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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 18 U 53/07
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 109
HGB § 112 Abs. 1
HGB § 117
HGB § 118
HGB § 128
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungskläger wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 02.03.2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Verfügungsbeklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, für die H.-Brauerei C. & Co. oHG (AG Köln, HRA XXX1) als Geschäftsführer aufzutreten oder zu handeln.

Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsbeklagten tragen die Verfügungskläger zu jeweils 3 % und der Verfügungsbeklagte zu 91 %. Die außergerichtlichen Kosten der Verfügungskläger trägt der Verfügungsbeklagte jeweils zu 91 %. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Gesellschafter der H. Brauerei C. & Co. oHG ("Gesellschaft"), die beim AG Köln unter HRA XXX1 ins Handelsregister eingetragen ist. Der Verfügungskläger zu 1) und der Verfügungsbeklagte, beide Söhne des Gesellschaftsgründers I. C., waren bislang geschäftsführende Gesellschafter. Der Verfügungskläger zu 3) ist der Sohn des bereits verstorbenen weiteren Sohnes des Gesellschaftsgründers, Q. C.. Der Verfügungskläger zu 2) ist der Sohn des Verfügungsklägers zu 1), der ihm mit Vertrag vom 01.01.2007 einen Teilgesellschaftsanteil mit einem darauf entfallenden festen Kapitalanteil von 511,29 € (= 1 Stimme) übertragen hat; die Wirksamkeit der Übertragung ist zwischen den Beteiligten streitig. Unter Berücksichtigung dieser Anteilsübertragung sind die Parteien seitdem wie folgt an der Gesellschaft beteiligt:

Verfügungskläger zu 1): 38 % minus 1 Stimme = 5.357 Stimmen

Verfügungskläger zu 2): 1 Stimme

Verfügungskläger zu 3): 24 % = 3.384 Stimmen

Verfügungsbeklagter: 38 % = 5.358 Stimmen

Am 06.12.2006 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Dabei wurde insbesondere über die Frage einer weitergehenden Beteiligung der Gesellschaft an der L & T GmbH (künftig: L & T GmbH) kontrovers diskutiert. Die L & T GmbH ist ein Getränkevertrieb, über den die Gesellschaft einen erheblichen Teil ihrer Produktion absetzt. Sie ist seit längerer Zeit mit 25,1 % an der L & T GmbH beteiligt Im Jahre 2006 wurde von den Parteien eine Erhöhung der Beteiligung ins Auge gefasst. Der Verfügungsbeklagte favorisierte den Erwerb weiterer 24,9 % zum Preis von 8,5 Mio. €. Der Verfügungskläger zu 1) strebte dagegen eine komplette Übernahme der L & T GmbH in Kooperation mit der S. Brauerei an, was für die Gesellschaft mit Kosten in Höhe von 6 Mio. € verbunden gewesen wäre, die durch einen Kredit finanziert werden sollten. Gegen den Widerstand des Verfügungsbeklagten wurden die beiden geschäftsführenden Gesellschafter beauftragt, eine Übernahme der L & T GmbH zusammen mit der S. Brauerei weiter zu verfolgen. Nachdem der Verfügungsbeklagte angekündigt hatte, unabhängig von einem Beschluss der Gesellschafterversammlung die Aufstockung der Beteiligung durch Nichtzustimmung bzw. Widerspruch gegen die erforderlichen Geschäftsführungsmaßnahmen zu verhindern, beantragte der Verfügungsbeklagte zu 3), dessen Abberufung als geschäftsführender Gesellschafter auf die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung zu setzen.

