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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 18 U 31/02
Rechtsgebiete: AktG, BGB, RBerG, ZPO


Vorschriften:

AktG § 246
AktG § 246 Abs. 1
BGB § 134
RBerG § 1
RBerG § 5 Nr. 2
ZPO § 256
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 31/02

Anlage zum Protokoll vom 16.5.2002

Verkündet am 16.5.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.4.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Reppel, den Richter am Oberlandesgericht Bodens sowie den Richter am Landgericht Dr. Czaja

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.11.2001 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln ( 85 O 163/01) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

Tatbestand:

Die beiden Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Dr. N., sind zu je 1/3 Anteilseigner der Beklagten.

Mit Schreiben vom 31.01.2001 beantragten die Kläger die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung. Tagesordnungspunkt sollte die Beschlussfassung über die Abberufung des Geschäftsführers Dr. N. sein. Dieser berief die Gesellschafterversammlung auf den 27. Juni 2001 ein. Mit Schreiben vom 13.02.2001 berief Herr Dr. N. eine weitere außerordentliche Gesellschafterversammlung auf den 28.02.2001 ein. Tagesordnungspunkt sollte die Beschlussfassung über die Einziehung der Geschäftsanteile der Kläger sein.

Nach einem von Herrn Dr. N. unterzeichneten Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 28.02.2001, welches den Klägern am 5.3.2001 zugestellt wurde, ist über die Einziehung der Geschäftsanteile der Kläger "gemeinschaftlich" abgestimmt worden. Den Klägern wurde hierzu erklärt, dass sie kein Stimmrecht hätten. Sodann heißt es in dem Protokoll: "Die einzig stimmberechtigten Stimmen des Geschäftsanteils (des Geschäftsführers/Gesellschafters) stimmen für den Antrag. Damit sind die Geschäftsanteile (der Kläger) eingezogen."

Mit an Herrn Dr. N. gerichtetem Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 19.4.2001 widersprachen die Kläger dem Protokoll und baten unter Fristsetzung bis zum 30.4.2001 und Androhung gerichtlicher Schritte um Bestätigung, dass die Geschäftsanteile nicht wirksam eingezogen worden seien. Mit erstmals im Berufungsverfahren vorgelegtem Antwortschreiben vom 30.4.2001 beharrte Herr Dr. N. auf der Wirksamkeit der Einziehung der Geschäftsanteile. Mit Schreiben vom 3.7.2001 bestätigte er, die Gesellschafterversammlung vom 27.6.2001 nicht abgehalten zu haben, da die Anteile der Kläger eingezogen seien.

Die Kläger haben mit ihrer am 25.7.2001 anhängig gemachten Klage geltend gemacht, ein Beschluss dieses Inhalts sei nicht gefasst worden, weil ihre Gegenstimmen nicht berücksichtigt worden seien.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, dass ihre Gesellschaftsanteile an der Beklagten nicht wirksam eingezogen worden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei im Hinblick auf den entsprechend anzuwendenden § 246 AktG unzulässig und im übrigen unbegründet.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, denn es handele sich bei ihr nicht um eine entsprechend § 246 AktG binnen eines Monats zu erhebende Anfechtungsklage, wie sie bei Verbindlichkeit eines festgestellten Beschlussergebnisses zu erheben gewesen wäre. Eine verbindliche Feststellung des Beschlussergebnisses liege nicht vor, insbesondere nicht in Form des vom Gesellschafter/Geschäftsführer unterzeichneten Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 28.02.2001, denn Niederschriften über gefasste Beschlüsse seien nach § 8 Nr. 5, 6 der Satzung der Beklagten nur verbindlich, wenn ihnen nicht innerhalb von 2 Monaten schriftlich widersprochen werde. Hier hätten die Kläger jedoch mit Anwaltsschreiben vom 19.04.2001 gegen die Niederschrift Widerspruch eingelegt und am 27.7.2001 noch rechtzeitig und damit außerhalb einer Verwirkung Klage eingereicht.

