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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 18 U 19/08
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 24
Die Beweislast für die Erfüllung der Stammeinlagenverpflichtung liegt grundsätzlich beim Gesellschafter. Dies gilt aber nicht, wenn dieser gemäß § 24 GmbHG auf Einzahlung der Stammeinlage eines ausgeschlossenen Mitgesellschafters in Anspruch genommen wird.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 21.12.2007 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O 12/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 24.542,01 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Luft- und Klimatechnik C. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin). Gesellschafter waren die Beklagte und ihr Ehemann, der Zeuge D., der zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft war. Die Gesellschaft wurde 1979 mit einem Stammkapital von 20.000 DM gegründet. Hiervon übernahmen der Zeuge D. 18.000 DM und die Beklagte 2.000 DM. Am 27.12.1985 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Erhöhung des Stammkapitals auf 50.000 DM. Hieran war die Beklagte mit 2.000 DM und ihr Ehemann mit 48.000 DM beteiligt. Am 19.5.2004 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. In einem Vorprozess 90 O 80/05 LG Köln hat der Kläger gegen den Zeugen D. u.a. den auf ihn entfallenden Teil der Stammeinlage geltend gemacht. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, durch den der Zeuge sich zur Zahlung der auf ihn entfallenden Stammeinlage verpflichtete (AH 18). Zahlungen erfolgten nicht, der Ehemann der Beklagten hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Danach ist er Eigentümer eines Appartements in einer Freizeitanlage. Nach Kaduzierung seines Gesellschaftsanteils nimmt der Kläger nunmehr die Beklagte nach § 24 GmbHG auf Zahlung der Stammeinlage in Anspruch.

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger zuvor die Zwangsvollstreckung in die Eigentumswohnung hätte betreiben müssen. Ferner hat die Beklagte behauptet, ihr Ehemann habe die Stammeinlage gezahlt. Schließlich erhebt sie die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht Köln hat zunächst die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 10.8.2007 verurteilt, an den Kläger 24.542,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.4.2007 zu zahlen. Mit Urteil vom 21.12.2007 hat es die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10.08.2007 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, § 24 GmbHG setze einen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegen den ausgeschlossenen Gesellschafter nicht voraus; vielmehr genüge es, dass dessen Inanspruchnahme wegen Zahlungsunfähigkeit aussichtslos erscheine. Das sei schon dann der Fall, wenn er nicht in der Lage sei, unter Einsatz seines liquiden oder kurzfristig liquidierbaren Vermögens den überwiegenden Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten binnen einer Zeitspanne von längstens 3 Wochen zu tilgen.

Zudem behauptet er, die im Vermögensverzeichnis angegebene Eigentumswohnung des Ehemanns der Beklagten habe lediglich einen Wert von 15.000 €. In diese Eigentumswohnung ist - insoweit unstreitig - am 17.12.2004 die Zwangsversteigerung auf Antrag der B. Bank AG, X., wegen eines dinglichen Anspruchs in Höhe von rund 70.000 € angeordnet worden; das Versteigerungsverfahren wurde am 19.09.2006 gem. § 30 Abs. 1 S. 2 ZVG aufgehoben, nachdem die beitreibende Gläubigerin zum dritten Male die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt hatte.

Der Kläger behauptet, der Zeuge D. habe die Stammeinlage nicht gezahlt.

Der Kläger beantragt,

das am 21.12.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 82 O 12/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.542,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (25.4.2007) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, ihr Ehemann habe die Stammeinlage eingezahlt. Sie ist der Ansicht, auf die Vermutungsregel des § 22 Abs. 2 2. HS GmbHG könne im Rahmen von § 24 GmbHG nicht zurückgegriffen werden. Sie behauptet, die bei ihrem Ehemann vorhandenen Vermögenswerte seien noch werthaltig und hätten zumindest Anlass zu einem Vollstreckungsversuch geben müssen. Schließlich bestreitet die Beklagte, dass der Verkehrswert der Eigentumswohnung nur bei 15.000 € liege.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. und H.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2008 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Die Akten 90 O 80/05 LG Köln und 281 M 1557/05 AG Köln lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht begründet.

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer nicht erlangbaren Stammeinlage durch die anderen Gesellschafter sind gem. §24 GmbHG: (1) Der eigentlich zur Einzahlung auf seinen Geschäftsanteil verpflichtete Gesellschafter (der Ehemann der Beklagten) hat nicht gezahlt, von ihm ist eine Zahlung auch nicht mehr zu erlangen und er wurde deswegen mit seinem Geschäftsanteil wirksam kaduziert; (2) der Kaduzierte wurde wegen der Ausfallhaftung gem. § 21 Abs. 3 GmbHG vergeblich in Anspruch genommen oder seine Inanspruchnahme ist als aussichtslos zu betrachten; (3) ein gegebenenfalls vorhandener Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen wurde gem. § 22 GmbHG ohne Erfolg in Anspruch genommen oder seine Inanspruchnahme erscheint aussichtslos; und (4) der Zwangsverkauf des Geschäftsanteils gem. § 23 GmbHG hat nicht zur Erfüllung der Einlageverpflichtung des Kaduzierten geführt bzw. war aussichtslos, so dass ein Ausfall geblieben ist. Die Beweislast für diese Voraussetzungen liegt bei der Gesellschaft bzw. beim Insolvenzverwalter (BGH NJW 1996, 2306, 2307).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Ehemann der Beklagten die Stammeinlage seinerzeit eingezahlt hat. Dabei können sich die Anforderungen an den Beweis zugunsten des Gesellschafters bei lange zurückliegenden Vorgängen reduzieren, sofern keine substantiierten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einlage nicht geleistet wurde (BGH DStR 2004, 2112 m. Anm. Goette; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auf., § 19 Rn 9).