In der darauf folgenden Gesellschafterversammlung vom 17.01.2007 haben die Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft zunächst ohne wichtigen Grund abberufen. In einer weiteren Abstimmung haben sie den Verfügungsbeklagten zudem mit wichtigem Grund als Geschäftsführer abberufen. Sie haben ihm im einzelnen streitige Untreuehandlungen zum Nachteil der Gesellschaft vorgeworfen. Vergleichbare Vorwürfe hat der Verfügungsbeklagte seinerseits gegen den Verfügungskläger zu 1) erhoben und diese zum Anlass genommen, dessen Abberufung als Geschäftsführer zu beantragen. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Verfügungskläger gegen die Stimmen des Verfügungsbeklagten abgelehnt; die Wirksamkeit dieser Abstimmung ist Gegenstand des beim Senat anhängigen Parallelverfahrens 18 U 57/07.

In der Folgezeit hat der Verfügungsbeklagte weiterhin als Geschäftsführer der Gesellschaft agiert. Das Landgericht Köln hat den deswegen beantragten Erlass einer einstweiligen Verfügung im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass die Abberufung des Verfügungsbeklagten treuwidrig gewesen sei, denn es könne nicht festgestellt werden, dass es hierfür einen sachlichen Grund gegeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts sowie der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Landgerichts Köln vom 02.03.2007 Bezug genommen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung vertreten die Verfügungskläger die Auffassung, das Landgericht habe die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens eines sachlichen Grundes verkannt. Sie meinen, dass eine Abberufung des Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft durch Mehrheitsbeschluss gemäß §§ 14 Abs. 4, 19 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages möglich gewesen sei; wegen des Wortlauts dieser Regelungen wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 05.01.1972 (Anlage AS 5) Bezug genommen.

Sie beantragen,

dem Verfügungsbeklagten unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 02.03.2007 (89 O 6/07) im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate zu untersagen,

a) für die H.-Brauerei C. & Co. als Geschäftsführer aufzutreten oder zu handeln,

b) die geschäftlichen und betrieblichen Räumlichkeiten der H.-Brauerei C. & Co. ohne vorherige Gestattung der Geschäftsführung der H.-Brauerei C. & Co. zu betreten.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er begründet dies im wesentlichen damit, dass durch die von der Gesellschafterversammlung am 29.03.1995 beschlossene Geschäftsordnung, in der eine Aufteilung der Geschäftsführeraufgaben zwischen ihm und seinem Bruder, dem Verfügungskläger zu 1), erfolgt sei, eine Änderung des § 14 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages erfolgt sei. Beiden geschäftsführenden Gesellschaftern seien hierdurch Kompetenzen zugewiesen worden, die nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrages mit entsprechenden Mehrheiten wieder entzogen werden könnten. Wegen der Einzelheiten der Geschäftsordnung wird auf die Anlage A 37 zur Berufungserwiderung (Bl. 365 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet, nämlich hinsichtlich des Antrags auf Unterlassung weiterer Geschäftsführertätigkeit für die Gesellschaft. Nicht begründet ist dagegen der weitere Antrag, dem Verfügungsbeklagten das Betreten der Räume der Gesellschaft ohne vorherige Zustimmung der Geschäftsführung der Gesellschaft zu untersagen.

1. Den Verfügungsklägern steht entgegen dem Urteils des Landgerichts ein Anspruch auf Unterlassung der Geschäftsführertätigkeit gegen den Verfügungsbeklagten zu, weil dieser wirksam durch Mehrheitsbeschluss als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen wurde und dennoch als solcher auftritt.

a) Die Verfügungskläger sind aktivlegitimiert. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch von den übrigen Gesellschaftern durchgesetzt werden. Die streitgegenständliche Unterlassungsverpflichtung besteht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch ihnen gegenüber zumindest aufgrund einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung (Semler, BB 1979, 1533, 1535). Der vorliegende Streit resultiert daraus, dass der Verfügungsbeklagte als Gesellschafter Geschäftsführer der Gesellschaft war, sodass es im Kern um die Wirksamkeit seiner Abberufung durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.01.2007 geht. Es wäre aber nicht sachgerecht, eine Klage der anderen Gesellschafter in der Hauptsache auf Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses zuzulassen, auf Einhaltung des Beschlusses aber mangels Aktivlegitimation abzuweisen.

b) Der Verfügungsbeklagte wurde in der Gesellschafterversammlung vom 17.01.2007 wirksam als Geschäftsführer abberufen. Die auf §§ 14 Abs. 4, 19 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gestützte Abberufung durch Mehrheitsbeschluss mit den Stimmen der Verfügungskläger gegen die Stimmen des Verfügungsbeklagten ist wirksam.