Nachdem die Beklagte die von den Klägern mit Schreiben vom 19.04.2001 erbetene Bestätigung, dass ihre Geschäftsanteile nicht wirksam eingezogen seien, nicht erteilt gehabt habe, sei die Ergebnisunklarheit zunächst in der Schwebe geblieben, bis der Geschäftsführer der Beklagten in der von ihm auf den Antrag der Kläger vom 12.02.2001 einberufenen Versammlung vom 27.06.2001 den Bevollmächtigten der Kläger mitgeteilt habe, nicht bereit zu sein, eine Gesellschafterversammlung abzuhalten, da die Anteile der Kläger eingezogen seien, was er mit Schreiben vom 03.07.2001 noch einmal bestätigt habe. Die Feststellungsklage sei auch begründet. Ein Einziehungsbeschluss sei tatsächlich nicht gefasst worden, weil lediglich der Geschäftsführer/Gesellschafter der Beklagten für die Einziehung der Anteile der Kläger gestimmt habe, während die Stimmen der Kläger, soweit es nicht um den jeweils eigenen Ausschluss gegangen sei, unberechtigt außer Acht gelassen worden seien.

Gegen dieses am 19.11.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit bei Gericht am 19.12.2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie hebt hervor, dass die Kläger im Hinblick auf das - mit der Berufungsbegründung vorgelegte - Schreiben des Geschäftsführers Dr. N. vom 30.4.2001 gehalten gewesen seien, spätestens daran anschließend die Klage zu erheben, so dass wegen der erst Ende Juli 2001 eingereichten Klage Verwirkung anzunehmen sei. Die Einziehung der Geschäftsanteile sei wirksam, weil im Rahmen der Beschlussfassung die Anteile der Kläger wegen deren einheitlichen Auftretens als nur einer zu behandeln gewesen seien.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil mit umfangreichen rechtlichen Ausführungen, deretwegen auf die Berufungserwiderung verwiesen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben, denn die Klage ist sowohl zulässig als auch begründet.

1.

Die Klage ist zulässig. Sie ist zutreffend in Gestalt einer Feststellungsklage rechtzeitig erhoben.

1.1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verdrängt die Anfechtungsklage die Feststellungsklage bei GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten nur dann, wenn der Versammlungsleiter einer GmbH-Gesellschafterversammlung ein Beschlussergebnis festgestellt hat und dadurch ein vorläufig verbindliches Beschlussergebnis feststeht, welches im Wege der Anfechtungsklage u.U. wieder beseitigt werden kann. Fehlt es hingegen an einer (vorläufig) verbindlichen Beschlussfeststellung, ist nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 76, 154, 156; bestätigt in: BGH GmbHR 1996, 47, 48) die Feststellungsklage nach § 256 ZPO der richtige Weg, eine verbindliche Feststellung des Beschlussergebnisses herbeizuführen. Der Senat folgt dieser Auffassung, denn bei fehlender Feststellung einer Beschlussfassung wäre unter den Beteiligten nicht klar, wogegen sich die Anfechtung zu richten hätte (Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., Anh. § 47, 66).

Im vorliegenden Fall fehlt es an einer nur im Wege der Anfechtungsklage zu beseitigenden vorläufigen Beschlussfeststellung.

1.1.1.

