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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.06.2000
Aktenzeichen: 18 U 36/00
Rechtsgebiete: AktG, GmbHG, ZPO


Vorschriften:

AktG § 246
GmbHG § 60 Abs. 1 Ziff. 2
GmbHG § 47 Abs. 1
GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 2
GmbHG § 61
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 36/00 83 O 43/99 LG Köln

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 20.6.00

Verkündet am 20.6.00

Brüggen, JAng.`e als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.5.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Reppel, den Richter am Oberlandesgericht Bodens und den Richter am Amtsgericht Dr. Klein

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.11.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (Aktenzeichen 83 O 43/99) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 5.800,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistungen können jeweils auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist Mitgesellschafter der Beklagten, deren Stammkapital DM 5.000.000,00 beträgt; er hält eine Stammeinlage von DM 50.000,00, mithin 1 % des Stammkapitals der Beklagten.

Mit den weiteren Gesellschafterinnen U. K. und W. T. war der Kläger Mitglied des Familienkonsortiums E. von der W., dessen Leiter er seit 1982 ist; hinsichtlich des Inhaltes des Konsortialvertrages wird auf die notarielle Urkunde vom 30.12.1969 (Bl. 54 ff. d.A.) verwiesen. Frau U. K., die Ehefrau des Klägers, hält an der Beklagten eine Stammeinlage von 13 %; Frau W. T., die Schwägerin des Klägers, war an der Beklagten mit 9 % beteiligt, ist jedoch zwischenzeitlich aus dem Konsortium ausgeschieden und hat ihren Geschäftsanteil an der Beklagten veräußert.

Am 26.5.1999 fand in Köln eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, in der unter Tagesordnungspunkt 10 der Antrag von vier Gesellschaftern behandelt wurde, den Kläger aus wichtigem Grunde aus der Gesellschaft auszuschließen. Von den in der Versammlung vertretenen 49.996 Stimmen wurden für den Antrag 30.377 Stimmen abgegeben, während 19.119 Stimmen -unter anderem Frau K. und Frau T. mit insgesamt 11.000 Stimmen- gegen den Antrag stimmten; der Kläger selbst stimmte mit den ihm zustehenden 500 Stimmen nicht mit. Sodann stellte der Versammlungsleiter fest, daß die Gesellschafterinnen K. und T. aufgrund ihrer Mitgliedschaft in dem Familienkonsortium einem Stimmverbot unterlägen, so daß lediglich 38.496 Stimmen wirksam abgegeben worden seien und der Antrag daher mit einer Mehrheit von 78,91 % angenommen worden sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung (Bl. 20 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Stimmen der Gesellschafterinnen K. und T. seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, da sich das für ihn (den Kläger) bestehende Stimmverbot nicht auf sie erstreckt habe. Er hat behauptet, er habe die ihm als Leiter des Konsortiums an sich gegebene Möglichkeit, die Stimmrechte der Konsorten in eigener Person aufgrund ihm zu erteilender Stimmrechtsvollmachten auszuüben, niemals wahrgenommen. Desweiteren habe er den Gesellschafterinnen K. und T. niemals Weisungen erteilt, wie sie ihr Stimmrecht auszuüben hätten; vielmehr hätten sie ihre Stimmrechte jeweils eigenständig wahrgenommen. Schließlich sei in einer außerordentlichen Konsortialversammlung vom 25.5.1999 einstimmig beschlossen worden, die im Konsortialvertrag verankerte Stimmrechtsbindung ersatzlos aufzuheben.