Die Abberufung eines Geschäftsführers abweichend von § 117 HGB durch Mehrheitsbeschluss auch ohne wichtigen Grund kann nach § 109 HGB im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (BGH, Urt. v. 03.11.1997 - II ZR 353/96 -, NJW 1998, 1223). Dies ist in § 14 Abs. 4 der Satzung der Gesellschaft geschehen; danach war lediglich die Abberufung des Gründungsgesellschafters I. C. an das Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft.

Einer Abberufung durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss stand nicht die von der Gesellschafterversammlung einstimmig beschlossene Geschäftsordnung für die Geschäftsführung vom 29.03.1995 entgegen. Diese ist dahingehend auszulegen, dass sie eine Abberufung eines Geschäftsführers durch mit einfacher Mehrheit getroffenen Beschluss der Gesellschafterversammlung nicht ausschließt. Der gegenteiligen Auffassung des Verfügungsbeklagten, § 14 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages sei durch die Geschäftsordnung konkludent dahingehend geändert worden, dass dieser nicht für die beiden in der Geschäftsordnung namentlich genannten geschäftsführenden Gesellschafter, den Verfügungskläger zu 1) und ihn selbst, gelte, folgt der Senat nicht.

Die Geschäftsordnung trifft selbst keine ausdrückliche Regelung über die Abberufung von geschäftsführenden Gesellschaftern. Angesichts der Vorgeschichte der Geschäftsordnung geht der Senat davon aus, dass hierdurch die sich aus § 14 Abs. 4 der Satzung des Gesellschaft ergebende Abberufungsmöglichkeit durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss auch nicht verändert werden sollte. Ursprünglich hatten der Verfügungskläger zu 1) und der Verfügungsbeklagte die Geschäftsordnung durch eine lediglich zwischen ihnen getroffene Vereinbarung regeln wollen, die ohnehin keinen satzungsändernden Charakter gehabt hätte. Erst auf Intervention des anwaltlichen Vertreters des - an der Geschäftsführung der Gesellschaft nicht beteiligten - Verfügungsklägers zu 3) wurde dann ein Beschluss über die Geschäftsordnung der Geschäftsführung durch die Gesellschafterversammlung herbeigeführt.

Eine Veränderung der Regelungen zur Abberufung von Geschäftsführern wurde in den auf allen Seiten anwaltlich begleiteten Verhandlungen nie thematisiert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der eidesstattlichen Versicherung des damaligen anwaltlichen Vertreters des Verfügungsbeklagten, Rechtsanwalt Dr. X.. Dieser stellt hinsichtlich der Konsequenz, dass es nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Geschäftsordnung nicht mehr möglich wäre, einem der beiden geschäftsführenden Gesellschafter die ihm in der Geschäftsordnung zugewiesenen Kompetenzen ohne seine Zustimmung zu entziehen, auf sein subjektives Verständnis ab ("Aus meiner Sicht ..."), ohne hierfür objektive Gesichtspunkte anführen zu können. Diese Sichtweise steht im übrigen im Widerspruch zu derjenigen des damaligen anwaltlichen Vertreters des Verfügungsklägers zu 3), Rechtsanwalt Dr. L., wonach mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Geschäftsordnung gerade keine Änderung des § 14 Abs. 4 der Satzung verbunden sein sollte. Für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht aus Sicht des Senats immerhin, dass mit einer solchen Satzungsänderung der Verfügungskläger zu 3) ohne Grund die Möglichkeit aus der Hand gegeben hätte, zusammen mit einem der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer geschäftliche Entscheidungen durchzusetzen, indem er dem jeweils anderen mit einer Abberufung ohne wichtigen Grund "drohte". Dadurch hätte er seine Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft ohne Anlass weiter beschnitten.