Ein verbindliches Protokoll liegt nicht vor. Legt man das von dem Geschäftsführer und Mitgesellschafter Dr. N. gefertigte Protokoll (Bl. 26 GA) zugrunde, so enthält dies die Feststellung "Damit sind die Geschäftsanteile B. und C. eingezogen". Im Widerspruch hierzu steht das von Rechtsanwalt Z. (als Beistand des Klägers zu 1.) gefertigte Protokoll (Bl. 31 AH), welches eine solche Feststellung nicht aufweist. Zwar war Rechtsanwalt Z. nicht autorisiert, ein verbindliches Protokoll zu erstellen. Das gilt aber auch für den Gesellschafter - Geschäftsführer der Beklagten Dr. N.. Die von diesem gefertigte Niederschrift (Blatt 26 f. GA) hätte, um den Anforderungen des § 8 Abs. 5 der Satzung zu genügen, von einem Geschäftsführer und einem Gesellschafter unterzeichnet werden müssen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 der Satzung der Beklagten). Das Protokoll der Gesellschafterversammlung ist von Herrn Dr. N. und Herrn Steuerberater T., der insoweit als Vertreter des Gesellschafters Dr. N. aufgetreten ist, unterzeichnet worden. Nach Sinn und Zweck von § 8 Abs. 5 Satz 1 der Satzung der Beklagten soll die Beschlussniederschrift die Unterschrift von einem Geschäftsführer und einem von dem Geschäftführer personenverschiedenen Gesellschafter tragen. Die Satzung der Beklagten setzt ersichtlich voraus, dass zur Erreichung wirksamer Gesellschafterbeschlüsse ein hohes Maß an Mitwirkung aller Gesellschafter erforderlich ist. So sieht die Satzung vor, dass eine Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig ist, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend oder vertreten sind (§ 7 Abs. 3 der Satzung). Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen regelmäßig der Einstimmigkeit (§ 8 Abs. 5 Satz 1 der Satzung). Diese Regelungen zeigen das Bedürfnis der Gesellschafter, eine möglichst starke Mitwirkung aller Gesellschafter an den Entscheidungsfindungen der Gesellschaft zu erzielen. Dieses Ziel wird nur durch die Auslegung erreicht, dass ein wirksames Beschlussprotokoll die Unterschrift eines Geschäftsführers und eines von diesem personenverschiedenen Gesellschafters tragen muss. Diesen Anforderungen genügt die Niederschrift des Geschäftsführers nicht, da Steuerberater T. als Vertreter von Herrn Dr. N. unterzeichnet hat. Kommt somit dem Protokoll Dr. N. nicht mehr Verbindlichkeit zu als dem von Rechtsanwalt Z. kann nicht von einer Beschlussfeststellung ausgegangen werden, so dass auch kein Anfechtungsfall vorliegt.

1.1.2.

An einer verbindlichen Beschlussfeststellung fehlt es auch deshalb, weil Herr Dr. N. als "angemaßter" Versammlungsleiter aufgetreten ist. Eine verbindliche (wenn auch anfechtbare) Feststellung setzt voraus, dass die Feststellung von einem mit entsprechender Kompetenz ausgestatteten Versammlungsleiter getroffen wurde (Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., Anh. § 47, 65; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 47, 42; a.A. OLG Celle, OLG-Report 1998, 340). Dies gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls, soweit es um eine Konstellation wie der vorliegenden geht, in der sich Herr Dr. N. als Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter selber zum Versammlungsleiter bestimmt hat gegen den (auch nach seinem Protokoll bestätigten) erklärten Willen der anderen beiden Gesellschafter. In einem solchen Willkürfall angemaßter Versammlungsleitung muss der Feststellung durch den nicht legitimierten Versammlungsleiter eine Verbindlichkeit versagt bleiben. In dem von dem Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall (OLG Celle, OLG-Report 1998, 340) war der Versammlungsleiter immerhin - wenn auch nicht einstimmig - so doch mehrheitlich gewählt worden und besaß damit zumindest eine gewisse "gesellschaftsdemokratische" Legitimation. Herr Dr. N. hingegen konnte sich ersichtlich auch nicht auf die Satzung der Beklagten berufen, denn diese sieht die Bestellung eines Versammlungsleiters nicht vor. Insbesondere ist in der Satzung nicht geregelt, dass der Geschäftsführer "geborener" Versammlungsleiter ist, wie dies Herr Dr. N. nach den insoweit übereinstimmenden Protokollen der Gesellschafterversammlung vom 28.02.2001 (Blatt 26 GA und Anlage 8 AH) vertreten hat. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten Dr. N. ist in der Gesellschafterversammlung vom 28.02.01 nicht zum Versammlungsleiter bestellt worden. Dies wäre mangels satzungsmäßiger Grundlage für das Amt des Versammlungsleiters nur bei allseitigem Einverständnis möglich gewesen (vgl. § 8 Abs.2 der Satzung). Selbst wenn ein Versammlungsleiter mit Mehrheitsbeschluss hätte gewählt werden können, wäre jedenfalls nicht der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten zum Versammlungsleiter gewählt worden, da die Kläger jeweils der Bestellung von Herrn Dr. N. als Versammlungsleiter widersprochen haben.

1.1.3.