Da somit die Stimmen der Gesellschafterinnen K. und T. zu berücksichtigen seien, sei der Antrag lediglich mit 61,37 % der Stimmen angenommen worden; dies reiche jedoch nicht aus, da für den Beschluss über die Ausschließung aus der Gesellschaft eine Mehrheit von 75 % erforderlich sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.5.1999 zu TOP 10, durch den der Antrag von M. von der W., G. von der W.,

E. von der W. und C. von der W., den Kläger aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, angenommen wurde, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Standpunkt vertreten, für den Beschluss über die Ausschließung des Klägers sei nicht eine Mehrheit von 75 %, sondern lediglich die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich gewesen. Im übrigen hätten die Gesellschafterinnen K. und T. aufgrund ihrer familiären und -im Hinblick auf den Konsortialvertrag- rechtlichen Beziehungen zu dem Kläger einem Stimmverbot unterlegen; hierbei sei es auch in Ansehung des -bestrittenen- Beschlusses der Konsortialversammlung vom 25.5.1999 geblieben, da dieser an der beherrschenden Stellung des Klägers im Konsortium nichts geändert habe.

Mit dem am 18.11.1999 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, für den Beschluß über die Ausschließung eines Gesellschafters sei die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend, so daß es nicht darauf ankomme, ob die Gesellschafterinnen K. und T. einem Stimmverbot unterlegen hätten.

Gegen das ihm am 7.12.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5.1.2000 Berufung eingelegt und diese -nach Fristverlängerung bis zum 13.4.2000- am 22.3.2000 rechtzeitig begründet.

Im wesentlichen meint der Kläger, das angefochtene Urteil sei fehlerhaft, da die einfache Mehrheit nicht ausreichend, sondern vielmehr eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen erforderlich gewesen sei; desweiteren hätten die Gesellschafterinnen K. und T. keinem Stimmverbot unterlegen. Schließlich behauptet er, ihm sei vor der Beschlußfassung kein rechtliches Gehör gewährt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln -83 O 43/99- abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, für die vorliegende Klage fehle es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls nachdem seitens der Beklagten -unstreitig- gegen den Kläger beim Landgericht Köln (Aktenzeichen 89 O 172/99) die Ausschließungsklage erhoben worden sei; spätestens mit der Rechtshängigkeit dieser Klage sei Erledigung eingetreten. Im übrigen hält sie das landgerichtliche Urteil für zutreffend und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg; zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

1. Allerdings ist -entgegen der Ansicht der Beklagten- die Klage zulässig; insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis auch nach Erhebung der Ausschließungsklage gegeben. Zutreffend ist zwar, daß der Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem Grund nur aufgrund einer Klage der Gesellschaft gegen den auszuschließenden Gesellschafter durch Gestaltungsurteil erfolgen kann, wenn -wie vorliegend- die Satzung keine anderweitige Regelung hierfür enthält. Voraussetzung hierfür ist u.a. ein Beschluß der Gesellschafterversammlung, der jedoch den Ausschluß nicht selbst bewirkt, sondern lediglich die Grundlage für die Erhebung der Ausschließungsklage bildet; die Wirksamkeit dieses Beschlusses ist damit im Ausschließungsverfahren notwendige Vorfrage für die Begründetheit der Klage.

Grundsätzlich steht dem betroffenen Gesellschafter das Recht zu, den Beschluß der Gesellschafterversammlung in entsprechender Anwendung des § 246 AktG anzufechten. Zwar wird die Ansicht vertreten, eine im Rahmen der Ausschließung isoliert gegen den Ausschließungsbeschluß erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig, wenn der betroffene Gesellschafter nur durch Ausschlußurteil sein Mitgliedschaftsrecht verlieren kann (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anhang zu § 47 Rdnr. 69). Der Senat hält jedoch diese Ansicht jedenfalls dann nicht für zutreffend, wenn die Ausschlußklage noch nicht erhoben ist. In diesem Fall hat der betroffene Gesellschafter ein legitimes Interesse daran, isoliert die Unwirksamkeit des Beschlusses feststellen zu lassen, um einer drohenden Ausschlußklage von vornherein die Grundlage zu entziehen; dem Urteil, das rechtskräftig die Unwirksamkeit des Beschlusses feststellt, käme im Ausschlußverfahren Rechtskraftwirkung zu.

Anders liegt der Fall, wenn die Ausschlußklage zeitlich vor der Anfechtungsklage erhoben wird. Da die Wirksamkeit des Beschlusses notwendigerweise bereits Gegenstand der Ausschlußklage ist, fehlt es hier am Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage (vgl. OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 543, 547: Erhebung der Anfechtungsklage als Widerklage im Rahmen des Ausschließungsverfahrens).

