn 22; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., 2000, § 3 Rn 8). Bis zu Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 gab es aber keine gesicherte Rechtsprechung zur Vorbelastungshaftung bei Reaktivierung eines leeren GmbH-Mantels unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Neugründung; erst recht war eine Pflicht zur Anmeldung der Wiederaufnahme der Tätigkeit verbunden mit der Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG nicht anerkannt. Bei Kenntnis der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätten die Beklagten die Haftung vermeiden oder beschränken können, indem sie von der Verwendung dieser Gesellschaft absehen und statt dessen eine Gesellschaft mit einem niedrigeren Stammkapital hätten wählen können.
Der Annahme eines Rückwirkungsverbots aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes steht nicht entgegen, dass es sich nicht um eine Gesetzesänderung, sondern um eine Änderung der Rechtsprechung handelt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 7.7.2003 nicht lediglich die bisherige Rechtslage festgestellt, vielmehr ist er insoweit im Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung tätig geworden (Goette, DStR 2004, 461, 463 spricht von einem "rechtsschöpferischen Akt").
3. Jedenfalls sind eventuelle Ansprüche des Klägers aber verjährt.
Das Landgericht wendet zutreffend auf den Anspruch die Verjährungsregelung des § 9 Abs. 2 GmbHG analog an.
Für die Verjährung des Anspruchs aus der Unterbilanzhaftung gilt § 9 Abs. 2 GmbHG entsprechend, d.h. die Verjährungsfrist beträgt seit der Änderung durch das "Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts" vom 9.12.2004 10 Jahre, vorher waren es 5 Jahre. Die Verjährung beginnt nach § 9 Abs. 2 GmbHG mit Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl., § 11 Rn 64). Da der Bundesgerichtshof auf die Reaktivierung eines GmbH-Mantels die Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der Grundsätze zur Vorbelastungshaftung analog anwendet, richtet sich auch die Verjährung eines eventuellen Anspruchs aus Unterbilanz nach § 9 Abs. 2 GmbHG analog (ebenso OLG Schleswig, NZG 2007, 75; Wälzholz, NZG 2005, 203, 205).
Die Verjährung beginnt bei Ansprüchen auf Vorbelastungshaftung nach Reaktivierung eines GmbH-Mantels mit Offenlegung der Reaktivierung dem Handelsregister gegenüber. Grundsätzlich beginnt die Verjährung mit dem Entstehen des Anspruchs. Die Verjährung des Anspruchs auf Vorbelastungshaftung beginnt mit der Eintragung der GmbH ins Handelsregister. Im Falle der Reaktivierung eines GmbH-Mantels kommt eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Eintragung dagegen nicht in Betracht, da die Reaktivierung nicht ins Handelsregister eingetragen wird. Maßgeblicher Zeitpunkt ist vielmehr die Offenlegung der Reaktivierung dem Handelsregister gegenüber. Das entspricht auch dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003, wonach der Stichtag für die Unterbilanzhaftung - d.h. der für das Bestehen der Unterbilanz maßgebliche Zeitpunkt - die Offenlegung gegenüber dem Handelsregister ist (BGH aaO Rn 15). Daher entsteht der Anspruch auch zu diesem Zeitpunkt.
In Altfällen kann dies allerdings nicht gelten. Die Anwendung der oben genannten Grundsätze auf Altfälle würde dazu führen, dass die Verjährungsfrist trotz Fälligkeit des Anspruchs in den Fällen nicht zu laufen beginnt, in denen die Reaktivierung nicht gegenüber dem Handelsregister offen gelegt wird und auch nicht die Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG abgegeben wird. Das ist jedenfalls in Altfällen unbillig. Denn bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 bestand - unabhängig von der Frage, ob die Gesellschafter seinerzeit überhaupt mit einer Vorbelastungshaftung rechnen mussten - für die Beteiligten kein Anlass zur Offenlegung der Reaktivierung gegenüber dem Registergericht.
Der Senat folgt daher der Auffassung des Landgerichts, wonach maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Verjährungsfrist in Altfällen die Aufnahme der neuen Geschäftstätigkeit ist (ebenso OLG Schleswig, NZG 2007, 75). Hierfür spricht schon, dass - wie oben ausgeführt - zumindest ein begrenzter Vertrauensschutz dahin anzuerkennen ist, dass der Stichtag in Altfällen, in denen die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit dem Handelsregister nicht angezeigt wird, der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit ist. Wenn dies aber der für das Entstehen des Anspruchs maßgebliche Zeitpunkt ist, dann ist es nur folgerichtig, auch für den Verjährungsbeginn auf diesen Zeitpunkt abzustellen.
Auch nach den oben genannten Kriterien des Bundesgerichtshofs kommt hier dem Vertrauensschutz der Vorrang zu: Die Beklagten hatten seinerzeit keinen Anlass, die Aufnahme der Geschäftstätigkeit beim Handelsregister anzuzeigen, da dies weder der anerkannten Rechtsauffassung entsprach noch vom Registergericht verlangt wurde (gegen eine Pflicht zur Offenlegung insbesondere BayObLG GmbHR 1999, 607; OLG Frankfurt/Main, GmbHR 1992, 456). Sie konnten sich daher auch nicht darauf einstellen, dass die Verjährung eines eventuellen Anspruchs erst mit Offenlegung der Reaktivierung beginnt. Bei der Frage der Verjährung gebührt zudem dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der Vorrang gegenüber der Durchsetzung möglicherweise materiell berechtigter Ansprüche.
Maßgeblicher Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn ist daher spätestens der 26.5.2000, nämlich der Zeitpunkt der Anmeldung der Änderungen des Gesellschaftsvertrages beim Handelsregister. Nach dem Vortrag in der Klageschrift soll die Geschäftstätigkeit sogar bereits am 1.4.2000 aufgenommen worden sein (GA 5). Zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage war die 5-jährige Verjährungsfrist daher bereits abgelaufen.
4. Einer - bei Versagung des Vertrauensschutzes ansonsten erforderlichen - Beweisaufnahme über die Frage, ob seinerzeit tatsächlich eine Unterbilanz bestand, bedarf es daher nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision zu, da die Frage des Vertrauensschutzes und des Verjährungsbeginns in Altfällen bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Ende der Entscheidung
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