Schließlich liegt - worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - eine verbindliche Beschlussfeststellung auch aufgrund der Satzungsbestimmung des § 8 Abs. 6 nicht vor. Die Beschlussfeststellung beinhaltet die Berühmung, dass der Gesellschafterbeschluss (vorläufig) wirksam ist (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 47, 42). Die Satzung der Beklagten trifft eine Spezialregelung für den Eintritt der Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung. Gemäß § 8 Abs. 6 der Satzung ist ein Beschluss dann wirksam, wenn der Niederschrift nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich widersprochen wird. Beide Kläger haben dem von Herrn Dr. N. erstellten Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 28.02.2001 durch Schreiben der Rechtsanwälte St. M. Sch. vom 19.04.2001 (Blatt 43 f. GA) widersprochen. Damit ist nach der Satzung bereits eine Wirksamkeitsfeststellung nicht gegeben.

1.2.

Eine Verfristung oder Verwirkung der Feststellungsklage kann nicht angenommen werden.

Die - im GmbH-Recht ohnehin nur sinngemäß anzuwendende - Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG gilt bei der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht, auch nicht entsprechend oder sinngemäß (BGH GmbHR 1996, 47, 48). Vielmehr unterliegt die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, deren Erhebung grundsätzlich an keine gesetzliche Frist gebunden ist, auch im Gesellschaftsrecht keiner Präklusionswirkung (BGH GmbHR 1999,477, 478), so dass eine nicht zeitnahe Klageerhebung nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung einer Überprüfung zugänglich ist.

Die Kläger haben jedoch ihr Recht zur Feststellung des zutreffenden Beschlussergebnisses - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht verwirkt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren vorgelegten Schreibens des Herrn Dr. N. vom 30.4.2001.

Die Geltendmachung eines Rechts kann nur dann als verwirkt angesehen werden, wenn der Rechtsinhaber über einen längeren Zeitraum sein Recht nicht geltend macht und dadurch bei der Gegenseite den Eindruck erweckt, diese brauche mit der Inanspruchnahme des Rechts in Zukunft nicht mehr zu rechnen (BGH a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind ersichtlich nicht gegeben. Die Kläger haben zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass sie sich mit dem von dem Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. N. angenommenen Beschlussergebnis abgefunden hätten. Sie haben vielmehr innerhalb der satzungsmäßigen Frist Widerspruch gegen das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 28.02.2001 erhoben. Damit haben sie ihren gesellschaftsvertraglichen Pflichten genügt, um die Unwirksamkeit des Beschlusses zu dokumentieren. Die Kläger haben das Beschlussergebnis auch danach zu keinem Zeitpunkt als wirksam behandelt. Aufgrund des Umstands, dass die Kläger trotz der negativen Reaktion auf ihr Widerspruchsschreiben vom 19.4.2001 nicht sogleich Klage erhoben haben, konnte der Geschäftführer und Mitgesellschafter Dr. N. angesichts des eindeutigen vorhergehenden Protestes der Kläger nicht annehmen, diese würden ihren Ausschluss aufgrund seines Vorgehens akzeptieren und den Ausschlussbeschluss hinnehmen. Die entgegenstehende Auffassung der Kläger wurde auch deutlich im Zusammenhang mit der auf den 27.6.2001 anberaumten Gesellschafterversammlung, an der sie als Gesellschafter teilnehmen wollten. Nachdem sich der Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. N. im Zusammenhang mit der Gesellschafterversammlung vom 27.06.2001 darauf berief, die Anteile der Kläger seien wirksam eingezogen worden, haben die Kläger zeitnah hierzu die vorliegende Klage eingereicht, somit fünf Monate nach der Beschlussfassung und gut drei Monate nach dem von ihnen erklärten Widerspruch. Für die Annahme einer Verwirkung fehlt es nach alledem sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment. Hinsichtlich des Zeitmoments ist in diesem Zeitpunkt auch auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH GmbHR 1999,477, 478) zu verweisen, der im entschiedenen Fall bei einer 10 Monate nach der Beschlussfassung liegenden Klageerhebung eine Verwirkung verneint hat.

2. Die Feststellungsklage ist auch begründet, denn ein wirksamer Einziehungsbeschluss ist nicht zustande gekommen.

Hier ist - über die richtige und ausreichende Begründung des Landgerichts hinaus - der Berufungserwiderung zuzustimmen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 28.02.2001, durch den die Anteile der Kläger an der Gesellschaft eingezogen sein sollen, an mehreren formalen und materiellen Mängeln leidet.