Für den Fall, daß zunächst die Anfechtungsklage und zeitlich nachfolgend die Ausschlußklage mit umgekehrtem Rubrum erhoben werden, liegt es nach Ansicht des Senates nahe, auf die Grundsätze zum Verhältnis einer negativen Feststellungsklage zur später erhobenen Leistungsklage zurückzugreifen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist davon auszugehen, daß das Feststellungsinteresse grundsätzlich entfällt, wenn wegen desselben Gegenstandes Leistungsklage erhoben wird und diese -nach streitiger Verhandlung- nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann; ausnahmsweise besteht es fort, wenn sich das "Feststellungsverfahren" bereits in der Berufungsinstanz befindet und im vorgenannten Zeitpunkt die Feststellungsklage entscheidungsreif oder im wesentlichen zur Entscheidungsreife vorgeschritten ist (vgl. BGH, MDR 1973, 625, 626; MDR 1987, 558).

Die Ausschlußklage ist zwar bereits mit Klageschrift vom 29.11.1999 eingereicht worden, also vor Einlegung der Berufung im vorliegenden Verfahren. Die mündliche Verhandlung im Ausschlußverfahren fand jedoch erst am 28.4.2000 und damit zu einem Zeitpunkt statt, als im vorliegenden Verfahren die Berufungsbegründung bereits seit über einem Monat vorlag; die Berufungserwiderung vom 19.4.2000 ging sodann am 2.5.2000 bei Gericht ein. Da sich in erster Instanz der Streit zwischen den Parteien im wesentlichen auf zwei Rechtsfragen konzentriert hatte, war nach der Entscheidung des Landgerichts der Streitstoff für das Berufungsverfahren bereits mit der Berufungsbegründung hinreichend konkret festgelegt. Zwar war vor Eingang der Berufungserwiderung die Entscheidungsreife im strengen Sinne noch nicht gegeben; jedoch war der Rechtsstreit schon bei Vorliegen der Berufungsbegründung "im wesentlichen zur Entscheidungsreife vorgeschritten" (BGH, a.a.O.), da der Senat letztlich nur die Frage der erforderlichen Mehrheit zu beurteilen hat.

Nach den obigen Grundsätzen besteht somit das Rechtsschutzinteresse für die vorliegende Klage nach Erhebung der Ausschlußklage fort. Dies entspricht auch dem Gebot der Prozeßwirtschaftlichkeit, da der Kläger anderenfalls zur Vermeidung einer Zurückweisung der Berufung wegen der Unzulässigkeit der Klage gezwungen wäre, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, was zu einem vollständigen Verlust der bisherigen Prozeßergebnisse und zu einer Beendigung des Anfechtungsverfahrens ohne Sachurteil führen würde. Zwar verkennt der Senat nicht, daß es bei Fortführung des Anfechtungsverfahrens jedenfalls für einen gewissen Zeitraum zu parallelen Prozeßführungen hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses kommen kann. Dies läßt sich jedoch -gerade bei der gegebenen Konstellation- sinnvoller durch die Aussetzung des Ausschlußverfahrens erreichen (vgl. hierzu auch Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 256 Rdnr. 126); der Umstand, daß der im Verfahren 89 O 172/99 zunächst auf den 30.5.2000 bestimmte Verkündungstermin offensichtlich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren auf den 21.7.2000 verlegt wurde, spricht dafür, daß auch das Landgericht diese Ansicht teilt.