Auch das vom Verfügungsbeklagten vorgetragene Ziel der Geschäftsordnung, die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft auf Dauer zu bewahren, wird gerade durch die vom Senat vertretene Auslegung erreicht. Wären den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern durch die Geschäftsordnung tatsächlich nur mit wichtigem Grund oder mit satzungsändernder Mehrheit zu entziehende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden, bestünde bei Streitigkeiten zwischen ihnen die Gefahr, dass die Gesellschaft dauerhaft gelähmt würde. Diese Gefahr besteht bei dem hier vertretenen Verständnis der Geschäftsordnung dagegen nicht: Die Neuordnung der Geschäftsführung durch Abberufung eines oder beider geschäftsführender Gesellschafter kann durch Mehrheitsbeschluss erfolgen, so dass eine die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft gefährdende "Sperrposition" eines der beiden geschäftsführenden Gesellschafter gerade vermieden wird.

c) Der Antrag des Verfügungsklägers zu 3), den Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer abzuberufen, hat am 17.01.2007 die Mehrheit gefunden, weil ihm die Verfügungskläger zugestimmt haben und nur der Verfügungsbeklagte dagegen gestimmt hat. Der Verfügungskläger zu 1) durfte auch mitstimmen. Eine Abberufung ohne sachlichen Grund ist als normaler Organisationsakt anzusehen, bei dem es natürlich und gewollt ist, dass sich die Mehrheit durchsetzt. Aus diesem Grund darf sogar der Betroffene mitstimmen und damit seine Abberufung verhindern (BGH, Urt. v. 09.12.1968, II ZR 57/67, BGHZ 51, 209; Enzinger, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., 2006, § 119 Rdnr. 32). Darf aber selbst der Betroffene mitstimmen, bei dem naturgemäß die Gefahr am größten ist, dass er in dieser Abstimmung eigene Interessen vor Gesellschaftsinteressen setzt, so besteht kein Grund, bei der Abstimmung dem Verfügungskläger zu 1) ein Stimmverbot aufzuerlegen. Der Verfügungsbeklagte ist hinreichend dadurch geschützt, dass der Beschluss selbst überprüft wird. Eventuelle Verfehlungen der anderen Gesellschafter sind dann ggf. im Rahmen der Prüfung eines sachlichen Grundes zu berücksichtigen.

d) Die Abberufung des Verfügungsbeklagten ist nicht deshalb unwirksam, weil die übrigen Gesellschafter hierdurch gegen ihre Treuepflicht verstoßen hätten. Dem Landgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass auch eine gesellschaftsvertraglich vorgesehene Abberufung ohne Grund wegen der Treuepflicht der Gesellschafter untereinander nicht willkürlich erfolgen darf (Ulmer, in: Staub, HGB-Komm., 4. Aufl., 2004, § 105 Rdnr. 24). Die Anforderungen an einen sachlichen Grund für die Abberufung dürfen aber nicht besonders hoch sein, um den Willen der Parteien nicht zu marginalisieren und noch eine Abgrenzung zum wichtigen Grund aufrecht zu erhalten. Bei der Überprüfung der Entscheidung muss in hohem Maße berücksichtigt werden, dass die Gesellschafter sich für die vereinfachte - ausreichend bestimmte - Abberufungsregelung per Mehrheitsentscheidung und damit auch dafür entschieden haben, dass einzelne Gesellschafter trotz ihrer unbeschränkten Haftung nach § 128 HGB möglicherweise nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind.