2.1.

Eine wirksame Einladung zur Gesellschafterversammlung liegt nicht vor. Der Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. N. hat mit seiner Einladung zur Gesellschafterversammlung auf den 28.02.2001 vom 13.02.2001 (Anlage 5 AH) die ihm nach der Satzung der Beklagten (§ 7 Abs. 2 Satz 1) allein zustehende Befugnis, zu Gesellschafterversammlungen einzuladen, rechtsmissbräuchlich ausgenutzt. Er hat auf das zulässige Einberufungsverlangen der Kläger vom 31.01.2001 (Anlage 3 AH) reagiert, indem er mit Schreiben vom 12.02.2001 eine Einladung auf den 27.06.2001 ausgesprochen hat. Mit Schreiben vom 13.02.2001 (Anlage 5 AH) hat er sodann, ausdrücklich seinem eigenen "Antrag" folgend, zu der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung auf den 28.02.2001 eingeladen. Hintergrund dieser Vorgehensweise war offenbar, dass er beabsichtigte, die Geschäftsanteile der Kläger in der Versammlung vom 28.02.2001 einzuziehen, damit die Kläger nicht mehr seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund beschließen konnten. Des Weiteren ist der Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. N. nicht dem - zulässigen - Antrag des Klägers C. vom 22.02.2001, die Tagesordnung der auf den 28.02.2001 einberufenen Gesellschafterversammlung zu ändern (Anlage 6 AH), nachgekommen.

2.2.

Eine ausreichende Stimmenmehrheit ist nicht zustande gekommen aufgrund des nicht berechtigten Stimmrechtsausschlusses der Kläger. Gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung kann ein Einziehungsbeschluss bei der Beklagten nur einstimmig gefasst werden, wobei gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 "der betroffene Gesellschafter" kein Stimmrecht hat. Die Beklagte vertritt die Auffassung, das sich aus § 13 Abs. 2 Satz 2 ergebende Stimmverbot habe für die Kläger jeweils auch bei der Beschlussfassung über die Einziehung des jeweils anderen Klägers gegolten. Zur Begründung stellt die Beklagte darauf ab, die Kläger hätten "tatsächlich und faktisch ihre Geschäftsanteile vereint". Das ist vom Tatsächlichen her konstruiert und in der rechtlichen Schlussfolgerung abwegig. Bereits aus dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten ergibt sich, dass das Stimmverbot jeweils nur für die Abstimmung über die Einziehung des dem jeweiligen Gesellschafter zustehenden Anteils gilt. Eine Ausdehnung dieses Stimmverbots hat die Beklagte nicht einmal begründet.

2.4.

Die Kläger weisen schließlich zu Recht darauf hin, dass eine wirksame Stimmabgabe für den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. N. nicht vorlag. Dieser war nach seiner eigenen Darstellung (Blatt 26 GA) bei der Versammlung nur in seiner Funktion als Geschäftsführer anwesend. In seiner Funktion als Gesellschafter hat er sich durch den Steuerberater T. vertreten lassen. Die Herrn T. erteilte Vollmacht ist jedoch nach § 134 BGB, Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Die Vertretung eines Gesellschafters in einer Gesellschafterversammlung ist eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Der Steuerberater T. ist insoweit geschäftsmäßig aufgetreten. Die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG greift nicht ein. Die Vertretung eines Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung einer GmbH steht nicht mit den Aufgaben eines Steuerberaters in unmittelbarem Zusammenhang; der Steuerberater kann seine steuerberatende Tätigkeit ohne diese Rechtsberatung durchaus sachgemäß erledigen. Damit ist bereits der Auftrag des Gesellschafter-Geschäftsführers Dr. N. an den Steuerberater T., ihn in der Gesellschafterversammlung als Gesellschafter zu vertreten, gemäß § 134 BGB, Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Die Nichtigkeit dieses Auftragsverhältnisses erfasst auch die aufgrund des Auftragsverhältnisses erteilte Vollmacht.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer für die Beklagte: 100.000 €

Ende der Entscheidung

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