2. Die Klage ist aber nicht begründet.

Soweit der Kläger rügt, ihm sei vor der Beschlußfassung das rechtliche Gehör nicht gewährt worden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, das Einladungsschreiben nebst Tagesordnung und Ausschließungsantrag vom 7.4.1999 sei allen Gesellschaftern übersandt worden; letztgenanntes Schreiben der Frau G. von der W. hat der Kläger im übrigen mit der Klageschrift selbst vorgelegt. Hinzu kommt, daß der Kläger der entsprechenden Feststellung des Versammlungsleiters in der Gesellschafterversammlung (zu TOP 10; Bl. 23 d.A.) nicht widersprochen hatte. Auch ist in der Versammlung in Anwesenheit des Klägers umfangreich über den Antrag diskutiert worden, wie sich aus dem Protokoll zu TOP 10 ergibt. Daß dem Kläger die Tagesordnung bekannt war, ergibt sich schließlich aus dem Protokoll der Konsortialversammlung vom 25.5.1999, in der ausweislich TOP 3.b) anhand der vorgesehenen Tagesordnung der Gesellschafterversammlung der Beklagten über die anstehenden Themen beraten wurde (Bl. 32 d.A.).

Hinsichtlich der für den Ausschließungsbeschluß erforderlichen Mehrheit schließt sich der Senat der Ansicht des Landgerichts, wonach die einfache Mehrheit ausreichend ist, an.

Allerdings verkennt der Senat nicht, daß sich der Kläger für seine Ansicht auf das grundlegende Urteil des BGH aus dem Jahre 1953 (BGHZ 9, 157, 177) berufen kann. Hiernach könne die einfache Mehrheit nicht ausreichen; vielmehr erscheine es richtig, daß die Klageerhebung mit derjenigen Mehrheit beschlossen werden müsse, die statuarisch oder nach § 60 Abs. 1 Ziff. 2 GmbHG für die Auflösung der Gesellschaft vorgesehen sei, da die Ausschließung ihrer Bedeutung nach dem Auflösungsbeschluß am nächsten komme. Dem hat sich das OLG Frankfurt (GmbHR 1980, 56, 57) angeschlossen; weitere Entscheidungen zu dieser Frage sind, soweit ersichtlich, bislang nicht veröffentlicht worden.

Ein Teil der Literatur hat sich dieser Ansicht angeschlossen (vgl. nur Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anhang zu § 34 Rdnr. 24; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 34 Rdnr. 28; Tschernig, GmbHR 1999, 696), während ein anderer Teil die einfache Mehrheit für ausreichend hält (vgl. nur Hueck, DB 1953, 776, 777; Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 15 Rdnr 140; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anhang zu § 34 Rdnr. 9; Soufleros, Ausschließung und Abfindung eines GmbH-Gesellschafters, S. 58 ff.).

Entscheidendes Argument für die letztgenannte Ansicht ist nach Auffassung des Senates der Umstand, daß über den Ausschluß erst in einem gerichtlichen Verfahren nach sorgfältiger Prüfung und umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden wird und der Beschluß der Gesellschafterversammlung lediglich die Vorstufe bildet. Der betroffene Gesellschafter ist hierdurch umfassend geschützt; er ist durch den Beschluß nicht gehindert, alle Argumente einzubringen, die gegen die Ausschließung sprechen. Angesichts dessen besteht keine Notwendigkeit, den betroffenen Gesellschafter bereits auf der Vorstufe der Entscheidung, ob überhaupt die Klage erhoben werden soll, durch das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit zu schützen.

Das Interesse der anderen Gesellschafter bzw. der GmbH selbst erfordert ebensowenig eine qualifizierte Mehrheit. Es ist anerkannt, daß der Ausschluß nur ultima ratio und daher nur dann zulässig ist, wenn der den wichtigen Grund bildende Anlaß nicht auf andere Weise beseitigt werden kann (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 34 Rdnr. 25 a.E.). Auch das Gericht hat daher nicht zu prüfen, ob ein wichtiger Grund in der Person des betroffenen Gesellschafters gegeben ist, sondern auch, ob es Alternativen zum Ausschluß gibt - insbesondere dann, wenn im Einzelfall tatsächlich durch den Ausschluß selbst oder durch die zu zahlende Abfindung, über die i.d.R. auch das Gericht im Rahmen der Ausschlußklage entscheidet, der Bestand der Gesellschaft gefährdet sein sollte.