Der Zeuge D. hat ausgesagt, er wisse, dass das Stammkapital eingezahlt worden sei, und zwar sowohl das ursprüngliche Stammkapital als auch die Kapitalerhöhung. Er konnte sich indes nicht mehr daran erinnern, wann und in welcher Form dies geschehen sei und hat ausgesagt, er habe dies dem Steuerberater überlassen. Dass der Zeuge über keine genauere Erinnerung mehr verfügt, ist bei so lange zurückliegenden Vorgängen ohne weiteres nachvollziehbar.

Die Aussage wird gestützt durch die dem Senat vorliegenden Jahresabschlüssen der Jahre 1997 (Bl. 40 ff AH) und 1994 (AH zur Beiakte 90 O 80/05). In diesen ist keine noch ausstehende Stammeinlage aufgeführt. Auf der Aktivseite ist keine ausstehende Einlageforderung (vgl. § 272 Abs. 1 S. 2 HGB) verzeichnet, auch auf der Passivseite ist von dem Posten "Gezeichnetes Kapital" keine Posten "nicht eingefordert" abgesetzt (vgl. § 272 Abs. 1 S. 3 HGB).

Der Zeuge H., der seit 1984 in der Steuerberater-Sozietät tätig war, welche die Insolvenzschuldnerin betreut hat, und der die Betreuung der C. -GmbH 1988/89 auch sozietätsintern übernommen hat, hat ausgesagt, er habe den Abschluss 1997 erstellt. Die Angaben zur Stammeinlage habe er den Abschlüssen der Vorjahre entnommen. Er selbst würde die erstmalige Angabe, dass keine Stammeinlage mehr ausstehe, nur in den Jahresabschluss aufnehmen, wenn er entsprechende Unterlagen hierüber gesehen hätte. Er gehe davon aus, dass sein Partner, der die Gesellschaft vorher betreut habe, ebenso verfahren sei.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Stammeinlageforderung noch offen steht, sind nicht ersichtlich. Dass keine Unterlagen hierüber mehr vorhanden sind, ist angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs - die Aufbewahrungsfrist des § 257 Abs. 4 HGB von zehn Jahren war bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens für Vorgänge aus der Zeit vor 1994 bereits abgelaufen - ohne weiteres verständlich. Dem mit dem Ehemann der Beklagten im Vorprozess geschlossenen Vergleich kommt im Verhältnis zur Beklagten weder Bindungswirkung noch Indizwirkung zu. Auch der Umstand, dass ihr Ehemann sich im Vorprozess zunächst fälschlich auf eine Zahlung vom 30.6.1997 über 60.000 DM berufen hat, diesen Vortrag im Vorprozess hat fallen lassen und die Beklagte sich im vorliegenden Verfahren zunächst ebenfalls auf die Zahlung vom 30.6.1997 berufen hat, spricht nicht dagegen, dass die Stammeinlage seinerzeit zeitnah eingezahlt wurde, sondern belegt lediglich die Schwierigkeiten, nach so langer Zeit die Zahlung der Stammeinlage noch nachweisen zu können.

Selbst wenn der Senat davon ausginge, dass die Frage der Zahlung der Stammeinlage nach der Beweisaufnahme offen geblieben ist, wäre die Berufung nicht begründet. Denn der Nachweis dafür, dass die Stammeinlage nicht erbracht ist, liegt im Rahmen des Anspruchs aus § 24 GmbHG bei der Gesellschaft bzw. hier beim Kläger als Insolvenzverwalter (BGH NJW 1996, 2306, 2307). Die Gesellschafter haften nach § 24 GmbHG lediglich subsidiär; dass die Voraussetzungen für diese nachrangige Haftung gegeben sind, hat - mangels anderweitiger Regelung und entsprechend des subsidiären Charakters der Haftung nach § 24 GmbHG - gerade die Gesellschaft zu beweisen. In diesem Zusammenhang bedeutet die Leistung der Stammeinlage durch den ursprünglich verpflichteten Gesellschafter nicht die vom Schuldner zu beweisende Erfüllung der Einlageforderung, vielmehr ist das Bestehen der Einlageforderung anspruchsbegründende Voraussetzung für die Inanspruchnahme der übrigen Gesellschafter aus § 24 GmbHG und damit vom Gläubiger, hier dem Kläger als Insolvenzverwalter, nachzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.

Ende der Entscheidung

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