Es reicht als sachlicher Grund für die Abberufung eines Geschäftsführers aus, dass dieser in einer wesentlichen Entscheidung eine völlig andere Position als die Gesellschaftermehrheit vertritt, weil dadurch das Vertrauen in ihn (berechtigterweise) verloren gehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 03.07.1975 - II ZR 35/73 -, AG 1975, 242). Diese muss sich darauf verlassen können, dass die Geschäftsführer mit ihr in wichtigen Entscheidungen übereinstimmen und nicht gegen die dazu erforderlichen Verhandlungen als Geschäftsführer Widerspruch einlegen. Dies wird durch die Möglichkeit der Gesellschafterversammlung, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, schon deswegen nicht hinreichend gewährleistet, weil dies vielfach zeitnah nicht möglich ist.

Ein sachlicher Grund in diesem Sinne lag zum Zeitpunkt der Abberufung des Verfügungsbeklagten vor, so dass es auf die Frage der Beweislast, auf die das Landgericht entscheidend abgestellt hat, gar nicht ankommt. Es bestanden erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern in Bezug auf den Erwerb von Anteilen der L & T GmbH. Hierbei handelte es sich um eine aus Sicht der Gesellschaft und der Gesellschafter grundlegende Frage. Für die Gesellschaft ist die Beteiligung an der L & T GmbH von ganz erheblicher Bedeutung, weil über dieses Unternehmen der überwiegende Teil ihres Absatzes erfolgt. Von daher ist es naturgemäß wichtig, einen wesentlichen Einfluss auf diese Gesellschaft ausüben zu können. Für die Gesellschafter hatte die Aufstockung der Beteiligung an dieser Gesellschaft deshalb besondere Bedeutung, weil hierfür in großem Umfang Kapital benötigt wurde, das die Gesellschaft nicht aus eigenen Mitteln aufbringen konnte. Erforderlich hierfür war entweder die Zurverfügungstellung von Kapital durch die Gesellschafter, oder die Aufnahme entsprechender Darlehen mit den daraus resultierenden Folgen für die Haftung der Gesellschafter, aber auch für die zukünftigen Gewinne der Gesellschaft. Durch die zur Diskussion stehenden unterschiedlichen Konzepte konnten einerseits 2,5 Mio. € Liquidität eingespart werden, allerdings um den Preis einer Beteiligung des Mitbewerbers S. an der L & T GmbH. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, die Zweckmäßigkeit der unterschiedlichen Konzepte zu bewerten, zumal ein objektiver Maßstab hierfür auch gar nicht erkennbar ist. Hierüber haben allein die Gesellschafter zu befinden.

Diese Meinungsverschiedenheiten und das daran anschließende Verhalten des Verfügungsbeklagten müssen entgegen der Ansicht des Landgerichts von den Verfügungsklägern nicht hingenommen werden. Daran können auch die hohe haftende Beteiligung des Verfügungsbeklagten an der Gesellschaft sowie der Charakter der Gesellschaft als Familiengesellschaft nichts ändern. Es ist zu respektieren, dass die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag gerade die Möglichkeit der Abberufung eines Gesellschafters mit Mehrheitsbeschluss und ohne wichtigen Grund vorgesehen haben. Ein Berufsverbot für den Verfügungsbeklagten ergibt sich daraus nicht, eine Einschränkung der Berufstätigkeit erlegt aber bereits § 112 Abs. 1 HGB allen Gesellschaftern einer oHG auf,.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Streitigkeiten als Abberufungsgrund bloß vorgeschoben wurden, um eine Prüfung der vom Verfügungsbeklagten gegen den Verfügungskläger zu 1) erhobenen Untreuevorwürfe zu vereiteln. Dagegen spricht insbesondere die Tatsache, dass es der unstreitig an Untreuehandlungen unbeteiligte Verfügungskläger zu 3) war, der in der Gesellschafterversammlung vom 06.12.2006 beantragte, die Abberufung des Verfügungsbeklagten auf die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung zu setzen. Dies geschah nach einer langen Diskussion über die Beteiligung an der L & T GmbH, in der die Verfügungskläger und der Verfügungsbeklagte stark konträre Meinungen vertraten. Eine "Strohmannfunktion" des Verfügungsklägers zu 3) für den Verfügungskläger zu 1) ist nicht ersichtlich.

e) Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Der Verfügungsbeklagte nimmt unstreitig weiterhin Geschäftsführeraufgaben für die Gesellschaft wahr. Insbesondere angesichts des Verhaltens des Verfügungsbeklagten hinsichtlich der versuchten Aufstockung der Beteiligung an der L & T GmbH ist es für die Verfügungskläger unzumutbar, den Verfügungsbeklagten weiterhin faktisch als Geschäftsführer hinzunehmen, der trotz erfolgter Abberufung die Gesellschaft weiterhin wirksam im Außenverhältnis vertreten kann (§ 15 Abs. 1 HGB). Dies gilt insbesondere angesichts der unbegrenzten Haftung der Verfügungskläger für Schulden der Gesellschaft gemäß § 128 HGB. Dem steht nicht entgegen, dass die Verfügungskläger keinen Antrag auf Zustimmung des Verfügungsklägers auf Eintragung seiner Abberufung ins Handelsregister gestellt haben. Es steht ihnen frei, die mit einer fortbestehenden Eintragung des Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer verbundenen Risiken (§ 15 Abs. 1 HGB) in Kauf zu nehmen und sich mit einer Unterlassungsverfügung durch das Gericht zufrieden zu geben.

f) Die beantragte einstweilige Verfügung stellt auch keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Der Verfügungsbeklagte könnte nach einer für ihn positiven Hauptsacheentscheidung wieder seine Position als Geschäftsführer einnehmen. In der Zwischenzeit sind keine so erheblichen Nachteile zu befürchten, dass eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden dürfte. Dem Verfügungsbeklagten steht weiterhin sein umfassendes Kontrollrecht nach § 118 HGB als Gesellschafter zu. Überdies ist er in der Gesellschafterversammlung vertreten, die nach § 16 des Gesellschaftsvertrags zu "außergewöhnlichen" Geschäften ihre Zustimmung geben muss, so zum Beispiel zu Anstellungsverträgen mit einem Monatsgehalt von über 2.000,- DM und zu Investitionen über 20.000,- DM. Dadurch ist gesichert, dass die Gesellschaft nicht durch reine Geschäftsführungsmaßnahmen völlig verändert wird. Gegen eine Mehrheit der Gesellschafterversammlung dürfte der Verfügungsbeklagte aber auch als Geschäftsführer nicht handeln.

2. Den Verfügungsklägern steht aber kein Anspruch darauf zu, dass der Verfügungsbeklagte es unterlässt, Geschäfts- und Betriebsräume der Gesellschaft zu betreten. Als Mitgesellschafter hat der Verfügungsbeklagte grundsätzlich ein Recht darauf, die Räume des Unternehmens auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Geschäftsführer betreten zu dürfen. Dies folgt zumindest aus seinem Kontrollrecht gem. § 118 HGB (Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., 2006, § 118 Rdnr. 4). Es entfällt auch nicht ohne weiteres dadurch, dass dem Verfügungsbeklagten die Geschäftsführungsbefugnisse entzogen wurden. Hierfür bedürfte es vielmehr eines besonderen Grundes, der vorliegend nicht erkennbar ist. Der Verfügungsbeklagte hat die Geschäftsräume bislang betreten und als Geschäftsführer gehandelt, weil er von der Unwirksamkeit seiner Abberufung als Geschäftsführer ausging. In dieser Auffassung konnte er sich durch das Urteil des Landgerichts Köln vom 02.03.2007 zunächst auch bestätigt sehen, so dass er in der Folgezeit keine Veranlassung hatte, Geschäftsführertätigkeiten zu unterlassen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verfügungsbeklagte der hier ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung nicht Folge leisten wird. Sollte dies aber der Fall sein, so bleibt es den Verfügungskläger unbenommen, einen neuen Antrag zu stellen, der auf ein Betretungsverbot abzielt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 100, 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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