Gerade der Schutz der Gesellschaft spricht vielmehr dafür, die einfache Mehrheit ausreichen zu lassen. Es sind Fälle denkbar, in denen ein Minderheitsgesellschafter die Gesellschaft in erheblicher, den Bestand der Gesellschaft gefährdender Weise "stört", jedoch in der Lage ist, eine Minderheit von z.B. 25,1 % dazu zu bewegen, für ihn zu stimmen und so bereits die Entscheidung, ob Klage erhoben werden soll, zu blockieren. Das Erfordernis einer 3/4-Mehrheit würde dazu führen, daß die Gesellschaft keine effektive Möglichkeit hätte, sich zu schützen.

Auch die Interessen anderer Mitgesellschafter werden nicht in ungerechtfertigter Weise eingeschränkt, wenn man für den Beschluß die einfache Mehrheit ausreichen läßt. Zwar könnte beispielsweise bei einer Gesellschaft, die aus drei Gesellschaftern besteht, ein Gesellschafter, der mit 25 % beteiligt ist, alleine mit seinen Stimmen die Ausschließung eines Mehrheitsgesellschafters herbeiführen, der mit 60 % beteiligt ist. Eine geringfügige Veränderung der Beteiligungsverhältnisse in diesem Beispiel zeigt jedoch, daß der Unterschied zwischen der einfachen und der qualifizierten Mehrheit nicht erheblich ist; denn wenn der Gesellschafter, der die Ausschließung betreiben will, nicht über 25 %, sondern über 30 % der Stimmen verfügt, kann alleine mit seinen Stimmen die Ausschließung auch dann beschlossen werden, wenn man die qualifizierte Mehrheit für erforderlich hält.

Gesellschaftsvertrag und Gesetz stehen der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen, da der Ausschluß aus wichtigem Grund nicht geregelt ist. Vielmehr reicht für die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gem. § 47 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich die einfache Mehrheit. Auch die von der Gegenansicht angenommene Vergleichbarkeit mit der Auflösung der Gesellschaft hält der Senat nicht für tragfähig. Die Auflösung ist ein wesentlich schwerwiegenderer Eingriff als die Ausschließung, da er die Gesellschaft vernichtet; der Ausschluß will gerade umgekehrt die sonst möglicherweise untragbar gewordene Gesellschaft erhalten.

Auch der Hinweis auf § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ist nicht geeignet, das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit zu begründen. In diesem Falle wird die Gesellschaft alleine durch Gesellschafterbeschluß aufgelöst, ohne daß weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, so daß der Gesetzgeber zum Schutz der Gesellschaft und der Minderheitsgesellschafter die 3/4-Mehrheit für erforderlich angesehen hat. Vorliegend jedoch bedarf es sowohl eines wichtigen Grundes als auch eines nachfolgenden Gerichtsverfahrens, um eine im Regelfall wesentlich weniger einschneidende Rechtsfolge -aus der Sicht der Gesellschaft- zu erreichen. Näher liegt vielmehr die Parallele zu § 61 GmbHG. Wenn aber in diesem Fall der Gesetzgeber bereits einer 10 %-Minderheit das Recht zugesteht, bei Vorliegen eines in der Gesellschaft liegenden wichtigen Grundes die Auflösungsklage zu erheben, so entspricht es dieser gesetzlichen Wertung nicht, für den Beschluß über die Auschließung eines Gesellschafters eine qualifizierte Mehrheit zu verlangen.

4. Auf dieser Grundlage konnte die Ausschließung des Klägers auch bei Berücksichtigung der Stimmen der Gesellschafterinnen K. und T. wirksam beschlossen werden, so daß es auf die weitere Frage, ob sie einem Stimmverbot unterlagen, nicht mehr ankommt. Im vorliegenden Verfahren ist im übrigen auch nicht zu prüfen, ob ein wichtiger Grund für den Ausschluß gegeben ist; das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des auf Ausschluß gerichteten Gesellschafterbeschlusses, sondern Gegenstand des sich anschließenden gerichtlichen Ausschließungsverfahrens (vgl. Hachenburg/ Ulmer, a.a.O., Anhang zu § 34 Rdnr. 28).

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer für den Kläger: DM 80.000,00.

Ende der Entscheidung

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